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Hans-Jürgen Hübner:

Geschichte Frankreichs

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Version 0.535 (4. Dezember 2017)

Die Geschichte Frankreichs ... ältesten menschlichen Spuren ... .

Solutréen, Musée des antiquités nationales in Saint-Germain-en-Laye

11,7 cm × 9 cm × 4,5 cm - 498,3 g, Terrasse 60 m, Saint-Clar-de-Rivière, Obere Garonne, Sammlung Henri Breuil

Inhalt

Paläolithikum

Altpaläolithikum

Bis 1994 galt es als gesichert, dass Menschen Europa erst seit etwa 500.000 Jahren bewohnten.1 Doch mit den Funden beim italienischen Ceprano (März 1994), die sich später als erheblich jünger erwiesen2, und dem spanischen Atapuerca (Juli 1994), die sich hingegen als erheblich älter erwiesen, wurde diese Grenze um zwei bis drei Jahrhunderttausende verschoben. Einige Zeit lang galten die Chopper oder Geröllgeräte von Chilhac III (Haute-Loire), die 1974 entdeckt und auf ein Alter von fast zwei Millionen Jahren datiert wurden, als die ältesten menschlichen Spuren Europas.3 Doch wird ihre Bearbeitung durch Menschen bestritten.4

Als gesichert gelten heute die Funde von Lézignan-la-Cèbe im Hérault, die sich auf ein Alter von etwa 1,57 Millionen Jahren datieren ließen.5 Dies entspricht etwa dem Alter der Funde bei Pirro Nord im italienischen Apulien. Es scheint, als seien diese frühen Menschen mit dem für ihr Jagd- und Sammelspektrum günstigeren Klima nach Europa gekommen. Möglicherweise folgten sie vor mehr als 1,3 Millionen Jahren den Elefanten und Bisons, die erneut vor 870.000 Jahren einer besonders trockenen Kaltphase nach Süden und Westen auswichen. So zogen sie vielleicht von Osten (Georgien, Dmanisi) westwärts nach Italien, Südfrankreich und Spanien.6

Eine erneute klimatische Verbesserung für die Beutetiere der frühen Menschen, nun meist als Homo heidelbergensis eingeordnet, begann mit der Revolution des Mittleren Pleistozäns7 vor 1,2 bis 0,6 Millionen Jahren. In der Höhle von Vallonnet bei Roquebrune-Cap-Martin in den Alpes-Maritimes weisen Artefakte auf die Anwesenheit von Menschen hin, die auf ungeklärten Wegen aus Afrika zugewandert waren.8 Auch im Tal der Somme fanden sich ihre Spuren.

Schädel des Menschen von Tautavel (Arago XXI)

In der Höhle von Arago in den südlichen Corbières in der Nähe der Ortschaft Tautavel, 20 km nordwestlich von Perpignan gelegen, fanden sich 450.000 Jahre alte Überreste des Homo erectus (Homo heidelbergensis). Darunter befand sich der Schädel mit der Bezeichnung Arago XXI, der als Mensch von Tautavel bekannt wurde. In Frankreich ist dies der älteste Fund von Homo heidelbergensis. Vor 500.000 bis 450.000 Jahren herrschten ein feuchtes, mildes Klima und Laubwald vor, zwischen 450.000 und 400.000 Jahren vor unserer Zeit war das Gelände wohl recht offen.9 Hauptnahrungsmittel war Fleisch von Equus mosbachensis, einem robusten Pferd, dann Tahre (Hemitragus bonali) und gelegentlich Steppenwisente (Bison priscus).

Vor etwa 400.000 Jahren könnte eine weitere Zuwanderung aus Asien stattgefunden haben. Da die Jahreszeiten sehr ausgeprägt waren, darf mit saisonalen Wanderungen gerechnet werden.

Mittelpaläolithikum

Ursus deningeri, Arago

Orgnac10 im Rhonetal, unweit der Ardeche-Schlucht, mit seinen mehr als 50.000 Steinartefakten und 5.000 tierischen Überresten liefert in Schicht 3 Hinweise auf Veränderungen der Fauna vor etwa 300.000 Jahren. So erscheinen in dieser Zeit kleine Vertreter von Wolf und Tüpfelhyäne, Bärenarten wie der Kragenbär, der Braunbär und Ursus deningeri, dazu Rotfuchs, Höhlenlöwe, Marder, Rothirsch, Dama clactoniana, eine Hirschart, die in der letzten Warmzeit vom Damhirsch abgelöst wurde, schließlich Steppenbison, zu den Ziegenartigen zählende Tahre (Hemitragus bonali), Mosbacher Pferd (Equus mosbachensis) und Steppennashorn.11 In der nachfolgenden Kaltphase gingen die Wälder auf dem Ardèche-Plateau zurück, die Zahl der Nagetiere nahm zu. Zudem zeigt die Fauna, etwa Wildschwein, Reh, die An- bzw. Abwesenheit von Ren, an, dass sich die Unterschiede zwischen dem Norden und dem Süden deutlich verstärkten. Zwar war der Süden selbst von der größten Vergletscherung nicht direkt betroffen, doch kühlte auch diese Region stark ab. Offenbar lässt sich die Entwicklung der Levalloistechnik in situ ablesen, so dass sie wohl nicht von außen eingetragen wurde (Schichten 4a–4b).

Terra-Amata-Hut
Rekonstruktionsversuch einer der vielleicht 230.000 Jahre alten Hütten, deren Spuren an der Fundstätte Terra Amata bei Nizza entdeckt wurden

Eine Art rudimentärer Wohnstrukturen wird bei Soleilhac (Haute-Loire) für die Zeit vor etwa 800.000 Jahren angenommen, also etwa in der Zeit, in der auch vermutet wird, dass Menschen erstmals das Feuer beherrschten.12 Dort hatten sich Menschen Blöcke aufgeschichtet, die auf einer Fläche von 6 * 1,5 m wie eine Pflasterung wirkten, um sich gegen die Feuchtigkeit des benachbarten Kratersees zu schützen.

Vor mindestens 230.000 Jahren entstanden die ersten Wohnstätten, wie Funde bei Nizza erwiesen (Terra Amata)13. Ihrer anfänglichen Datierung auf ein Alter von 380.000 Jahren wurde widersprochen.14 Steinblöcke hielten die ovalen Strukturen aufrecht, die eine Länge von 7 bis 15 m aufwiesen, und eine Breite von 4 bis 6 m. Ein Schlafbereich war durch 30 cm dicke Steinblöcke abgegrenzt, die zum Teil übereinander lagen; auch fanden sich organische Materialien und Asche. Auf dem übrigen Boden ließen sich stellenweise Abdrücke von Kieselsteinen und Fellen nachweisen. Es fanden sich hauptsächlich Knochen von Elephas antiquus, Auerochse, Wildschwein und Rothirsch usw., vor allem aber Kaninchen. Bärenknochen fand man hingegen keine.15

Der alltägliche Gebrauch von Feuer hat sich spätestens zu dieser Zeit endgültig durchgesetzt.16 Als früheste Stätte in Frankreich gilt die Höhle Le Vallonnet, zwischen Monaco und Menton gelegen, und Ménez-Dregan 1 mit 450.000 Jahren. Dort fanden sich feuergesprengte Steine sowie Verkohlungen und entsprechende Knochen.17 Etwa 50.000 Jahre jünger sind die Höhle nr 1 von Mas des Cave und Baume Bonne.

Grabungsstätte in den Klippen von Artenac, Saint-Mary, Charente

Vor etwa 200.000 bis 35.000 Jahren lebten auf dem gesamten Gebiet Frankreichs Neandertaler. Zu den ältesten Fundstätten in Frankreich zählen die Grotte du Lazaret bei Nizza und Bau de l’Aubesier, die vielfach zu den frühen Neandertalern gerechnet werden.18 Inzwischen dürfte Orgnac 3 im Südosten Frankreichs die älteste Stätte sein, in welcher die für den Neandertaler typische Levallois-Technik der Steinbearbeitung nachweisbar ist.18c

Als „klassische“ Periode der Neandertaler gilt die Zeit, die vor 115.000 Jahren begann (Artenac, La Ferrassie, Le Moustier, La Quina und La Chapelle-aux-Saints, allesamt in Südwestfrankreich). Südfrankreich, Spanien und Italien gelten als Kernregionen des klassischen Neandertalers; dort trifft man 47-48 Fundstätten an (Stand: 2008).19 Allerdings waren die Neandertaler wohl nie sehr zahlreich, ihre Gesamtpopulation dürfte zu keinem Zeitpunkt mehr als einige Zehntausend betragen haben.19a

Neandertaler hinterließen zahlreiche Werkzeuge bei Eyzies und Moustier in der Dordogne, darunter Schaber, Faustkeile, Nadeln, Meißel. Sie lebten von der Jagd auf Bison, Auerochse, Pferd und Rentier. Dabei ließen sich anhand der Jagdbeute und vor allem von zu Werkzeugen verarbeitetem Feuerstein, dessen Herkunft nachweisbar ist, zeigen, dass die Schweifgebiete im Südosten des Zentralmassivs und im Rhonetal von erheblicher Größe waren.20 Neandertaler stellten bereits vor über 80.000 Jahren sogenannte Lissoirs her, Knochenwerkzeuge zur Verarbeitung von Tierhäuten. Damit entstanden schon sehr früh Spezialwerkzeuge, in diesem Falle zum Glätten von Fellen.20a

Ferrassie skull clear
Schädel des Neandertalermannes von La Ferrassie in der Dordogne, Musée de l'Homme, Paris. Es handelte sich um einen 40 bis 45 Jahre alten Mann, der zusammen mit einer 25 bis 35 Jahre alten Frau, vier Kindern und einem Fötus entdeckt wurde. Die Kinder waren 10 und 2 Jahre, sowie etwa 7 Monate und 15 Tage alt.

Im Abri von La Ferrassie in der Dordogne hinterließen sie die ältesten Begräbnisspuren in Gruben von 1,4 mal 1 m, Opferspuren fanden sich ebenfalls, wie Objekte aus Feuerstein. Die an der Basis des Abri entdeckten Industrien wurden zur Typlokalität für das Moustérien des Ferrassie-Typs, einer Fazies des Mittelpaläolithikums, die durch relativ dünne Abschläge in Levalloistechnik, zahlreiche Schaber und Spitzen, seltene gezähnte Klingen und das Fehlen von Faustkeilen gekennzeichnet ist. In diesen Lagen des Moustériens fanden sich die Leichname eines 40 bis 45 Jahre alten Mannes und einer 25 bis 35 Jahre alten Frau, die in ost-west-orientierten Gräben Kopf an Kopf am Westende lagen. Dazu fanden sich ein vielleicht zehnjähriges Kind sowie ein Fötus und ein vielleicht zwei Wochen altes Neugeborenes, ebenfalls in Gräben beigesetzt. Unter einem Grabhügel fand sich ein weiteres, etwa sieben Monate altes Kleinkind. Im rechten Teil des Abris fand man sechs große Vertiefungen, in einer lagen die Überreste eines dreijährigen Kindes. Der Schädel dieses Kindes war abgetrennt und unter einer Steinplatte mit Vertiefungen deponiert worden, was möglicherweise auf ein Menschenopfer hinweist. Schließlich fand sich noch ein weiteres, zweijähriges Kleinkind.

1979 fand man am Roche à Pierrot bei Saint-Césaire einen Bestattungsort mit aus Muscheln hergestellten Perlen als Beigabe. Unter Felsvorsprüngen ließen sich Bestattungen in La Chapelle-aux-Saints, Le Moustier und Le Regourdou nachweisen. Zweifel an einigen Interpretationen kamen am Beispiel des Neandertalerkindes vom Roc de Marsal auf.21 An der Stelle, an der die These von Begräbnissen der Neandertaler zum ersten Mal aufkam, in La Chapelle-aux-Saints, wurden erneut Untersuchungen angestellt, die belegen, dass Neandertaler ihre Toten beisetzten. Dabei ließ sich im Rahmen eines zwölfjährigen Projekts nachweisen, dass die Grube, in der man die Toten beigesetzt hatte, von Menschen ausgehoben worden ist. Auch das schnelle Bedecken der Leichname ließ sich erweisen. Dabei wurden in dieser als bouffia Bonneval bekannten Stätte Skelettteile zweier weiterer junger Erwachsener, weitere Überreste des ursprünglich entdeckten, als La Chapelle aux Saints 1 bekannten Skeletts gefunden, sowie Überreste eines weiteren Erwachsenen.21a

Die letzte Kultur, die mit dem Neandertaler in Verbindung gebracht wird, ist das Châtelperronien, das zeitweilig auf 38.000 bis 33.000 BP datiert wurde.22 Es ist lediglich in Frankreich und Nordspanien belegbar. 2014 waren wenig mehr als 40 Fundstätten bekannt.22c Es erscheint nicht östlich der Rhone und nördlich des Pariser Beckens (nördlichste Fundstätte ist Ormesson). Bedeutendste Fundstätte ist die Grotte du Renne bei Arcy-sur-Cure. Die jüngeren Datierungen erlauben es, dem Châtelperronien ein Zeitfenster von 39.000 bis 35.000 Jahren in der 14C-Chronologie zu geben, was ca. 44.000-40.000 cal BP entspricht.22f

Das Châtelperronien wurde zunächst dem Cro-Magnon-Menschen zugewiesen, doch erwies eine Neandertalerbestattung bei St. Césaire, dass diese vergleichsweise fortgeschrittene Stufe dem Neandertaler zugeordnet werden muss. Dies bestätigt, dass die letzte Phase dieser Art von erheblichen technologischen Fortschritten gekennzeichnet war. Das Châtelperronien findet sich vor allem im Südwesten, in den Départements Charente, Dordogne, Lot und Vienne, dazu im westlichen Pyrenäenraum sowie im Gebiet von Loire und Seine. In Südfrankreich wird es als Périgordien I, gelegentlich auch als Périgordien ancien oder Périgordien inférieur bezeichnet.23 Es liegt in einem Interstadial der Würmeiszeit – einem klimatisch zwar etwas milderen, aber sehr instabilen Zeitabschnitt. Kennzeichnend für die Werkzeugindustrie des Châtelperroniens ist die Neuentwicklung der Châtelperron-Spitzen (oder -Messer) mit gebogenem, abgestumpftem Rücken.

Seit geraumer Zeit wird diskutiert, ob das Châtelperronien eine Zeit war, in der der Neandertaler bestimmte Kulturelemente vom Cro-Magnon-Menschen übernommen haben könnte. Dabei erhält die Untersuchung von Ockerfunden, eines Farbstoffs also, der bei Ritualen eine wichtige Rolle spielte, eine wachsende Bedeutung. 2014 publizierte eine Forschergruppe Ergebnisse solcher Ockeruntersuchungen aus den drei Fundorten Roc-de-Combe (Lot), Le Basté und Bidart (Pyrénées Atlantiques). Sie kam zu dem Ergebnis, dass für solcherlei Akkulturationsprozesse die frühesten Proto- und Früh-Aurignacien-Stätten, also die frühesten, dem Cro-Magnon-Menschen zugewiesenen Stätten in Deutschland und Österreich, einerseits zu weit, andererseits zeitlich zu spät lagen, um hieraus Einflüsse ableiten zu können.23q Die Art der Herstellung von Klingen, die die Neandertaler mit dem Châtelperronien entwickelten, unterscheidet sich eindeutig von der Art, wie dies die Cro-Magnon-Menschen taten.23s

Das Verschwinden der Neandertaler könnte mit der geringen Größe der Gruppen zusammenhängen, was demnach, wie vermutet wird, zu einer verlangsamten technologischen Entwicklung beitrug.24 Die Frage, ob Neandertaler und Homo sapiens, der (nachweislich vor 93.000 Jahren am Jebel Qafzeh) erstmals außerhalb Afrikas auftauchte25, längere Zeit nebeneinander lebten, und ob es zu kulturellen Adaptionen kam, wird seit langem diskutiert.26 27 Jedenfalls endete mit dem Auftauchen der Cro-Magnon-Menschen eine vielleicht über 400.000 Jahre umfassende isolierte Evolution der europäischen Neandertaler. Eine Entstehung des Cro-Magnon aus Neandertalern wird nicht mehr diskutiert. Wann, wo und unter welchen Umständen sich die beiden Gruppen begegnet sind, ist noch weitgehend unklar. In jedem Falle lässt sich ein starker Wandel des technokulturellen Komplexes in der Zeit zwischen 50.000 und 35.000 BP nachweisen. Doch die Datierungsmethoden waren lange Zeit nicht genau genug, zumal die Radiokohlenstoffmethode ausgerechnet hier zeitlich an ihre Grenzen stößt. Erst in jüngster Zeit ist es gelungen, die genaue Kalibrierungskurve bis auf die Zeit um 50.000 BP auszudehnen.

Jungpaläolithikum

Biche et poissons gravés sur os - grotte de La Vache (Ariège)
Knochengravur aus der Grotte de La Vache (Ariège), Musée d'Archéologie Nationale Saint-Germain-en-Laye, Hirschkopf und Fisch

Os gravé lions - grotte de La Vache (Ariège)
Knochengravur aus derselben Höhle, Löwin

Pendeloque en coquillage du gravettien - abri de la Gravette
Muschelgehänge, Abri de la Gravette von Bayac (Dordogne)

Musical instruments of prehistory
Knochenflöte (Isturitz, Pyrénées-Atlantiques), Knochenpfeife (Laugerie-Basse, Dordogne), Rhombus aus Renknochen (Lalinde, Dordogne), Schaber (Mas d'Azil, Ariège), Sammlung des Musée d'Archéologie Nationale

Manos de Gargas (Francia)
Handabdrücke in der Höhle von Gargas südöstlich von Aventignan im Département Hautes-Pyrénées in der Region Midi-Pyrénées an der Grenze zu Spanien

Ab 33.000 v. Chr. finden sich erste Spuren von Cro-Magnon-Menschen.28 Sie stellten Speere und Spatel, Stichel und verzierte Glätthölzer her. Die wichtigsten Fundstätten sind Pincevent, die Höhle von Lascaux mit ihren 150 Malereien und 1500 Felsritzungen, dann die Cosquer-Höhle, von Gargas29 und von Chauvet. In der eingestürzten Höhle Abri Castanet fanden sich 2007 etwa 37.000 Jahre alte Gravuren und Ockerzeichnungen, die zeitweise als die ältesten galten.

Namensgebend war der Abri von Cro-Magnon.30 Im Südwesten Frankreichs, in den Höhlen von Isturitz und Oxocelhaya, fanden sich die ältesten Musikinstrumente des Landes, Flöten, die zwischen 35.000 und 10.000 v. Chr. entstanden.30a In Frankreich beginnt das Aurignacien mit den noch unklaren Stufen Abri Audi und Chatelperron. Diese Stufen gelten als Altaurignacien. Die nachfolgende Phase, bei der im Inventar schon Knochenspitzen vorhanden sind, ist das Mittelaurignacien. In Mitteleuropa und weiter Richtung Osten kommen die beiden Stufen nicht vor, und das Jungpaläolithikum beginnt mit dem Mittelaurignacien. Das französische Mittelaurignacien ist derart charakteristisch, dass es zeitweilig auch klassisches Aurignacien genannt wird. Sie sind aber ausschließlich französische Synonyme.

Die Höhle von Chauvet im Département Ardèche war nach jüngsten Radiokohlenstoffdatierungen von 35.000 bis 31.500 v. Chr. bewohnt, dann wieder von 29.000 bis 26.000 v. Chr.30c Die vorgefundenen Wandgemälde brachten der Höhle 2014 den Status Weltkkulturerbe ein. Sie erweisen einen routinierten Umgang mit Malfarben, zum einen Holzkohle, aber auch roter und hellerer Ocker. Aber auch die Stilmittel, bis hin zur Darstellung von Bewegung, dann die Komposition von ausgedehnten Bildwänden, sind von hoher Reife. Die Farben wurden vor Ort aus Holzkohle, Ocker und Lehm hergestellt. In ausgedehnten Bildwänden von bis zu 12 m Breite erscheinen mehr als 400 Tierdarstellungen, darunter Panther, Höhlenlöwen, -bären und -hyänen, Wollnashörner, Mammute, Wildpferde, Rentiere, Bisons und Wisente, Auerochsen, Steinböcke, Riesenhirsche und eine Schnee-Eule. Im Innern der Höhle fand sich eine Vielzahl von im Lehm abgedrückten Fußspuren, möglicherweise auch von Hunden. Über mehr als 70 m ist die Fußspur eines etwa achtjährigen, wahrscheinlich eines Jungen, zu verfolgen.30j

Das Gravettien (31.000 bis 25.000 v. Chr.) folgte auf das Aurignacien. Ihm entspricht in Frankreich etwas das Périgordien IV. Die Höhlenmalerei war überaus weit verbreitet und von hoher Qualität, und es entstanden vielfältige Kleinkunst- und Schmuckobjekte. Zwischen 31.305 und 27.300 BP wurde die älteste Gravettienstätte Sire à Mirefleurs (Puy-de-Dôme) datiert.31 Da zu dieser Zeit noch Kulturen des Aurignacien bestanden und sich keine Stätten mit einer gemeinsamen Industrie nachweisen ließen, wird ein Vordringen von Gravettiengruppen aus dem Osten unter Verdrängung der Aurignaciengruppen diskutiert. In Aquitanien setzte sich das Gravettien erst später durch, nämlich im mittleren Gravettien (mittleres Périgordien), was diese These bestätigen könnte. Um 20.000 BP wurde das Gravettien in Aquitanien durch das Solutréen abgelöst.32 Dieses existierte nur in Westeuropa und war durch Fortschritte in der Werkzeugtechnik gekennzeichnet. Bruce Bradley von der Universität Exeter vermutet gar Zusammenhänge zu einem Fund im US-Bundesstaat Virgina, der auf 15000 v. Chr. datiert wurde. Demnach hätten die Solutréer, bedrängt vom südwärts sich extrem weit ausdehnenden Eis, entlang der 5000 km langen Packeisbrücke zwischen der iberischen Halbinsel und Neuengland die Westwanderung über das Wasser mittels fellbespannten Boote absolviert.32a

Kennzeichnend für den jüngeren Abschnitt des Gravettiens sind Frauenstatuetten, auch als Venusfigurinen bezeichnet. Die Figurinen, deren erste 1864 entdeckt und als Die Venus impudique ("Schamlose Venus") bezeichnet wurde, bestehen etwa aus Mammutelfenbein (z. B. Venus von Brassempouy, aber auch aus Ton. Andere Venusfiguren sind als Halbreliefs aus einer Felswand herausgearbeitet, wie die Venus von Laussel. Nach dem Noailles-Stichel aus Feuerstein, der vor allem im jüngeren Gravettien (auch Périgordien supérieur) von Südwestfrankreich bis Italien verbreitet war33, und der nach einer Höhle bei Noailles im Département Corrèze benannt wurde, bezeichnet man das jüngere Gravettien in Frankreich auch als Noallien.

Im Süden bezeichnet man mit Badegoulien die Zeit von etwa 22.000 bis 20.000 BP, d. h. die Phase maximaler Ausbreitung der Gletscher, deren zeitliche Mitte zwischen 23.000 und 19.000 BP angesetzt wird. Jüngst gelang es dabei, innerhalb einer ökologischen Nische eine Art Territorien verschiedener sozialer Gruppen wahrscheinlich zu machen.34 Die Ausdehnung der Gletscher dürfte im Norden des heutigen Frankreich menschliches Leben unmöglich gemacht haben, denn dort breitete sich eine Tundrenlandschaft aus.

Die ältesten Funde im Nordosten Frankreichs sind etwa 18.000 Jahre alt, zweitausend Jahre später lassen sich auch wieder Menschen in Belgien nachweisen, um 13.000 bis 11.000 v. Chr. in England (Creswell Crags), das zu dieser Zeit noch zum Festland gehörte. Wahrscheinlich gehen sie auf eine temporäre Rückgewinnung der für Menschen lebensfeindlichen Gebiete zurück; diese Menschen dürften aus Südfrankreich und Spanien gekommen sein, wohin sich die Menschen vor der Kälte zurückgezogen haben. Italien spielt bei dieser Rückgewinnung anscheinend keine Rolle.

Im Süden, dort wo sich auf beiden Seiten der Pyrenäen das wichtigste Refugium für die spätere Wiederbesiedlung Westeuropas befand, ließ sich zeigen, dass zur Zeit der größten Ausdehnung der Gletscher, die meisten Menschen auf der Südseite der Pyrenäen lebten. Ein Teil der dort lebenden Gruppen folgte langsam den sich zurückziehenden Gletschern, womit sie ihren natürlichen Ressourcen nordwärts folgten.

Die Fundstätte von La Madeleine in der Dordogne, die vor 17.000 Jahren von Rentierjägern und Harpunenfischern bewohnt war, gab dem Magdalénien den Namen (17.000 bis 12.000 BP).35 Zunächst nahm man an, sie sei lokal aus dem Solutréen hervorgegangen, doch geht sie wohl auf Zuwanderungen aus Regionen Osteuropas zurück (Epi-Gravettien), das während des Höhepunkts der Vereisung ein überaus wichtiges menschliches Refugium dargestellt hatte.

Dem Magdalénien gehört auch die Höhle von Niaux an, ein weitverzweigtes Höhlensystem im Pyrenäengebiet der Ariège. Dort entstanden vor 13.500 bis 12.500 Jahren zahlreiche Malereien, die der frankokantabrischen Höhlenkunst zugerechnet werden. Auf der gegenüber liegenden Talseite befindet sich die La Vache-Grotte, von der die Ausgräber annehmen, dass sie zumindest zeitweise der Wohnsitz der Menschen war, die die Kunstwerke in der Niaux-Höhle schufen.

Speerschleuder LaMadeleine
Teil einer Speerschleuder aus Rentiergeweih, Abri La Madeleine, Tursac im Département Dordogne;. Ausstellungsstück des Nationalen Prähistorischen Museums in Eyzies-de-Tayac

F07 0054.Ma
Bisonfigur auf Elfenbein, 10 cm, ebenda

In dieser Zeit tauchen erstmals Walknochen in Frankreich auf, nämlich in Isturitz (Pyrénées-Atlantiques).36 Während des Magdalenien gelang es den südwestlichen Gruppen, nach Osten und Norden zu wandern und dabei wegen des ungünstigen Klimas aufgegebene Gebiete zurückzugewinnen. Dabei entstanden sowohl im Altsiedelgebiet, als auch in den wiedergewonnen Gebieten verschiedene Gesellschaften, die durch verschiedene Grade der Hierarchisierung gekennzeichnet waren, sofern symbolische Gegenstände und Schmuck als Indikatoren aufgefasst werden dürfen.37 Das älteste Hakenende als Beweis für den Gebrauch von Speerschleudern stammt aus der 'Grotte de Combe Saunière (Schicht IVb) und wird dem späten Solutréen (vor 18.000 – 16.000 v. Chr.) zugeordnet. Der überwiegende Teil von Hakenenden aus stratigraphisch gesicherten Zusammenhängen stammt jedoch aus dem Mittleren Magdalénien (Stufe „Magdalénien IV“, ca. 14.700 – 13.400 v. Chr.). Die Speerschleuder ist die älteste komplexe Jagdwaffe der Menschheit. Der Schwerpunkt ihrer Verbreitung ist Südwestfrankreich, einige Fundstücke stammen aus Nordspanien (Cueva de El Castillo), der Schweiz (Kesslerloch) und aus Thüringen (Teufelsbrücke). Die beiden letzteren lassen sich dem Typ “rudimentärer Pferdekopf“ zuweisen, dessen Hauptverbreitungsgebiet in Südwestfrankreich lag. Diese Fundlücke vom Kerngebiet bis zur Schweiz und bis Thüringen wird häufig als Argument für vollständig aus Holz hergestellte Speerschleudern herangezogen.

Mesolithikum

Genetische Untersuchungen konnten belegen, dass vor 15.600 bzw. 16.300 Jahren genetische Spezifika im Erbgut, ausgehend vom Pyrenäengebiet, Verbreitung nach Norden fanden, vor allem im atlantischen Europa. Mit dem Rückzug der Gletscher erreichten die diesem zugrundeliegenden ethnischen Bewegungen, die in entvölkerte Gebiete gelangten, und deren Erbgut dementsprechend sehr viel dominanter oder konservativer ist, als das späterer Gruppen, immer nördlichere Gebiete, bis sie am häufigsten bei den Vorfahren der Saami ankamen. Neben diesen und den Basken tauchen diese Kennzeichen am häufigsten in Südwestfrankreich auf, so dass man annehmen kann, dass die Wiedergewinnung des atlantischen Europas aus dem Umkreis des Baskenlandes erfolgte. Möglicherweise erfolgte diese Zuwanderung in zwei Schüben, nämlich vor der letzten Rückkehr der Kälte und danach. Diese Phase letztmaliger Expansion der Gletscher nach einer rapiden Erwärmung ist als Jüngere Dryaszeit bekannt und dauerte von 10.730–9.700 ± 99 Jahre v. Chr. Ihr folgte eine ebenso drastische Steigerung der Durchschnittstemperaturen und die besagte mögliche zweite Nordwanderung der Pyrhenäengruppe. Diese baskisch-pyrhenäische Gruppe könnte wiederum auf einer erheblich früher vonstatten gegangenen Zuwanderung aus Osteuropa beruhen, dem zweiten eiszeitlichen Rückzugsgebiet des Menschen in Europa.

Die letzten Magdalenienkulturen stellen das Sauveterrien (8000 bis 4000 v. Chr.) im Südwesten und das Tardenoisien (6000 bis 4000 v. Chr.) im Nordosten dar. Sie werden dem Mesolithikum zugerechnet, das in Frankreich bisher allerdings weniger erforscht ist, als in den Nachbarländern, wenn man von den Steinindustrien absieht. Das Tardenoisien wird inzwischen in mehrere Gruppen eingeteilt, die als Ardennen- und Somme-Kultur, als nördliches und südliches Tardenoisien bezeichnet werden. Zur jüngeren Phase gehören die wichtigsten Stätten im Pariser Becken, nämlich die Allée tortue, Moutbany, Coincy 2 und Sabbonière.38

Das Mesolithikum besitzt in Frankreich nach wie vor den Nimbus einer bloßen Übergangszeit, zumal seine Überreste meist unspektakulär sind. Um 1870 nahm man sogar an, das Land sei während der Eiszeit vollkommen entvölkert und erst im Neolithikum zurückgewonnen worden (Hiatus-Theorie). So wurde das Tardenoisien im Pariser Becken eher als eine Vorstufe des Neolithikums aufgefasst. Mit einer deutlichen Verzögerung gegenüber anderen Staaten setzte in Frankreich die Forschung an mesolithischen Fragestellungen erst in den 1930er Jahren ein.

Zwei beigesetzte Frauen in den Muschelhaufen der bretonischen Insel Téviec (um 4625 v. Chr.). Die beiden 25 und 35 Jahre alten Frauen waren eines gewaltsamen Todes gestorben, wie Schädelverletzungen und Pfeilspuren belegen. Sie waren halb im Boden eingegraben und von Geweihen bedeckt. An Grabbeigaben fanden sich Flint und Keilerknochen, dazu Muscheln, die zu Hals- und Armbändern aufgereiht waren. Einige weisen gravierte Linien auf. Das Grab wurde 1938 entdeckt und 2010 restauriert.

Dazu trugen die Grabungen auf den bretonischen Inseln Tévier und Hœdic bei. Weitere Grabungen folgten, die dazu beitrugen, die wachsende Komplexität der Gesellschaft und ihrer Artefakte zu deuten. Kennzeichnend waren dreieckige Mikrolithe, die als Projektilspitzen dienten. So entstand die Vorstellung von einem Sauveterrien und einem nachfolgenden Tardenoisien. Zwischen 1945 und 1970 folgten zahlreiche Grabungen im Pariser Becken und in der Dordogne im Südwesten. Dennoch galt die Epoche immer noch als Regressionszeit, als eine Zeit, in der die Menschen äußerste Mühe hatten, von den knappen Ressourcen zu leben. Jean-Georges Rozoy, der seit den 1960er Jahren Ausgrabungen durchführte, gelang eine Neubewertung, die in seiner Publikation Les derniers chasseurs (Die letzten Jäger) von 1978 kulminierte. Er konnte zeigen, dass es gerade die Mikrolithe waren, die Anzeichen spektakulärer Innovationen darstellten, wie etwa von Kompositwerkzeugen, sowie vom Gebrauch von Pfeil und Bogen. Aber selbst Rozoy sah das Mesolithikum eher als Fortsetzung und Steigerung des Paläolithikums, weshalb er die Bezeichnung Epipaläolithikum bevorzugte, wie sie im Mittelmeerraum stärker verbreitet ist. Seine Nachfolger sahen die Epoche wiederum vielfach als eine Art Vor-Neolithikum, relativierten jedenfalls immer wieder ihre Eigenständigkeit.

Die nacheiszeitliche Phase, etwa um 9700 v. Chr. einsetzend, wird auf der Basis von Pollenanalysen, die die Flora widerspiegeln, in mehrere Phasen eingeteilt. Das wärmer und feuchter werdende Klima ließ eine Nord- und Westwanderung von Pflanzen und Tieren zu, wenn auch mit starken regionalen Unterschieden. Die erste Phase, als Preboreal bezeichnet, reichte bis etwa 8000 v. Chr. Es war in dieser Phase noch recht kalt, aber feuchter, Birke und Wacholder breiteten sich aus, später kamen Haselbusch und Eiche hinzu. Danach, im Boreal, wurden Hasel und Kiefer vorherrschend, die Temperaturen stiegen, dichte Wälder entstanden. Mit dem Atlantikum ab 6900 v. Chr. (auch 7100-5500 v. Chr.) erreichten Niederschläge und Temperaturen ein Maximum. In den Wäldern, deren Dichte ebenfalls einen Höhepunkt erreichte, dominierte nun die Eiche. Diese Wechsel erforderten von den Menschen eine hohe Anpassungsfähigkeit und sie veränderten offenbar den Blick auf ihre Welt. Schließlich, wenn auch lange umstritten, wird heute diese späte Phase ab der ersten Hälfte des 7. Jahrtausends akzeptiert. Wann die finale Phase sich anschloss, wird noch diskutiert. Die Trapeze der Vorgängerphase verschwanden, kleine und gelegentlich große Klingen tauchten (wieder) auf.

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Durchbohrte Tierzähne, Magdalénien, Toulouse

Innerhalb Frankreichs werden die beiden Hauptgebiete Norden und Süden unterschieden („Provinzen“), die jeweils eine Reihe von Facies aufweisen. In Preboreal und Boreal wurden große Mengen an Klingen, die im Paläolithikum kennzeichnend sind, nur noch dort hergestellt, wo Feuerstein in großen Mengen vorhanden war, wie in Rouffignac in der Dordogne. Die kleinen Abschläge (Mikrolithe) wurden in geometrischer Form und mit weichen Werkzeugen (Geweih, Knochen, weiche Steine) mittels indirekter Schläge aus dem Kern gewonnen (Montbani im Pariser Becken, Montclus im Süden), auch wurden Klingen durch Schläge in die gewünschte Form gebracht. Gleichschenklige Dreiecke waren dabei zunächst vorherrschend, doch wichen sie in der zweiten Phase ungleichseitigen Formen mit spitzerer Klinge. Häufiger tauchten nun andere Werkzeugmaterialien auf, wie Geweih und Knochen, dazu entsprechende Bearbeitungswerkzeuge, aber auch Ahlen und Steinpolierer. In Grabstätten erschien nun häufiger Schmuck aus Knochen, Zähnen, Muscheln und Stein. Bei den Muscheln wurden im Süden Dentalia und Columbella rustica bevorzugt, während im Norden ein größeres Spektrum von zum Teil weit entfernten lebenden Muscheln zu finden ist. Auch menschliche Zähne wurden verarbeitet, wie sich in der Fieux-Höhle (Lot) und am Abri des Cabones im Jura zeigte.

Früheste Industrien des Sauveterrien im Südwesten ballen sich zwischen Aquitanien und Provence sowie Vaucluse. Die Fundstätten befinden sich entlang größerer Flussläufe und in geringer Höhe über dem Meeresspiegel. Dieser frühen mesolithischen Phase schließt sich das Montclusien an, das auch schon höher gelegene Gebiete nutzte, was auch für Norditalien gilt, aber auch für das Zentralmassiv.39 Zu dieser Kultur zählen etwa die Grabfunde von der Insel Téviec. Das kennzeichnende Steinwerkzeug ist ein an allen drei Seiten bearbeiteter Mikrolith, das Montclus-Dreieck, das sich bis in das Pariser Becken und die Bretagne ausbreitete, und durch das Rhonetal in die nördlichen Alpen. An der Küste der Provence entstand das Montadien.40

Das Ende des Mesolithikums wird ebenfalls in mehrere Phasen unterteilt, von denen die wichtigsten das Gildasien, nach der Fundstätte Saint-Gildas in Loire-Atlantique, und das Retzien sind. In dieser Phase veränderten sich die Pfeilspitzen mehrfach. Unklarer ist die Situation mangels Funden im Osten Frankreichs. Funde wie in Mannlefelsen im Elsass oder Ruffey-sur-Seille unweit der Schweizer Grenze sind selten. An letzterer Stätte reichen sie vom Preboreal bis zum Ende des Mesolithikums.

Mit La Hoguette erreichen wir die Übergangsphase zum Neolithikum in der Mitte des 6. Jahrtausends. Möglicherweise wurde die Keramik von mesolithischen Gruppen hergestellt, die von den mittelmeerischen Neolithikern inspiriert worden waren. Dass Mesolithiker auch Tiere domestizierten, zeigte sich am Fundort Cuzoul de Gramat (Lot), in der Montandon-Höhle (Doubs) oder in Le Petit Marais (Somme), wo sich Anzeichen für gezähmte Hunde fanden, die vielleicht viel früher zur Jagd eingesetzt wurden, wahrscheinlich schon im Paläolithikum vor 18.800 bis 32.100 Jahren. Folgt man einer Studie von 2013, so stammen die heutigen Hunde von einer europäischen Wolfsart ab, die ausgestorben ist.40g Auch fällt auf, dass neben Rehen, Bären (einschließlich der Spuren tragischer Jagdunfälle) und Auerochsen sehr viel mehr kleinere Tiere gejagt wurden, wie etwa Vögel. Hinzu kam saisonaler Fischfang. Auch spielten mit dem Anwachsen der gemäßigten Wälder Nüsse und Pilze, Rhizome und Wurzeln eine zunehmende Rolle. Auch Vorratshaltung ließ sich nachweisen (Abcurador).41

Anstieg des Meeresspiegels seit dem letzten glazialen Maximum. Als gesichert gilt der Schmelzwasserpuls 1A vor 14200 bis 14700 Jahren, der einen schnellen Anstieg um 20 m brachte.

Die hüttenartigen Strukturen wiesen Ansätze auf, Tätigkeiten bestimmten Zonen zuzuweisen, wie etwa Schlafen, Steinbearbeitung oder Essenszubereitung. In Ruffey-sur-Seille konzentrierten sie sich allerdings um eine Herdstelle. In Sonchamp III im Pariser Becken weist die dortige Hütte eine Fläche von 12 m² auf. Auch in Mannlefelsen im Elsass fanden sich entsprechende Strukturen. Hinzu kamen Überreste eines steinernen Dammes, der offenbar das Wasser eines Baches fernhalten sollte. Einige Artefakte weisen auf zeltartige Strukturen und Palisaden hin.

Das Ende des Mesolithikums erfolgte zuerst im Mittelmeerraum, zuletzt wohl in der Bretagne. Dort lebten Gruppen, die seit langer Zeit von der Fauna des Meeres lebten. Möglicherweise wurden entsprechende Funde jedoch an anderer Stelle nur deshalb nicht gemacht, weil der stark ansteigende Meeresspiegel dafür sorgte, dass die meisten küstennahen Spuren vernichtet wurden. Hingegen konnten die Bewohner der meist steilen bretonischen Küstengebiete nie so nah am Meer leben, wie an der Atlantik- oder der Kanalküste. Die bretonischen Gruppen scheinen bereits ausgesprochen ortsfest gewesen zu sein. Zudem waren sie stark von den Ressourcen des Nahraumes abhängig.41d

Neolithikum

Poliertes Diorit-Beil, entdeckt bei Reims, 25 × 5,2 × 3,3 cm, Museum von Toulouse, Sammlung Alexis Damour

Die Steinreihen von Palaggiu auf Korsika auch als Campu dei Morti (Platz der Toten, Friedhof) bezeichnet

Zeitstellung korsischer Megalithen

Neo ancien Echilleuses
Modell des 35 m langen Sechs-Familien-Hauses von Echilleuses in Zentralfrankreich, ca. 4900-4800 v. Chr.

Cardial- oder Impressokultur (ab 5700/5500 v. Chr.)

Die Cardial- oder Impressokultur, ein Begriff, der eine Reihe verwandter Kulturen zusammenfasst, erhielt ihren Namen von Gravuren, die mit der Herzmuschel ausgeführt wurden.42 Sie breiteten sich ab dem 7. Jahrtausend v. Chr. zwischen Dalmatien und dem westlichen Mittelmeer bis nach Portugal und Nordafrika aus. Genetische Untersuchungen zeigen, dass diese Ausbreitung meist zu Lasten der zuvor vorhandenen Bevölkerungen vonstattenging.43 44 Da sich die Ausbreitung der dazugehörigen Kulturen relativ schnell vollzog, wurde angenommen, es habe sich um eine Ausbreitung auf dem Seeweg gehandelt.45 Dies bestätigen inzwischen auch genetische Untersuchungen in Frankreich46, die darüber hinaus zeigen, dass die Pflanzen und Tiere, die die neuen Siedler mitbrachten, ebenfalls aus dem östlichen Mittelmeerraum stammten.

Zwischen etwa 5700 und 5500 v. Chr. kam es mit der Kultur oder Gruppe von La Hoguette zur Neolithisierung im Südosten Frankreichs, also der Verbreitung der Bodenbearbeitung und der Viehhaltung. Sie hatte ihre Wurzeln im 11. Jahrtausend v. Chr. im Nahen Osten. Zwischen 7400 und 7100 v. Chr. begann die Ausdehnung der neolithischen Lebensformen Richtung Westanatolien, von dort einerseits über See nach Südgriechenland und schließlich nach Italien (dort ab 6100 bis 5800 v. Chr.), andererseits über Land Richtung Balkan (um 6500 bis 6400 v. Chr.). Von der Mündung der Rhone verbreitete sich die weiterentwickelte Nahrungsmittelproduktion nach Norden und erreichte etwa 300 Jahre vor der Bandkeramik den Rhein und seine Nebenflüsse bis zur Lippe. Der Anteil von Haustierknochen ist in den Funden der La-Hoguette-Kultur erheblich größer als bei den Bandkeramikern weiter im Osten.47. Es wurden Lebensmittel erstmals produziert, d. h. Getreide wurde angebaut und gelagert, Vieh gezüchtet. Keramik wurde darüber hinaus hergestellt, was ebenfalls zum „neolithischen Bündel“ gehört, also den Kernmerkmalen der Neolithisierung. Zudem wurden die Gruppen sesshaft, erste Dörfer entstanden und erste Grabhügel, Tumuli, Cairns, Dolmen und Menhire. Menhire fanden sich vor allem in der Bretagne, teils auf großen Flächen, wie in Carnac (4 km², 2935 Menhire) oder auf dem Pic de Saint-Barthélemy bei Luzenac im Ariège. Die Cardialkultur wird in eine solche im engeren Sinne (bis 5000 v. Chr.) und ein Epicardial (bis 4800 v. Chr.) eingeteilt48, wobei in dieser bäuerlichen Kultur Jagd und Fischfang noch einen hohen Stellenwert hatten.

Die Impressokultur wird in Frankreich in verschiedene Gruppen eingeteilt.49 Als Villeneuve-Saint-Germain-Gruppe erstreckte sich die Impressokultur von Nordfrankreich, insbesondere vom Pariser Becken, bis in den Osten Belgiens, wo sie als Blicquien50 bezeichnet wird. Sie wird auf die Zeit zwischen 5100 und 4700 v. Chr. datiert, ähnlich wie das gleichzeitige Rubané im Osten, das im Deutschen als Bandkeramische Kultur bezeichnet wird. Lange Häuser mit Holzständern dominierten hier wie dort. Beim Schmuck wurde auf Schiefer oder schieferhaltige Steine zurückgegriffen.

Die Cerny-Gruppe entlang des stärker dem Atlantik zugewandten Frankreich entstand um 4600 v. Chr. und weist bereits megalithische Elemente auf (proto-megalithisch), wie bei Passy im burgundischen Département Yonne, wo man Zeremonialflächen oder -einhegungen fand, die durch Palisaden und Gräben abgetrennt wurden (vgl. Einhegung vom Typ Passy). Die Häuser waren stark vom Donauraum beeinflusst, ebenso wie die Keramik. Die Gruppe gehört bereits dem mittleren Neolithikum an. Die Cerny-Gruppe wird im Allgemeinen mit der in Deutschland weit verbreiteten Gruppe der Rössener Kultur parallelisiert.

Postimpresso-Kulturen (ab 4300/4200 v. Chr.)

Einbaum, der 1974 bei Bourg-Charente in der Region Poitou-Charentes entdeckt wurde; 3500 bis 3000 v. Chr., heute im Musée d'Arts et d'Histoire de Cognac

Die zunächst recht homogene Impressokeramik löste sich in Postimpresso-Kulturen auf, zu denen später die im Gebiet beiderseits der Rhone nachweisbare Chassey-Lagozza-Cortaillod-Kultur gehört. Die anfangs als eigenständige Kulturen gedeuteten Fundgruppen in Südfrankreich, in Norditalien sowie in der Süd- und Westschweiz erhielten zunächst eigene Namen, doch werden sie heute als zusammengehörig aufgefasst. Allerdings endeten sie zu verschiedenen Zeiten. Die französische Gruppe wurde nach dem Ort Chassey-le-Camp im Département Saône-et-Loire benannt.51

In Frankreich erstreckt sich das Chasséen (etwa 4200-3500 v. Chr.) von der Kanalküste bis zum Mittelmeer. Die Kultur wurde nach der Fundstätte Chassey-le-Camp im Département Saône-et-Loire benannt. Allem Anschein nach ist sie stärker aus mediterranen Quellen gespeist, im Gegensatz zu den östlichen Gruppen, die auf danubische Quellen zurückgeführt werden, also eher aus Gebieten an der Donau. Die Bodenbearbeitung lieferte den Löwenanteil der Nahrungsmittel, zu denen Äpfel, Bohnen, Emmer, Einkorn, Eicheln, Gerste, Haselnüsse, Linsen, Bohnen und Pflaumen gehörten. Auch Viehhaltung ist belegt. Die Keramik weist einfache Formen, meist bauchige, mit einer geknickten Schulterpartie versehene Becher oder beutelförmige Näpfe, Hänge- und Vorratsgefäße mit abgerundetem Boden ohne Standflächen auf. Verzierungen sind selten, doch nehmen sie gegen Ende des Chasséen zu. Feine gitter-, punkt- oder strichgefüllte Bänder, X-Reihen, Zickzackstreifen herrschen vor, doch finden sich auch Wellen und Bögen sowie weiße und rote Inkrustierungen. Hinzu kommen mehrfach durchbohrte Leisten mit Panflöten- oder Patronengürtel-Ösen. Massenhaft traten nun Steingeräte mit Klingencharakter auf, querschneidige, blattförmige, rhombische und in der jüngsten Phase gestielte Flügelpfeilspitzen, Messer und Bohrer, spitznackige Beile mit ovalem Querschnitt, Scheibenbeile und Meißel. Die Hocker-Einzelbestattung erfolgte in Gruben, aber auch in Höhlen, manchmal auch in Megalithen. Trepanationen kamen relativ häufig vor. Die mit Gräben und Palisaden, gelegentlich auch mit komplizierteren Anlagen befestigten Dörfer lagen meist auf Plateaus und waren erheblich größer als im frühen Neolithikum Frankreichs. Im Süden wurden die Häuser auf Steinfundamenten errichtet. Allerdings wohnten auch Menschen in Höhlen und in einzelstehenden Hütten. Anthropomorphe Menhire wurden in der offenen Landschaft aufgestellt, doch ist die Zugehörigkeit zum Chasséen nicht gesichert. Zudem fanden sich Figurinen aus Ton, die meist Frauen darstellen.

In Burgund finden sich Artefakte einer Gruppe, die Elemente des Chasséen, aber auch des Cortallod und der Michelsberger Kultur aufwies. Im Westen entstanden erste Monumentalbauten der Megalithik.

Stéle de Lauris-Puyvert (Vaucluse) der Lagozza-Gruppe

Die zweite, auf dem Gebiet Frankreichs vorkommende Kultur dieser Epoche - die dritte findet sich auf dem Schweizer Gebiet zwischen Genfer und Zürichsee - ist die Lagozza-Gruppe. Sie erstreckt sich vom Languedoc über die Provence und Ligurien und weiter südwärts bis nach Apulien in die Gegend von Bari. Die einfarbige, unverzierte und meist schwarze Keramik wurde nur gelegentlich aus rot poliertem, feintonigem Material hergestellt. An Steingeräten fanden sich neben spitznackigen Beilen auch Mikrolithen wie Trapeze und dreieckige Querschneider, sowie rhombische und dreieckige, zum Teil gestielte Pfeilspitzen. Aus Knochen wurden Kämme, Anhänger und vereinzelt auch Harpunen hergestellt. Webgewichte und Spinnwirtel bestanden aus Ton.

Um 3500 bis 3000 v. Chr. entstanden neue Gruppen, wie die von Ferrières, dann Fontbuisse im östlichen Languedoc, Artenac im zentralen Westen, Horgen im Osten, Seine-Oise-Marne (3500 bis 2500 v. Chr.) im Pariser Becken und im Norden. Letztere Kultur reichte im Osten bis nach Belgien und Westdeutschland.52 Die halb eingegrabenen Häuser mit einem Mittelfirst auf Ständern und Flechtwerkwänden waren rechteckig und maßen etwa 3 * 6 m. Doch gab es auch große Häuser mit schwerem Dachgebälk. Bei den Grabstätten handelt es sich sowohl in den Großbauten als auch in den künstlichen oder natürlichen Höhlen um kollektive Totenplätze. Wo weiches Gestein dies erlaubte, wie an der Marne, entstanden weiträumige Hypogäen mit reichen Beigaben, wie Beile oder Figurinen. Stelen finden sich in der Provence ebenso wie im Languedoc und Aveyron. Auf ihnen finden sich oftmals menschliche Gesichter mit Augenbrauen, Augen und Kleidungselementen wie Gürteln oder Bändern (so in Puyvert in Vaucluse, Pousthoumy in Aveyron, Bouisset in Hérault). Im späteren Neolithikum wuchsen diese figürlichen Darstellungen zu erheblich größeren Menhiren an.

Glockenbecherkultur (2900 bis 2200 v. Chr.)

Im Endneolithikum erfasste die Glockenbecherkultur, die dementsprechend in Frankreich culture campaniforme heißt, das südliche Frankreich, aber auch Gebiete in der Bretagne und im Osten. Diese Kultur erstreckte sich zwischen Weichsel und Sizilien sowie punktuell auch Nordafrika, an die Elbe und nach Spanien. Die Menschen lebten in 15 bis 20 m langen Häusern. In jedem Haus könnten 8 bis 10 Menschen gelebt haben, in den kleinen Dörfern vielleicht 30 bis 50. Offenbar bestand ein regelmäßiger Fernhandel, etwa mit Kupfer oder Salz. Die Begräbnisriten waren nun sehr stark regionalisiert, die Toten wurden einzeln in Erdgräbern oder in Steinkisten beigesetzt. In Frankreich kamen häufig Nachbestattungen in Megalithanlagen und Beisetzungen in Höhlen vor, gelegentlich nahm man megalithische Traditionen auf und ging zur Mehrfachbestattung über. Männer wurden mit dem Kopf nach Süden, den Extremitäten nach rechts gewandt beigesetzt, Frauen mit dem Kopf nach Norden, den Extremitäten nach links. So ging in beiden Fällen der Blick nach Osten. Anhand der Grabbeigaben - meist Glockenbecher, Dolche aus Kupfer, Armschutzplatten und Pfeilspitzen aus Feuerstein kommen in Gräbern herausragender Männer vor - lässt sich eine zunehmende Hierarchisierung der Gesellschaft unter Führung einer Kriegergruppe feststellen.

Bronzezeit (1850-800 v. Chr.)

In Frankreich weigerte man sich bis in die 1960er Jahre, die dreigliedrige Periodisierung in Stein-, Bronze- und Eisenzeit, die im übrigen Europa gängig war, zu akzeptieren. Man legte Wert darauf, die eigene Urgeschichte an die Geschichte des Mittelmeeres zu binden, so dass die Archäologie ein Teil der Kunstgeschichte wurde. Die Préhistoire war hingegen eine Naturwissenschaft und führte ein marginales Dasein im akademischen Leben. In den 1880er Jahren schlug Gabriel de Mortillet, der als Begründer der urgeschichtlichen Forschung in Frankreich gilt, eine Protohistoire vor, die die entstandene Lücke überbrücken sollte. Doch der Rest Europas lehnte dies ab, und auch in Frankreich blieb die Erforschung der drei Epochen zurück.54

Die Bronzezeit wird für das östliche Frankreich nach Jean-Jacques Hatt (1961) in die Bronze ancien oder Frühbronzezeit bzw. moyen und finale, also Mittel- und Spätbronzezeit eingeteilt.55 Als vierte Phase wird vor der Spätbronzezeit ein Bronze récent gesehen, das manchmal aber auch die letzte Phase einschließt. Dabei bestanden Kupferlagerstätten, die zur Gewinnung von Bronze vonnöten waren, an zwei Stellen, nämlich in den Vogesen im Nordosten und bei Cabrières im Département Hérault im Süden. Zwar gibt es Zinn in der Bretagne, doch ist dort kein bronzezeitlicher Abbau nachgewiesen, so dass möglicherweise eine vollständige Abhängigkeit vom Fernhandel bestand. Dabei ist die frühe Bronzezeit von Erdbestattungen gekennzeichnet, die mittlere von Grabhügeln oder Tumuli, die späte von der Verbrennung der Toten.

Frühe Bronzezeit (2200/1850-1650 v. Chr.)

Jambieres en cuivre - 1250 avJC - Veuxhaulles-sur-Aube
Kupferne Beinschützer, Veuxhaulles-sur-Aube, 1250 v. Chr., Musée des Antiquitées Nationales de Saint Germain en Laye

Pirogue préhistorique du lac de Chalain
Die Piroge vom Chalain-See im französischen Jura, 1904. Das Boot ist 9,35 m lang und wurde 1904 entdeckt. Es wurde dendrochronologisch auf das Jahr 959 v. Chr. datiert und liegt heute im Musée archéologique de Lons-le-Saunier.53a

In Westeuropa wirkten jungsteinzeitliche Traditionen noch bis weit in die Bronzezeit hinein kulturprägend. Ausgehend von der Aunjetitzer Kultur breitete sich ab 2500 v. Chr. die Bronzeverarbeitung in Mitteleuropa aus. Dabei musste aufgrund besserer Datierungsmöglichkeiten der Beginn der Bronzezeit in Mitteleuropa und Ostfrankreich auf 2200 v. Chr. zurückdatiert werden. Jedoch war die Bronzebearbeitungstechnik noch wenig entwickelt, die Objekte in den ersten beiden Jahrhunderten klein und selten.

Es scheint, als habe die Abhängigkeit von den wenigen zur Bronzeherstellung notwendigen Gruben von Zinn und Kupfer dazu geführt, dass gesellschaftlicher Reichtum, Macht und Einfluss angehäuft wurden. Die Gesellschaft wurde, wenn man dies aus den Grabbeigaben schließen darf, deutlich stärker hierarchisch und zugleich kriegerischer. Darauf weist das Hervorheben des Kriegerischen in der Kultur, aber auch die Entstehung zahlreicher Höhenburgen hin - allerdings überwiegend erst in der Eisenzeit.

Während in der einsetzenden Bronzezeit zahlreiche kulturelle Gruppen nebeneinander bestanden, so tendierte der Raum zu einer zunehmenden Homogenität, die sich in der mittleren und späten Bronzezeit noch verstärkte. Dies dürfte auf einen verstärkten interregionalen Austausch hindeuten. Trotz dieser Anähnelung lassen sich verschiedene Gruppen ausmachen.

Mittlere Bronzezeit (1650-1275 v. Chr.)

West- und Nordfrankreich werden der atlantischen Provinz zugerechnet, zu der auch das atlantische Iberien und die britischen Inseln zählen. Zwischen der Bretagne und den Niederlanden unterscheidet man die Gruppen von Tréboul, denen in der späten Bronzezeit die Gruppen von Rosnoën und Saint-Brieuc-des-Iffs folgten. Um das Mündungsgebiet der Gironde findet sich die groupe médocain und die von Saint-Denis-de-Pile, die sich um 1050 v. Chr. in der späten Bronzezeit anschließt. Bei Schmuck und Waffen zeigen sich hier östliche Einflüsse.

Auf Korsika entstand um 1600 v. Chr. die Torre-Kultur, die Ähnlichkeiten zur Nuraghenkultur der südlichen Nachbarinsel Sardinien aufweist. Allerdings waren die Torri (Türme) erheblich kleiner als die sardischen Bauten. Dennoch rechnet man die Torrekultur, die vor allem im Süden Korsikas fassbar ist, der Nuraghenkultur zu, die dort die Megalithkultur ablöste. Nur im Südwesten Korsikas, bei Filitosa, findet man gleichzeitig die Statuenmenhire der Megalithiker und die Türme der „Torreaner“.

Späte Bronzezeit (1275-800 v. Chr.)

Modell eines Grabhügels der Hallstattzeit, Germanisches Nationalmuseum Nürnberg

Nach Paul Reinecke werden die späte Bronze- und die frühe Eisenzeit in vier Perioden eingeteilt, die mit Hallstatt A bis D bezeichnet werden. Demnach gehören Hallstatt A (1200–1000 v. Chr) und B (1000–800) zur bronzezeitlichen Urnenfelderkultur, Hallstatt C (800–650) und D (650–450 v. Chr) zur eisenzeitlichen Hallstattkultur. Das namensgebende ausgedehnte Gräberfeld mit über tausend Gräbern wurde bereits 1846 oberhalb des Hallstätter Sees in Österreich entdeckt. Der Westhallstattkreis umfasste Nordost-Frankreich, Süddeutschland, das Mittelrheingebiet, Böhmen und Oberösterreich. Wurden dort wichtige Persönlichkeiten mit Schwert (Hallstatt C) oder Dolch (Hallstatt D) bestattet, so wählte man im Osten eine Streitaxt. Im 8. Jahrhundert v. Chr. verlor das Fernhandelssystem für Kupfer und Zinn durch die zunehmende Dominanz des Eisens seine Bedeutung. Durch den Eisenhandel wurde die Entstehung einer neuen Oberschicht begünstigt, die über Kontakte bis in den Mittelmeerraum verfügte. Bei ihnen sprach man von „Fürstensitzen“, die vor allem in Südwestdeutschland, der Schweiz und Ostfrankreich zu finden sind.

F09.St-Vorles de Châtillon-sur-Seine.0070
Krater von Vix, Detail. Ein solcher Krater diente dazu, Wein und Wasser zu mischen. Dieses ganz außergewöhnliche Exemplar war 1,64 m hoch und hatte ein Fassungsvermögen von mehr als 4000 Liter.

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Der Krater von Vix, Gesamtansicht

Inzwischen entsteht ein umfassenderes Bild im Rahmen der „Frühen Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse“.56 Am Mont Lassois am Oberlauf der Seine fand sich eine 42 ha große hallstatt- und spätlatènezeitliche Nekropole. Zu ihr gehört die Fürstliche Grabstätte von Vix und das Heiligtum von Les Herbues.57

An die Hallstattzeit schloss sich die Latènezeit an, die ebenfalls in vier Perioden unterteilt wird.

Wenn es um das westliche Atlantische Frankreich geht, zerfällt die Späte Bronzezeit in Bronze final I - sie wird dabei zwischen 1275 und 1140/1100 v. Chr. angesetzt (früher 1200-1000) -, final II zwischen 1140/1100 und 1000/950 (früher 1000-900) und final III um 950 bis 800 (früher 900-700 v. Chr.). Um das Mündungsgebiet der Gironde folgt von etwa 1050 bis 900 v. Chr. die Gruppe von Saint-Denis-de-Pile, der sich die Vénat-Gruppe anschließt, die kennzeichnend für Süd- und Südwestfrankreich ist. Während sich weiterhin die Metallwaren ähnlich denjenigen in der Atlantikprovinz ausprägten, wurde die Keramik stark von Ostfrankreich her beeinflusst. Die Gruppe von Plainseau kennzeichnet Nordwestfrankreich und Belgien.

Die Tatsache, dass der Mittelmeerraum als Metallkonsument auftrat, während das atlantische Europa als Produzent eine zentrale Rolle spielte, sorgte dafür, dass nicht nur der Handel angeregt wurde, sondern auch der sprachliche Austausch zwischen 1300 und 800 v. Chr. stark intensiviert wurde. Es entstand eine relativ einheitliche Kultur, die wahrscheinlich durch eine Lingua franca verbunden war, aus der - so eine Überlegung - das Keltische hervorging.58 Die großen Produktionszentren und die Verbrauchsregionen wurden durch Vermittler, wie die Keltiberer oder die Träger der Hallstattkultur räumlich verbunden. Möglicherweise fand eine sprachliche Keltisierung der dortigen Eliten statt, eine Deutung, die die bisher als Völkerwanderungen gedeuteten Ausbreitungen durchaus erklären könnte. Auch die Latènekultur, die noch viel mehr ihre Schwerpunkte an wichtigen Flussläufen hatte, mag auf diese Art, vielleicht auch aufgrund religiöser Impulse, die sich in der materiellen Kultur niederschlugen „keltisiert“ worden sein.

Eisenzeit, Hallstatt-Kultur, Latènezeit

Die Späthallstattkultur ging seit etwa 800/750 v. Chr. zwischen Ostfrankreich und Österreich mit seinen angrenzenden Ländern aus spätbronzezeitlichen Urnenfelderkulturen hervor. Deren Gebiet wurde 1959 von Georg Kossack in einen Ost- und Westhallstattkreis unterschieden, wobei sich der Westhallstattkreis von Ostfrankreich bis nach Mittelösterreich erstreckte. Im Westhallstattkreis dominierten befestigte Höhensiedlungen, die von kleineren, weilerartigen Siedlungen umgeben waren. Im Westen fanden sich reich ausgestattete Wagengräber, während die Krieger im Osten mit ihrer Bewaffnung, mit Helm und Brustpanzer beigesetzt wurden. Die späte Hallstattkultur (650 bis 475 v. Chr.) weist reich ausgestattete Prunk- oder Fürstengräber auf, die etwa in Burgund (Vix) gefunden wurden. Häufig finden sich nun griechische und etruskische Güter, insbesondere Luxusgüter. Enge Handelsbeziehungen zum griechischen Massilia beeinflussten die Bevölkerung entlang der Rhône und der Saône.

Wagen

Die sich anschließende Latènezeit (ab 480 v. Chr. - 1. Jahrhundert v. Chr.) ist durch starke mediterrane Einflüsse gekennzeichnet. Sie wurde nach dem 1857 entdeckten Schweizer Fundplatz La Tène am Neuenburgersee benannt. Seit 2003 fanden dort erneut Ausgrabungen statt.59

Um 300 v. Chr. drängten die Belgen ins Innere Galliens, wo das Sanctuaire de Ribemont-sur-Ancre entstand60. Dort muss eine Schlacht mit vielleicht 1000 Toten vermutlich gegen die Armoriker stattgefunden haben.

Im 2. Jahrhundert v. Chr. waren die Arverner vorherrschend, während im Süden die Römer vorrückten. Schon um diese Zeit verdrängten italische Amphoren die griechischen im Marseiller Handel, das mehrfach Rom aufrief, es gegen gallische Gegner zu unterstützen. Languedoc und Provence wurden als erste gallische Regionen römisch und wurden zur Provinz Gallia Narbonensis zusammengefasst. Mit der Niederlage der Arverner und der Allobroger gegen Rom und die Allianz der Haeduer 118 v. Chr. war der erste Expansionsschritt Roms abgeschlossen. Nach der Niederlage der Arverner rivalisierten Haeduer und Sequaner um die Vormacht.

Kelten

Parade helmet
Der Helm von Agris, einem Fundort im Département Charente in der Region Poitou-Charentes, liegt heute im Musée des beaux-arts von Angoulême. Der Zeremonialhelm entstand im 2. Viertel des 4. Jahrhunderts v. Chr. Seine Einzelteile wurden zwischen 1981 und 1986 zunächst von Höhlenforschern, die erstmals die Höhle betraten, in der Grotte des Perrats entdeckt. Die folgenden Ausgrabungen leitete Bruno Boulestin von der Universität Bordeaux 1, die Restaurierung des Helms erfolgte im Mainzer Römisch-Germanischen Zentralmuseum. Der Helm besteht aus einer eisernen Glocke, auf der vier breite, mit Goldblech überzogene Bronzebänder befestigt wurden. Die Ornamente sind überwiegend Palmetten, zum Teil sind sie mit Koralleneinlagen geschmückt. Der Wangenschutz zeigt florale Motive und eine gehörnte Schlange.

Die älteste Nennung der Kelten (keltoi) erfolgte durch Hekataios von Milet, der sie nördlich von Marseille lokalisierte, wo sie auch noch Caesar bis an Seine und Marne siedeln sah. Caesar meinte, sie selbst würden sich als Kelten bezeichnen, während sie Belgen und Aquitanier nicht dazu rechneten. Herodot verortete die Kelten hingegen im Quellgebiet der Donau, wobei hier möglicherweise eine Verwechslung oder ein eigenwilliges Weltkonzept vorliegt. Er sah sie darüber hinaus hinter den Felsen von Gibraltar, dann im heutigen Portugal und an den Pyrenäen. Pytheas von Massalia ordnete die Bretagne dem Land der Kelten (Keltiké) zu.

Aufgrund der Verortung Herodotos kam es bereits im frühen 18. Jahrhundert zu einer Gleichsetzung Mitteleuropas mit dem Kernraum der keltischen Kultur, die sich von dort aus Richtung iberische Halbinsel, nach Italien und über den Balkan bis nach Anatolien ausgebreitet habe. Ob dies durch Kriegszüge oder Akkulturation geschah, wurde zum Fokus wissenschaftlicher Debatten. Angesichts der komplexen Forschungslage wird gelegentlich der gänzliche Verzicht auf die Bezeichnung „Kelten“ gefordert.61

Amédée Thierry62 sah 1827 die Keltenheimat noch südlich von Marne und Seine, Henri d’Arbois de Jubainville sah hingegen eine Ankunft der Kelten um 500 v. Chr. aus Deutschlands Süden. Grundlage ist die Behauptung des Herodot, die Donau entspringe im Gebiet der Kelten und Polybios' Annahme, die Kelten haben Rom von der anderen Seite der Alpen her angegriffen. Daran schloss sich die Vorstellung britischer Ur- und Frühgeschichtler an, die Kelten hätten von Mitteleuropa aus Britannien erobert. Umstrittene gallische Inschriften in Italien in etruskischer Schrift aus dem 6. Jahrhundert v. Chr. passen zur Behauptung des Livius, Kelten seien bereits vor der Invasion der 390er Jahre nach Italien gewandert. Poybios geht geht zwar vom 4. Jahrhundert aus, doch es gibt keine Hinweise, dass die Gallier über die Alpen kamen. In jedem Falle geht die Annahme, dass La-Téne-Artefakte auf Kelten hinweisen auf die Theorie einer zentraleuropäischen Heimat der Kelten zurück, die wiederum auf ethnischen Konzepten basierte.

Möglicherweise liegt die Lösung in einer in die Bronzezeit oder das Neolithikum zurückreichende Wanderungsbewegung, deren Ursprung im Südwesten, in Spanien oder gar Griechenland lag. Das Keltische als Sprache wäre dementsprechend von ethnischen Vorstellungen vollständig zu trennen. Ähnlich wie das Suaheli in Ostafrika oder das Chinook Wawa an der amerikanischen Pazifikküste, ist demnach das Keltische die übergreifende Sprache oder Lingua franca aller am Metallhandel beteiligten Gruppen gewesen.63

Geschichte der urgeschichtlichen Archäologie in Frankreich

Im 19. Jahrhundert waren Konzepte des technischen und gesellschaftlichen Fortschritts erkenntnisleitende Muster der entstehenden Archäologie.64 Daher lag der Akzent auf Brüchen und Veränderungen, die sich an Artefakten ablesen ließen, und denen letztlich evolutionäre Konzepte zugrundelagen. Diese Veränderungen wurden vielfach mit Migrationen von Völkern assoziiert. Untersuchungsfelder wie Wissen, Religion, Kunst, Bräuche wurden einzelnen Kulturen zugeordnet, die wiederum vielfach ethnischen Gruppen zugeschrieben wurden. In Frankreich dominierte Gabriel de Mortillet, schon aufgrund seiner Stellung als Direktor des Musée des Antiquités Nationales in Saint-Germain-en-Laye und als Professor an der École d'Anthropologie de Paris, der anhand von Leitfossilien Perioden zu definieren suchte, die er wiederum in Industrien gruppierte. Auf der Grundlage von ihm als universell und damit auch für menschliche Werkzeuge angenommener biologischer Gesetzmäßigkeiten duldete seine Theorie, dass jede Industrie einen festen Platz in einer unveränderlichen Abfolge habe, und die vor allem keine zeitliche oder räumliche Überlappung gestattete, keine Ausnahme. Daher folgte bei ihm auf das Acheuléen das Moustérien, diesem Solutréen und schließlich Magdalénien. Das Neolithikum ordnete er als Robenhausien ein. Die entstehende stratigraphische Methode und die relative Chronologie schienen diese Annahmen zu stützen. Obwohl der Belgier Edouard Dupont und andere einwarfen, verschiedenartige Völker könnten auch zur gleichen Zeit nur in verschiedenen Regionen gelebt haben, setzte sich dieses einfache Schema nicht nur in Frankreich durch. Zugleich bestand in Frankreich ein enormes Übergewicht des Paläolithikums, während in Großbritannien das Neolithikum sowie Bronze- und Eisenzeit stark hervorgehoben wurden.

Nach dem ersten Weltkrieg verstärkte sich der Widerstand gegen die Vorstellung, bestimmte Werkzeugtypen könnten einer bestimmten Kultur oder einer bestimmten Funktion eindeutig zugeordnet werden, oder gar einem bestimmten Volk. Stattdessen setzte sich die Vorstellung paralleler lithischer Industrien durch, die nicht mehr an eine feste zeitliche Sequenz gebunden waren. Mit diesen Industrien verband man nun räumliche Bewegungen von Ethnien. So verband man etwa das Aurignacien mit der Invasion von Cro-Magnon-Menschen. Die Stratigraphie des Neolithikums erhielt erst durch die 1946 erfolgten Berichte des italienischen Archäologen Luigi Bernabò Brea zur Ausgrabung von Arene Candide eine festere Grundlage. Dennoch blieb die französische Jungsteinzeitforschung zurück, da die Dominanz der Altsteinzeit dazu führte, dass vor allem Werkzeuge untersucht wurden, während in anderen Ländern bei der Untersuchung der Jungsteinzeit die Keramik im Vordergrund stand. Die Erfolge der ausländischen Kollegen, auch an französischen Untersuchungen, wurden vor diesem Hintergrund als „sehr demütigend“ empfunden.65

Mit der Radiokohlenstoffmethode wurde die relative Chronologie ab den 1950er Jahren unterminiert. So wurde der Beginn des Neolithikums um mehrere Jahrtausende zurückdatiert. Schließlich geriet auch die Anbindung später urgeschichtlicher Kulturen an ethnische Gruppen, die in den Schriftquellen fassbar waren, in die Kritik. Die prozessuale Archäologie gab den Kulturen einen Teil ihrer Komplexität zurück und trennte strikt zwischen materieller Hinterlassenschaft und der daraus möglicherweise zu erschließenden kulturellen Welt. Unter diesen stärker systemischen Aspekten wurden die vorgefundenen Kulturen selbst zu dynamischen Systemen. Ein einzelnes Kennzeichen war nicht mehr ausreichendes Attribut für eine Gruppe. Stark beeinflusst von ethnologischen Arbeiten folgte dieser prozessualen die postprozessuale Archäologie Großbritanniens, die der materiellen Kultur selbst eine aktive Rolle gab und sich wenig um oberhalb der Fundebene liegende Kulturkonzepte kümmerte.

Eine ganz andere Entwicklung nahm die französische Archäologie. Hier waren André Leroi-Gourhan und François Bordes dominierend. Leroi-Gourhan wirkt bis heute, auch über Frankreich hinaus, während Bordes typologischer Ansatz wesentlich weniger Wirkung zeitigte. Er entwickelte zusammen mit seiner Frau einen rigorosen quantitativen Ansatz und Listen von Werkzeugen, die ihrer Ansicht nach für eine bestimmte Kultur kennzeichnend waren. Diese Werkzeuggruppen waren Ausdruck ihrer Kultur, weniger, wie Kritiker annahmen, Ausdruck einer ökologischen Anpassung. Der Ethnologe und Archäologie Leroi-Gourhan beschäftigte sich intensiv mit dem Verhältnis von Mensch und Technik. Er führte den Begriff der chaîne opératoire ein, stach aber besonders durch eine Präzisierung der archäologischen Grabungstechnik hervor, die sich weitgehend durchgesetzt hat.

In den 1950er Jahren wurden viele der älteren Konzepte der Archäologie aufgegeben und das Kulturenkonzept vor allem auf die lange vernachlässigte Jungsteinzeit angewandt. Zugleich wandte man sich verstärkt der Analyse der Keramik zu. Kulturen behielten weiterhin ihr analytisches Potential, insbesondere bei der Verteilung im Raum, doch wandte man sich weitgehend von Konzepten der Migration oder der Diffusion ab. Kulturen zu untersuchen hieß nicht mehr Kulturgeschichte zu betreiben, sondern sie selbst als Objekt empirischer Untersuchung und Einteilung zu nutzen.

Griechen, Karthago, Rom

Spätestens mit der Gründung Massalias, des heutigen Marseille, setzten sich Griechen im Gebiet der Rhonemündung im 6. Jahrhundert v. Chr. fest. Zwar unterlagen die Massalier 540 v. Chr. in der Schlacht bei Alalia, und sie mussten ihre Handelsstützpunkte in Iberien aufgeben, doch konnte die Stadt ihr Territorium vergrößern und ihren Handel mit den Kelten intensivieren. Ihre Polisordnung bestand wohl in einer Oligarchie, denn Aristoteles kannte den auf 600 Männer begrenzten Politeuma und den Rest der Bevölkerung, der von der politischen Gestaltung ausgeschlossen war. Diese 600 bildeten das Synhedrion, die beschlussfassende Versammlung. Dazu zählte ein aus 15 Männern bestehender geschäftsführender Ausschuss sowie die drei höchsten Magistrate, die Timuchen. Folgt man Strabon (1,4,5), dann mussten sie Kinder haben und ihre männlichen Vorfahren mussten seit drei Generationen das Vollbürgerrecht besitzen. Die Timuchen kannte noch Caesar. Insgesamt war die Stadt eine Oligarchie, das Volk nach Cicero (rep. 1,27,43) lebte in einer Art Knechtschaft.

In den Zeiten der punischen Kriege waren die griechischen Kolonien Südfrankreichs Verbündete Roms. Die Kriegsexpedition der Scipionen gelangte über Massilia und Rhodae in die karthagischen Gebiete der Iberischen Halbinsel (218-209 v. Chr.).66

Einige Gebiete um Nizza (Nicaea) gehörten zu Ligurien und damit zum italischen Kerngebiet. Die mittelmeernahen Gebiete Frankreichs wurden zwischen 154 und 121 v. Chr. römisch. 58 v. Chr. griff Julius Cäsar auf Forderung der mit Rom verbündeten Haeduer in die dortigen Konflikte ein. 52 v. Chr. steigerte sich der Kampf der Gallier unter Führung des Vercingetorix und der Arverner gegen Caesar, wobei, folgt man Velleius Paterculus, 400.000 Menschen ums Leben kamen, nach Plutarch gar eine Million. Es wurden die römischen Provinzen Gallia, Gallia Narbonensis, Gallia Belgica und Gallia Aquitania eingerichtet.67

Wie schon in vorrömischer Zeit gehörten zum einen das Rhonetal flussaufwärts bis Lyon (Lugdunum), zum anderen die Mittelmeerküsten zu den wirtschaftlichen Zentren des Reiches. Residenzort war Arelate. Ein bedeutender römischer Flottenhafen entstand wohl unter Augustus in Forum Iulii, das er für Veteranen der Schlacht bei Actium zur Kolonie machte. Sie umfasste mindestens eine Fläche von 35 ha. Insgesamt fanden sich dort jedoch nur wenige Kolonien, so in Narbo Martius.68

Silberbarren
Nach seiner Erhebung ließ Gegenkaiser Magnentius Silberbarren verteilen, Augusta Raurica, 351-352.

Kurz vor der römischen Reichsteilung von 395 erstreckten sich die Diözesen XIII (Galliae) und XIV (Septem Provinciarum) über Frankreich, die zusammen mit XII (Britanniae) und XV (Hispanie) im Weströmischen Reich die Präfektur Gallien bildeten.69 Dort erhob sich 350 Flavius Magnus Magnentius, ein hoher Militär wohl fränkisch-britischer Abstammung, zum Kaiser, doch scheiterte er 353. Das Christentum, seit Konstantin toleriert, wurde durch ein Edikt vom 28. Februar 380 zur Staatsrelgion, am 24. Februar 391 kam es zum Verbot jeglicher öffentlicher Kultbetätigung.

Im vierten Jahrhundert ließen sich Franken im Norden und im 5. Jahrhundert Burgunder im Südosten nieder. In Gallien kam es 412-17, 435-37 und 447-49 zu Bagaudenaufständen, Aremorica (mit dem Kerngebiet Bretagne) machte sich als föderiert selbstständig. 451 hielten die Römer unter der Führung des Aetius zwar in der Schlacht auf den Katalaunischen Feldern die Hunnen unter Attila auf, nach dessen Tod sich das Riesenreich auflöste, doch 486 besiegten die Franken den letzten römischen Machthaber in Gallien. Im Süden gehörten weite Gebiete beginnend im Jahr 418 zum seit diesem Jahr mit Rom föderierten Reich der Westgoten, bzw. dem Tolosanischen Reich. Alamannen, Alanen, Vandalen überschritten in der Silvesternach 406/6 den Rhein. Zwar zogen Alanen und Vandalen weiter Richtung iberische Halbinsel und dann nach Nordafrika, aber einige Alanen blieben doch bei Valentia (Valence) und wurde 446 römische Föderierte. In Italien und im gallischen Südosten löste das Reich des Odowaker 476 die römische Herrschaft ab und führte sie zugleich fort. Ihm folgten die Ostgoten. Um Paris hielt sich bis 486 ein römisches Restgebiet, das Reich des Syagrius. Diese Zersplitterung des Landes in verschiedene Herrschaftsgebiete nutzten zunächst die Westgoten, die 436 Narbonne angriffen, und denen es gelang, das Föderatenverhältnis zu beenden. Rom musste seine Souveräntität anerkennen. König Theoderich II. (453-66) erneuerte das Föderatenverhältnis, da er beabsichtigte innerhalb des römischen Reiches eine größere Rolle zu spielen. Diesem Ziel diente die Erhebung des gallorömischen Senators Avitus zum Kaiser, die auf Theoderichs Drängen 455 in Arles erfolgte. Avitus zog mit westgotischen Truppen nach Italien, konnte sich aber nicht lange in Rom behaupten. Theoderich II. versuchte Arles zu besetzen, scheiterte aber an dem Heermeister Aegidius. Dieser besiegte die Westgoten 458 im Auftrag des neuen Kaisers Majorian vor Arles, worauf das Föderatenverhältnis ein letztes Mal erneuert wurde. Als aber Aegidius nach dem Sturz Maiorians gegen die neuen Machthaber Roms rebellierte und sie von seinem nordgallischen Machtbereich aus bekämpfte, verbündete sich Theoderich II. mit Kaiser Libius Severus gegen ihn und besetzte Narbonne. Doch 463 erlitten die Westgoten bei Orléans eine schwere Niederlage. Erst der Tod des Aegidius (464/465) verschaffte ihnen Gelegenheit zur Expansion im Loireraum, jedoch wurde der König 466 von seinem jüngeren Bruder Eurich beseitigt. Nach seiner Machtergreifung begann Eurich mit diplomatischen Vorbereitungen zu einer Offensive gegen die Römer und löste das Föderatenverhältnis endgültig auf. Er dehnte das Reich bis zur Loire, in die Auvergne und im Süden bis weit nach Hispanien hinein aus. 475 schloss er Frieden mit Kaiser Julius Nepos, der den Westgoten die von ihnen eroberten Gebiete überließ und ihre volle Unabhängigkeit anerkannte. Nach der Absetzung des letzten weströmischen Kaisers Romulus Augustulus im folgenden Jahr besetzten Eurichs Truppen auch das bis zuletzt römisch gebliebene Gebiet um Arles. Auf eine weitere Expansion in Gebiete östlich der Rhône und nördlich der Loire verzichtete Eurich jedoch.

Fränkisches Reich

Trotz der enormen Ausdehnung der westgotischen Macht in Hispanien und Gallien, der im Norden außer dem Reich des Syagrius nur noch das der Franken gegenüberstand, waren es letztlich die Franken, denen es bis Anfang des 6. Jahrhunderts gelang, alle anderen Mächte weitgehend aus Gallien hinauszudrängen. Den Auftakt machte 486 die Niederlage des Syagrius, des Sohns des Aegidius gegen die Armee Chlodwigs I., des Frankenkönigs aus dem Hause der Merowinger. Damit hatten Franken und Westgoten mit der Loire eine gemeinsame Grenze.

Merowinger

Die Merowinger sind möglicherweise aus dem germanischen Stamm der Sugambrer hervorgegangen. Teils wird vermutet, dass bereits einige der fränkischen Kleinkönige, die Anfang des 4. Jahrhunderts von Kaiser Konstantin dem Großen bekämpft wurden, Merowinger waren, doch ist diese nur auf Namensähnlichkeiten basierende Annahme nicht beweisbar.70

Siegelring mit dem Bildnis Childerichs und der Aufschrift CHILDERICI REGIS

Schon im 4. Jahrhundert siedelten auf dem Gebiet des Römischen Reichs germanische Stämme als Föderaten. Diesen wurde das Siedlungsrecht eingeräumt, in der Erwartung, dass sie fortan die Reichsgrenzen verteidigen würden. Am nordöstlichen Ende Galliens siedelten die germanischen Franken, die als Franci in römischen Quellen ab den 50er Jahren des 3. Jahrhunderts erwähnt werden.2

Die Erstnennung des Stammes der Salfranken findet sich beim römischen Historiker Ammianus Marcellinus, der vom Kampf des römischen Caesaren Julian gegen die Franken im Jahr 358 berichtete: „Nach diesen Vorbereitungen wandte er sich zunächst gegen die Franken, die man gewöhnlich als Salier bezeichnet; sie hatten sich vor längerer Zeit erfrecht, auf römischem Boden in Toxandrien ihre Wohnsitze einzurichten.“ (Ammianus Marcellinus 17,8,3)

In Tournai wurde im Jahr 1653 die Grabstätte von Childerich I., mutmaßlich ein König der Salfranken, gefunden. Von Childerich, einem Sohn des Königs Merowech, stammen alle späteren Merowinger ab. Er trug im Grab die Uniform eines spätrömischen Offiziers, lag auf einem römischen Friedhof, vom Mantel war eine goldene Zwiebelknopffibel erhalten. Jedoch war er nicht getauft. Childerich hatte als Föderat für Westrom und später für (oder gegen?) den römischen Heermeister Aegidius gekämpft, der sich nach 461 einen eigenen Machtbereich in Nordgallien aufbaute. 463 und 469 bekämpfte Childerich die Westgoten, wobei der römische Comes Paulus (möglicherweise ein Nachfolger des Aegidius) getötet wurde. In der Forschung ist vermutet worden, dass Aegidius, Paulus und Childerich um die Kontrolle der letzten weströmischen Armee in Gallien rivalisiert hätten.71 Zeitweilig bei den Thüringern im Exil, weil er, so Gregor von Tours, seine Gefolgsleute durch Beziehungen zu deren Frauen düpierte, kehrte er nach acht Jahren zurück und starb 481 oder 482.

Childerichs 16-jähriger Sohn Chlodwig I. herrschte von 481/82 bis 511, anfangs als einer der traditionellen Könige und römischer Heerführer. Er beseitigte wohl 486 den letzten römischen Rivalen Syagrius, den Sohn des Aegidius, besiegte die benachbarten fränkischen Kleinkönige (Sigibert von Köln, Ragnachar, Chararich), dann die Alamannen und schließlich die Westgoten. Letztere schlug er 507 in der Schlacht von Vouillé (oder bei Voulon), nach der er sie fast ganz aus Gallien verdrängte. Nachdem zunächst Soissons Hauptstadt des Reichs geworden war, wurde die Stadt von Paris abgelöst.

Von vielleicht noch weiter reichender Bedeutung war die katholische Taufe durch den Erzbischof von Reims. Durch Chlodwigs Taufe wurden im Frankenreich die in den anderen, arianischen Germanenreichen auftretenden Spannungen zwischen dem herrschenden Germanenvolk und der romanischen Mehrheitsbevölkerung, die katholisch war, vermieden. Chlodwig und seine Nachfolger beriefen sich nicht nur auf ihre Stellung als reges, sondern nutzten noch lange i(post-)römische Strukturen. Die Merowinger bewahrten so auch Teile der gallo-römischen Kultur, bedienten sich der Kenntnisse der gallo-römischen Aristokratie und lehnten sich an die spätrömische Verwaltungspraxis an, wie etwa in den Kanzleigebräuchen.

Chlodwig teilte das Reich 511 unter seine vier Söhne auf, doch starben drei Linien aus, so dass Chlothar I. von 558 bis 561 das inzwischen um Thüringen (seit 531), die Provence (seit 536) und Burgund (seit 534) erweiterte Reich wiedervereinigen konnte. Damals hörten die Merowinger auf, die nominelle Oberhoheit des (ost-)römischen Kaisers weiter anzuerkennen und mischten sich mehfach in Italien ein. Dort machte ihr Eingreifen die Wiedereinrichtung des Königtums bei den Langobarden notwendig, die von 574 bis 584 das Land ohne monarchische Führung beherrscht hatten.

Aufgrund der ständigen Teilungen des Reiches unter die Söhne der Merowinger herrschten teilweise bis zu vier Brüder oder andere Verwandte gleichzeitig in Teilreichen. Die beiden wichtigsten waren Austrasien im Osten und Neustrien im Westen des Kerngebietes des fränkischen Königreichs.

Zu den verwandtschaftlichen Beziehungen siehe: Stammliste der Merowinger

Unter Chlothars Nachfolgern wurde das Reich erneut geteilt und durch inneerdynastische Kriege zerrissen, von Chlothar II. jedoch 613 wieder vereinigt. Dieser und Dagobert I. waren wohl die letzten souverän herrschenden Könige aus dem Geschlecht der Merowinger, denn der Einfluss der Hausmeier (der maiores domus) nahm stark zu. In häufigen Machtkämpfen erhob sich das mit den Arnulfingern verbündete Geschlecht der Pippiniden schrittweise zu solcher Macht, dass Grimoald, der Sohn Pippins des Älteren, 656 den Versuch unternahm, statt des Merowingers Dagobert II. seinen eigenen Sohn zum König von Austrasien mit der Hauptstadt Metz zu erheben. Weil die anderen Großen dies aber nicht duldeten, und sich so wechselseitig neutralisierten, behielten die Merowinger ihre Königswürde noch ein weiteres Jahrhundert. Doch nach Austrasien versuchte es der Hausmeier von Neustrien, diesmal unter Beibehaltung des merowinigischen Königtums eine faktische Vorherrschaft zu errichten. Dessen Hausmeier Ebroin († 681) und bis zu ihrem Sturz um 664 Königin Balthild († 680?), die Ehefrau König Chlodwigs II., betrieben eine Politik, die der Vormacht der Dynastie diente, deren Macht Ebroin auch auf Austrasien und Burgund ausdehnen wollte. Die Erbteilungen des Reiches sollten offenbar aufgehoben werden. Ebroin bemühte sich, die Vereinigung von Burgund und Neustrien aufrecht zu erhalten, doch die großen burgundischen Adligen, in deren Machtsphäre sich auch die Bischöfe bewegten, forderten ihre Unabhängigkeit zurück. Sie erhoben sich unter Leodegar, dem Bischof von Autun, besiegten Ebroin, und internierten ihn 670 im Kloster von Luxeuil. 673 jedoch wurde Leodegar von den Austrasiern unter Wulfoald geschlagen und selbst ins Kloster Luxeuil verbannt. Die beiden Gegner konnten aus dem Kloster fliehen, um ihren Streit fortzusetzen, schließlich unterlag Leodegar gegen Ebroin und wurde 679 geblendet und getötet. Ebroin besiegte 678 auch die Austrasier, was ihn in allen drei Reichsteilen zur herrschenden Figur machte, jedoch wurde er 681 ermordet. Auch einige der Merowinger wurden in den Kämpfen zwischen den Familienzweigen getötet, in die das Reich immer wieder aufgeteilt wurde, und in denen die Großen ein immer stärkeres Gewicth erlangten. Angesichts der Unantastbarkeit der Merowingerdynastie war das Ziel der Hausmeier zunächst, die informelle Herrschaft über das Gesamtreich zu erhalten, wobie sich weiterhin Neustrien, Austrasien und Burgung bekämpften.

Seit 687 herrschten offenbar faktisch die aus den Arnulfingern und Pippiniden hervorgegangenen Karolinger, auch wenn es Hinweise gibt, dass König Childebert III., den der Liber Historiae Francorum als rex iustus und vir inclytus bezeichnet, um 700 noch einmal versucht haben könnte, aus eigener Kraft in die Regierungsgeschäfte einzugreifen. Karl Martell konnte schließlich die karolingischen Hausmeier-Ämter in seiner Hand vereinigen.

Einer seiner Söhne, Pippin der Jüngere, erhob 743 noch einmal einen Merowinger, Childerich III., zum König, ließ ihn aber 751 nach Einholung eines päpstlichen Gutachtens absetzen und ins Kloster weisen. Um seine Herrschaft zu legitimieren, suchte und erhielt Pippin angeblich die ausdrückliche Zustimmung der Kirche (in der Forschung wird diese Version der Ereignisse allerdings inzwischen bezweifelt).72 Fest steht: Damit endete die Herrschaft der Merowinger, die zuletzt wohl nur noch zeremoniell gewesen war - wie reibungslos der Dynastiewechsel verlief und wie machtlos die letzten Merowinger wirklich waren, ist allerdings ebenfalls unklar: In jüngerer Zeit äußern Historiker wie Ian N. Wood oder Johannes Fried vermehrt Zweifel an der Zuverlässigkeit der späten und parteiischen Quellen aus der Karolingerzeit. Demnach sei die überlieferte Darstellung der Ereignisse eine spätere Konstruktion, die unter anderem die Absetzung Childerichs III. rechtfertigen sollte, indem sie die angebliche Machtlosigkeit des Herrscherhauses überbetonte, um den Dynastiewechsel zu einer bloßen Formsache zu erklären. Der Vorwurf, ein rechtmäßiger König sei bloß ein nutzloser rex inutilis, war das ganze Mittelalter hindurch ein häufig genutzter Vorwand, um einen Staatsstreich zu legitimieren.

Schwierig zu klären sind die seit langem diskutierten Fragen nach dem Ursprung und der Legitimation des merowingischen Herrschaftsanspruchs. Es handelt sich um folgende Fragen:

In der Forschung stehen sich zwei extreme Positionen gegenüber, diejenige von Karl Hauck und diejenige von Alexander C. Murray. Hauck war der konsequenteste Vertreter der modernen Theorie vom fränkischen Sakralkönigtum. Seine Auffassung hat die Forschung seit der Veröffentlichung eines wegweisenden Aufsatzes im Jahr 1955 lange geprägt.73 Alexander Murray hat dieser Sichtweise 1998 vehement widersprochen.74 Andere Forscher wie Ian Wood äußern sich zurückhaltender.

Im Mittelpunkt der Kontroversen steht die Herkunftssage (Origo gentis), die in der Fredegar-Chronik des 7. Jahrhunderts überliefert ist. Sie berichtet von Chlodio, dem ersten namentlich fassbaren König der Salfranken, der im zweiten Viertel des 5. Jahrhunderts regierte. Der Sage zufolge begegnete Chlodios Frau, als sie sich zum Baden ans Meer begab, einem Meeresungeheuer (bistea Neptuni, „Untier Neptuns“), das dem Quinotaurus ähnlich war. Darauf gebar sie einen Sohn, den späteren König Merowech, Großvater Chlodwigs I.. Der Name Quinotaurus erinnert an die antike griechische Sage von Minotauros, einem Mischwesen aus Mensch und Stier; vielleicht ist das Q nur ein Schreiberversehen. Die Formulierung in der Chronik lässt die Frage offen, ob das Untier selbst der Vater Merowechs war oder ob die Begegnung der Königin mit ihm nur als Vorzeichen zu verstehen ist und Chlodio der Vater war. Der Chronist fügt hinzu, nach diesem Merowech seien dessen Nachkommen, die Frankenkönige, später Merohingii genannt worden.75

Karl Hauck, der hier mit Methoden der Vergleichenden Religionswissenschaft arbeitete, deutete die Erzählung im Sinne einer sakralen Königsidee. Er versteht den Text so, dass Merowech nicht entweder von dem Ungeheuer oder von Chlodio gezeugt wurde, sondern beides zugleich: Das aut ... aut („entweder – oder“) habe im Vulgärlatein auch „sowohl – als auch“ bedeutet, das Ungeheuer sei niemand anders als Chlodio selbst gewesen, der zeitweilig als tiergestaltiges Wesen auftrat und damit seine göttliche Natur erwies. So habe sich durch den Zeugungsakt das „Wirken der Zeugungs- und Schöpfungsmacht des Hauptgottes“ gezeigt, das den Stammvater des Geschlechts hervorbrachte; die Stiergestalt stehe für die „Urgewalt der göttlichen Schöpferkraft“ eines Fruchtbarkeitsgottes.76 Die Sage sei im Sinne des Konzepts der „heiligen Hochzeit“ aufzufassen. In diesem Zusammenhang verweist Hauck auf eine besondere Bedeutung des Stiers für die Merowingersippe. So wurde im Grab von Merowechs Sohn und Nachfolger Childerich I. ein goldenes Stierhaupt gefunden. Dem Mythos habe auch ein ansatzweise rekonstruierbarer Kultus entsprochen; er habe schon lange vor dem fünften Jahrhundert bestanden und sei dann auf jüngere Repräsentanten des heiligen Königsgeschlechts übertragen worden.77

Diese Interpretation, die aus dem Text der Chronik auf die Existenz einer altgermanischen, ursprünglich mündlich überlieferten Sage schließt, fand in der älteren Forschung grundsätzlich weithin Anklang. Allerdings wurde die Gleichsetzung des quasi göttlichen Ungeheuers mit Chlodio meist nicht akzeptiert, sondern an der Übersetzung „entweder – oder“ festgehalten. Anstoß erregte seit jeher der Umstand, dass die Chronik zwei relativ unbedeutende historische Kleinkönige des 5. Jahrhunderts zu den Protagonisten des Mythos macht. Daher und aus sprachlichen Überlegungen setzte sich die Auffassung durch, dass sich die Sage in ihrer ursprünglichen Version nicht auf Merowech bezog, sondern auf eine weit ältere Sagengestalt namens Mero als Stammvater der damals so genannten „Merohinger“. Erst in einer jüngeren Fassung sei sie wegen der Namensähnlichkeit auf Chlodio und Merowech übertragen worden. Dadurch sei der Irrtum entstanden, der Name der Merowinger sei von dem historischen König Merowech abgeleitet.77a

Murray meint, Stierdarstellungen seien in der Kunst verbreitet und nicht notwendigerweise religiös zu deuten; außerdem könne es sich um keltische Importware handeln.77b Die mutmaßliche Sagengestalt Mero sei rein spekulativ erschlossen und ihr fehle jede Basis in den Quellen; vielmehr gehe der Name Merowinger auf den historischen Merowech zurück. Die Erzählung in der Fredegar-Chronik habe keinen heidnischen Hintergrund, sondern sei erst im sechsten oder siebten Jahrhundert entstanden. Es handle sich nicht um eine echte Sage, sondern nur um einen Versuch eines gebildeten Christen, den Namen Merowech nach einer damals verbreiteten Gewohnheit etymologisch zu erklären. Dieser gelehrte Franke habe den Namen Merowech als „Meer-Vieh“ gedeutet und sei so darauf gekommen, einen Zusammenhang mit dem Neptun-Ungeheuer herzustellen. Den Minotauros-Mythos habe er gekannt, denn dieser wurde von Autoren wie Vergil, Ovid und Apuleius erwähnt und war noch in der Spätantike bekannt. Der Minotauros-Sage zufolge war Minotauros der Sohn eines Stiers, den der Gott Poseidon (Neptun) aus dem Meer emporsteigen ließ. Von dieser Vorstellung angeregt sei der christliche Franke auf die Idee gekommen, die Minotauros-Sage für seinen Zweck umzugestalten.77c

Ian Wood zieht die Möglichkeit in Betracht, dass die Erzählung in ihrer überlieferten Form als Verspottung mythischer Deutungen einer sakralen Herkunft des Merowingergeschlechts gemeint war.77d

Das Erscheinungsbild der Merowinger wurde von ihren langen Haaren geprägt, was bereits auf dem Siegel Childerichs I. erkennbar ist und auch von mehreren Chronisten bestätigt wird. Doch ist unklar, wie genau dieses Merkmal zu deuten ist: Während etwa Eugen Ewig und John Michael Wallace-Hadrill die Haartracht mit dem Heerkönigtum und einer herrschaftlichen Sphäre verbinden, betrachten sie Forscher wie Reinhard Schneider eher als Zeichen der Zugehörigkeit zur Herrscherfamilie.77e Verkompliziert wird die Situation dadurch, dass Patrick J. Geary und Guy Halsall dafür plädieren, zumindest Childerich I. primär als spätrömischen Söldnerführer zu betrachten, der einen extrem heterogenen Verband befehligt habe, dem Menschen unterschiedlichster Herkunft angehört hätten. Da die Merowinger in Wahrheit keine „alte“ Familie gewesen, sondern möglicherweise erst mit Childerich in eine prominente Position aufgestiegen seien, sei, sofern tatsächlich eine sakrale Legitimation postuliert worden sei, zumindest nicht von alten Wurzeln derselben auszugehen.77f

In der Endphase der Merowingerherrschaft, als die Merowinger angeblich nur noch Schattenkönige waren, und nach der Beseitigung ihrer Dynastie, wurden sie als Bewahrer altertümlicher Bräuche wahrgenommen. Auch darin hat man in der Moderne letzte Überreste oder Nachklänge einer nicht mehr verstandenen sakralen Herrscheridee aus vorchristlicher Zeit vermutet. Angaben aus der Karolingerzeit, die das traditionsgebundene Verhalten der letzten Merowinger als seltsam und antiquiert erscheinen lassen, dürften übertrieben und verzerrt sein, da sie der Rechtfertigung des Dynastiewechsels von 751 dienen sollten. So schreibt Einhard, der in karolingischer Zeit eine Biographie Karls des Großen verfasste, die letzten Merowinger hätten sich auf einem von Ochsen gezogenen Karren (carpentum) herumfahren lassen. Was der karolingerzeitliche Autor als Kuriosität schilderte, war ein Element der spätantiken Herrscherrepräsentation gewesen: Ammianus Marcellinus berichtet, Kaiser Constantius II. sei 357 auf einem carpentum in Rom eingezogen,77g und noch im 6. Jahrhundert reisten römische Präfekten laut dem im Ostgotenreich wirkenden Gelehrten und Politiker Cassiodor meist in solchen Karren. Darüber hinaus wurde der Ochsenkarren der Merowinger aber in der älteren Forschung oft auf einen heidnischen Kultwagen zurückgeführt und als zusätzliches Indiz für den vermuteten sakralen Charakter des Königtums genannt. Dagegen wendet Murray ein, dass Einhard den Ochsenkarren nur mit den letzten Merowingern in Verbindung bringt und ihn nicht als herrscherliches Merkmal oder Privileg kennzeichnet, und dass keine der älteren Quellen solche Karren als Fahrzeuge der merowingischen Könige erwähnt.77h

Die Hausmeier mussten lange Zeit Rücksicht auf die tief verwurzelte Tradition nehmen, nach der nur Merowinger zur Königswürde legitimiert waren. Bereits Julius von Pflugk-Harttung sprach für die Jahre nach 687 von einer „planmäßigen Entwöhnung“ von der Herrscherfamilie.77i Diese quasi religiöse Scheu gegenüber der Dynastie dient oft als Argument dafür, dass ihr bis zuletzt ein sakraler Charakter zugeschrieben worden sei, dessen Wurzeln in archaischen heidnischen Vorstellungen zu suchen seien. Da jedoch ein Beweis dafür bisher nicht erbracht wurde, bleibt die Frage offen.77j Dynastisches Denken, also die Vorstellung, das Recht auf Herrschaft sei an nur eine Familie gebunden, war in Spätantike und Frühmittelalter allgegenwärtig; es bedurfte, wie etwa der Blick auf die Theodosianische Dynastie zeigt, keineswegs einer expliziten religiösen Begründung.

Der Name „Merowinger“ kommt – in der Form Mervengus – erstmals um 640 bei Jonas von Bobbio vor,77k etwas später in der Fredegar-Chronik und dann erst wieder im 8. Jahrhundert.

Merowingische Nekropole in Civaux

Neben den schriftlichen Quellen zieht die historische Forschung wesentliche Informationen aus archäologischen Funden. In erster Linie stehen hierfür Gräber zur Verfügung. Die alte Vorstellung, dass nach der „zivilisierten“ Epoche der Spätantike eine dunkle und wenig zivilisierte Zeit der Merowinger folgte, muss heute relativiert werden. Zwar wird das Problem von Kontinuität oder Diskontinuität in der Übergangsphase von der spätantiken römischen Zeit zum Frühmittelalter weiterhin diskutiert, doch kann anhand von Bodenfunden schon heute angenommen werden, dass zumindest die frühen Merowinger einen sehr eigenen ästhetischen Anspruch an ihre Ausstattung hatten und insbesondere römische Formen weiterpflegten. Es gibt gute Gründe, die merowingische Geschichte mindestens bis zur Mitte des 6. Jahrhunderts noch zur Spätantike zu rechnen, da die Kontinuitäten zur römischen Zeit noch dominierten, auch wenn natürlich bereits „mittelalterliche“ Elemente erkennbar sind. Insgesamt lässt sich zwar ein deutliches Absinken des Niveaus der materiellen Kultur sowie ein Niedergang der antiken Bildung zwischen 450 und 700 kaum leugnen. Einige Historiker zählen dennoch die gesamte Zeit bis zur Absetzung des letzten Merowingers im Jahr 751 noch zur Spätantike.77l

Eine hohe Bedeutung bei der kulturellen Erforschung hat der umfangreiche ehemalige Fundbestand des Museums für Vor- und Frühgeschichte in Berlin. Nach dem Zweiten Weltkrieg gelangten die Funde als sogenannte Beutekunst in die Sowjetunion und sind heute im Besitz des Moskauer Puschkinmuseum bzw. in anderen Museen der GUS. Seit April 2007 ist dieser Schatz wieder in einer Ausstellung in Moskau zugänglich.

Merowingische Scheibenfibeln

Gürtelschnalle

Neben einer sehr großen Anzahl unterschiedlichster Perlen und unterschiedlicher Trachten wurden auch mit Almandin verzierte Scheibenfibeln als Gewandnadeln getragen. Neben goldenen Schmuckplättchen wurden die verstorbenen Frauen aus den Familien der Großen mit einer Vielzahl von Glasperlen unterschiedlicher Formen und Farben ausgestattet. In die Kleidung oder in das Leichentuch kann ein feiner Goldfaden (Goldlahn) eingewebt gewesen sein. Silberner Schmuck wie Ohrringe aber auch Gürtelschnallen oder die merowingischen Beingurte, deren praktischer Charakter im Halten eines den Unterschenkel verdeckenden Tuches gesehen werden muss, sowie Ringe aus Edelmetall gehörten ebenfalls zur Ausstattung. Dabei finden sich in Adelsgräbern noch bis nach 600 recht oft auch Münzen und Schmuck aus Ostrom, mit dem weiterhin Kontakt bestand: Noch unter Kaiser Maurikios (582–602) wurden oft Gesandtschaften ausgetauscht, und Ostrom versuchte wiederholt, die Merowinger zu Angriffen auf die Langobarden zu bewegen.

Karolinger

Der Aufstieg der Arnulfinger und Pippiniden

Nach dem Tod Chlodwigs wurde das Reich 511 unter seine vier Söhne aufgeteilt. Zwar konnte die Reichseinheit durch Chlodwigs Nachfolger immer wieder hergestellt werden (wobei vor allem Theudebert I. von Bedeutung ist, der eine expansive Politik in Italien betrieb), doch brachte es die germanische Tradition mit sich, dass es immer wieder zu Reichsteilungen unter den Söhnen beim Tod des Vaters kam. 639 starb Dagobert I., der letzte bedeutende Merowinger, und hinterließ seinem Sohn das nochmals geeinigte Reich. Die wahre Macht lag aber beim Hausmeier Aega und der Witwe Dagoberts.

Die Hausmeier strebten nun auch nach der gesamten Macht im Reich. Ein Intermezzo brachten die Jahre 657–662, in denen der Sohn des Hausmeiers Grimoald, der unter dem Namen Childebertus adoptivus in die Geschichte einging, von dem Merowinger Sigibert III. adoptiert wurde und in diesen Jahren auf dem Thron saß. In der Schlacht bei Tertry (687) schließlich besiegte der austrasische Hausmeier Pippin II. den rechtmäßigen Herrscher des fränkischen Gesamtreiches und schaffte so die Voraussetzung für den weiteren Aufstieg der Arnulfinger und Pippiniden und später den der Karolinger. Pippin wagte es aber nach dem im Endeffekt missglückten „Staatsstreich“ Grimoalds noch nicht, sich selbst zum König zu erheben, weil er nicht über das ererbte Königsheil verfügte.

714, nach dem Tod Pippins, entbrannten Machtkämpfe, in denen sich 719 sein unehelicher Sohn Karl Martell durchsetzte. Der für seine Härte und sein Durchsetzungsvermögen bekannte Karl stand vor schwierigen innen- und außenpolitischen Problemen. Immer wieder versuchten einige Führer der alten Reichsadelsgeschlechter im Frankenreich, sich gegen seine Herrschaft aufzulehnen. Einen Wendepunkt stellte das Jahr 732 dar. In der Schlacht bei Tours und Poitiers besiegte Karl, gemeinsam mit seinem ehemaligen Feind Eudo von Aquitanien und unterstützt von den Langobarden, die muslimischen Araber. Hierfür wurde er als Retter des Abendlandes gefeiert. Auch die Kämpfe gegen Friesen, Sachsen, Bajuwaren und Alamannen festigten seine Herrschaft. Daneben unterstützte er die Missionsarbeit des Bischofs Bonifatius in diesen Gebieten. Ab 737 herrschte er nach dem Tod des merowingischen Königs Theuderich IV. allein über das Frankenreich, wie schon sein Vater ohne Königstitel. Nach fränkischer Tradition teilte Karl Martell das Reich kurz vor seinem Tod unter seinen Söhnen Karlmann und Pippin III. auf.

Das Frankenreich unter den Karolingern

Das Frankenreich beim Tod Pippins 768 und die Eroberungen Karls des Großen

Pippin III. wurde Alleinherrscher, nachdem sein Bruder Karlmann ins Kloster gegangen war und er den letzten merowingischen König Childerich III. ebenfalls dorthin geschickt hatte. 751 ließ er sich dann nach alttestamentlichem Vorbild zum König salben. Drei Jahre später salbte ihn Papst Stephan II. ein zweites Mal. Im Vertrag von Quierzy (754) versprach Pippin, das ehemalige Exarchat von Ravenna dem Papst zurückzugeben (Pippinische Schenkung); im Gegenzug legitimierte der Papst die Karolinger als Könige des Frankenreichs. Schon 755 ereilte den fränkischen König die Bitte, dem Vertrag nachzukommen. Bis zu seinem Tod führte Pippin zwei erfolgreiche Feldzüge gegen die Langobarden und schenkte dem Papst die eroberten Gebiete. Pippin III. gilt so als Begründer des Kirchenstaates. Bei seinem Tod 768 hinterließ er seinen Söhnen Karl und Karlmann ein Reich, das politisch wie wirtschaftlich im Aufbau begriffen war.

Kurze Zeit später (771) starb Karlmann, und Karl der Große wurde dadurch Alleinherrscher. Durch den von seinem Vater geschlossenen Vertrag mit dem Papst war Karl diesem verpflichtet. Da die Langobarden die Schenkungen Pippins nicht anerkannten, führte Karl weiter gegen sie Krieg und eroberte ihr Reich im Jahre 774. Neben den Langobardenfeldzügen schritt die Missionierung im Osten voran. Besonders die Kriege gegen die Sachsen bestimmten die Politik Karls bis 785, als sich Widukind schließlich dem fränkischen König unterwarf. Die Sachsenkriege dauerten noch bis 804 fort (letzter Feldzug der Franken nach Nordelbien). 811 wurde die Eider als Grenze zwischen dem fränkischen und dem dänischen Reich festgelegt; damit war die Nordexpansion der Franken abgeschlossen.

Karl konsolidierte die Staatsmacht nach außen durch die Errichtung von Grenzmarken. Diese waren Bollwerke für die Reichsverteidigung und Aufmarschgebiete für Angriffskriege. Zur Verwaltung setzte er Markgrafen ein, die mit besonderen Rechten ausgestattet waren, da die Marken außerhalb der Reichsverfassung standen. In den Marken wurden Burgen errichtet und Wehrbauern angesiedelt. Besonders wichtig waren hierbei die Marken im Osten des Reiches, die Awarenmark (siehe auch Marcha Orientalis) und die Mark Karantanien, aus denen später Österreich hervorging (siehe auch Ostarrîchi).

Zur Festigung seiner Herrschaft nach innen zentralisierte Karl die Königsherrschaft um 793 durch eine Reform. Die Königsherrschaft gründete sich auf den königlichen Hof, das Pfalzgericht und die Kanzlei. Im Reich verwalteten Grafen die Königsgüter (Pfalzen). Pfalz- und Markgrafen wurden durch Königsboten (missi dominici) kontrolliert und sprachen Recht. Aachen wurde unter Karl zur Kaiserpfalz.

Den Höhepunkt seiner Macht erreichte Karl am 25. Dezember 800 mit der Krönung zum römischen Kaiser, womit er allerdings in Gegensatz zum Byzantinischen Reich geriet, das die alleinige Kaiserwürde und Nachfolge des Römerreichs beanspruchte. Dieser Konflikt fand erst 812 eine Lösung.

Die Divisio Regnorum (806) Karls des Großen sah die Aufteilung des Reichs unter seine Söhne Pippin, Ludwig und Karl den Jüngeren vor. Da jedoch Pippin und Karl der Jüngere bereits 810 bzw. 811 starben, wurde dieser Plan aufgegeben und Ludwig wurde stattdessen 813 zum Mitkaiser erhoben.

Ludwig der Fromme, Auflösung der Reichseinheit

Ludwig der Fromme, Sohn Karls des Großen, war durch sein Wechseln zwischen der Reicheinheitsidee und der Erbteilung nach fränkischer Sitte mitverantwortlich für die inneren Wirren der 830er und frühen 840er Jahre. Bild: Biblioteca Apostolica Vaticana, Codex Vat. Reg. lat. 124, folio 4 verso.

Aufgeschreckt durch einen Unfall am Gründonnerstag 817 erließ Kaiser Ludwig der Fromme auf dem Reichstag zu Aachen im Juli 817, bei dem die wichtigsten weltlichen Großen des Frankenreiches versammelt waren, die Ordinatio imperii. Hiermit sollte das „zentrale Verfassungsproblem“ des karolingischen Reiches, der Widerstreit zwischen universalem, unteilbarem Kaisertum und dem traditionellen, fränkischen Erbrecht aller legitimen Königssöhne, aufgegriffen und gelöst werden. Reich und Kirche sollten durch die Ordinatio imperii, „deren leitende Gedanken aus kirchlichen Kreisen stammten“, fortan eine unteilbare Einheit bilden, die nicht zugunsten der Nachkommen des Herrschers aufgegeben werden sollte. Ludwig der Fromme, der sich von Anfang an nicht mehr nur als rex Francorum, sondern als imperator augustus verstand, ging, anders als Karl der Große in seiner Divisio regnorum von 806 vom Vorrang der Kaiserwürde aus. Diese sprach er alleine seinem ältesten Sohn Lothar I. zu. Nach Akklamation der fränkischen Großen wurde Lothar I. von Ludwig dem Frommen zum Mitregenten erhoben. Die jüngeren Söhne, Ludwig und Pippin, die Bayern bzw. Aquitanien als Unterkönigreiche erhielten, wurden ihrem älteren Bruder untergeordnet. Die Einheit des nach römischer und kirchlicher Tradition unteilbaren Imperiums sollte somit Lothar aufrechterhalten, weitere Teilungen sollten für die Zukunft verhindert werden.

Ludwig, dessen erste, aus einem maasländischen Geschlecht stammende Ehefrau Irmingard 818 gestorben war, hatte 819 die Welfin Judith geheiratet. Das Bemühen der neuen Kaiserin, ihrem 823 geborenen Sohn Karl, für den sie Lothar I. als Taufpaten gewann, einen Teil an der Reichsherrschaft zu sichern, entsprach den überkommenen fränkischen Rechtsvorstellungen, lief aber der Ordinatio Imperii von 817 zuwider. Auf einer Reichsversammlung in Worms im August 829 lancierte Ludwig der Fromme dann entgegen der feierlich beschworenen Ordinatio den Plan, zugunsten Karls eine Neuaufteilung des Reiches vorzunehmen. Da Karls neu geschaffener Machtbereich ein ducatus und kein regnum sein sollte und somit auch keine Erhebung zum König erfolgte, war die Ordinatio Imperii formal nicht außer Kraft gesetzt, doch musste ihre wesentliche Intention, nämlich die Unterbindung einer weiteren Aufsplitterung der Macht durch Beschränkung des dynastischen Erbrechts, als gescheitert gelten. Der älteste Kaisersohn und Mitregent war durch diese Entscheidung seines Vaters unmittelbar betroffen, denn aus seinem Herrschaftsbereich war der Anteil Karls genommen worden. Da die auf Lothars Kosten vorgenommene Ausstattung Karls eine Schmälerung seiner materiellen Ressourcen und somit auch eine Minderung des politischen Einflusses bedeutete – künftig würde es ihm schwerer fallen, seine Getreuen auszustatten und zu belohnen –, opponierte Lothar und es kam zum Bruch mit dem Vater: Lothar wurde nach Italien verwiesen und als Mitregent abgesetzt.

Neben Lothar, der nun seine Aussicht auf künftige Gesamtherrschaft schwinden sah, und den jüngeren Brüdern Pippin und Ludwig, die ebenso weitere Schritte zugunsten des kleinen Karl befürchten mussten, widersetzte sich auch die „kirchliche Reformpartei“ der Neuaufteilung. So ging der Staatsstreich im Jahre 830, eingeleitet von einer „Gehorsamsaufkündigung durch das Heer“, nicht etwa von den über die Neuregelung wenig erfreuten älteren Brüdern Karls, sondern von an der Wahrung der Reichseinheit interessierten Männern wie dem Abt von Corbie, Wala, dem Altkanzler Helisachar und dem Erzkapellan Hilduin aus. Die „loyale Palastrebellion“, der sich bald auch die drei älteren Brüder Karls, Pippin, Ludwig und als letzter Lothar, anschlossen, wobei der älteste Kaisersohn die Führung des Aufstands übernahm, vermochte es auf der Reichsversammlung von Compiègne Ende April oder Anfang Mai 830 den alten Rechtszustand zu sanktionieren: Die Beschlüsse der Wormser Reichsversammlung wurden aufgehoben, Lothar übernahm die Regierung im Namen seines Vaters, Judith und ihre Brüder wurden in aquitanische Klöster geschickt. Der junge Karl sollte auf ein geistliches Leben als Mönch vorbereitet werden und somit aus dem politischen Leben ausscheiden.

Ludwig dem Frommen gelang es jedoch schon einige Monate später, Ludwig den Deutschen und Pippin von Aquitanien durch Angebote von Gebietsvergrößerungen auf seine Seite zu ziehen. Auf der Reichsversammlung zu Nimwegen im Oktober 830 musste Lothar die Oberherrschaft des Vaters wieder anerkennen und auf dem Hoftag zu Aachen im Februar 831 ließ der Kaiser die Anführer der Rebellion festsetzen und verurteilen. Lothar verlor erneut die Teilhabe an der Gesamtherrschaft und wurde nach Italien abgeschoben. In einer neuen Erbfolgeregelung, der undatiert überlieferten Regni divisio, wurde Ludwigs des Frommen Versprechen an die beiden jüngeren Söhne Ludwig und Pippin eingelöst: Unter Ausklammerung des Lothar verbliebenen Italien wurde das Reich neu aufgeteilt. Pippins aquitanisches Unterkönigreich wurde nach Norden um das Land zwischen Seine und Loire und achtundzwanzig Gaue nördlich der Seine ausgedehnt. Ludwig erhielt die rechtsrheinischen Gebiete außer Alemannien, die nördliche Francia, die Gaue von Boulogne und Thérouanne, das Artois und Vermandois. Karls alemannisch-elsässisches Erbteil wurde um den wichtigen altkarolingischen Moselraum sowie das Rhône-Gebiet erweitert. Auch wenn sie nur eine Anwartschaft für die Zukunft darstellte, denn Ludwig der Fromme behielt sich für die Zeit seines Lebens die unbeschränkte kaiserliche Hegemonialstellung vor, beweist diese erneute Aufteilung des Reiches, wie Egon Boshof meinte, „unmißverständlich, daß Ludwig in der gegebenen Situation selbst das System der Ordinatio von 817 aufgegeben hatte.“77s

Karl der Kahle, Illustration aus einer Handschrift, die für ihn selbst zwischen 842 und 869 von Liuthard in goldener Unzialschrift verfasst wurde. Wegen Karl dem Kahlen, dem einzigen Sohn aus der zweiten Ehe Ludwigs des Frommen mit der Welfin Judith, wurde die Ordinatio imperii fallen gelassen.

Doch auch der Aachener Teilungsplan von Januar 831 und die Rückkehr zu den Grundsätzen der Reichsteilung von 806 waren nicht geeignet, die tieferen Ursachen der Krise zu beseitigen. Daher kam es 833 zur zweiten Empörung der Söhne. Die gemeinsamen Interessen und die Furcht vor weiteren Benachteiligungen zugunsten Karls des Kahlen hatten Lothar, Pippin und Ludwig zum erneuten Bündnis gegen den Vater im Machtkampf zusammengeführt. Bewaffnete Auseinandersetzungen wurden diesmal von beiden Parteien in Kauf genommen und so trafen sich Ende Juni 833 auf dem Rotfeld bei Colmar die Heere Ludwigs und seiner drei Söhne. Zu einem Kampf kam es jedoch nicht, denn während der Kaiser mit Papst Gregor IV., der sich bereit gefunden hatte, Lothar zu begleiten und für die Geltung der Ordinatio imperii seine Autorität einzusetzen, über einen Ausgleich verhandelte, wussten die Söhne Ludwigs seine Anhänger auf ihre Seite zu ziehen. Von den eigenen Truppen verlassen, musste der Vater sich seinen Söhnen ergeben, wurde gefangen genommen und abgesetzt. Der Sturz Ludwigs sollte diesmal auch kirchlich sanktioniert werden und so erklärten die Bischöfe, allen voran die Erzbischöfe Agobard und Ebo, auf einer Reichsversammlung in Compiègne im Oktober 833, dass Ludwig sein Amt durch schlechtes Regieren verwirkt habe, und mahnten ihn, Kirchenbuße zu leisten. Die Herrschaft ging an Lothar über, der den kaiserlichen Urkundentitel des Vaters fortan führte. Lothar konnte wahrscheinlich seinen Brüdern ein Treueversprechen abnehmen, musste ihnen aber große, bis in den Seine- und Maasraum reichende Länder zur selbständigen Herrschaft überlassen.

Doch Lothar wollte gegenüber seinen jüngeren Brüdern eine Vorherrschaft durchsetzen, zudem stieß sein harter Umgang mit dem Vater sowohl bei den Großen des Reiches, als auch bei den Söhnen Pippin und Ludwig auf Widerstand, sodass noch vor dem Ende des Jahres 833 das Bündnis der Brüder auseinanderbrach. Schon Anfang 834 sah sich Lothar der offenen Feindschaft Ludwigs von Bayern, bald auch Pippins von Aquitanien gegenüber. Sie versammelten im Februar 834 ihre Heere und zogen, Pippin vom Westen, Ludwig vom Osten, gegen Lothar, der zu der Zeit in Paris Hof hielt. Nachdem Lothar sich vor dieser nahenden Übermacht Ende Februar 834 nach Burgund zurückgezogen hatte, wurde Ludwig der Fromme am 1. März 834 in St. Denis aus der Kirchenbuße entlassen und wieder als Kaiser anerkannt. Lothar wich einer Schlacht aus, auch wenn seine Anhänger einen Sieg an der Bretonengrenze erfochten und er selbst Chalon einnahm. Im Spätsommer 834 konnte Ludwig der Fromme bei Blois die Unterwerfung Lothars entgegennehmen. Er beließ ihm Italien, befahl ihm aber, dieses Land nicht eigenmächtig zu verlassen.

Die Ausstattung des jüngsten Kaisersohnes Karl blieb jedoch weiterhin ein offenes Problem. Auf einer Reichsversammlung in Aachen sprach Ludwig der Fromme im Oktober 837 erneut bedeutende Gebiete zwischen Friesland und der Seine dem jungen Karl zu. Daraufhin kam es Anfang 838 zu einem Treffen zwischen Ludwig dem Deutschen und Lothar im Tal von Trient, was von ihrem Vater als Verschwörung gegen ihn gedeutet wurde. Auf der Reichsversammlung von Nimwegen im Mai/Juni 838 folgte dann ein Streit zwischen Vater und Sohn, in dessen Folge der Kaiser nun den Herrschaftsbereich Ludwigs des Deutschen stark verkleinerte, indem er ihm das Elsass, Sachsen, Thüringen, Ostfranken und Alemannien entzog, womit er Ludwig auf Bayern beschränkte. Als Ludwig der Fromme Mitte September 838 in Quierzy Karl den Kahlen für volljährig und wehrhaft erklären konnte und ihn zum König von Neustrien krönte, „war die Ordinatio Imperii nun auch formell in einem ihrer zentralen Bestandteile, dem Verbot weiterer Teilung, aufgegeben; denn jetzt war ein neues Unterkönigreich geschaffen.“77u Ende 838 ergab sich dann eine neue Konstellation im „corpus fratrum“: Pippin von Aquitanien war im Dezember 838 überraschend gestorben. Ludwig der Fromme überging den Erbanspruch Pippins II., des Sohnes Pippins von Aquitanien, lud Lothar zu einer Reichsversammlung nach Worms im Mai/Juni 839 und verfügte eine Teilung des Gesamtreiches außer Bayern nur zwischen Lothar und Karl. Italien und die Länder östlich einer Linie von der Maas zum Genfer See fielen an Lothar, der Westen an Karl. Sowohl Ludwig von Bayern als auch ein Teil der aquitanischen Großen, der Pippin II. zum König ausrief, widersetzten sich jedoch dieser Entscheidung. Der Kaiser zog daraufhin mit seinem Heer 839 nach Aquitanien, 840 gegen Bayern. Eine Lösung des Konflikts konnte Ludwig der Fromme nicht mehr erreichen. Er starb am 20. Juni 840 auf einer Rheininsel bei Ingelheim.

Er hatte kurz vor seinem Tod Lothar eine Krone, ein reich verziertes Schwert und das Reichsszepter übersandt. Damit designierte der sterbende Kaiser den ältesten Sohn zum Nachfolger und übertrug ihm die Leitung des Reiches Zugleich verpflichtete er Lothar aber auch, Karl den Reichsteil zu überlassen, mit dem er bei der letzten Reichsteilung ausgestattet worden war. Doch Lothar ignorierte die Wormser Abmachung von 839 und beanspruchte nun alle Kaiserrechte aus der Ordinatio imperii von 817.

Lothar I., ältester Sohn Ludwigs des Frommen und dessen Nachfolger in der Kaiserwürde, war seit der ersten Ausstattung seines Halbbruders Karls des Kahlen bis zum Frieden von Diedenhofen 842 und dem im daraufhin 843 abgeschlossenen Vertrag von Verdun bemüht, die kaiserliche Suprematie im Reich durchzusetzen. Paris, Bibliothèque Nationale de France, Ms. lat. 266, fol. 1.

Nachdem er Boten in die Francia geschickt hatte, um den Franken Eide und Treueversprechen abzuverlangen und sie gleichzeitig durch das Bestätigen aller von Ludwig den Frommen übertragenen Lehen für sich zu gewinnen, verließ Lothar Italien, überquerte die Alpen und zog das Rheintal hinab, um sich zunächst der ostfränkischen Gebiete zu bemächtigen.

Doch auch Ludwig der Deutsche nutzte die unmittelbare Zeit nach dem Tod des Vaters. Er drang bis zum Rhein vor, ließ einen Teil seiner Truppen als Besatzung in Worms zurück und wandte sich gegen die Sachsen, um diese zu unterwerfen. Lothar vermochte indessen die Mehrheit der Franken für sich zu gewinnen. Die legitimistisch denkenden Kreise mögen ihm als ältestem Sohn des verstorbenen Kaisers zugeneigt haben. Vor allem aber standen die Vertreter der Einheitspartei auf Lothars Seite. Sowohl geistliche als auch weltliche Große hatten gute Gründe an der Reichseinheit festzuhalten. Teilungen machten nicht vor Kirchenprovinzen halt. Der hohe fränkische Adel, der in allen Teilen des Reiches Grundbesitz und Ämter hatte, musste ebenfalls bei einer Reichsteilung an Macht und Einfluss verlieren. In Ostfranzien standen wahrscheinlich dieselben Adligen auf Seiten Lothars, die an den Nimwegener Beschluss von 838 beteiligt waren, der den Machtbereich Ludwigs auf Bayern beschränkt hatte. Ihr Eintreten für Lothar schien den fränkischen Großen die Einheit der Francia zu gewährleisten. Ein weiterer Grund hierfür mag auch die Furcht vor Repressalien Ludwigs aufgrund der bislang ablehnenden Haltung des ostfränkischen Adels gewesen sein.

Bei Kostheim am Rhein in der Nähe von Mainz traf dann Lothar unerwartet auf Ludwig, der aus Sachsen zur Verteidigung des rechtsrheinischen Gebietes herbeigeeilt war. Für die Nacht wurde ein Waffenstillstand geschlossen. Lothar verzichtete auf eine militärische Entscheidung und man einigte sich auf ein Treffen am 11. November am selben Ort, um nochmals zu verhandeln.

Dank der Abmachung mit Ludwig dem Deutschen hatte Lothar im Osten zunächst den Rücken frei, worauf er sich wieder Karl zuwandte. Karl hatte die denkbar ungünstigste Ausgangslage der drei Brüder nach dem Tod Ludwigs des Frommen. Er verfügte nicht über eine so ausgeprägte Hausmacht wie seine Halbbrüder. Sowohl Lothar als auch Ludwig der Deutsche hatten durch ihre lange Regierungszeit in Italien bzw. Bayern eine Autorität bei den einheimischen Großen erreicht, die unumstößlich geworden war. Karl hingegen musste sich um Anhang bei den Vasallen nördlich der Loire und westlich der Maas bemühen, denn das ihm 839 in Worms zugesprochene Aquitanien strebte unter Pippin II., der immer noch beachtlichen Rückhalt für seinen Anspruch auf die Nachfolge des Vaters bei den dortigen Großen fand, nach Autonomie und setzte den gegen Ludwig den Frommen begonnenen Aufstand auch gegen seinen jüngsten Sohn fort. So führte Karl der Kahle einen Feldzug gegen Pippin II. in Aquitanien, als Lothar im Oktober 840 die Seine überschritt, um Neustrien zu erobern. Wie schon in Ostfranzien strömten auch in Neustrien viele der fränkischen Großen Lothar zu: Nithard nennt Abt Hilduin von Saint-Denis, Graf Gerhard von Paris und Pippin, den Sohn König Bernhards von Italien, als die berühmtesten Überläufer. Jenseits des Kohlenwaldes, im Raum zwischen der Maas und dem Mittelrhein, fiel schon wesentlich früher ein großer Teil des Adels von Karl dem Kahlen ab. In November 840 trafen dann Karl und Lothar mit ihren Heeren in der Nähe von Orléans aufeinander. Doch wie schon zuvor bei Kostheim mit Ludwig riskierte der Kaiser auch diesmal keine Schlacht. Stattdessen einigte man sich auf eine Verschiebung der Verhandlungen auf den 8. Mai 841 in Attigny. Aquitanien, Septimanien, die Provence und zehn Grafschaften zwischen Loire und Seine wurden Karl dabei von Lothar bis zur endgültigen Gebietsregelung zugestanden.

Nach der vorläufigen Verständigung mit Karl zog Lothar zunächst Richtung Burgund, bevor er sich mit seinem Heer wieder seinem Bruder Ludwig zuwandte, der in der Zwischenzeit seine Anerkennung als König von Teilen der Alamannen, Ostfranken, Thüringer und Sachsen erreichte und erneut das linke Rheinufer besetzt hatte. Doch in Ostfranzien hielt sich Ludwigs Autorität immer noch in Grenzen, was Lothar nutzte. Er konnte neben Graf Adalbert von Metz (aus der Familie der Hattonen) auch Bischof Otgar von Mainz für sich gewinnen. Anfang April 841 gelang es dem Kaiser nahe Worms den Rhein zu überqueren, nachdem Ludwig ihm zuvor bei Mainz den Übergang über den Fluss verwehrt hatte. Ohne Kampf zwang Lothar, indem er Ludwigs Anhänger zum Abfall bewegte, seinen Bruder zum fluchtartigen Rückzug nach Bayern.

Ludwig sandte seinerseits Boten zu Karl mit dem Angebot, ihn zu unterstützen. Karl, der es geschafft hatte, einige Große wieder auf seine Seite zu ziehen und den Übergang über die Seine zu erzwingen, nahm das Angebot Ludwigs an, da ihm ein neuerlicher Angriff Lothars bevorstand. Im Ries, an der Grenze zwischen Alamannien und Bayern, sollte der von Lothar östlich des Rheins als Anführer der ostfränkischen Truppen zurückgelassene Graf Adalbert von Metz Ludwigs erneute Versuche, nach Westen vorzustoßen, abwehren. Am 13. Mai 841 kam es an der Wörnitz im Ries zu einer Schlacht, in der Ludwig siegte und neben Graf Adalbert von Metz viele ostfränkische Verbündete des zu diesem Zeitpunkt bei Montmédy weilenden Lothar ums Leben kamen.

Lothar konnte nunmehr ein Zusammentreffen Ludwigs und Karls nicht mehr verhindern. Bei Auxerre standen dem Kaiser nun die vereinigten Heere seiner Brüder gegenüber. Ludwig und Karl sandten Lothar eine Botschaft, in der sie um friedlichen Austrag baten, gleichzeitig aber die Anerkennung des ihnen Zustehenden verlangten. Lothar wies zwar die Friedensbemühungen der beiden jüngeren Brüder ab, doch ging er einem Waffengang zunächst aus dem Weg, rückte von den zwei Brüdern ab und zog Pippin II. entgegen, mit dem er am 24. Juni zusammentraf. Der Kaiser hatte zuvor noch ein Teilungsangebot seiner jüngeren Brüder, in dem unter anderem Ludwig seine Ansprüche auf die linksrheinischen Gebiete aufgab und Karl seinerseits auf das Land östlich des Kohlenwaldes verzichtete, abgelehnt. Am Morgen des 25. Juni 841 kam es dann in Fontenoy-en-Puisaye, heute einem 300-Seelen-Dorf südwestlich von Auxerre, zur Schlacht zwischen Lothar und Pippin II. auf der einen, Ludwig dem Deutschen und Karl dem Kahlen auf der anderen Seite. Ludwig und Karl behielten schließlich die Oberhand in dieser blutigen Schlacht. Angilbert schreibt Lothars Niederlage dem Verrat und Wankelmut einiger Adliger wie dem Markgrafen Bernhard von Septimanien zu, die in sicherer Entfernung auf den Ausgang der Schlacht gewartet hätten, um dann dem Sieger zu huldigen.

Die schwere Niederlage Lothars wurde von seinen Brüdern und ihren Parteigängern als Gottesurteil angesehen. Lothar, der sich immer noch nicht geschlagen geben wollte, unterstützte die sächsischen Frilingen und Lazzen, die sich als Stellinga gegen den Adel und somit auch Ludwig auflehnten. Zudem nahm er Verbindung zu den Normannen auf, die seit 834 Friesland und die gesamte friesisch-nordgallische Küste bedrängten, und belehnte ihre Anführer Harald Klak mit der Insel Walcheren und Rörik I. mit dem Gau Kimmen/Kinnin in Friesland. Diese Maßnahmen bewirkten jedoch ein näheres Zusammenrücken Karls und Ludwigs, die am 14. Februar 842 in Straßburg vor ihren versammelten Heeren feierlich ein Bündnis in Althochdeutsch und Altfranzösisch beschworen (Straßburger Eide). Nachdem Karl und Ludwig mit vereinter Heeresmacht Lothar bald darauf zwangen, aus Aachen nach Burgund zu fliehen, und der Kaiser befürchten musste, dass das Frankenreich nördlich der Alpen unter seine jüngeren Brüder aufgeteilt würde, sah sich Lothar zum Einlenken gezwungen. Er ließ seinen Neffen Pippin II. von Aquitanien fallen und nahm Friedensverhandlungen auf.

Im Juni 842 kam es bei Mâcon zu einer Zusammenkunft Lothars, Ludwigs und Karls, die sich auf die Grundsätze einer Teilung einigten und damit dem Bruderkrieg ein Ende setzten. Eine Kommission aus jeweils vierzig Bevollmächtigten jeder Seite wurde zur Regelung der Grenzziehung in den fränkischen Kernbereichen einberufen. Ausgenommen blieben Aquitanien, Bayern und Italien als die unstrittigen Machtbereiche Karls, Ludwigs bzw. Lothars. Weitere Verhandlungen führten im Herbst in Diedenhofen zu einem neuen vorläufigen Friedensabkommen, das den Weg für den endgültigen Teilungsvertrag ebnete. Dieser wurde nach schwierigen, von Misstrauen gehemmten Verhandlungen im August 843 in Verdun geschlossen. Ludwig erhielt das Gebiet östlich von Rhein und Aare bis zu den Alpen, jedoch auch die linksrheinischen Städte Mainz, Worms und Speyer mit ihrem Umland. Eine Linie, die sich an die Flussläufe von Schelde, Maas, Saône und Rhône anlehnte, sollte das Westreich Karls vom Anteil Lothars trennen. Der Kaiser erhielt ein um die Kaiserstädte Aachen und Rom gruppiertes Mittelreich, das sich über Italien hinaus von der Provence bis Friesland erstreckte.

Die Gebietsaufteilung im Vertrag von Verdun

Durch die Teilung entstanden drei neue Reiche, nämlich das Westfrankenreich Karls des Kahlen, das Ostfrankenreich Ludwigs des Deutschen und das Lotharii Regnum („Mittelreich“) Lothars I..

Der schwer erkrankte Lothar I. teilte in Prüm sein Mittelreich unter seine Söhne auf. Diese Teilung erfolgte am 19. September 855 im Hofgut Schüller („Sconilare“). Nach der Abdankung zog er sich in die Abtei Prüm in der Eifel zurück, wo er am 29. September starb. Ludwig II. († 875) erhielt die Kaiserwürde und Italien, Karl von der Provence († 863) erhielt die Provence und den zum Mittelreich gehörenden, größeren Teil Burgunds (der kleinere Teil, die heutzutage „Burgund“ („Bourgogne“) genannte Region, war bereits seit 843 Teil des Westfrankenreichs). Daraus entstand das hochmittelalterliche Königreich Burgund. Lothar II. († 869) erhielt schließlich den nach ihm benannten Nordteil des Reiches (Lotharingien).

Die Prümer Teilung 855

Nachdem Karl 863 kinderlos gestorben war, fiel der nördliche, kleinere Teil Burgunds an das Ostfrankenreich Ludwigs des Deutschen, der südliche Teil Burgunds und die Provence an das Italien Ludwigs II. und nach dessen Tod 875 an das Westfrankenreich Karls des Kahlen.

Nach dem Tod Lothars II. im Jahr 869 wurde das Mittelreich 870 im Vertrag von Meerssen neu verteilt. Der ostfränkische König Ludwig, Onkel Lothars II. und Bruder Lothars I., erhielt den Ostteil Lotharingiens, der westfränkische König Karl der Kahle, Halbonkel Lothars II. und Halbbruder Lothars I., den Westteil.

Nach dem Tod der Söhne Lothars I. wurde das einstige Mittelreich unter Karl dem Kahlen und Ludwig dem Deutschen im Vertrag von Meersen aufgeteilt.

Die Gebietsaufteilung im Vertrag von Meersen

Dieser Vertrag wurde am 8. August 870 in Meerssen bei Maastricht zwischen dem westfränkischen König Karl dem Kahlen und dem ostfränkischen König Ludwig dem Deutschen geschlossen. Er regelte die Aufteilung Lotharingiens, also des Teilreichs des im Jahre 869 ohne legitimen Erben verstorbenen Königs Lothar II., unter seine beiden Onkel Karl und Ludwig.

Damit kamen das politisch und wirtschaftlich wichtige Aachen sowie Holland und das Elsass an das Ostfrankenreich. Der neu erworbene Ostteil von Lothars Reich wurde dem Teilreich Ludwigs III., eines Sohns Ludwigs des Deutschen und Neffen Karls des Kahlen, zugeordnet. Die Trennungslinie Lotharingiens verlief ungefähr entlang der Flüsse Maas, Ourthe, Mosel, Marne sowie Saône und dann durch das Juragebirge.

Nach vergeblichen Versuchen Karls des Kahlen, das ganze Mittelreich zu erobern (Schlacht bei Andernach 876), erhielt der ostfränkische König Ludwig III. durch den Vertrag von Ribemont die Westhälfte Lotharingiens. Damit war die Aufteilung des Frankenreiches vorläufig abgeschlossen. Die Grenze zwischen dem West- und Ostteil blieb lange Zeit nahezu unverändert.

Nach dem Tod der Könige Ludwig III. (882) und Karlmann (884) wurde der ostfränkische König Karl III. bis 888 noch letzter Kaiser des Gesamtreiches, sieht man von Niederburgund ab.

Hinsichtlich der Binnenstruktur des Reiches kam es in den letzten beiden Jahrzehnten zu zentralen Neuansätzen. Die jüngere Forschung konnte inzwischen zeigen, dass das Rechtsinstitut des Lehnswesens in der Karolingerzeit keineswegs als Verbindung von Vasallität und Landleihe entstanden ist, um auf diese Art den Kriegsdienst der Vasallen in einer überaus geldarmen Zeit naturalwirtschaftlich zu entlohnen. Im Gegenteil wird diese lange Zeit Gültigkeit beanspruchende Auffassung nicht nur in Frage gestellt, sondern es herrschtr ein gewisser Konsens darüber, dass von lehnrechtlichen Beziehungen in diesem Sinne frühestens ab dem Hochmittelalter die Rede sein kann. Die Funktion von Vasallität und Benefizialwesen, die ja in den Quellen greifbar ist, muss daher neu geklärt werden. Die Quellenbegriffe fideles, homines, satellites oder milites sind dementsprechend nicht mit dem Vasallitätsbegriff identisch. Auch der Begriff senior muss nicht einen Herrn bezeichnen, sondern kann sich auf einen Mann beziehen, der irgendeine Art von Anweisungsgewalt gegenüber einem anderen besaß. Folgerichtig konnte der Ritus der Kommendation nicht nur ein Vasallitätsverhältnis begründen, sondern auch jede andere Art der Einfügung in ein gesellschaftlich höherstehendes Unterordnungsverhältnis. Dies galt etwa für das Verhältnis der Karolingerkönige zum bayrischen Herzog Tassilo III., aber auch zum Dänenkönig Harald Klak (812 - 814 und 819 - 827) oder zu bretonischen und slawischen Großen. Auch war der Dienst der Vasallen wohl nicht in erster Linie militärisch, sondern vielmehr höfisch ausgerichtet. Die wenigen identifizierbaren Vasallen entstammten ausnahmslos solchen Gesellschaftsgruppen, die über Verbindungen zum König oder zu seinen Beamten verfügten. Eine ähnliche wissenschaftsgeschichtliche Entwicklung, also die Feststellung, dass das Frankenreich von Vasallitätsverhältnissen kaum durchdrungen war, zeigte sich auch beim Verhältnis von Benefizialwesens und Vasallität. Denn königliche Benefizien gingen an beinahe alle gesellschaftlichen Gruppen - dabei viele Nicht-Vasallen -, von den einfachen Freien über Geistliche und Grafen bis zu den nunmehr in den höchsten Kreisen verorteten Vasallen. Vasallität und Benefizialleihe waren also noch keineswegs verbunden, vasallitische Bindungen waren kein zentrales Element der Gesellschaft oder der herrschaftlichen Organisation.

Dass Herzog Tassilo von Bayern, wie es die Fränkischen Reichsannalen postulieren, in die Vasallität Pippins eingetreten sei, darf sowohl für das Jahr 757 als auch für das Jahr 787 bezweifelt werden. Die dahinterstehende Verpflichtung zum Kriegsdienst war den Kapitularien zufolge nicht durch den Vasallenstatus begründet, sondern den Besitz eines Benefiziums. Die militares viri, wie sie gelegentlich genannt wurden, waren demzufolge keine Vasallen, sondern wahrscheinlich unfreie Berufskrieger. Demnach stellten sie eine Vorform der Ministerialität dar. Benefizienverzeichnisse, die in einigen Kapitularien erwähnt werden, wurden nur aus aktuellen Anlässen zusammengestellt. Auch ist eine Tendenz zur Allodisierung von Benefizialbesitz in der späten Karolingerzeit nicht zu belegen, wie sie die ältere Forschung behauptete.

Westfrankenreich

Die Söhne des Karolingerkaisers Ludwig I. (814-840) teilten das Reich in einen östlichen, einen mittleren und einen westlichen Teil. Erster König des Westfränkischen Reichs, dessen Wurzeln schon in früheren Reichsteilungen in Neustrien und Austrasien begründet lagen, wurde Karl II. der Kahle (843-877). Dies kann als Ursprung des heutigen Frankreichs betrachtet werden, wobei der Vertrag von Coulaines 843 nachträglich gleichfalls als Gründungsurkunde erscheint, da er in dem Teilreich ein eigenständiges Verfassungssystem begründete.

Wie im Ostfrankenreich, der Francia orientalis, bildeten sich in der Francia occidentalis große Herrschaftsbereiche: die Herzogtümer Franzien, Aquitanien (Guyenne), Gascogne, Bretagne und Normandie, die Grafschaften Champagne, Grafschaft Toulouse, Barcelona, Grafschaft Flandern, sowie die Markgrafschaft Gothien im Süden. Anders als in Ostfranken, wo die Karolinger 911 ausstarben, spielten in Westfranken dynastische Kontinuität und das Geblütsrecht eine wesentliche Rolle. Viele der lokalen Herren erreichten in ihren Machtbereichen eine königsgleiche Stellung und einige von ihnen strebten danach, als Könige anerkannt zu werden.

Karl II. der Kahle konnte als letzter überlebender Sohn Kaiser Ludwigs I. Italien erwerben und wurde 875 zum Kaiser gekrönt. Durch den frühen Tod seines Sohnes und seiner beiden Enkel löste sich das Reich jedoch wieder auf: 877 wurden Niederburgund (Arelat) und 888 Hochburgund selbstständige Königreiche, und auch die Herrschaft in Italien konnte nicht aufrechterhalten werden. 880 musste der Anspruch auf Lothringen aufgegeben werden, das an Ostfranken fiel. 884 wurde der ursprünglich ostfränkische König und Kaiser Karl III. der Dicke (881-887) Herrscher auch des westfränkischen Reichs, aber wegen seiner Passivität angesichts der normannischen Bedrohung wurde er auf dem Reichstag von Tribur) zur Abdankung gezwungen.

888 wurde mit Graf Odo von Paris aus dem Geschlecht der Robertiner ein erster Gegenkönig in Westfranken gewählt. Aber selbst nachdem die Robertiner 987 endgültig die Königsherrschaft im Westfrankenreich übernommen hatten, war das französische Königtum weitgehend auf seinen Kernraum in der Ile de France beschränkt und übte nur eine nominelle Oberherrschaft über die übrigen Herzogtümer aus.

Zu einem Machtfaktor entwickelte sich das burgundische Kloster Cluny und die von ihm ausgehende monastische Reformbewegung, die Cluniazensische Reform. Der Stifter von Cluny, Herzog Wilhelm der Fromme von Aquitanien, gab dem 910 gegründeten Kloster eine von jeder weltlichen und bischöflichen Gewalt freie Verfassung; es war lediglich dem Papst unterstellt. Heinrich I., König des Ostfrankenreiches (919-936), erteilte dem Kloster das Privileg, Tochterklöster zu gründen und die Reform auf diese zu übertragen. Begünstigend für die Ausbreitung war nicht zuletzt das Machtvakuum im Grenzgebiet zwischen West- und Ostfranken sowie dem Arelat, sodass sich die cluniazensische Reform rasch ausbreiten konnte – vor allem im westfränkischen Reich. Dem Kloster unterstanden im 12. Jahrhundert über 200 Abteien und Priorate.

Die letzten Karolinger, Capet, Dominanz der Ottonen

943 erkannte Ludwig IV. Ultramarinus den Sohn Roberts I. und mächtigsten Großen der westlichen Francia, Hugo den Großen, als Dux Francorum an.78 Flodoard von Reims beschreibt dies als Übertragung der königlichen Herrschaft über die nördliche Francia. 954 folgte auf Ludwig dessen zwölfjähriger Sohn Lothar, der mit Zustimmung der Großen des Reiches 956 auch die anderen beiden Regna, also Burgund und Aquitanien, zu Hugos übermächtigem Dukat hinzufügte. 955 blieb ein gemeinsamer Feldzug Lothars und Hugos gegen den Herzog von Aquitanien, Wilhelm III. Werghaupt, ohne durchschlagenden Erfolg.

Doch noch im Jahr 956 starb Hugo und sein gleichnamiger Sohn Hugo (Capet) übernahm seine Ämter und Würden. Er besaß als Dux Francorum eine Reihe von Grafschaften zwischen Loire und Seine, darunter Orléans und Paris. Zudem besaß er als Laienabt mächtige Abteien und besetzte Bistümer mit seinen Getreuen (fideles). Er wurde jedoch erst 960 von Lothar zum Herzog von Franzien erhoben und trat damit in die Stellung seines vier Jahre zuvor verstorbenen Vaters ein.

Die westlichen Karolinger suchten Anlehnung an die ostfränkischen Könige, denen es 925 gelungen war, das Herzogtum Lothringen, das sich zur Zeit Konrads dem Westfrankenreich angeschlossen hatte, wieder anzugliedern. Die Wahl Aachens als Krönungsort Ottos I. war wohl Ausdruck dafür, dass dieser Anspruch endgültig war. Aachen lag im Herzogtum Lothringen, auf das die westfränkischen Könige Anspruch erhoben. Doch es war durch die Macht des Hochadels bereits stark geschwächt. Indem Otto sich als legitimer Nachfolger Karls des Großen darstellte, sah er seinen Anspruch auf Lothringen legitimiert. König Ludwig IV. heiratete 939 König Ottos Schwester Gerberga, womit er den „Vorsprung“ Hugos, der ein oder zwei Jahre zuvor Ottos Schwester Hadwig geheiratet hatte, ausgleichen konnte. Die beiden mächtigsten Männer des Westfrankenreichs waren nun Schwager des ostfränkischen Königs. Doch Ludwig diente diese Ehe nicht nur dazu, politische Unterstützung zu erlangen, sondern er untermauerte damit seinen Anspruch auf Lothringen. Gerberga war ja nicht nur eine Schwester Ottos, sondern auch die Witwe des 939 ums Leben gekommenen, aufständischen Herzogs Giselbert. 942 vermittelte Otto eine Aussöhnung. Hugo von Franzien musste dabei einen Unterwerfungsakt vollziehen und Ludwig IV. musste auf seine Ansprüche auf Lothringen verzichten.

946 geriet König Ludwig durch Verrat in die Gefangenschaft eines Dänenkönigs und dann in die Hände seines Rivalen Hugo. Auf dringende Bitten seiner Schwester Gerberga griff Otto zugunsten Ludwigs militärisch ein. Seine Macht genügte jedoch nicht, um Städte wie Laon, Reims, Paris oder Rouen einzunehmen. Nach drei Monaten brach Otto sein Unternehmen erfolglos ab. Immerhin gelang es ihm, Erzbischof Hugo von Reims aus seiner Bischofsstadt zu vertreiben. Dies berührte einen der Hauptstreitpunkte, nämlich die Besetzung des Reimser Erzstuhls. Otto arrangierte 948 die Universalsynode von Ingelheim, an der 34 Bischöfe teilnahmen, darunter alle deutschen Erzbischöfe und der Reimser Kandidat Artold. Die Versammlung entschied sich im Reimser Schisma für Ottos Kandidaten Artold gegen Hugo, den Favoriten Hugos von Franzien. Ludwig IV. wurde im September 948 exkommuniziert. Erst 953 fand in Aachen die endgültige Aussöhnung mit Otto statt.

Zum Königreich Burgund pflegten die ostfränkischen Könige gute Beziehungen, seit Heinrich I. von König Rudolf II. von Burgund die Heilige Lanze erworben hatte.79 Als Rudolf 937 starb, holte Otto dessen minderjährigen Sohn Konrad an seinen Hof, um damit eine Übernahme Burgunds durch Hugo von Italien zu verhindern. Hugo hatte Rudolfs Witwe Berta geheiratet und seinen Sohn Lothar mit dessen Tochter Adelheid verlobt. Nach dem Tod Hugos 948 sorgte Otto dafür, dass Teile von Hugos Königsgut in der Provence und an der Rhône an Burgund fielen. Otto respektierte die Eigenständigkeit von Burgund. Als Lothar ebenfalls ums Leben kam, wurde seine Witwe gefangengesetzt. Daher entschloss sich Otto nach Italien zu ziehen; ob er darum gebeten oder gar zur Übernahme der Herrschaft aufgefordert wurde, ist unklar.80 Man führte Adelheid von ihrer Fluchtburg Canossa nach Pavia, wo sich Otto im Oktober mit ihr verheiratete. Otto vertraute seinem jüngeren Bruder Brun, der seit 940 Kanzler, seit 951 Erzkaplan des Reiches und seit 953 Erzbischof von Köln war, auch die Politik gegenüber dem Westfrankenreich an, zumal er 953 auch Herzog von Lothringen wurde.

954 wurde der junge Lothar auf Betreiben der Ottonen König des Westfrankenreichs. 966 heiratete Lothar (954–986), Sohn der Gerberga, der Tochter König Heinrichs I. die 18-jährige Stieftochter Ottos I., der seit 962 auch Kaiser war. Emma war die Tochter Adelheids und des 950 ermordeten Lothar.

Nach dem Tod Bruns (965) und Gerbergas (969) begann Lothar, eine eigenständige Politik zu treiben. Nach dem Tod Ottos des Großen (973) kam es zu einem außenpolitischen Kurswechsel. Otto II. wurde zum politischen Gegenspieler Lothars, während der Gegensatz zwischen Karolingern und Robertinern in den Hintergrund trat.

Ausgangspunkt des Konflikts war der Streit um die Grafschaft Hennegau, die zum Herzogtum Lothringen gehörte. Herzog Brun hatte den Grafen Reginar III. Langhals geschlagen und 958 verbannt; Reginars unmündige Söhne Reginar IV. und Lambert I. büßten dadurch ihr Erbrecht ein. Sie flohen ins Westfrankenreich und versuchten ab 973 ihre Erbgüter wiederzuerlangen. Für dieses Vorhaben fanden sie am Hof Lothars und im westfränkischen Adel Unterstützung. Ein erster Angriff auf den Hennegau verlief erfolgreich, wurde dann aber von Otto II. zurückgeschlagen; an einem zweiten im Jahr 976, der die volle Unterstützung des westfränkischen Hofes hatte, beteiligten sich Gefolgsleute Hugo Capets und sogar Karl, der jüngere Bruder König Lothars, sodass der Feldzug wie ein gemeinsames Unternehmen der westfränkischen Großen erschien. Die Invasionsstreitmacht erlitt jedoch bei Mons eine Niederlage.

Otto II. gab im Mai 977 Reginar und Lambert ihre Erbgüter mit Ausnahme von Mons zurück und er konnte sogar Karl auf seine Seite ziehen. Karl beschuldigte die Frau seines Vaters, Emma, des Ehebruchs mit Bischof Adalbero von Laon. Lothar verwies daraufhin Karl des Landes. Otto II. nahm den Verbannten auf und belehnte ihn mit dem Herzogtum Niederlothringen. Lothar wertete dies als feindlichen Akt und unternahm 978, unterstützt von Hugo Capet, einen Überraschungsangriff auf Aachen, um Otto gefangenzunehmen. Der Handstreich missglückte nur knapp; Otto musste mit seiner schwangeren Gemahlin Theophanu nach Köln fliehen. Nach der Einnahme Aachens wurde die Kaiserpfalz geplündert. Lothar ließ den auf ihrem Dach angebrachten Adler, der nach Westen gerichtet stand, nach Osten drehen, um seinen Herrschaftsanspruch zu demonstrieren.81

Doch Lothars Handstreich war nicht nur gescheitert, sondern führte zu einem Gegenschlag Ottos, der seinen Angriff auf Westfranken für den 1. Oktober förmlich ankündigte. Das Invasionsheer konnte zwar die Pfalzen Attigny und Compiègne einnehmen und in Brand stecken und auch die Stadt Laon erobern, scheiterte aber bei der Belagerung von Paris, das von Hugo Capet verteidigt wurde. Der Wintereinbruch und Krankheiten zwangen das ottonische Heer zum Rückzug, und beim Übergang über die Aisne griff Lothar die Nachhut an und besiegte sie. Lothars Bruder Karl von Niederlothringen hatte an dem Feldzug auf Ottos Seite teilgenommen; der Plan, ihn zum Gegenkönig zu erheben, scheiterte jedoch am fehlenden Rückhalt im Westfrankenreich. Möglicherweise zeigte sich hier erstmals eine eigene Reichsidentität im Westen, denn übergreifende Bündnisse spielten eine erheblich geringere Rolle als in der Vergangenheit. Im Mai 980 musste Lothar bei einem Treffen mit Otto an der Grenze in Margut-sur-Chiers auf Lothringen verzichten.

Nach dem Tod Ottos II. (983) nahm Lothar seine frühere Ostpolitik wieder auf und besetzte 984 Verdun, einen wichtigen Handelsplatz. Zudem unterstützte er eine ostfränkische Adelsopposition gegen Ottos minderjährigen Nachfolger Otto III. Zwar musste er zunächst einem Gegenangriff des Grafen Gottfried von Verdun und des Herzogs Dietrich I. von Oberlothringen weichen, doch gelang es ihm im März 985, Verdun erneut zu erobern und Gottfried und Dietrich gefangenzunehmen. Mitten in der Planung neuer Unternehmungen zur Expansion nach Osten starb Lothar, erst vierundvierzigjährig, am 2. März 986 nach kurzer Krankheit.

Seine Nachfolge hatte Lothar gesichert. Er hatte bereits am 8. Juni 979 seinen minderjährigen Sohn Ludwig V. zum Mitkönig erheben lassen. Sein Versuch, in Aquitanien ein Unterkönigtum für Ludwig einzurichten, blieb jedoch erfolglos. Lothars zweiter Sohn Otto starb noch vor dem Vater; die übrigen Kinder Lothars waren illegitim.

An Ludwigs Hof bekämpften sich weiterhin zwei Parteien. Emma, die Mutter des Königs, war stark von ihrer Mutter, Kaiserin Adelheid, beeinflusst. Sie vertrat eine ottonenfreundliche Politik; dieser Richtung gehörte auch Erzbischof Adalbero von Reims an. Die Gegenpartei wollte Lotharingien zurückgewinnen. Der weitaus mächtigste unter den Vasallen Ludwigs war der Herzog von Franzien, Hugo Capet, der zugleich Herzog von Burgund war.

Bis zum Sommer 986 dominierte die Partei Emmas, doch dann musste sie bei Hugo Capet Zuflucht suchen. Adalbero begab sich auf seine Burgen an der Maas, die zum ottonischen Machtbereich gehörten. Dies betrachtete Ludwig als Hochverrat; er drohte Adalbero Reims zu belagern, ließ sich dann jedoch darauf ein, dass ein Hoftag in Compiègne den Streit klären sollte. Bald strebte Ludwig eine Aussöhnung mit Adalbero an; im Frühjahr 987 war auch von einem Friedensschluss mit Theophanu die Rede, eine Friedenskonferenz war geplant. Doch am 21. Mai 987 starb der letzte westfränkische Karolingerkönig bei einem Jagdunfall.

Da Ludwig keine Söhne hatte, blieb nur sein Onkel Karl von Niederlothringen, der jüngere Bruder seines Vaters Lothar, um einen Thronanspruch zu erheben. Seine Gefolgsleute wählten auf einer Versammlung in Senlis Hugo zum König. Damit übten sie ihr Wahlrecht aus und lehnten ein Erbrecht ab, doch im Ergebnis schufen sie eine neue Dynastie.

Kapetinger

Hugo Capet, die endgültige Teilung des Großreichs der Franken

Silbermünze Hugo Capets, Münze von Beauvais, Umschrift HERVEVS HVGO REX (H-E und V-E in Ligatur), Durchmesser 21,5 mm, Gewicht 1,28 g

Krönung Hugos, Darstellung des 14. Jahrhunderts, Bibliothèque nationale de France

Die ersten Kapetinger legitimierten ihre Macht aus ihrem königlichen Amt, aber auch, zumindest nach kirchlicher Auffassung, aus dem Gottesgnadentum. Dieses zeigte sich im Idealfall in Herrschertugenden, zu denen vor allem Gerechtigkeit und Milde zählten. Er verpflichtete sich durch einen feierlichen Eid zum Schutz der Kirche und ihrer Privilegien. Die Festkrönung erfolgte in der Regel durch den Erzbischof von Reims in dessen Amtssitz. Wie ein Bischof wurde der König gesalbt, im Zug der Weihe erhielt er die königlichen Insignien Krone, Schwert, Ring, Szepter und Stab. Damit erhielt der König eine aura, eine Sakralität, die ihn weit über die übrigen Fürsten erhob. Eine Folge war, dass man dem zweiten König der Dynastie, Robert II., wundersame Heilkräfte zuschrieb, die seine Nachfolger womöglich erbten - jedenfalls schrieb man seinen Nachfolgern die Fähigkeit zu, Skrofulose zu heilen. Die reale Macht der Könige beruhte jedoch auf der Herrschaft über ein Kerngebiet, dessen Hauptort Paris war. Dieses Gebiet wies eine starke und frühe ökonomische Dynamik auf, zu der sich eine demographische gesellte. Es setzte sich einerseits aus den Krondomänen zusammen mit ihrer Anhäufung verschiedenster Rechte, Einkünfte und Besitzungen. Andererseits gehörten Grafschaften, Vizegrafschaften und Kastellaneien dazu, die von Vasallen und Gefolgsleuten (Getreuen, fideles) der Königsdynastie geführt wurden. Zudem konnten die frühen Kapetinger auf die moralische, ideologische und materielle Unterstützung zahlreicher Abteien setzen, wie etwa St-Denis, St-Germain-des-Prés, St-Maur-des-Fossés. Dies galt ebenso für die Erzbistümer Reims, Tours, Bourges und Sens sowie etwa 20 bis 25 Bistümer. Mit ihnen verfügten die Könige über die größte geistliche Herrschaftsgrundlage des gesamten Reiches. Doch damit nicht genug nutzten die Kapetinger ihre Herrschaft, um ihr Machtgebiet auszudehnen. Dennoch dauerte es bis in die 1130er Jahre bis die Kapetinger unter Ludwig VI. ihre Macht nach innen vollständig durchgesetzt hatten. Hingegen scheiterten alle Versuche, die Grenzen Frankreichs nach Osten zu verschieben und Lothringen zu gewinnen. Selbst als die Normannen die Herrschaft über die nach ihnen benannte Normandie an sich rissen, taten sie dies formal nicht durch Ausgliederung aus dem Reich, sondern nur durch Unterlassung des Vasalleneids. Dem Anspruch nach gehörte das gesamte Reich zum königlichen Lehensbereich (mouvance féodale). Damit standen der Theorie nach alle Herren in einem Vasallitätsverhältnis zum König und die Existenz senioraler Allodien war damit ausgeschlossen. Demzufolge fehlte den Herren jedwedes Recht, gegen den König vorzugehen, im Gegenteil waren alle Herren zu Rat und Hilfe (consilium et auxilium) verpflichtet, was mindestens Hoffahrt - das Erscheinen bei Hof - und Heerfahrt - militärische Unterstützung - bedeutete. In der Realität gab es allerdings durchaus Koalitionen der Adelsclans, die sich als dem König ebenbürtig sahen, die gegen den König gerichtet waren. Doch die Dynastie fand in der Zeit zwischen etwa 1050 und 1150 fast ausnahmslos Unterstützung bei den Vasallen unterhalb der Gruppe der Großen. Dies waren vor allem Grafen und Vizegrafen, Kastellane und Ritter der königlichen Domänen. Während diese häufig bei Hof waren, suchten die Großen, weltliche wie geistliche, den Hof nur bei hohen zeremoniellen Anlässen auf. Umgekehrt versuchten die Kapetinger, etwa bei Erbstreitigkeiten, in die Verhältnisse innerhalb der Fürstentümer einzugreifen. Die Suprematie des Königs über alle Fürsten wurde ideologisch verdichtet durch den Berater Ludwigs VI. Suger von St-Denis und pointiert ausgedrückt: „König Ludwig stand stets über dem König von England und Herzog der Normandie wie über seinem Lehnsmann“. Seiner Auffassung schuldeten alle Vasallen der Krone, einem Abstractum, Treue. Die Könige nahmen die Pflichten gezielt wahr, wie etwa 1155 mit der Ordonnanz von Soissons, in der Frieden für Kirchen, Bauern und Kaufleute im gesamten Reich festgelegt wurde. Mehrere Laien- und Kirchenfürsten beschworen diesen „Königsfrieden“. Mit der Kreuznahme Ludwigs VII. im Jahr 1145, der ersten eines westeuropäischen Königs, nahm der König die Rolle des Beschützers der Christenheit und des Vorreiters aller christlichen Mäche als Verpflichtung wahr, während sein Großvater noch wegen Konkubinats exkommuniziert worden war. Diese Rolle war durch das Zusammengehen mit dem Reformpapsttum, das mit dem römisch-deutschen Königreich im Dauerkonflikt lag, lange vorbereitet worden. Umgekehrt unterstützte das Papsttum die Ansprüche des Königs auf Vorherrschaft in Frankreich, was schon der Empfang des Papstes von 1107 in St-Denis symbolisch zu Geltung brachte. Schon die frühen Kapetinger standen in Konkurrenz zum römisch-deutschen Herrscher, so dass man sich zur Erörterung der politischen und ideologischen Grundfragen am Grenzfluss Maas verabredete. Ihren symbolischen Niederschlag fand die Abwehr der Ansprüche des östlichen Nachbarn 1124, als Ludwig VI. vom Altar von St-Denis die Oriflamme erhob, ein Akt, hinter dem die Vereinigung aller Großen des Reiches stand und damit die Eintracht des Reiches. In diesem Jahr konnte Ludwig die Oriflamme erstmals zu einem ersten Sieg führen, als er mit einem Heer gegen Kaiser Heinrich V. zog, der sich angesichts der Übermacht bei Metz kampflos zurückzog. Die Oriflamme wurde die bis zum Anfang des 15. Jahrhunderts geführte Reichs- und Kriegsfahne der französischen Könige. Sie ist das Kirchenbanner der Abtei Saint-Denis und wurde vor dem König in der Schlacht hergetragen, um die Anwesenheit des Heiligen Dionysius von Paris zu symbolisieren.

Wahrscheinlich am 3. Juli 98782 wurde Hugo von Adalbero von Reims in Noyon geweiht und gekrönt. Die Großen, die Hugo zum König wählten, waren dieselben, die noch 979 und 986 die Herrschaftsübernahme Ludwigs V. gebilligt hatten. Der Dynastiewechsel war nicht Folge einer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit dem karolingischen Herrschergeschlecht, sondern einer besonderen Konstellation, die sich gegen Karl auswirkte.83 Zu Karls übermächtigen Gegnern gehörten seine Schwägerin, die Königinwitwe Emma und der Erzbischof von Reims. Die Ottonen hatten ihm zwar das Herzogtum Niederlothringen verliehen, aber eine Vereinigung dieses Herzogtums mit dem westfränkischen Reich lehnten sie ab. Angeblich wurde bei der Königswahl gegen Karl vorgebracht, dass er sich als Herzog von Niederlothringen in den Dienst eines auswärtigen Herrschers begeben und dass er eine nicht standesgemäße Ehe geschlossen habe.84

Bereits ein halbes Jahr nach seiner Krönung erreichte Hugo, dass sein Sohn, der spätere Robert II., zu Weihnachten 987 von Erzbischof Adalbero von Reims, ohne förmlichen Wahlakt, zum Mitkönig gekrönt wurde. Mit diesem Präzedenzfall setzte sich das Erbkönigtum der neuen Dynastie gegen das Wahlrecht durch. In Südfrankreich, wo die Loyalität zur Karolingerdynastie stärker ausgeprägt war, verweigerte man ihm mancherorts anfänglich die Anerkennung, an einer Stelle mit der deutlichen Datierungsformel „unter der Regierung unseres Herrn Jesus Christus, während bei den Franken jedoch Hugo widerrechtlich die Herrschaft beanspruchte“.85 Allerdings zeigte sich solcher Widerstandsgeist im Süden nur lokal und blieb ohne langfristige Auswirkungen.86

Während die Großen den Dynastiewechsel unterstützten oder hinnahmen, nahm Herzog Karl den bewaffneten Kampf auf. 988 gelang ihm mit einem Handstreich die Einnahme der Königsstadt Laon. Dabei half ihm sein Neffe Arnulf von Reims, ein unehelicher Sohn König Lothars. In Laon konnte Karl die Königinwitwe Emma und Bischof Adalbero von Laon, einen Neffen Adalberos von Reims, gefangennehmen. Wichtige Unterstützer Karls waren die Grafen Heribert IV. von Troyes und Odo I. von Blois sowie der Erzbischof von Sens (zwischen den Erzbistümern Sens und Reims bestand eine traditionelle Rivalität). Wiederholte Versuche König Hugos und seines Sohnes Robert, Laon durch Belagerung zurückzuerobern, blieben erfolglos.

Als Erzbischof Adalbero von Reims Anfang 989 starb, entschied sich Hugo, Karls Neffen Arnulf zu Adalberos Nachfolger wählen zu lassen, um ihn so auf seine Seite zu ziehen. Im August 989 übergab Arnulf jedoch Reims seinem Onkel Karl, womit er die Hugo geleisteten Eide brach. Durch die Einnahme der Krönungsstadt Reims wurde Karls Position gestärkt, doch versäumte er es, seinen Thronanspruch nun mit einer Königswahl und Krönung in Reims zu untermauern. Nach dreijährigem Kampf stürzte Karl durch Verrat. Bischof Adalbero von Laon, der inzwischen Karls Vertrauen erlangt hatte, öffnete Ende März 991 die Stadttore den Truppen des Kapetingers. Karl wurde mit seiner Frau und seinen Kindern festgenommen; er blieb bis zu seinem Lebensende in Haft. Adalberos Verrat wurde mit dem Verrat des Judas Ischariot an Christus verglichen.87

Reimser Kirchenstreit

König Hugo versuchte nun, Arnulf von Reims abzusetzen, was zum großen „Reimser Kirchenstreit“ führte. Hugo geriet in dessen Verlauf in Konflikt mit Papst Johannes XV., der die alleinige Zuständigkeit für einen solchen Schritt beanspruchte. Zunächst zwang Hugo auf der von ihm für Juni 991 einberufenen Reichssynode von Saint-Basle (Verzy) Arnulf zum Rücktritt. Auf dieser Synode richtete ein anderer Arnulf, Bischof Arnulf von Orléans, außerordentlich scharfe Angriffe gegen das Papsttum. Er bezeichnete die Päpste als „Monstren“ und setzte einen schlechten Papst sogar mit dem Antichrist gleich.88 Damit erhielt der Konflikt eine Tragweite, die weit über den bereits gravierenden Fall hinausreichte. Die Gegenpartei, deren Wortführer Abt Abbo von Fleury war, leistete erbitterten Widerstand, wobei sie von den ostfränkischen Bischöfen unterstützt wurde. Wegen seiner fundamentalen Bedeutung wird der Reimser Kirchenstreit mitunter als Vorläufer der späteren Auseinandersetzungen zwischen Päpsten und französischen Königen um den Gallikanismus betrachtet, aber auch als Ausdruck der päpstlichen Ansprüche. Insgesamt wurde bei Hugos Regierungszeit der Wechsel von der Wahl- zur Erbmonarchie betont, doch er selbst wurde ganz anders eingeschätzt. So schrieb Walther Kienast 1974 von der „schwunglos-bedächtigen, allen großen Unternehmungen abgeneigten Natur dieses recht mittelmäßigen Mannes“,89 Ferdinand Lot kam zum Ergebnis, Hugo habe den Thron weder seinem Mut noch seinem Geschick noch einer Begeisterung anderer für einen Wechsel verdankt. Hugo habe keine eigenen Ideen oder Grundsätze gehabt und das Königtum nicht einmal angestrebt; es sei ihm durch eine Kombination von Zufällen in den Schoß gefallen. „Sein Mut war nachweislich überaus bescheiden. Sein Geschick ist von gewissen Gelehrten sehr gerühmt worden. Doch wir suchen immer noch danach; alles, was sich uns gezeigt hat, ist ein schwacher, unsicherer Mann, der keinen Schritt zu tun wagt, ohne um Rat zu bitten, und dessen Vorsicht in Kleinmut überging.“90 Insgesamt sind wir über den König schlecht im Bilde, wenn man die Überlieferung betrachtet. Kaum ein Dutzend Urkunden setzt uns über ihn in Kenntnis. Dabei wurden vielfach karolingische Traditionen fortgesetzt, wie etwa im Urkundenwesen, oder in der Tatsache, dass ein Mitkönig erhoben wurde, aber auch Brüche sind zu erkennen. So musste er sich stärker auf die Kirche, insbesondere die Bistümer stützen, um seine Legitimität zu erweisen, und um von ihnen als Vasallen Heerfolge zu erlangen. Sein eigentlicher Machtbereich, wenn man der Streuung der Urkundungsorte trauen darf, war eher klein und lag zwischen Oise und Seine. Zudem war anscheinend die Mitunterzeichnung der Großen erforderlich, um den Bestimmungen zur Geltung zu verhelfen.

Nach dem Tod Hugos übernahm sein Sohn Robert die Alleinherrschaft. 997 gelang ihm die Beilegung des Streites zwischen Gerbert von Aurillac und dessen Vorgänger Arnulf um das Erzbistum Reims.

Roberts zweite Ehe - seine erste war kinderlos geblieben - führte jedoch zu Auseinandersetzungen mit dem Klerus, denn er stand als Cousin zweiten Grades in zu naher Verwandtschaft zu seiner Frau Bertha. Diese nahe Verwandtschaft, nämlich im 3. kanonischen Grad, veranlasste Papst Gregor V. 998 dazu, eine Scheidung zu verlangen und durch Exkommunikation zu erzwingen. 1003 heiratete Robert dann Konstanze von der Provence, mit der er sieben Kinder hatte. Da Robert aber sein Verhältnis zu Bertha weiterführte, spaltete sich der Hof. Auf Berthas Seite standen ihre Söhne aus dem Haus Blois, während Konstanze vom Haus Anjou unterstützt wurde.

Nachdem im Jahr 1002 sein Onkel Heinrich der Große gestorben war, versuchte Robert, das Herzogtum Burgund der königlichen Domäne hinzuzufügen. Dem widersetzte sich jedoch der burgundische Adel unter der Führung des Grafen Otto Wilhelm, der gleichfalls Anspruch auf das Herzogtum erhob. Erst nachdem Robert 1005 Auxerre erobert hatte, zog Otto Wilhelm seine Ansprüche zurück. Doch endete der Krieg erst mit der Einnahme von Sens 1015 und dem Tod des gegnerischen Bischofs Brun von Langres 1016. Robert handelte es, dass die Autonomie des Herzogtums durch die Ernennung seines Sohnes Heinrich zum Herzog gewahrt werden sollte.

Ein ähnliches Vorgehen versuchte Robert auch in der Champagne, nachdem dort um 1020 Graf Stephan von Meaux-Troyes gestorben war. Doch Graf Odo II. von Blois erwies sich als militärisch überlegen und konnte sich bis 1023 durchsetzen. Ein Bündnisversuch mit Heinrich II. bei Ivois verlief im Sande, da der Kaiser starb. Robert versuchte nun den Tod des Kaisers zu nutzen, um das 925 dem westfränkischen Reich entwundene Lothringen zurückzugewinnen. Gleichzeitig unterstützte er Herzog Wilhelms V. von Aquitanien, der die italienische Krone anstrebte. Doch setzte sich der Salier Konrad II. im ostfränkischen Regnum durch, was Roberts Pläne bremste.

Stärkung der Regionalgewalten

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Frankreich um 1030

Zwar hatte Robert bereits 1017 seinen erstgeborenen Sohn Hugo zum Mitkönig krönen lassen, doch verstarb er 1025. Gegen den Widerstand seiner Frau setzte er die Krönung des zweitältesten Heinrich durch, Konstanze sich für ihren Sohn Robert einsetzte, ein Konflikt, der ungelöst blieb. Als König Robert 1031 starb, entbrannte der Kampf um den Thron, in dessen Verlauf die Regionalgewalten an Stärke zunahmen. Die Partei Konstanzes und Roberts wurde von Odo II. von Blois unterstützt. Gegen ihn konnte Heinrich aber mit dem Grafen Fulko III. Nerra von Anjou und dem Normannenherzog Robert dem Prächtigen zwei mächtige Gefolgsleute für sich gewinnen. Sens, wo der Kampf kulminierte, wurde von Graf Odo gehalten aber ab 1032 von Heinrich belagert. Zudem konnte er die Koalition seiner Gegner im selben Jahr schwächen indem er seinen Bruder Robert zur Aufgabe seiner Thronansprüche bewegte und ihn mit dem Herzogtum Burgund entschädigte.

Die endgültige Entscheidung wurde erst indirekt durch den Tod des Königs Rudolf III. von Burgund im Jahr 1033 herbeigeführt. Graf Odo II. von Blois hoffte diesen als König im Königreich Burgund (regnum Aerelatense) nachfolgen zu können, stieß dort aber in die Interessensphären des römisch-deutschen Kaisers Konrad II. hinein, der selbst das burgundische Regnum seinem Reich hinzufügen wollte. Dies hatte seine Legitimation in einer Erbverfügung, die der verstorbene König mit seinem Amtsvorgänger Kaiser Heinrich II. getroffen hatte. Im Mai 1033 kamen Heinrich und Kaiser Konrad II. im lothringischen Deville zusammen und vereinbarten ein gemeinsames Vorgehen gegen Odo. Der Kaiser fiel darauf in die Champagne ein, was Odo schließlich 1034 zu einem Ausgleich mit Heinrich zwang. Er gab seine Herrschaft in Sens auf und stellte die Hilfe für die Königinmutter Konstanze ein.

Heinrich hatte sich damit auf dem Thron behaupten können, gegenüber den großen Lehnsfürsten blieb er allerdings nur in einer Position als „Erster unter Gleichen“ verhaftet. Dem mit ihm verbündeten Normannenherzog musste er das südliche Vexin (normannisches Vexin) überlassen, woraus später ein generationenlanger Streitfall zwischen der Krone und den Normannen erwachsen sollte. Vom Tod des Grafen Odo II. von Blois im Jahr 1037 konnte er nicht profitieren, da dessen Söhne ungehindert in seinen Ländereien nachfolgen konnten.

1035 starb Herzog Robert der Prächtige von der Normandie. Ihm folgte sein noch unmündiger Bastardsohn Wilhelm (der spätere „Eroberer“). Für Heinrich eröffnete sich nun die Gelegenheit zu einer Stärkung seiner Position innerhalb der Normandie, da er nun als Schutzpatron des jungen Wilhelm und als Verteidiger seiner Rechte auftreten konnte. 1047 entschloss sich Heinrich persönlich die extensiven Machtkämpfe zu beenden, indem er mit einem Heer in die Normandie zog, in der Schlacht von Val-ès-Dunes die Rebellen vernichtend schlug und Wilhelm damit das Herzogtum sicherte. Mit ihm als Verbündetem wandte sich Heinrich nun gegen den Grafen Gottfried II. Martel von Anjou, der allerdings bis zum Jahr 1052 über das Maine hinaus bis in die Normandie hinein expandieren konnte.

Das Jahr 1052 wurde zum Wendejahr im Verhältnis zwischen Heinrich und Herzog Wilhelm, als dieser eine Tochter des mächtigen Grafen Balduin V. von Flandern heiratete. Diese Absicht hatte Wilhelm schon einige Jahre lang verfolgt, dabei aber auf dem zweiten Konzil von Reims (1049) von Papst Leo IX. ein Verbot dieser Verbindung hinnehmen müssen. Der Bruch dieses Gebots kam faktisch auch einer Emanzipation von den Interessen Heinrichs gleich, denn der war aus machtpolitischen Motiven heraus an ein gutes Einvernehmen mit seinem Klerus und dem Papst gebunden, zumal dieser ein Vertrauensmann Kaiser Heinrichs III. war, mit dem wiederum Heinrich durch seine Ehe verwandtschaftlich verbunden war. Außerdem ließ die Verbindung zwischen Normandie und Flandern im Norden Frankreichs einen Machtblock entstehen, gegenüber dem das Königtum in der Île-de-France unterlegen war.

Heinrich reagierte auf Wilhelms eigenmächtiges Handeln durch eine Versöhnung mit Graf Gottfried II. von Anjou, mit dem er ein gemeinsames Vorgehen gegen Wilhelm vereinbarte. In der Schlacht von Mortemer 1054 erlitten sie jedoch eine empfindliche Niederlage und die 1057 folgende Niederlage in der Schlacht von Varaville beendete die königliche Macht in der Normandie. 1060 starb zudem mit Graf Gottfried II. von Anjou sein einziger nennenswerter Verbündeter, dessen Erben sich gegenseitig bekämpften.

Selbst innerhalb der Île-de-France, dem unmittelbaren Machtbereich des Königs, traten die lokalen Burgherren zunehmend eigenständig und in blutigen Fehden auf. Ein Zustand der noch für Heinrichs Enkel, König Ludwig VI. den Dicken, bestimmend in seiner Herrschaft war. In erster Linie ging dagegen, wenn auch nur wenig erfolgreich, der Klerus durch erste Proklamationen des Gottesfriedens vor und später dann der Waffenruhe Gottes.

Auch die Beziehungen zum ostfränkischem Reich hatten sich durch seine zweite Ehe mit einer Tochter des Großfürsten von Kiew verschlechtert. Die Verhältnisse wurden weiter getrübt als 1052 die Mönche des Klosters Sankt-Emmeram zu Regensburg die Behauptung aufstellten, die Gebeine des Märtyrers und Heiligen Dionysius würden sich in ihrem Besitz befinden. Angeblich habe einst König Arnulf die Gebeine nach einem Feldzug in die westliche Francia als Beutegut nach Regensburg bringen lassen. Nachdem Kaiser Heinrich III. diesen Behauptungen sein Gehör geschenkt hatte und damit eine Patronage des östlichen Regnums auf den ersten Heiligen des westlichen Regnums reklamierte, fühlten sich Heinrich und die Mönche von Saint-Denis provoziert. Denn schließlich lagen an der Seite des Dionysius schon fränkische Könige aus den Dynastien der Merowinger, Karolinger und jüngst auch Kapetinger bestattet. Um die Falschheit dieser Behauptung zu beweisen, ließ Heinrich das Grab des Dionysius öffnen, um sich des Verbleibs seiner Gebeine darin zu vergewissern. Anschließend reiste er gar persönlich nach Regensburg, um mit den Mönchen und dem Kaiser diesen Streit beizulegen. Der ebenfalls dort anwesende Papst Leo IX. wusste schließlich die Situation für alle Parteien annehmbar zu lösen, indem er die zwei ehemaligen Regensburger Bischöfe Erhard und Wolfgang heilig sprach und so die Mönche von Sankt-Emmeram zur Aufgabe ihrer Ansprüche auf die Gebeine des Dionysius bewegte.

Bei einem 1056 in Ivois einberaumten Treffen kam es zu einem Eklat, als Heinrich dem Kaiser Vertragsbruch vorwarf. Vermutlich hatten sich die Verstimmungen zwischen König und Kaiser an der wenige Jahre zuvor erfolgten Lehnsnahme des Grafen Theobald I. von Champagne gegenüber dem Kaiser entzündet, obwohl er ein Vasall des westfränkischen Reichs war. Das Treffen in Ivois endete zwischen Ost- und Westherrscher im Streit, angeblich habe der Kaiser sogar einen Zweikampf mit Heinrich austragen wollen, dem er sich durch Flucht entzogen habe.

Immerhin erlangte er die Zustimmung der Großen und besonders des Klerus zur Krönung seines Sohnes Philipp I. zum Mitkönig im Jahr 1059. Bei seinem Tod 1060 war sein Sohn allerdings noch unmündig, weshalb seine Witwe Anna von Kiew und Graf Balduin V. von Flandern, ein angeheirateter Onkel, die Regentschaft übernahmen. Von den Fürsten war lediglich Herzog Wilhelm VIII. von Aquitanien bei Philipps Krönung anwesend, der Herzog von Burgund und die Grafen von Flandern und Anjou waren durch Abgesandte vertreten. Die restlichen Fürsten waren abwesend. Zudem wurde die Regentschaft seiner Mutter durch die Ehe mit dem ehrgeizigen Grafen Rudolf von Valois und Vexin (um 1061) erschüttert. Da der Graf seine rechtmäßige Frau verstoßen hatte, wurde er vom Papst exkommuniziert. Anna von Kiew spielte damit als Regentin keine Rolle mehr.

Auf einem Hoftag in Paris übernahm Philipp 1067 die Herrschaft. Im Jahr zuvor hatte der Herzog der Normandie Wilhelm die Schlacht von Hastings gewonnen und damit das anglo-normannische Reich begründet, das dem französischen Königtum ein gefährlicher Rivale sein sollte. Balduin V. von Flandern hatte nichts dagegen unternommen, stattdessen hatten mehrere Flamen an der Eroberung seines Schwiegersohns teilgenommen.

Philipp I. und seine Familie aus den Grandes Chroniques de France (15. Jahrhundert)

Philipp verfolgte eine schrittweise Erweiterung seiner Krondomäne. Gelegenheit bot ihm 1068 der Bruderkrieg im Anjou, wo der König den aufbegehrenden Fulko den Zänker unterstützte. Als Gegenleistung wurde dem König das Gâtinais überlassen, wodurch er seine Position um Orléans stärkte. Diese Politik wiederholte Philipp 1070, als nach dem Tod seines Cousins, Graf Balduin VI. von Flandern, ein Erbfolgekrieg ausbrach. Die Grafenwitwe Richilde musste dort die Rechte ihres Sohnes Arnulf gegen ihren Schwager Robert den Friesen verteidigen und verbündete sich dafür mit den Normannen. Um seinen Einfluss zu wahren, zog Philipp mit einem eigenen Heer nach Flandern um Richilde zu unterstützen. Zwar geriet Robert der Friese in die Gefangenschaft des Grafen von Boulogne, doch wurde er ohne Wissen des Königs von dem Kastellan von Saint-Omers befreit und gegen Richilde ausgetauscht. In der anschließenden Schlacht von Cassel (22. Februar 1071) wurde Gräfin Richilde vernichtend geschlagen, ihr Sohn und zweiter Ehemann getötet. Philipp musste fliehen. Ihm blieb nichts anderes übrig, als Robert in Flandern anzuerkennen, der dem König im Gegenzug die Abtei Corbie überließ. Da aber auch Robert einen Verbündeten gegen den normannischen Einfluss in Flandern benötigte, ging er mit dem König ein Bündnis ein, das durch eine Ehe Philipps mit der Stieftochter des Friesen, Bertha von Holland besiegelt wurde.

1076 wagte Philipp einen direkten Angriff auf Wilhelm den Eroberer, als er erfolgreich das von diesem belagerte bretonische Dol entsetzte und somit dem Eroberer eine seiner wenigen Niederlagen zufügte. 1077 schob Philipp die Grenze seiner Domäne weiter gegen die Normandie, nachdem er das Vexin bis zur Epte an sich bringen konnte. Weiterhin versuchte Philipp die innerfamiliären Konflikte in der Familie des Eroberers für eigene Ziele zu nutzen, indem er den ältesten Sohn seines Rivalen, Robert Kurzhose, bei seiner Revolte gegen den Vater unterstützte. Er überließ ihm die Burg Gerberoy, der dort seinen Vater 1079 nach einer Schlacht in die Flucht schlagen konnte.

Wilhelm der Eroberer übte erst 1087 Vergeltung gegen den König, indem er in das Vexin einfiel und Mantes zerstörte, dabei stürzte Wilhelm vom Pferd und starb wenig später an den Verletzungen. In der Normandie beerbte ihn Robert Kurzhose.

Philipp I. mit Bertrada von Montfort. Die verstoßene Königin Bertha in ihrem Burgexil. Darstellung aus dem 14. Jahrhundert.

1092 verstieß der König seine Ehefrau, weil diese angeblich zu dick geworden war91. Ersetzen sollte sie Bertrada von Montfort, die Frau des Grafen von Anjou, in die sich der König verliebt hatte und die er entführen ließ, um sie am Tag darauf, am 15. Mai 1092 zu heiraten.

Der Bischof von Senlis nahm bereitwillig die Trauung vor, doch da sowohl Bertrada als auch Philipp zu diesem Zeitpunkt noch verheiratet waren, ermahnte sie Papst Urbans II.. Am 16. Oktober 1094 wurde der König auf einer vom Erzbischof von Lyon einberufenen Synode in Autun von 32 Bischöfen exkommuniziert. Auf der Synode von Clermont bestätigte der Papst den Bann und untersagte der Geistlichkeit, den Lehnseid gegenüber dem König abzulegen. Mehr als zehn Jahre blieb Philipp gebannt, was seinen politischen Handlungsspielraum erheblich einschränkte, da er auf seine wichtigste Herrschaftsstütze, den Klerus, nicht mehr zurückgreifen konnte. Auch konnte er deshalb nicht am ersten Kreuzzug teilnehmen. Stattdessen nahm sein jüngerer Bruder Hugo von Vermandois als Vertreter der Krone teil.

Der brüskierte Graf von Flandern wandte sich nun Wilhelm II. Rufus zu. Die Lage für Philipp wurde noch bedrohlicher als Robert Kurzhose 1096 das Kreuz nahm und dafür die Normandie seinem jüngeren Bruder Wilhelm Rufus anvertraute. Der führte in den nächsten Jahren immer wieder Kriegszüge gegen den König, besonders in das Vexin. Gegen die Wiedervereinigung des anglo-normannischen Reichs 1106 durch Heinrich I. Beauclerc nach der Schlacht bei Tinchebray konnte Philipp nichts unternehmen. Dem gegenüber stand mit dem Erwerb des oberen Berry 1101 noch einmal eine Erweiterung der Krondomäne, als der Vizegraf von Bourges sein Lehen an die Krone verpfändete, um seine Kreuzzugsteilnahme finanzieren zu können.

Als weitere Folge seiner verfallenden Autorität beteiligte Philipp seinen ältesten Sohn Ludwig seit 1100 an der Macht, der hauptsächlich mit der Niederwerfung unbotmäßiger Vasallen oder der Schlichtung von Fehden beschäftigt war. Weiterhin wurde der Hof zunehmend von Graf Guido dem Roten von Rochefort und seiner Familie beherrscht, die sich dabei den Machtkampf zwischen dem Prinzen Ludwig und seiner Stiefmutter zu nutze machten.

Treffen zwischen Papst Paschalis II. und König Philipp I. 1107 aus Grandes Chroniques de France (1461)

Die Exkommunikation Philipps überdeckt, dass sich das Reformpapstum inzwischen auf einem viel bedeutenderen Platz tummelte. Als es 1074 zu einer Auseinandersetzung mit Papst Gregor VII. um die Besetzung des Bistums Mâcon kam, lenkte Philipp nach der Androhung des Interdikts ein. Als sich Philipp jedoch an italienischen Kaufleuten, die durch seine Domäne zogen, verging, zeigte er sich von anschließenden päpstlichen Drohungen unbeeindruckt. Auch nachdem er seinen Bischöfen 1078 untersagte, an der Synode von Poitiers teilzunehmen, die die Laieninvestitur ausdrücklich verbot, musste er keine Sanktionen gegen sich fürchten. Ganz im Gegensatz zum römisch-deutschen Kaiser, der in der Investiturfrage mit dem Reformpapstum in einen epochalen Konflikt geriet. Nachdem Philipp und Bertrada 1104 auf einem Konzil in Paris unter Eid ihre Trennung zugesagt hatten, hob Papst Paschalis II. den Bann auf, obwohl sich das Paar anschließend nicht an seine Verpflichtungen hielt. Der Papst sah sich zu diesem Zeitpunkt von Kaiser Heinrich V. bedroht und suchte deshalb ein Bündnis mit dem französischen König. Zugleich konnten sich König und Papst auf diesem Konzil unter besonderer Vermittlung des Bischofs Ivo von Chartres auch in der Investiturfrage einigen. Der König erkannte die vom Bischof von Chartres 1097 entworfene Kompromissformel an, wonach er bereit war, die kanonische Wahl zu akzeptieren und zugleich auf die Investitur mit Ring und Stab zu verzichten. Zudem erhielt er die Lehnbarkeit weltlicher Güter bestätigt, für die ihm ein neu gewählter Bischof den Treueid leisten musste. Dieser Kompromiss wurde auf einer Synode in Troyes 1107 von Paschalis II. bestätigt, der dort zugleich die Ehe des Thronfolgers und seiner ersten Frau annullierte und Maßnahmen gegen klerikale Anhänger des Kaisers aussprach.

Anschließend trafen sich König und Kronprinz mit dem Papst am 1. Mai 1107 in der Abtei von Saint-Denis. Unter Erinnerung an die Hilfe, die einst ihr Vorgänger Karl der Große dem Papst gewährte, baten sie Paschalis II. um Unterstützung im Kampf gegen den Kaiser. Vater und Sohn gelobten Rat und Hilfe und gemeinsam begleiteten sie ihn nach Châlons-sur-Marne zu einem Treffen mit Vertretern des Kaisers. Als die Gespräche scheiterten, soll der Papst nach den Worten des Abtes Suger von Saint-Denis „erfüllt von Liebe zu den Franzosen und von Furcht und Hass gegen die Deutschen“92 nach Rom zurückgereist sein. Philipp starb am 29. oder 30. Juli 1108 in Melun.

Aufstieg der Königsmacht

Oriflamme
Die Oriflamme

Der Aufstieg der Kapetinger begann mit Ludwig VI. dem Dicken (1106-1137); durch Ausbildung des Lehnsrechts und Privilegierung der Städte konnte er die Stärkung der Krone auf Kosten des niederen Adels einleiten. Ein französisches Nationalgefühl entstand durch den Angriff Kaiser Heinrichs V. 1124 und durch die Kreuzzüge, in denen sich die Franzosen als „auserwähltes Werkzeug Gottes“ sahen. Ludwig verband sich mit dem Papsttum zum „Schutz gegen Deutschland“. Sein Kanzler, der Zisterzienserabt Suger, stellte zudem eine Verbindung zwischen der Krone und den Zisterziensern her. Sein Kirchenbau, die Basilika Saint-Denis, ist die Grabstätte fast aller französischen Könige und verkörpert als Initialbau der Gotik, die über die nächsten 250 Jahre die europäische Baukunst dominierte, die gewachsene Bedeutung Frankreichs.

Ludwigs VII. (1137-1180) heiratete Eleonore von Poitou und Aquitanien, die Tochter Wilhelms X. kurz vor dessen Tod im April 1137. Es entstand eine Art Personalunion. Ludwig hielt sich zur Stärkung seiner herzoglichen Gewalt 1138, 1141,1145, 1146 und 1152 in Aquitanien auf. Dabei standen nicht mehr nur Konsens, Herkommen und Klientelen im Vordergrund, sondern eine energische Politik der Territorialisierung und Zentralisierung. Doch diese Gelegenheit verpasste die Dynastie, als Ludwig seine Frau 1152 verstieß. Diese heiratete 1152, gegen den Willen Ludwigs, Heinrich Plantagenet, Herzog der Normandie, Graf von Anjou, Maine und Touraine, der 1154 auch König von England wurde.93 Das Angevinische Reich nahm damit etwa die Hälfte des französischen Gebiets ein. Ludwig versuchte einzugreifen, indem er 1158 Toulouse besetzte.

Map France 1180-fr
Frankreich 1180

Ludwig, der in 3. Ehe Adela von Champagne geheiratet hatte, erhielt mit seinem Sohhn Philipp II. (1180–1223) den ersehnten Thronerben. Dieser wurde von Papst Clemens III., dann auch von Alexander III. unterstützt (Friede von Nonancout, 1177). Schon die Zeitgenossen gaben ihm den Beinamen Augustus. Politische Fehler seiner englischen Gegner, die Zersplitterung des Angevinenreiches, aber auch die Möglichkeit seine Feudalrechte intensiver auszunutzen, brachten ihm, trotz ungünstiger Ausgangslage, Vorteile ein. Die Ehe mit Isabella von Hennegau brachte ihm die Grafschaft Artois ein. 1186 gewann er Amiens und das Amiénois. Damit fielen große Teile der Picardie, einer wirtschaftlich überaus wichtigen Region, an das Königshaus. Noch vor dem Tod Heinrichs II. erreichte er die Rückgabe eines Teils des Berry und die Anerkennung seiner Souveräntit über die Auvergne. Der neue König Richard Löwenherz leistete Philipp den Lehnseid für Normandie, Maine, Anjou, Touraine, Poitou und Aquitanien. Anfänglich arbeiteten die beiden Könige während des Kreuzzugs eng zusammen, doch kam es zum Bruch. Philipp nutzte die Gefangenschaft Richards, der 1192 bis 1194 im Reich festgehalten wurde, um die wichtige Festung Gisors einzunehmen. Doch Richard durchkreuzte seine Pläne einer Eroberung von Normandie und England. Im Gegenteil entriss Richard dem französischen König die besetzten Gebiete und zwang ihn 1198, das Vexin français abzutreten. Nach Richards Tod leistete ihm Johann Ohneland (John lackland) den Lehenseid, während Philipp im Vertrag von Goulet im Jahr 1200 die Eroberung der englischen Festlandsbesitzungen aufgabe. Dafür musste John 20.000 Mark Sterling zahlen und Évreux, einen Teil des Vexin normand und des Berry abtreten. Zudem leistete er wiederum den Lehnseid. Neuen Streit löste die Tatsache aus, dass Isabella, die Erbtochter von Angouleme, die dem Grafen der Marche, Hugo von Lusignan versprochen war, für den englischen König entschied. Hugo rief nun Philipp zu seinem Oberlehnsherrn aus. Da nun John, wie es seine Pflicht als Lehnsmann gewesen wäre, nicht bei Hof erschien, ließ ihn Philipp absetzen und aller Herrschaften in Frankreich für ledig erklären. Papst Innocenz III. betrachtete John ebenfalls als treulosen homo ligius. 1202 begann der offene Krieg. Innocenz drohte dem englischen König mit Interdikt und Kreuzzug. John unterstellte sich, um Philipp von der Eroberung Englands abzuhalten, dem Papst als Vasall und verband sich mit den Grafen von Flandern. Im Rahmen des gleichzeitigen Streits zwischen Welfen und Staufern unterstützte ihn nun die welfische Seite. Diese Koalition zerbrach in der katastrophalen Schlacht von Bouvines am 27. Juli 1214 zwischen Lille und Tournai. Philipp verdrängte England aus dem Gebiet nördlich der Loire, doch misslang der Plan, seinen Sohn auf den englischen Thron zu bringen. Ludwig IX. der Heilige (1226-1270) konnte 1259 die Angevinen auf die Gascogne und Aquitanien beschränken. Der englische König Heinrich III. musste zudem Ludwig als Lehnsherrn anerkennen, wenn Ludwig auch einige Gebiete dafür abtreten musste. Umgekehrt setzte sich die Vorstellung, der französische König könne niemals Vasall eines anderen Herrn sein, seit Philipp II. endgültig durch. Dennoch waren Frankreich und die Dynastie noch nicht identisch. So nahmen verschiedene Große am Vierten Kreuzzug teil, während der König dies unterließ, andererseits weigerte sich Philipp, persönlich am Albigenserkreuzzug teilzunehmen, den der Papst unterstützte. Trotz eindringlicher Appelle verweigerte der König die Teilnahme.

Ein weiterer nahezu unabhängiger Vasall war der Graf von Toulouse, der neben der Grafschaft Toulouse über das Languedoc herrschte. Zu Beginn des 13. Jahrhunderts unterschied sich der Süden kulturell und mit dem Okzitanischen auch sprachlich deutlich vom Norden. Die Verfolgung der Katharer löste die Albigenserkriege aus (1209-1229). Erste Ziele der mit großer Brutalität vorangetriebenen „Bekehrung“ waren Béziers und Carcassonne. Ursprünglich begonnen durch den Papst, spielten ab 1216 religiöse Fragen dabei nur noch eine untergeordnete Rolle – die Kriegführung lag jedoch erst ab 1226 beim König. Mit dessen Sieg gelang es erstmals, die Krondomäne durch Besetzung des östlichen Teils der Grafschaft bis in den Mittelmeerraum vorzuschieben. Die zur Beseitigung der Ketzerei gegründete Inquisition erhielt dort beinahe uneingeschränkte Macht. In der Region kam es hierauf immer wieder zu Aufständen; 1244 wurde in einem letzten Kriegszug die Festung Montségur erobert. Toulouse und das Languedoc fielen bis 1271 an die Krone.94

1226 gelang es Ludwig VIII. das Reich zu einer Erbmonarchie zu machen. Sein früher Tod löste eine erste Krise des aufstrebenden Königtums aus. Die Königinmutter Blanca von Kastilien wurde als Frau und Landfremde vielfach abgelehnt. Eine Koalition von Großen verband sich, um einen genehmeren Vormund - gedacht wurde vor allem an des Königs Onkel Philippe Hurepel - durchzusetzen, folgt man Joinville, so ging es aber auch um Lehen. Letztlich ging es aber um die Frage der Unterordnung des Königs unter die Macht der Großen. Doch obwohl Heinrich III. diese Fronde unterstützte, konnte sich Blanca mit Hilfe der Städte, allen voran von Paris, und der Kirche durchsetzen. Nach dem Tod Kaiser Friedrichs II. im Jahre 1250 wurde Ludwig IX. zum mächtigsten Herrscher des Abendlands.95 Dass die Niederlage der Adelsfronde vollkommen war, zeigte sich darin, dass Ludwig während seines Kreuzzuges das Land sechs Jahre verlassen konnte, ohne dass es zu weiteren Streitigkeiten kam.

1246 vergab König Ludwig IX. die 1204 von den Plantagenets an die Krone zurückgefallene Grafschaft Anjou an seinen jüngeren Bruder Karl und begründete so das Haus Anjou. Karl I. erwarb 1246 die Grafschaft Provence im römisch-deutschen Reich, 1266–1268 das Königreich Neapel (päpstliches Lehen aus dem staufischen Erbe), 1278-1283 das Fürstentum Achaia im von den Kreuzfahrern gebildeten Lateinischen Kaiserreich.96

Auch die Thronfolge Philipps III (1270–1285) verlief ohne Widerstände. Er schärfte den von seinem Vater eingesetzten Stellvertretern ein, dass ihre Aufgabe der Grenzschutz des gesamten Königreichs sei. Damit wurde erstmals die Verantwortung für das gesamte Königreich auch mit Hinblick auf die Grenzverteidigung formuliert. Sein Nachfolger Philipps IV., der Schöne (1285–1314) stärkte das Königtum weiter durch geschickte Finanzpolitik, die Liquidierung des Templerordens zugunsten der Krone und die Erweiterung der Domaine royal um die Champagne. Der Konflikt mit England verschärfte sich dabei erneut, und es kam 1297–1305 zu einer ersten militärischen Auseinandersetzung mit den traditionell pro-englischen Städten in Flandern, in der der König die Oberhand behielt.97

Der Konflikt mit Papst Bonifaz VIII. um dessen Weltherrschaftsanspruch veranlasste König Philipp, den Papst in Anagni gefangenzusetzen. 1309 besiegelte er die Abhängigkeit der Kurie von Frankreich durch deren erzwungene Übersiedlung nach Avignon.98

Doch die Unzufriedenheit im Reich nahm zu. Kriegsbelastungen, Fiskalpolitik, aber auch Eingriffe in Justiz und Verwaltung brachten die Geistlichkeit, vor allem aber die Bürger der Königsstädte, der bonnes villes gegen Philipps Nachfolger Ludwig X. (1314-16) auf. Der König sah sich genötigt, zahlreichen Provinzen Privilegien einzuräumen, wie die Chartes aux Champenois oder die Charte aux Normands, die bis zur Revolution ihr Gültigkeit behielt. Zudem bahnte sich die Entwicklung zu den drei Etats ab, denn die Könige sahen sich nun gezwungen, in Konsultationen mit den Ständen einzutreten. Ein weiteres Problem der Dynastie, die seit dem 11. Jahrhundert den jeweils ältesten Sohn zum Nachfolger bestimmt hatte, erstand dadurch, dass Ludwig X. keinen Sohn hatte. Daher folgte ihm sein Bruder Philipp V. (1316-22). Die Ansprüche der vierjährigen Johanna schob er beiseite, da sie minderjährig, Mädchen und von zweifelhafter Geburt war. Damit wurden die Ansprüche der Töchter von der Nachfolge ausgeschaltet. Einen ähnlichen Verlauf nahm die Nachfolge, als Phllipp starb. Ihm folgte der letzte Sohn Philipps IV. auf dem Thron. Doch Karls IV. (1322-28) hinterließ wieder keine Söhn. Die Krone fiel an seinen leiblichen Vetter Philipp (VI.) von Valois. Die Kapetinger-Dynastie war 1328 im Mannesstamm mit dem Tod König Karls IV. erloschen. Ihr folgte die Valois-Dynastie, die ebenfalls im Mannesstamm auf Hugo Capet zurückging.

Ihren Ausgangspunkt nahm die besondere Rolle des Königtums in Frankreich von der Kanonisierung König Ludwigs IX., des (seither) Heiligen, im Jahr 1297. Er verkörperte alle Herrschertugenden. So galt er als Feind der Tyrannei, als Recht und Herkommen ergeben und er übte in der Erinnerung gegen jedermann Gerechtigkeit. Die Nachkommen aus seinem Geblüt rückten zunehmend in eine sakarale Sphäre. Dagegen stand die reale Beschränkung der herrscherlichen Gewalt durch die Zersplitterung der Rechte. Bis zum 2. Viertel des 14. Jahrhunderts, vielfach auch länger, blieben die eigentlichen Träger der königlichen Prärogativen die feudalen Amts- und Herrschaftsträger; die Seigneurien, Kastellaneien oder Grafschaften blieben die eigentlichen Bereiche politischer Entscheidungsgewalt. Sie setzten sich dementsprechend gegen Eingriffe königlicher Beamter zur Wehr. Ein Baron galt als Souverän in seiner Baronie, eine Forderung, die etwa 1315 mit den königlichen Forderungen kollidierte. Nur um des Gemeinwohls willen konnte der König in die souveränen Einheiten eingreifen. Erst recht erfasste diese königliche Macht nur schwer die großen Feudalherrschaften. Dort konnte der König weder Untertanen zum Kriegsdienst aufbieten, noch Steuern erheben. Selbst die Zahlung militärischer Subsiden basierte auf Freiwilligkeit. Dennoch gelang es der Monarchie mit Erfolg, diese vergleichsweise autonomen Mächtigen in ihr Herrschaftskalkül einzubeziehen und sie der Krone nutzbar zu machen. Dies galt jedoch nicht für Guyenne und Flandern, die sich zunehmend selbstständig machten. Die Guyenne sah sich zunehmend im Bunde mit England, während sich in Flandern die Eigenständigkeit der Kommunen zunehmend bemerkbar machte.

Zwar gelang es den Königen, die Krondomäne auszuweiten, doch lief dieser Konzentration die Vergabe territorialer Apanagen an die jüngeren Königssöhne zuwider (die Töchter wurden geldförmig mittels Wittum abgefunden). Der Begriff apanage erscheint erstmals in einer Urkunde von 1316. Ludwig VIII. vergab wichtige Territorien wie Poitou, Anjou, Maine oder Artois als Apanagen. Zwischen 1328 und der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde der Umfang der Apanagen begrenzt. Nur zwei Prinzen machten ihre Apanagen zur Grundlage des Widerstands gegen die königliche Herrschaft (Robert von Artois bzw. Philippe Hurepel), so dass dieses Modell der Abfindung durchaus als erfolgreich betrachtet werden kann. Allerdings erforderten nun Eingriffe in die Apanagen seitens des Königs endlose Verhandlungen mit der Verwandtschaft. Zudem führten die Aktivitäten der Ehrgeizigsten unter ihnen, nämlich Karls von Anjou und Karl Valois doch zu massiven Umwälzungen. Der königlichen Steuerpflicht, dem Feuerstättenverzeichnis (États des feux) von 1326 bis 1328 entzogen sich nur noch die Apanagen, die etwa 83.000 der 320.000 km Fläche Frankreichs ausmachten.99

Feudalisierung (Ende 10. bis Mitte 12. Jahrhundert)

Diese Selbstständigkeit rerichte weit zurück. Auf der Ebene unterhalb des Königtums eigneten sich die Inhaber königlicher Ämter und örtliche und regionale Herrschaftsträger, die als potentes bezeichnet wurden, zahlreiche Regalien an. Sie zogen Abgaben ein, forderten Dienste und militärische Unterstützung und übten die Rechtsprechung aus. Militärischer Stützpunkt und zugleich unübersehbares Machtsymbol wurde die Burg, von denen die mächtigeren unter den Großen mehrerre besaßen. Auch über die Kirche erlangten sie Rechte, so dass ein ausgedehntes Eigenkirchenwesen entstand. Gegen die beständige Ausweitung ihrer Macht bediente sich die Kirche ihrer weltlichen Mittel, denn die Bischöfe waren zugleich Feudalherren, aber auch einer Beeinflussung des Wertesystems mittels Gottesfriedensbewegung, neuer Herrscher- und Ritterideale, letztlich auch der Kreuzzugsbewegung. In einigen Regionen beruhte die lokale Herrschaft aber auch auf einem ausgeprägten Regionalbewusstsein der Bewohner. Anjou, Aquitanien, aber auch Normandie, Bretagne und Flandern führten auf diese Art auch kulturell ein Eigenleben. Dementsprechend waren sie, im Gegensatz zu den übrigen Herrschaftsgebieten, praktisch unteilbar.

Les pagis bourguignons au 9esiècle
Die pagi Burgunds im 9. Jahrhundert

Ab dem 12. Jahrhundert, in einigen Gebeiten auch schon früher, erfolgte ein Wiederaufstieg der fürstlichen Gewalt über die Regionalmächte. Andererseits lösten sich die Randgebiete, wie etwa im Falle Burgunds, vom Kerngebiet der Herzöge. Dort machten sich die Grafschaften von Tonnerre (Département Yonne ), Nevers, Mâcon und Chalon-sur-Saône weitgehend selbstständig.

Mitte des 12. Jahrhunderts waren die großen Territorialfürstentümer die Normandie, Anjou, Blois-Champagne und Flandern diejenigen, die die Zentralisierung am frühesten vorantrieben. Hingegen zeigten die Fürstentümer des Südens, wie Aquitanien, Toulouse oder Auvergne hierin eher schwache Ansätze. Das Herzogtum Normandie, durch die Ansiedlung von Normannen Anfang des 10. Jahrhunderts entstanden, betrieb von Anfang an eine höchst selbstständige, zugleich zentralistische Politik. Dies galt sowohl für die weltliche als auch für die kirchlich-monastische Ebene. Die Herzöge bewahrten die Regalien über Forste und Wälder, Münzprägung, Kriegführung und Befestigungsrecht. Sie überwachten die Verwaltung der weltlichen und geistlichen Herren, seit etwa 1020 durch herzogliche vicecomites. Seit dem frühen 11. Jahrhundert erscheint das Herzogtum als ducatus in den Quellen, gelegentlich sogar als regnum. Mit der Eroberung der Grafschaft Maine und vor allem Englands (1063, 1066) erweiterte sich die Machtbasis der Herzöge ungemein, zudem lag der überwiegende Teil ihres Herrschaftsgebiets jenseits des Kanals und damit außerhalb jeden Anspruchs der Kapetinger auf eine irgendwie geartete Oberherrschaft. Die großen geistlichen und weltlichen Herren hatten Grundherrschaften sowohl in Frankreich als auch in England inne. Auch kulturell waren die Beziehungen überaus eng.

Karte Königreich Arelat DE
Das Königreich Arelat im Heiligen Römischen Reich und das Herzogtum Burgund im Königreich Frankreich im 12./13. Jahrhundert

Etwas anders verlief die Entwicklung des Anjou (Angers). Sie machte sich unter den Grafen Fulco (Foulque) Nerra (987-1040) und Godfredus (Geoffroi) Martel (1040-60) weitgehend unabhängig. Mittels Eroberung und Ehepolitik eigneten sie sich Touraine (endgültig 1044), Vendômois und Saintonge an. Infolge von Erbstreitigkeiten nach dem Tod des Godfredus kam es erst Anfang des 12. Jahrhunderts zu einem Wiederaufstieg Anjous, der 1154 in der Übernahme der Königskrone Englands einen ersten Höhepunkt fand. Damit wurden sie Herren über ein Reich, das den gesamten Westen Frankreichs und England mit angrenzenden Gebieten beherrschte („angevinisches Reich“, in Frankreich „Empire Plantagenêt“).

Seit 1025 herrschte eine Grafenfamilie in Blois, Chartres, Meaux und Troyes. Sie verhinderte den Aufstieg der in anderen Gebieten mächtigen Kastellaneien. Die Grafen konnten sich hier, wo sich die Lehensordnung recht früh ausbildete, auf eine Lokalverwaltung unter den Prévôts, auf Autorität über die kirchlichen Institutionen und auf eine etablierte Herrschergewalt (ditio) sützen. Unter Thibaud II. (1102/25-1152) profitierten die Grafen vor allem von den Champagnemessen, denen sie eine umfangreiche Infrastruktur, Privilegien und Schutz boten.

Flanderns Grafen machten sich ab etwa 1030/40 wiederum die flämischen Burggrafschaften bei ihrem regionalen Machtausbau zunutze. Darüber hinaus spielte eine zentrale Verwaltung, insbesondere das Notariatswesen und die Finanzadministration wesentliche Rollen, die Burggrafschaften wandelten sich von überwiegend militärischen zu Verwaltungszentren. Die Grafschaft profitierte ähnlich wie Blois-Champagne von der starken Entwicklung des internationalen Handels im Dreieck zwischen englischen, deutschen und französischen, später auch italienischen Städten. Diese Eigenentwicklung fand unter Dietrich (1128-68) und seinem Nachfolgern Philipp v. Elsaß (1168-91) einen ersten Höhepunkt.

Hundertjähriger Krieg, Zentralisierung der Königsmacht, Schisma (1328-1496)

Nach dem Tod des letzten Kapetingers wurde 1328 nach salischem Erbfolgerecht (männliche Thronfolge) Philipp von Valois, Graf von Anjou, der Cousin des verstorbenen Königs zu seinem Nachfolger gewählt. Er begründete die Valois-Dynastie, wenn auch gegen anfängliche Widerstände.

Erbansprüche Englands, Burgund, Hundertjähriger Krieg

Thronansprüche erhob aber ebenfalls Eduard III. Plantagenet, König von England und Herzog von Aquitanien. Eduard war Neffe Karls IV. in weiblicher Linie. Vor diesem Hintergrund kam es 1339 bis 1453 zum Hundertjährigen Krieg. Edward nahm die Erbfolgeregelung zunächst unter Protest an und leistete 1331 sogar den ligischen Lehnseid. Doch ab 1337, verstärkt ab 1340 forderte der Engländer sein Nachfolgerecht und betrachtete Philipp VI. von Valois als Usurpator. Ob er zunächst damit nur Druck aufbauen wollte, um die Herrschaft über Guyenne zu vertiefen und territorial auszuweiten, ist unklar. England erzielte große Anfangserfolge und eroberte bis 1360 neben Calais den gesamten Nordwesten Frankreichs.

Philipp VI. sah sich gezwungen hohe Steuern zu erheben, um dem Plantagenet militärisch Widerstand leisten zu können. Doch die Niederlagen bei Sluys (1340) und Crécy (1346) schwächten seine Position. Auch unterlag sein Protégé im Kampf um die Nachfolge in der Normandie gegen den Protégé seines Gegners. Mit Calais schufen sich die Plantagenet 1347 einen Brückenkopf. Es kam in Frankreich zu schweren inneren Konflikten – das Land hatte zusätzlich zu der Pestepidemie von 1348 unter den Kriegsfolgen und dem Bürgerkrieg der Armagnacs und Bourguignons zu leiden. Ab 1369 konnte Frankreich den Gegner im Kleinkrieg abnutzen und bis 1380 auf wenige Stützpunkte (Calais, Cherbourg, Brest, Bordeaux, Bayonne) zurückdrängen.

König Johann II. der Gute (1350-1364) sah sich bald in einen Zweifrontenkrieg gegen England und gegen Navarra verwickelt, das von seinem Schwiegersohn Karl II. dem Bösen geführt wurde. Vor allem der Adel der Normandie, aber auch Teile des Klerus und einige königliche Städte gingen zu dem Navarresen über. Ständeversammlungen forderten 1355 eine Reform des Königtums, eine Forderung die bald immer lauter wurde. Johann II. belehnte seine jüngeren Söhne mit den Territorien Anjou, Berry und Burgund. Diese Nebenlinien der Valois hatten bis 1477 erheblichen Einfluss im Königreich. Insbesondere das Haus Burgund konnte während dieser Zeit einen umfangreichen Besitz anhäufen. Einen ersten Schritt dazu unternahm Philipp der Kühne, Herzog von Burgund (1363–1404), als es 1378 zu einer Auflehnung der flandrischen Städte gegen die hohe Steuerlast kam. Philipp von Burgund konnte diesen Aufstand niederschlagen und erhielt mit der Hand der Gräfin Margarete von Mâle 1384 Flandern, mit dem Artois, Hennegau und der Franche-Comté. Philipp und sein Neffe Ludwig von Orléans (1392–1407) nahmen weiterhin die Regentschaft für den geisteskranken König Karl VI. (1380–1422) wahr, waren aber untereinander in Machtkämpfe verstrickt.

Nach der Niederschlagung des Aufstandes des Étienne Marcel 1358 zieht Prinz Karl in Paris ein, Miniatur von Jean Fouquet, Grandes Chroniques de France, 15. Jahrhundert)

1356 geriet Johann II. in die Gefangenschaft des englischen Feldherrn, Edward, genannt Der Schwarze Prinz. Die Regentschaft wurde Karl (V.), Herzog der Normandie übertragen. Die drei Stände verlangten eine stärkere Kontrolle der königlichen Macht, so dass sich eine ähnliche Entwicklung wie in England anzubahnen schien. 1358 kam es zu einem großen Bauernaufstand, der Jacquerie. In Paris stellte sich Étienne Marcel an die Spitze der Bewegung, die vor allem nördlich und westlich der Hauptstadt ihren Ausgang genommen hatte. Doch die Gefolgsleute Karls von Navarra unterdrückten die Aufstandsbewegung, am 31. Juli 1358 wurde Étienne Marcel ermordet. Karl wurde zum Garanten der alten Gesellschaftsordnung und des Widerstands gegen die englischen Ansprüche. Doch eine neue Offensive führte in den Jahren 1359 und 1360 nicht zum Erfolg. Im Frieden von Brétigny-Calais wurde König Johann gegen hohes Lösegeld nach vierjähriger Gefangenschaft freigekauft. Gravierender war, dass das Königreich ein Drittel seiner Gebiete verlor. Dafür verzichtete der englische König auf den Thronanspruch in Frankreich. Johann akzeptierte dies mit so großer Sicherheit, dass er Kreuzzugsvorbereitungen traf.

Sein Sohn und Nachfolger Karl V. (1364-80) akzeptierte die Lösung von 1360 keineswegs. Er initiierte einen Propagandafeldzug, in dem ihn auch der Papst, der eine Vereinigung der beiden Mächte fürchtete, unterstützte. Es begann ein zäher Kleinkrieg, möglichst unter Vermeidung offener Feldschlachten. Die Unveräußerlichkeit französischer Gebiete wurde zum Bestandteil feierlicher Eide bei der Königsweihe. Selbst wenn sich eine Lehnsvergabe nicht vermeiden ließ, so geschah dies immer unter der Bedingung, dass der königlicher honor, die Beibehaltung von Lehns- und Gerichtshoheit sowie Souveränität gewahrt blieben.

Darstellung der Schlacht von Cocherel, Guillaume Fillastre, Toison d'or (Goldenes Vlies, danach auch Bezeichnung für den Orden vom Goldenen Vlies), 15. Jahrhundert

1364 gelang mit der Schlacht bei Cocherel ein entscheidender Sieg über Navarra. Doch 1365 siegte der pro-englische Prätendent Johann IV. von Montfort bei Auray. Infolge dieser Niederlage musste Karl ihn als Herzog der Bretagne anerkennen. Andererseits siegte in Kastilien 1369 die pro-französische Partei unter Heinrich (IV.) von Trastámara. Dies sicherte Frankreich die Flottenhilfe Kastiliens. Zwar nur auf der Ebene des Fürstentums konnte Karl Burgund gewinnen, als Philipp der Kühne die Erbtochter Margarete von Flandern heiratete. Damit entzog er, allerdings zu einem hohen Preis, die flandrischen Städte, die zu England geneigt hatten, seinem Gegner. Auch in Aquitanien gewann Karl Verbündete, die nicht länger bereit waren, die hohen Abgaben an den Schwarzen Prinzen zu leisten. Der Krieg führte zunächst zu keinen Ergebnissen, 1375 bis 1377 verhandelte man vergebens miteinander. Ein Versuch Karls, die Bretagne 1379 zu erobern, schlug fehl. 1378 erkannte er den Gegenpapst Clemens VII. gegen Urban VI. an. Damit spaltete sich die Kirche im Großen Abendländischen Schisma. Um einen hohen Preis gelang Karl die Zurückdrängung der Engländer auf fünf Stützpunkte, nämlich Calais, Cherbourg, Brest, Bordeaux und Bayonne.

Als der minderjährige Karl VI. (1368–1422) den Thron bestieg, geschah dies unter Regentschaft seiner Onkel Ludwig von Anjou, Johann von Berry und Philipps von Burgund (Regierung der Herzöge von 1380 bis 1388).101 Ludwig schied bald wegen seiner auf Sizilien gerichteten Politik aus. 1382 wurde das Fiskalsystem im Zuge von Aufständen zerschlagen, wie etwa der Maillotins in Paris. Am 1. März 1382 rebellierten die Hauptstadt und verschiedene andere Städte.102 1379 hatten die Städte des Languedoc rebelliert. Als die Generalstände im Februar 1381 die Wiedereinführung der Fouages beschlossen, rebellierten die Städte des Languedoc erneut. Am 24. Februar 1382 erhoben sich die Einwohner von Rouen, nachdem eine Aide, die ursprünglich zum Freikauf des Königs eingerichtet worden war, und die Salzsteuer erhöht worden waren. 1382 erhoben sich zudem die Flamen gegen den König von Frankreich und ihren Grafen. In der Schlacht von West-Rozebeke konnte das Königtum seine Macht wiederherstellen. 1384 folgte Philipp von Burgund seinem Schwiegervater in Flandern nach. 1386 war die Überlegenheit Frankreichs so ausgeprägt, dass man von Sluis aus eine Invasion Englands plante. Sie wurde jedoch im letzten Moment abgeblasen.

1388 trat Karl VI., nun volljährig, seine persönliche Herrschaft an. Der königliche Erzieher Philippe de Mézières hoffte auf ein gemeinsam mit dem englischen König durchzuführendes Kreuzzugsunternehmen gegen die Türken. Zwar kam es zu keinem Friedensschluss zwischen Paris und London, doch wurden ab 1389 längere Waffenstillstände vereinbart. 1396 heiratete Richard eine Tochter Karls. Doch seit 1392 waren Anzeichen des „Wahnsinns“ bei Karl aufgetreten, die seine Herrschaftsfähigkeit ruinierten. Seine Untätigkeit führte zu Machtkämpfen innerhalb der Familie. Dabei standen Ludwig von Orléans, der Bruder des Königs, und Philipp von Burgund, sein Onkel im Mittelpunkt. In Philipps Rolle trat 1404 sein Sohn und Nachfolger Johann Ohnefurcht ein. Uneinigkeit bestand zwischen Ludwig und Philipp mit Blick auf die Beendigung des Schismas, die Regierungsform, die für Frankreich zu erreichen war, aber auch bei den Beziehungen zu England. Währenddessen verselbstständigten sich die Fürstentümer, vor allem das Herzogtum Burgund, das geradezu zu einem Mittelreich zwischen Frankreich und dem römisch-deutschen Reich wurde.

Als 1407 Ludwig auf Anstiftung Johanns ermordet wurde, kam es zum offenen Krieg. Soziale Unruhegebiete (Simon Caboche) und ein Versuch einer umfassenden staatlichen Reform (Ordonnance cabochienne von 1413) wurden von Burgund toleriert, wenn nicht gefördert. Doch die Orléanisten, bekannt als Armagnacen - Bernhard von Armagnac, Schwiegervater Karls von Orléans, spielte eine entscheidende Rolle -, vertrieben die Burgunder ab 1411 aus Paris.

Karl VII., Porträt von Jean Fouquet, um 1445/50

Es kam zur Staatskrise, als 1415 England mit der Schlacht von Azincourt erneut den Krieg fortsetzte. Ab 1417 eroberte der englische König Heinrich V. planmäßig die Normandie. Herzog Philipp der Gute von Burgund (1419-1467) stellte sich auf die Seite Englands, nachdem 1419 Anhänger des Dauphins Karl (VII.) seinen Vater bei einem Treffen mit den Armagnacs in Montereau in dessen Gegenwart und unter seiner Duldung ermordet hatten. England und Burgund besetzten schnell den Norden Frankreichs sowie Aquitanien und die Île-de-France mit Paris. Im Vorvertrag von Troyes wurde 1420 geregelt, dass Heinrich V. durch Ehe mit einer Tochter des französischen Königs zur Thronfolge in Frankreich gelangen sollte. Rechte, Identität und Integrität Frankreichs sollten dabei bewahrt werden. Diese Personalunion sollte von den Ständen in Frankreich und vom Parlament in England approbiert werden.

Dagegen stellte sich der Dauphin Karl (VII.), der sich selbst zum Regenten ausrufen ließ. Die Mehrheit der Franzosen dürfte hinter ihm gestanden haben. Er schuf als Gegengewicht zu Paris, das seine Gegner dominierten, Hof und Verwaltung in Bourges und Poitiers. 1422 starb der englische König, wenig später der französische. Nun standen sich zwei junge Könige gegenüber, der erst zweijährige Heinrich VI., vertreten durch den Statthalter John of Bedford, und Karl VII. (1422-61).

Der Siegeszug der Jeanne d'Arc (auch bekannt als 'Jungfrau von Orléans') zerstörte die Hoffnungen der Engländer und Burgunder auf einen schnellen Sieg. Sie konnte einen nationalen Widerstand entfachen, zwang 1429 England zur Aufhebung der Belagerung von Orléans und führte Karl VII. zur Salbung in die Kathedrale von Reims. Doch wurde sie von den Burgundern gefangen genommen, an die Engländer verkauft und am 30. Mai 1431 auf dem Scheiterhaufen verbrannt. In Frankreich gilt sie seither als Nationalheldin. Von der Katholischen Kirche wurde sie 1920 heiliggesprochen. 1435 versöhnte sich der König mit Burgund, wobei Philipp von der Lehnshuldigung für seine Territorien entbunden wurde. 1436 wurde Paris und 1449 bis 1450 schließlich die Normandie zurückerobert, 1451-53 folgte die Guyenne. Nach den Schlachten von Formigny (1450) und Castillon (1453) endete der Krieg, den Engländern verblieben nur noch wenige Stützpunkte.

Frankreich im Jahr 1477

In der Zwischenzeit konnten die Burgunder weiter ihren Herrschaftsbereich ausbauen. Der König konnte 1435 deren Abwendung von England nur durch die Entlassung Burgunds aus der französischen Lehnsabhängigkeit erkaufen. Als jedoch 1461 nach Beilegung des Hundertjährigen Krieges Ludwig XI. den französischen Thron bestieg, änderte sich die politische Lage. Der Konflikt wurde durch die aggressive Politik Herzog Karls des Kühnen (1467-1477) verschärft, der Burgund zum unabhängigen Königreich machen wollte. Er traf eine entsprechende Vereinbarung mit Habsburger Kaiser Friedrich III., der aber im Gegenzug die Hand der burgundischen Erbin Maria für seinen Sohn Maximilian forderte. Dem stimmte Karl zu, konnte jedoch die Früchte seiner Politik nicht mehr ernten, da er 1477 in der Schlacht bei Nancy starb.

Mit dem Erbfall erhob nun Habsburg Ansprüche auf französisches Territorium. Es kam zum Krieg; 1493 fielen die Grafschaft Flandern und das Artois mit dem Vertrag von Senlis an Habsburg und wurden in das römisch-Deutsche Reich eingegliedert. Bei Frankreich verblieben die übrigen französischen Territorien aus dem burgundischen Erbe (Burgund, Nevers, Picardie).

Zentralstaatliche Entwicklungen: Beamtentum, Finanzbürokratie, Militär

Die Monarchie schuf sich mit ihren Notaren und Sekretären eine geschulte Beamtengruppe sogenannter officiers, die zentrale Aufgaben bei Hof versah. Die Officiers hatten, sieht man von der Finanzverwaltung ab, die oftmals von Kaufleuten geführt wurde, eine juristische Ausbildung. Sie wurden durch Patente (lettres de retenue) ernannt und vom König bezahlt, dem sie einen Treueid schworen. Die Erhebung von Steuern und ihre Verwaltung erfolgte hingegen von commissaires. Den Officiers standen gelegentlich Sonderbeauftragte (lieutenants oder commissaires) zur Seite. Ständiges diplomatisches Personal gab es noch nicht. Zu den stattdessen auftretenden unregelmäßigen Gesandtschaften gehörte üblicherweise ein Fürst und ein Kleriker, dazu kamen königliche Räte (conseillers) und Sekretäre. Die Schriftsprachen waren Latein und Französisch, das zugrundeliegende Studium erfolgte üblicherweise in Paris (kanonisches Recht), sowie in Orléans, Montpellier und Toulouse (römisches Recht). Von dort brachten die Beamten spezifische Vorstellungen von Souveränität und der Rolle des Staates mit.

Im Laufe des 14. Jahrhunderts bildete die Beamtenschaft einen Herd des Humanismus. Zwischen 1370 und 1420 wurde der Beamtennachwuchs durch Wahl bestimmt. Es bestand eine Art Beamtenmilieu. Am Ende des 15. Jahrhunderts setzte sich die resignatio in favorem zu Lasten des Wahlprinzips durch. Dabei trat der Amtsinhaber zugunsten eines Nachfolgers zurück, der in der Lage war, den übernommenen Posten sogleich vollwertig auszufüllen. Andererseits bereitete sich damit ein Trend zur Erblichkeit und Käuflichkeit der Ämter vor. Der Ämterhandel, den die königlichen Sekretäre betrieben, wurde weitgehend geduldet, jedoch nicht im Gerichtswesen.

Die geringen Beamtengehälter wurden im 14. Jahrhundert festgesetzt und blieben bis um 1450 stabil. Erst Ende des 15. Jahrhunderts stiegen sie deutlich an. Die Beamten erhielten jedoch königliche Schenkungen und épices genannte Geschenke der jeweiligen Parteien, was der Bestechlichkeit Vorschub leistete. Ab der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts wurden die Beamten von Steuerzahlungen befreit.

Eine regelrechte Gruppe des staatlichen Beamtentums konstituierte sich um 1380. Nach 1436 - bis dahin waren die Gruppen vor allem auf Armagnaken und Burgunder verteilt - entstand eine geschlossene Gruppe, die allen Gruppen der Notabeln entstammte und deren Mitglieder vielfach miteinander verwandt waren. Auch der Adel spielte eine bedeutende Rolle, ebenso wie der Klerus. Im Parlement stellten sie die Hälfte der Mitglieder. Zwischen 1345 und 1483 waren 8 % der Neugeadelten im Beamtendienst. Auf mittlere Sicht bildeten Adlige von Geburt und Neugeadelte einen neuen, auf dem Staatsdienst beruhenden Adel aus.103

Die Quellen zur Finanzbürokratie bis zum Jahr 1737 wurden durch einen Brand in diesem Jahr großenteils vernichtet. Die älteste Rechnung aus der Domänenverwaltung stammt erst aus dem Jahr 1202/03. Verwaltung und Kontrolle führte die Chambre des Comptes. Bis 1295 wurden die Ausgaben des Königs aus den Einnahmen der Demanialgüter gedeckt. Doch in diesem Jahr wurden erstmals direkte Steuern eingeführt, die Cinquantième und die Centième. Als Begründung diente den Legisten die Souveränität des Königs und die Notwendigkeit (necessitas). Doch eine permanente Besteuerung wurde erst im Hundertjährigen Krieg durchgesetzt. Zu diesen regelmäßigen Steuern ab 1350 zählten aide, gabelle (auf Salz, diese Abgabe zog der grenetier ein), traite (Warenhandel) und fouage (Herdsteuer). Die Alternative wären die sonst üblichen Münzverschlechterungen gewesen, so dass sich die États mit der Steuererhebung einverstanden erklärten und die königlichen Einnahmen ordneten. Karl IV. berief die Stände einfach nicht mehr ein, so dass die Befristung ebenfalls keine Beachtung mehr fand. Immerhin wurden königliche und Staatsausgaben unter ihm getrennt. Auch schuf er mit der épargne eine Notfallreserve. Auf dem Totenbett schaffte er die fouage wieder ab. Ab dem 15. Jahrhundert wurde mit der taille eine Kopfsteuer erhoben. Sie wurde zur wichtigsten Einnahmequelle. Gegen Ende der Regierungszeit Ludwigs XI. also gegen 1480 war sie auf insgesamt 4.400.000 Livres angewachsen. Die Generalstände von 1484 versuchten sie auf 1,2 Millionen Livres zu begrenzen, wenn auch ohne dauerhaften Erfolg. Dabei legten die Provinzen selbst fest, ob sie sich zu den pays d'états oder den pays d'élection rechneten, ob sie also der königlichen Festlegung der Steuerhöhe zu folgen hatten, oder diese selbst bestimmten. In den ersteren zogen königliche élus die Steuern ein, in letzteren Beauftragte der jeweiligen Stände.

In Paris saßen dabei zwei Chambres, die Chambre aux deniers, die Kasse der Hofhaltung, und die Chambre du trésors, wo sich die flüssigen Mittel befanden, die Chambre des aides - von dieser wurden später zwei weitere in Toulouse und Rouen eingerichtet, die Tolosaner wurde später nach Montpellier verlegt -, schließlich die Chambre des comptes, eine Art Finanzgerichtshof. Finanzpolitisch war Frankreich in vier généralités eingeteilt, denen je ein général des finances vorstand. Neben den Einzieher der Salzsteuer waren die Posten für den Zoll begehrt. Die daraus entstehende Konkurrenz sorgte dafür, dass durch entsprechende Auswahlkriterien die Qualität der Amtsführung verbessert werden konnte. Um 1450 verfügte Frankreich wohl über das höchstentwickelte Fiskalsystem Europas.

Auf dieser Grundlage entwickelte Frankreich ein aufwändiges Militärwesen. Dieses wurde in den Jahre 1445-1449 reformiert, nachdem es seine Durchschlagkraft bereits gegen feudale Aufstandsbewegungen wie 1440-41 gegen die Praguerie erwiesen hatte. Da ab 1439 die Stände fast drei Jahrzehnte nicht mehr einberufen wurden, war die direkte Besteuerung gesichert und damit ein stehendes Heer. Insgesamt war der König berechtigt, jede Entscheidung zu treffen, doch in der Realität bestand ein Flechtwerk aus persönlichen Beziehungen, Rücksichtnahmen und Konsultationspflichten, dazu eine Trägheit der internen Prozesse, die dem König den Weg zum Absolutismus versperrten, auch wenn es keine verbindlichen Regeln zum Kommunikationsprozess des Monarchen mit seinen rechtlich vielfach geschichteten und verflochtenen Untertanen gab. Einflussnahmen und individuelle Verhandlungen spielten eine dementsprechend große Rolle. Erst gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurde der König zum Kaiser in seinem Königreich. Dementsprechend wandelten sich die Titel. Karl VII. wurde mit „Majesté impériale“ tituliert oder mit „Sa majesté“.

Gewinn Burgunds (1477) und der Bretagne (1491), Italienfeldzug Karls VIII. (1494)

Machtbereich Burgunds unter Karl dem Kühnen

Während sich also Burgund und die Bretagne zunehmend verselbstständigten, entstand auch eine ideologische Diskrepanz. Karl VII. enthielt sich der Kreuzzüge, die hingegen der Herzog von Burgund förderte. Die staatskirchlichen Ideen - Pragmatische Sanktion von 1438 - führten zu einer gewissen Reserviertheit des Papstes. Die Ostexpansion war von geringer Kraft, sieht man vom Zug gegen Metz (1444-45) ab, weil diese Grenze weitgehend von Burgund gebildet wurde.

Ludwig dachte zentralistisch und absolutistisch. Dazu versuchte er eine weitgehende Vereinheitlichung des Reiches nach der Devise „ein Gott, ein König, ein Gesetz, ein Glaube“ durchzusetzen. Mit seiner gefürchteten Menschenverachtung, seinem Zynismus und seiner Härte machte er sich jedoch viele Feinde. 1465 fanden sie sich in der Ligue du bien public zusammen, die den König zugunsten seines Bruders Charles absetzen wollte. Dahinter stand Karl der Kühne. Die Schlacht von Montlhery ging jedoch unentschieden aus, ebenso wie die Belagerung von Paris durch die Legisten. In einem Kompromiss erhielt Charles de France, Ludwigs Bruder, die Normandie, die Bretagne ging an Franz II., Flandern an Philipp den Guten. Ludwig gelang es, die Front seiner Gegner aufzuweichen. Charles tauschte seine Apanage gegen die Guyenne. Als 1467 Philipp der Gute starb, stand die offene Konfrontation mit Burgund unmittelbar bevor. Weder England noch die Bretagne waren bereit, Ludwig von Westen her in die Zange zu nehmen. So stand der Burgunder in den Jahren 1470 bis 1475 immer wieder im Streit mit Paris, doch kam es zu keiner entscheidenden Schlacht. Auch scheiterte der Versuch Karls, der ein unabhängiges Königreich anstrebte, König des römisch-deutschen Reiches zu werden (1473). Eine englische Invasion konnte Ludwig im Vertrag von Picquigny mittels Geldzahlungen stoppen; es folgte ein neunjähriger Waffenstillstand mit Burgund.

Als Karl vor Nancy 1477 starb, versuchte Ludwig sich möglichst große Stücke des Burgunderreichs anzueignen. Dabei einigte er sich mit den Habsburgern über eine Aufteilung des Reiches. Frankreich erhielt das Herzogtum Burgund und die Sommestädte, Margarete, die Tochter des Habsburgers Maximilian, sollte den Thronfolger Karl (VIII.) heiraten. Sie brachte erhebliche Gebiete mit. Im Süden erklärte Ludwig die Grafschaften Roussillon und Cerdagne für annektiert. Nach 1480 wurden Gebiete wie die Grafschaft Maine zur Krondomäne erklärt, sondern auch die Grafschaft Provence, die zum Reich gehörte, kurzerhand zugeschlagen.

Nach Ludwigs Tod 1483 führten Schwester und Schwager des minderjährigen Königs Karl VIII. die Regentschaft. In den nach langer Zeit wieder einberufenen États généraux setzte eine Gruppe unter Führung von Herzog Ludwig von Orléans (später Ludwig XII.) Reformen zugunsten von Kirche und Adel, aber auch des Gemeinen Mannes (commun) durch. Außerdem sollten die Stände alle zwei Jahre tagen, der königliche Rat die Gruppen im Reich stärker repräsentieren.

Eine schwächere Neuauflage des Guerre du Bien public, der Guerre folle, lieferte dem König den Vorwand, die Bretagne zu besetzen, wozu ihm der Sieg in der Schlacht St-Aubin-du-Cormier verhalft, dem der Vertrag von Verger 1488 folgte. 1491 heiratete Karl kurzerhand die Erbtochter Anna, womit die Bretagne an Frankreich kam. Karl, ab 1492 volljährig, interessierte aber vor allem der Italienzug, dem er 1494 unter aufwändigen Vorbereitungen den Weg ebnete. Ihm gelang zwar die Eroberung von Neapel und 1495 besiegte er bei Fornovo die venezianische Liga, doch 1496 war Italien schon wieder verloren.

Kirchenpolitik, Avignonesisches Papsttum, Schisma, Gallikanismus

Im 13. Jahrhundert existierten in Frankreich 77 Bistümer und 9 Erzbistümer. In den meisten Fällen war der Status als Erzbistum unstrittig, wie in Reims, Sens, Tours, Bordeaux, Narbonne, Auch, Bourges oder Lyon. Dol in der Bretagne beanspruchte seit dem 9. Jahrhundert den Rang einer Erzdiözese, jedoch wurde es von Tours nicht anerkannt und 1199 als Erzbistum endgültig aufgehoben. 1297 gründetet der Papst die Erzdiözese Pamiers durch Ausgliederung aus dem Bistum Toulouse. Dieses wiederum wurde 1317 zum Erzbistum erhoben. Bei dieser Gelegenheit entstanden 16 neue Bistümer in Bourges, Narbonne, Bordeaux und Toulouse. Die territorialen Gewinne an der Ostgrenze brachten weitere Bistümer in den Bereich französischer Erzbistümer. Dabei beanspruchte Lyon den Primat über Rouen, Tours und Sens. Da aber Lyon lange zum Römisch-deutschen Reich gehörte, unterstützten die französischen Könige den Anspruch von Sens auf den Primat über ganz Gallien. Bourges wiederum beanspruchte den Primat über Aquitanien. Auch hier unterstützte der französische König diesen Anspruch, da Bordeaux seit 1152/54 den Plantagenet unterstand. Andererseits reichte das Bistum Narbonne bis in das iberische Aragón hinein.

Seit dem 10. Jahrhundert wählte das Kathedralkapitel die Bischöfe häufig aus den Archidiakonen des Sprengels. Der König erteilte die licentia eligendi und bestätigte die Wahl. Seit dem Konzil von Clermont (1095) verzichtete er allerdings auf das Homagium und gab sich mit dem Treueid zufrieden. Mit der Okkupation erheblicher Teile des Landes durch England wurde die Situation komplizierter, da auch dieser in seinen Gebieten Bischöfe einsetzte. Hinzu kamen päpstliche Exspektanzen, so dass unter Benedikt XII. (1334-42) nur 9 der 58 Bischofswahlen frei waren.

Die Könige schränkten die Rechte des Episkopats vielfach ein, wenn sie auch in der Sanction Pragmatique von 1438 nominell wiederhergestellt wurden. Der Erzbischof, der ursprünglich ein Prüfungsrecht für die Wahlen hatte, der seine Suffragane visitierte und disziplinierte, berief und leitete Provinzsynoden und war Berufungsinstanz gegen bischöfliche Entscheidungen. Doch seit dem 14. Jahrhundert wurde meist an den Papst, seit dem 15. Jahrhundert an die königlichen Gerichte appelliert. Neben den kirchlichen Rechten besaßen die Bischöfe, da sie Herren über Land und Leute waren, auch weltliche. So besaßen viele von ihnen, wenn auch jeweils in verschiedener Zusammensetzung, Rechte wie das Münzrecht, ebenso wie Gericht, militärisches Aufgebot, Abgaben, mitunter Lehnshoheit über Grafschaften

Archidiakone und Dompropste unterstützten bis zum Ende des 13. Jahrhunderts die Bischöfe in Verwaltungsangelegenheiten. Danach übernahmen diese Tätigkeiten ein Offizial für die Gerichtsbarkeit und Generalvikar und Weihbischof teilten sich die übrigen Geschäfte.

Seit 1095 war die Collation der Benefizien grundsätzlich Sache der Bischöfe, doch bei Kanonikaten musste das Wahlrecht der Kapitel, beachtet werden, bei Präbenden und Pfarreien besaßen die Patrone ein Präsentationsrecht.

Die Klöster standen seit dem 12. Jahrhundert außerhalb der bischöflichen Rechtsprechung. Doch durch herrschaftliche Ansprüche auf Genehmigung und Bestätigung der Abtswahlen waren auch sie an die übrigen Gewalten gebunden. Seit Cluny setzte sich die enge Verbindung des Reformmönchtums mit dem Adel durch. Zisterzienser und Prämonstratenser setzten diese Reformtätigkeit fort. Andere Reformbemühungen wurden durch die Bettelorden, wie den 1215 in Toulouse gegründeten Orden der Dominikaner, integriert. Die Dominikaner erhielten bei der Durchsetzung der königlichen Gewalt gegen die Albigenser eine zentrale Rolle; zudem übernahmen sie die wichtigste Rolle im Rahmen der Inquisition.

Ab dem Ende des 13. Jahrhunderts nahm die Anhäufung von Pfründen und die Zahl der nicht am Ort residierenden Kanoniker stark zu. Die im 12. und 13. Jahrhundert ausgebildete Pfarrorganisation bestand bis ins 18. Jahrhundert.

Dabei dominierte der König zunehmend die Kirche, zumal er als rex christianissmus in der staatlichen Propaganda auftrat. Dieses Beharren auf königlichen Vorrechten erleichterte im Hoch- und Spätmittelalter die Durchsetzung gegenüber Partikulargewalten und gegenüber dem Papst. Bereits seit dem Ende des 10. Jahrhunderts beanspruchte der Erzbischof von Reims das alleinige Krönungsrecht, das er 1054 erhielt und das 1089 vom Papst bestätigt wurde. Schon Hinkmar von Reims nutzte die Legende von der Taube, die zur Taufe Chlodwigs himmlisches gebracht haben sollte, 1131 wurde seine Verwendung bei einer Salbung behauptet. Doch erst 1223 übernahm der Hof diese Idee. Auch wurde St-Denis, die Grablege der merowingischen Könige seit Dagobert I., die zugleich Zentrum einer wirkungsvollen Reichshistoriographie wurde, 1107 Schauplatz des Bundes zwischen dem Königtum und Papst Paschalis II.. 1124 wurde sie mit ihrer karolingischen Tradition bewusst zum Ausgangspunkt des Kampfes gegen Heinrich V. Philipp II. strebte erstmals eine unbeschränkte königliche Schutzgewalt (garde) über die Kirche an, die nicht von fürstlichen Gewalten eingeschränkt war, wie dies ansonsten geläufig war. Die Könige beanspruchten ein Regalienrecht, auf deren Ausübung sie vielfach gegen hohe Summen verzichteten. Philipp IV. verteidigte diese Rechte energisch auch gegen den Papst. Im 14. Jahrhundert beanspruchte nur noch der Herzog der Bretagne ein Regalienrecht gegenüber der Kirche. Hingegen wurde das Spolienrecht im Laufe des 13. Jahrhunderts aufgegeben, wobei päpstliche Ansprüche darauf ab 1385 abgewehrt wurden. Die weltlichen Rechte konnten die Könige den Bischöfen durch Teilungsverträge (pariages) nach und nach entwinden.

Die Päpste vergaben seit der Mitte des 13. Jahrhunderts immer mehr Exspektanzen, so dass die Rechte des Königs und die anderer provisionsberechtigter Instanzen geschwächt wurden, während die päpstlichen Einnahmen (Annaten) sich stark vermehrten, mit denen die neuen Amtsträger ihre Einnahmen aus den ersten sechs bis zwölf Monaten abliefern mussten. Ludwig IX. wandte sich erstmals 1247 gegen diesen Abfluss französischen Geldes und Edelmetalls nach Italien. Philipp IV. belegte den französischen Klerus 1294 mit einer Sondersteuer, gegen die sich Bonifaz VIII. ab 1296 in mehreren Bullen wandte. Der Legist Wilhelm von Nogaret vertrat die Ansprüche des Königs auf Unterwerfung aller nichtmonarchischen Gewalt innerhalb seines Reiches. Er klagte den Papst wegen Simonie an und verlangte eine Verurteilung durch ein Konzil. Noch bevor Bonifaz mit dem Interdikt reagieren konnte, ließ ihn der Legist in Anagni gefangensetzen. Philipp IV. nutzte die Stärkung der konziliaren Bewegung dazu, die Ansprüche des Papstes massiv zu beschränken. Wilhelm von Nogaret behauptete, sämtliche französischen Kirchen seien als königliche Gründungen zu betrachten, daher würden ihm auch alle Schutz- und Herrschaftsrechte zustehen. Mit der Zerschlagung des Templerordens (1307-1312/14) raubte das Königtum nicht nur erheblichen Besitz sondern stärkte das Königtum auch nach innen und außen, indem es eine eigenständig agierende Macht beseitigte. Mit der Übersiedlung des Papstes nach Avignon (1309) geriet die Kirche insgesamt unter starken französischen Einfluss. Dabei wurde der päpstliche Fiskalismus gegen den Widerstand der Bettelorden immer weiter ausgebaut, französisches Personal dominierte die Kirchenorganisation. Erst mit dem Abendländischen Schisma verwandelten sich die fiskalischen Vorteile für den französischen König in enorme Kosten, denn das Avignoneser Papsttum konnte den Bereich seiner Obödienz kaum über Frankreich ausdehnen. Dennoch konnte sich der König an den Einnahmen des Heiligen Stuhls beteiligen, um seine Kriege zu finanzieren. Das Parlament wachte allerdings über die extensiven königlichen Rechte auf Collation von Benefizien pleno iure, also ohne Beteiligung kirchlicher Instanzen. Guillaume Mollat sprach in diesem Zusammenhang gar von einem „gallicanisme parlementaire“.104 1395 wurden alle Prozesse um Patronatsangelegenheiten zur Kronangelegenheit erklärt. Dabei spielte die Gottunmittelbarkeit des Königs auf der Grundlage der Salbung eine argumentativ wichtige Rolle.

1378 erklärten die französischen Bischöfe die Erhebung des Erzbischofs von Bari als Papst Urban VI. für ungültig und wählten Kardinal Robert von Genf als Clemens VII. zum Papst. Dieser residierte ab 1381 in Avignon und bemühte sich durch politischen und militärischen Druck seinen Gegner auszuschalten. Er wurde von Karl V. und Ludwig von Anjou unterstützt. Seinem Nachfolger Benedikt XIII. empfahl die Universität Paris den Rücktritt, den die Herzöge von Berry und Burgund im Regentschaftsrat durchsetzten. 1398 verließ Karl VI. die Obödienz dieses Papstes, doch erreichten seine Anhänger 1403 die Wiederanerkennung. Als jedoch der Herzog von Orléans 1407 ermordet wurde, wandte sich der König von Benedikt ab und unterstützte ab 1409 Alexander V., den das Konzil von Pisa gewählt hatte.

Als der Kanonist Jean Petit und der Abt des Klosters Mont-St-Michel, Pierre Le Roy, 1398 und 1407 die beiden Hauptargumentationen des Konziliarismus (der von der Paris Universität unterstützt wurde) und der königlichen Machtansprüche zusammenfügten, sah man darin später den Ursprung des Gallikanismus. In der Praxis bedeutete dies vor allem Unabhängigkeit des Königs vom Papst. Das Parlament war während der Wirren des Schismas als einzige Institution in der Lage, Rechtsstreitigkeiten wirksam zu schlichten. Dem Papst unterstellte Klöster und Bettelorden konnten nunmehr Rechtsstreitigkeiten nur noch vor französischen Gerichten klären, was ihre Stellung gegenüber der Zentralgewalt ungemein schwächte. 1407 formulierte eine französische Synode die gallikanischen Freiheiten. Zugleich verlangte sie die Aufhebung aller päpstlichen Provisions- und Abgabenrechte. Eine entsprechende königliche Ordonnanz wurde 1408 vom Parlament registriert und damit zum Gesetz, wenn auch die Kriegsläufte seine Umsetzung verzögerten.

Auf den Konzilien von Konstanz (1414-18) und Basel (1431-49) argumentierten Vertreter der Universität Paris im Sinne der konziliaren Theorie. 1418 und 1426 bekräftigten Konkordate die französische Kirchenverfassung, eine Nationalsynode legte die abgewandelten Basler Konzilsdekrete dem König vor, der sie 1438 als Ordonnanz publizieren ließ. Päpstliche Exspektanzen unterblieben von nun an, wenn auch 1461-73 die Pragmatische Sanktion zeitweise aufgehoben wurde. Zeitweise wurden 80 % der verfügbaren Stellen von Graduierten der Paris Universität besetzt, die bevorzugt mit diesen Stellen ausgestattet wurden. Die Domkapitel büßten ihr Recht auf Bischofswahl ein, denn der König betrachtete seinen Vorschlag als bindend. Die Päpste behielten zwar ihr Recht auf Ernennung von Äbten und Bischöfen, doch waren auch sie auf den königlichen Kandidaten festgelegt. 1472 schloss Ludwig XI. mit dem Papst zwar ein Konkordat, doch das Parlament behauptete die Pragmatische Sanktion bis 1516.

Die scholastische Methode, die Aufwertung der Dialektik und die Rezeption der Schriften des Aristoteles haben ihren Ursprung in Frankreich. Um 1200 unterstützte der Papst gegen den Ortsbischof die Korporationsbildung der Magister. Für die entstehende Universität erließ der päpstliche Legat Robert de Courcon, seit 1211 Kanzler der Universität, erste Statuten. Mit Toulouse (1229/33), Angers (1229/1337), Montpellier (1289) entstanden neue Universitäten. Die Gründung Bonifatius' VIII. in Pamiers von 1295 scheiterte allerdings.

Wirtschafts- und Sozialgeschichte

Bevölkerungsentwicklung

Aus dem Jahr 1328 stammt die älteste Herdstellenzählung Frankreichs. Dieses Feuerstättenverzeichnis ermittelte in den Krondomänen 23.671 Pfarreien, zu denen noch die etwa 7.000 Pfarreien der Apanagen und der Lehnsfürstentümer kamen. Erste umfassten ein Gebiet von etwa 320.000, letztere von 110.000 km².105 In den Pfarreien wurden 2.469.987 besteuerbare Herdstellen gezählt. Insgesamt dürfte dies für Frankreich etwa 3,2 Millionen Herdstellen bedeuten, von denen man auf 14,4 Millionen Einwohner hochrechnete. Auf dem erheblich größeren Gebiet des heutigen Frankreich käme man auf rund 20 Millionen Einwohner.106 Neben Paris, das vielleicht 200.000 Einwohner hatte, gab es nur wenige Städte mit mehr als 20.000 Bewohnern. Zu diesen zählten Amiens, Arras, Avignon, Bordeaux, Lyon, Narbonne, Rouen, Toulouse oder Tours.

Dabei nimmt man zwischen 1050 und 1250 einen erheblichen Anstieg der Bevölkerungszahlen an. Um 1300 war der Höhepunkt in einigen Gebieten allerdings bereits überschritten. Damit hatte sich die Bevölkerung innerhalb von drei Jahrhunderten etwa verdoppelt. Ungeheure Verluste gingen auf das Konto der ab 1348 auftretenden Pest, aber auch des Hundertjährigen Krieges. Bis um 1450 brach die Bevölkerung teilweise um zwei Drittel ein.

Während sich die frühen Reformbewegungen, etwa Cluny, kaum auf wirtschaftliche Innovationen auswirkten, brachten die Zisterzienser starke Impulse. Allerdings waren auch zuvor große Hungerkatastrophen, wie in den Jahren 1031 bis 1033 oder im Jahr 1044, eher selten. Im Laufe des 11. Jahrhunderts trug die Ausbreitung bereits bekannter Techniken zu einer Steigerung der Produktivität bei. So wurden ab dem 11. Jahrhundert zahlreiche Wassermühlen eingesetzt, Windmühlen ab etwa 1150. Nun gewann Brotgetreide an Bedeutung, während zugleich Arbeitskraft freigesetzt wurde. Dies dürfte zur sowieso schon vorhandenen Mobilität beigetragen haben. Ab etwa 1050 wurde verstärkt Eisen bei der Werkzeugherstellung eingesetzt, zahlreiche Schmieden entstanden. Das massenhafte Beschlagen von Pferdehufen wiederum ermöglichte im Zusammenhang mit dem Wendepflug das Bearbeiten tiefer und das bessere Belüften der vorhandenen Ackerböden. Ein Fruchtwechsel in dreijährigem Turnus trug zur Verbesserung der Böden und damit zur Ertragssteigerung bei, wenn diese sich auch erst im 13. Jahrhundert im Pariser Becken durchsetzte. Zwar bevorzugte der Süden mit seinen ärmeren Böden die überkommene Zweifelderwirtschaft, doch ist eine entsprechende Aufteilung zwischen Nord und Süd eine unzulässige Vereinfachung. Die bessere Ernährungsgrundlage und das höhere Bevölkerungswachstum bewirkten, dass neue Böden bearbeitet wurden, so dass Wälder und Sümpfe stark zurückgingen. Hauptertragszweige waren Getreide- und Weinanbau. Bei ersterem setzte sich der Weizen gegenüber der Gerste durch, letzterer konnte aufgrund des milden Klimas im ganzen Land betrieben werden.

Grundherrschaft, Hörige, Sklaven, Ritter und Adel

Die produzierende Tätigkeit verrichteten in den Grundherrschaften durch unfreie servi und zugleich durch Verpachtung an Hörige oder freie Bauern. Sie unterlagen nicht der unmittelbaren Verfügungsgewalt der Herren und erarbeiteten ihren Lebensunterhalt selbstständig. Den Grundherrschaften standen die freien Bauernstellen gegenüber, die überwiegend recht klein waren. Ihr Allodialbesitz reichte oftmals nicht zum Lebensunterhalt aus, so dass sie auf Lohnarbeit angewiesen waren. Auch hierin unterschieden sich Nord- und Südfrankreich erheblich. Während im Norden das Grundherrschaftssystem relativ geschlossen war und den Bauern wenig Freiräume zueignete, und sich dort größere Dorfgemeinschaften fanden, die koordinierte Arbeiten zuließen, war das System im Süden weniger geschlossen. Während es im Norden zu Bauernaufständen in der Zeit um 1000 kam, etwa in der Bretagne und der Normandie, ist hiervon aus dem Süden nichts überliefert. Ende des 11. Jahrhunderts verschwand die Sklavenhaltung. Während die Bauern im Norden überwiegend frei waren, wie etwa in der Picardie oder der Bretagne, war im Süden die Unfreiheit die Regel. Die letzten Freilassungen auf den königlichen Domänen fanden Anfang des 14. Jahrhunderts statt.

Aus der Gruppe der Grundherren entstand der Stand der milites oder chevaliers, der Ritter. Häufig saßen sie auf einer Burg oder waren Kastellane. Nur sie durften die entsprechenden Waffen tragen und Pferd und Ausrüstung zur Kriegführung. Allein schon um diese Mittel aufzubringen, versuchte man zu verhindern, dass sich der Landbesitz zu sehr durch Erbschaft aufsplitterte. So gelangten viele nachgeborene Söhne in Klöster oder schlugen kirchliche Karrieren ein. Daher waren die Kreuzzüge eine Gelegenheit, sich aus den verschiedensten Varianten der Zurücksetzung zu befreien. Früher als im römisch-deutschen Reich näherten sich alter Adel und Ritterschaft einander an. Dieser Verschmelzungsprozess war um 1300 abgeschlossen.

Städte

Ansiedlungen bei älteren Städten, die allerdings partiell ihren urbanen Charakter eingebüßt hatten, standen am Anfang der städtischen Neuentwicklung. Diese als burgus, suburbium oder portus bezeichneten Ansiedlungen fanden sich auch bei Klöstern oder befestigten Herrensitzen. Handels- und Arbeitsmöglichkeiten, aber auch der Schutz vor den Herren, locken Bauern und Hörige in die Siedlungen. Spätestens mit der Errichtung von Mauern gelang es den städtischen Siedlungen, ihre zunehmende Unabhängigkeit zum Ausdruck zu bringen. Kaufleute, die zu Vermögen gekommen waren, etablierten sich neben dem städtischen Adel als Führungsschicht. Aufstände gegen die fortbestehenden Abhängigkeiten fanden 1070 und 1076 in Le Mans und Cambrai statt, sie waren kennzeichnend für die Härte der Konflikte im Norden. Im Süden verlief dieser Prozess der Emanzipation der Städte aus dem Zugriff der Herren über Land und Leute weniger gewaltsam. Geldzahlungen waren ein verbreitetes Mittel, um sich städtische Freiheiten zu erwerben, doch behielten sich die Grundherren vor allem im Süden die Blutgerichtsbarkeit vor. Auch stand den Städten in den Gebieten der Krondomänen eine übermächtige Königsherrschaft entgegen. Außerhalb dieser Gebiete nutzten und unterstützten die Könige die Bestrebungen nach städtischen Freiheiten, um den Adel zu schwächen. Im Süden dominierte der Stadtadel in den urbanen Zentren, im Norden hingegen das Bürgertum zusammen mit der Kaufmannschaft. In der Bretagne erhielten die Städte mit einer Verzögerung von 150 bis 200 Jahren ähnliche Privilegien von den Herzögen. Das mittlere Frankreich erlebte kaum eine kommunale Bewegung.

Zwar brachten die städtischen Freiheiten Vorteile, wie die Freiheit von grundherrlichen Verpflichtungen und Lasten, aber auch Belastungen. Städte wie Sens und Compiègne verzichteten 1318/19 auf ihre städtischen Freiheiten und unterstellten sich wieder dem König.

Ökonomischer Aufstieg, Champagnemessen, frühe Münzpolitik, 3. Stand

Die Städte wurden im 12. und 13. Jahrhundert zu Kernen einer qualitativ hochwertigen gewerblichen Produktion und des Handels auf regionaler und internationaler Ebene. Wichtigster Umschlagplatz wurden die Messen der Champagne, die an sechs Plätzen jährlich stattfanden. Doch um 1260 kam der Warenverkehr, um 1320 der Geldverkehr zum Erliegen. Das seit 1328 die Champagne beherrschende Königtum konnte diese Entwicklung nicht wieder umdrehen. Möglicherweise war die Konkurrenz von Paris und vor allem der Küstenstädte, über die die Hauptmasse des internationalen Handels abgewickelt wurde, zu stark.

Um 1100 prägten etwa 300 Stätten Münzgeld. Ludwig IX. ließ ab 1266 einen Silbergroschen (gros) zu 12 deniers tournois prägen. Auch kehrten die Könige zum Bimetallismus zurück, es wurden also neben den gängigen Silbermünzen wieder Goldmünzen geprägt, der écu d'or. Dann setzte die Monarchie durch, dass innerhalb der Krondomänen nur noch königliche Münzen zirkulieren durften. Dieses Verbot wurde auch auf diejenigen Territorien ausgedehnt, die über keine eigene Münzprägung verfügten. Neben dem König gab es um 1315 etwa weitere 30 Münzherren. Die Zwänge der Geldbeschaffung im Hundertjährigen Krieg stellten die Krone vor kaum lösbare Aufgaben, so dass Johann II. ständig die Münzen verschlechterte, um so Gewinne abzuschöpfen. Geldentwertung, Steuererhöhungen und die Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage führten zu Aufständen, wie etwa 1314. Die Generalstände versuchten die destruktive Abwertungspolitik zu bremsen und Steuererhöhungen von ihrer Zustimmung abhängig zu machen. Das städtische Bürgertum, der 3. Stand, versuchte dort, wo es seine wirtschaftlich-politische Lage betraf, mehr Mitspracherechte durchzusetzen. Doch diesen Bemühungen war genauso wenig dauerhafter Erfolg beschieden, wie die Festsetzung eines einheitlichen Münzfußes. Andererseits brachten die Geldentwertungen auch die Grundherren in wirtschaftliche Notlagen. Die Naturalabgaben und Dienstleistungen waren meist in Geldzahlungen umgewandelt worden, die nun rapide ihren Wert einbüßten. Trotz dirigistischer Maßnahmen, insbesondere nachdem die Pest einen gravierenden Mangel an Arbeitskräften hervorgebracht hatte und die Krone versuchte durch Arbeitszwang, Lohnfestschreibung oder gesteuerte Verteilung von Arbeitskraft diesem - ohne Erfolg - entgegenzuwirken, verarmte ein Teil des Adels.

Aufstände

Der Dauphin Karl (der spätere König Karl V.) empfängt Étienne Marcel und eine Delegation der Pariser Bürgerschaft. (Grandes Chroniques de France, 14. Jahrhundert)

Erst die Niederlage des französischen Heeres bei Poitiers und die vierjährige Gefangenschaft des Königs (1356-60) zeigten, wie stark die Unzufriedenheit sowohl auf dem Lande, als auch in den Städten war, allen voran in Paris. Unter Führung des Pariser Tuchhändlers und Prévost der Händler Étienne Marcel erhob sich die Pariser Bevölkerung, nachdem die bereits den Generalständen zugestandenen Reformen bei Geld- und Steuerfragen und beim Vorgehen gegen bestimmte Amtsträger nicht umgesetzt wurden. Doch die Angehörigen der anderen Stände waren nicht bereit, dem 3. Stand weitere Rechte einzuräumen. So wandten sich die Aufständischen an König Karl den Bösen von Navarra. Am 22. Februar 1358 drangen die Aufständischen in den Königspalast ein, doch bald gelang es dem designierten Thronfolger, unter dem Vorwand den Adel mit den Aufständischen aussöhnen zu wollen, die Stadt zu verlassen. Ermutigt von der Revolte brach am 28. Mai im Beauvaisis ein Aufstand der Landbevölkerung gegen ihre Grundherren aus, der sich über die nördliche Île de France, die gesamte Picardie und Champagne ausbreitete. Nach dem Spottnamen Jacques Bonhomme wurde dieser Aufstand unter dem Begriff „Jacquerie“ bekannt. Marcel stand in engem Kontakt mit den Führern der Jacquerie. Allerdings war dieser Aufstand nicht gegen die Institution des Königtums gerichtet. Mit der Pariser Stadtmiliz nahm Marcel an den Kämpfen teil und fand in mehreren Städten der Île de France wie Senlis, Amiens, Laon oder Clermont-en-Beauvaisis Unterstützung. Damit erweckte Marcel aber unter seinen Anhängern aus Bürgertum und Handwerkern Misstrauen, da diese dem Bauernaufstand ablehnend gegenüberstanden.

Angesichts der Bedrohung durch die Jacquerie sammelte sich der Adel um Karl den Bösen, der mit erbarmungloser Härte den Aufstand niederschlagen ließ. Marcel sah sich gezwungen, dem König von Navarra und seinen englischen Soldtruppen am 14. Juni 1358 den Einzug in Paris zu gewähren. Karl der Böse hoffte, mit Hilfe des Adels, aber auch des städtischen Bürgertums selbst auf den französischen Thron zu gelangen. Marcel erwirkte per Akklamation die Ernennung Karls des Bösen zum Stadtkapitain, der im Gegenzug die vorangegangenen Reformen anerkannte. Dies fand allerdings keine Unterstützung von Seiten des Adels, der sich von dem König von Navarra auch die Unterwerfung der Städte erhofft hatte. Der Adel lief auf die Seite des Dauphin über, während Marcel die Städte der Île de France dazu aufforderte, Karl von Navarra als Regenten anzuerkennen.

Allerdings hatte sich innerhalb der Pariser Bürgerschaft nun gegen Marcel eine oppositionelle Gruppe um den Bürger Jean Maillard zusammengefunden. Sie sahen in dem Dauphin eine Alternative zum König von Navarra, da der Dauphin den von seinem Vater im Mai mit England ausgehandelten Londoner Vertrag ablehnte, der eine hohe Lösegeldzahlung und die Abtretung weiter Gebiete an England beinhaltete. Als es am 31. Juli 1358 zu Auseinandersetzungen zwischen den englischen Söldnern und der versammelten Volksmenge kam, wurde Étienne Marcel bei dem Versuch, am Tor Saint-Martin die Lage zu beruhigen, von der Gruppe um Jean Maillard überwältigt und zusammen mit den meisten seiner Anhänger ermordet.

Ähnliche Ursachen hatte der Tuchineraufstand von 1381 bis 1384. Er richtete sich neben der Steuerpolitik gegen die Anwesenheit von Söldnern und gehörte zu einer Reihe von Révolte des Tuchins im Languedoc, die 1356 begonnen hatte. Auch innerhalb der Städte hatte es heftige Kämpfe um ähnliche Veränderungen gegeben, die sich in Aufständen niederschlugen, wie etwa in Évreux 1244, Paris 1250, Arras 1252, Pontoise 1267 oder in Provins und Paris 1279. Dabei richteten sich die Maillotins in Paris gegen das Königtum bzw. seine Amtsträger, ähnlich wie die Harelle in Rouen 1382. Auch in anderen Städten kam es zu schweren Unruhen, wie in Rouen und Caen 1281, Reims und Rouen 1292, dann im Languedoc (Figeac 1255, Beziers 1280, Toulouse 1289).

Ein weiterer Aufstand im Jahr 1413 brachte am 26. und 27. März die Ordonnance Cabochienne hervor, die weitreichende gesellschaftliche Veränderungen hätte verursachen können. Sie wurde im Verlaufe der Kämpfe zwischen Burgundern unter Johann ohne Furcht und den Armagnacs dem König abgezwungen. Ihnen waren im Januar Beschwerden vorangegangen, nun sollte eine Kommission das Funktionieren der Königsherrschaft und das Verhalten einiger Beamter prüfen. Letztlich hatten sie, was in Frankreich eine lange Tradition hatte, die Wiederherstellung der überkommenen Rechte zum Ziel, die durch die Korruption der Beamten zerstört worden waren. In 258 Artikeln befasste sich die Ordonnance mit sämtlichen Bereichen der königlichen Verwaltung. Kritisiert wird neben der Korruption die verwandtschaftliche Verflechtung der Beamtenschaft. Daher sollten ihre Bezüge vermindert, ihre Zahl verringert, Gunsterweise und Pensionen aufgehoben werden. Auch die Ämterpacht sollte beseitigt und Pensionen erst nach dreißigjähriger Tätigkeit zugestanden werden. Die Ordonnances wurden nach der Flucht der Burgunder und Cabochiens aus Paris bereits am 5. September 1413 wieder aufgehoben.

Städtepolitik Ludwigs XI.

Mit Ludwig XI. begann eine gezielte Städtepolitik, die versuchte, den aufstrebenden Schichten eher wirtschaftliches Wachstum statt politische Teilhabe zu gewähren. So wurde die Seidenfertigung aus Italien oder der Buchdruck aus dem Reich eingeführt. Verstärkt wurde in Bergbau und Schiffbau investiert und in Manufakturen, wie die der Gobelins in Paris. Exponent dieser Politik war Jacques Cœur. Doch auch restriktive Elemente sind erkennbar, wie das Fernhalten Fremder aus einigen Bereichen.

Professionalisierung und Universitäten boten bisher nicht gekannte Aufstiegsmöglichkeiten aus bürgerlichen Familien. Über den königlichen Dienst konnte man zu Vermögen und zum Aufstieg in den Adel gelangen. Dabei sicherten sich diejenigen Familien, die sowieso schon im Vorteil waren, am häufigsten die neuen Karrieremöglichkeiten. Andererseits begann sich der 3. Stand als der eigentliche Träger des Staates zu verstehen.

Die Bauern hingegen blieben von allen Rechten ausgeschlossen. Selbst bei der Einberufung aller Stände im Jahr 1484 waren nur wenige ihrer Vertreter anwesend, von denen die meisten auch noch aus dem Norden kamen.

Juden im Hoch- und Spätmittelalter

Während des Hoch- und Spätmittelalters lassen sich insgesamt über 500 jüdische Gemeinden nachweisen. Um 1000 bestanden ca. 20 größere Gemeinden, fünf davon im Mittelmeergebiet. Letztere fanden sich in Marseille, Nimes, Narbonne, Arles und Carcassonne. Vier weitere fanden sich in den Tälern von Rhône und Saône, nämlich in Lyon, Vienne, Chalon-sur-Saône und Mâcon, wo sich auch Gemeinden in den umliegenden Dörfern belegen ließen. Beginnend im 11., dann verstärkt im 12. Jahrhundert wanderten Juden in die Städte ab. Die Zeit der Neugründungen war damit beendet, wenn auch in Montpellier eine neue Gemeinde entstand. Die Könige förderten die Zuwanderung in die Städte, 1276 untersagte Philipp III. ihnen, auf dem Lande zu leben. Nach einer nicht überlieferten Ordonnanz von 1294 sollte in den Städten eine zwangsweise Einquartierung in bestimmte Viertel durchgesetzt werden. Zu dieser Zeit lebten in ganz Frankreich etwa 100.000 Juden.

Ein erstes Pogrom fand zwischen 1007 und 1012 statt, doch die Kreuzzugsstimmung war noch wenig ausgeprägt. Dies änderte sich spätestens am 26. Januar 1096, als es in Rouen zu Morden und Zwangstaufen kam. Dennoch kam es nach dem Ersten Kreuzzug zu einem Anstieg der Zahl der Juden in der Normandie, weil einige Herzöge ihre Ansiedlung förderten. Dies galt vor allem für Herzog Wilhelm den Roten. Auch in den Krondomänen siedelten sich Juden an, doch kam es in Blois 1171 zur Verbrennung von 30 Juden. Erst mit König Philipp II. August kam es 1181 zu systematischen Konfiskationen und im folgenden Jahr sogar zur Ausweisung der Juden. Doch 1198 gestattete er ihnen die Rückkehr, machte ihnen aber Vorschriften bei den Kreditgeschäften. Trotz der Rückkehrerlaubnis mieden viele die Krondomäne nun und siedelten sich lieber in toleranteren Regionen an, wie der Provence, wo 11 neue Gemeinden entstanden, dem Elsass (5), der Freigrafschaft Burgund ((4) und der Dauphiné (4) oder dem Languedoc (3). Als es den französischen Königen gelang, große Teile des anglonormannischen Gebietes zu erobern, wanderten von dort zahlreiche Juden ab. Dies kann nicht wundern, denn Philipp August hatte 1190 Juden, die außerhalb seiner Domäne in Bray-sur-Seine lebten, überfallen und verbrennen lassen, und damit dokumentiert, dass auch abgewanderte oder geflohene Juden weiterhin seiner Rechtsprechung unterlagen. In einigen westfranzösischen Gebieten richteten vorgebliche Kreuzfahrer 1236 ein Massaker an, bei dem 2500 bis 3000 Juden ums Leben kamen. 1239/40 mussten die Juden die Bretagne verlassen, 1289 die englischen Festlandsbesitzungen, 1291 Poitou. 1254 kam es erstmals zu einem Verbot, neue Synagogen zu bauen, nämlich unter Alfons von Poitiers. 1306 erließ Philipp IV. einen umfassenden Ausweisungsbefehl. Viele der Juden, die auch noch beraubt wurden, flohen ins Reich Richtung Elsass, Hennegau, Lothringen, in die Freigrafschaft Burgund, Dauphiné, Savoyen oder in die Provence, aber auch auf die iberische Halbinsel. Zwar durften sie auf zwölf Jahre zurückkehren, doch nur wenige nahmen diese Möglichkeit wahr. Es kam tatsächlich zu antijüdischen Ausschreitungen, etwa durch die Pastorellen 1320, 1321 wurde den jüdischen Gemeinden ein schweres Bußgeld auferlegt, weil sich die Juden angeblich mit den „Aussätzigen“, den Leprakranken verbündet hatten. 1323-24 erfolge eine erneute Ausweisung.

Die Juden, die noch in Frankreich leben durften, also in der Provence, in Savoyen und in der Freigrafschaft Burgund, sahen sich mit dem Vordringen der Pest ab 1348 schweren Verfolgungen ausgesetzt. Im Elsass waren diese massiven Übergriffe bereits vor Eintreffen der Epidemie erfolgt. Nur im Roussillon, das der Krone Aragon angehörte, wurden die Juden verschont, aber auch in Avignon und im Venaissin, wo Papst Clemens VI. Schutzmaßnahmen ergriff.

Als die Finanznöte am größten waren, gestattete der Dauphin Karl (V.) 1359 die Rückkehr, zunächst auf 20 Jahre. Doch die hohe zu hinterlegende Summe hielt die meisten Juden ab. Während der Unruhen der Maillotins kam es 1380 und 1382 erneut zu antijüdischen Ausschreitungen, 1395 mussten die Juden abermals das Land verlassen. Immerhin wurde diesmal ihr Vermögen nicht konfisziert.

Regional verlief die Entwicklung sehr unterschiedlich. Während die Juden 1470 Lothringen verlassen mussten, blieben sie im Dauphiné unbehelligt, weil der König bei der Übernahme durch Frankreich die alten Privilegien anerkannte. Dennoch wanderten sie ab, ebenso wie aus Savoyen, wo Anfang des 16. Jahrhunderts mit der Gemeinde von Chambéry die letzte jüdische Gemeinde verschwand. Die Vertreibung aus dem Roussillon erfolgte auf Initiative des spanischen Königspaars 1493 - wie in ganz Spanien.

In der Provence bestanden zeitweilig über 60 Gemeinden, doch gab es auch hier eine Verstädterung schon vor 1348. So hatte Aix 1341 bereits 1.209 Mitglieder. Auch mit dem Erwerb der Provence durch Frankreich im Jahr 1481 blieb ihre rechtliche Lage zunächst unverändert. Auf Druck ländlicher Saisonarbeiter, dann auch der Stadtbewohner und von Ordenspriestern erfolgte auch hier 1498-1501 die Ausweisung.

Die Juden Südfrankreichs waren vor allem im Weizen- und im Viehhandel tätig. Dabei gewährten sie auch Kleinkredite gegen Verpfändung der Ernten. Die Kommerzialisierung der Erträge lag also vielfach in jüdischer Hand. Sie selbst mussten aber auch vielfach Kredit bei Christen aufnehmen, da ihr Geschäft kapitalintensiv war. Neben diesen Zweigen bedienten die Juden den Altkleiderhandel. Da man glaubte, gebrauchte Kleider wären an der Verbreitung der Epidemien Schuld, sah man vielfach in den Juden die Sündenböcke.

Relativ spät, erst Ende des 12. Jahrhunderts, lassen sich Juden auch im Geldverleih fassen. Mit einer hohen Gebühr schöpfte die Monarchie erhebliche Teile der Gewinne ab. Ludwig IX. plante ein Verbot des Geschäfts, von den noch nicht eingetriebenen Außenständen ließ er ein Drittel konfiszieren. Als Begründung für die Rückkehrerlaubnis von 1315 nannte er die „Entrüstung des Volks“, wohl aufgrund fehlender Kreditmöglichkeiten. Doch durch seine hohe Wiedereinreisegebühr verhinderte die Monarchie ausgerechnet die Rückkehr der weniger kapitalstarken Juden, die vor allem das Geschäft mit Kleinkrediten betrieben.

Die Jagd auf den Talmud wurde 1240 Dominikanern und Minoriten übertragen, wurde jedoch bald von der Inquisition übernommen. Diese verfolgte auch getaufte Juden, die in den Augen der Inquisitoren wieder „abgefallen“ waren.

Juden waren erheblich häufiger Ärzte, als Christen. Behandlungsverbote wurden offenbar ignoriert, vor allem in Zeiten der grassierenden Epidemien. Über das Innenleben der Gemeinden erfahren wir etwa durch die Statuten aus Avignon und dem Venaissin. In Notsituationen arbeiteten die Gemeinden zusammen. 1215 entsandten die südfranzösischen Juden eine gemeinsame Delegation zum Vierten Laterankonzil.

Schlomo Jizchaki, bekannter als Raschi, war einer der bedeutendsten Gelehrten. Er wuchs in Troyes auf, wo seine Familie einen Weinberg besaß, mit dem sie ihren Lebensunterhalt bestritt. 1055 ging er zunächst nach Mainz und dann nach Worms, um dort an den jüdischen Lehrhäusern, die zu den bedeutendsten in Europa gehörten, zu studieren. Er pflegte den Kontakt mit den Gelehrten an den rheinischen Schulen weiter und gründete um 1070 sein eigenes Lehrhaus in Troyes, das dank herausragenden Schülern wie Simcha ben Samuel Vitry, Juda ben Abraham und Jacob ben Samson bald diejenigen am Rhein überflügelte. Raschi hatte drei Töchter namens Jochebed, Miriam und Rachel, die als gelehrt galten und bedeutende Gelehrte heirateten. Raschis Enkel, die Söhne seiner Tochter Jochebed, Samuel, genannt Raschbam, Isaak, genannt Ribam, Jacob, bekannt als Rabbenu Tam, Solomon und der Sohn Miriams Jom Tov studierten in Troyes und wurden ebenfalls bedeutende Bibel- und Talmudkommentatoren, die die Schule der Tosafot gründeten. Für die Raschi-Kommentare wurde, wohl im 15. Jahrhundert, die Raschi-Schrift geschaffen. Da Raschi seine Umschrift für altfranzösische Wörter rein lautlich durchführte, lässt sich daraus die Aussprache besser rekonstruieren als aus lateinschriftlichen Texten, in denen die konservativere Rechtschreibung die tatsächliche mündliche Sprachgestalt überlagert. Der Franziskaner Nikolaus von Lyra, der besonders von Raschi beeinflusst war, wurde von seinen Kritikern als „Raschis Affe“ verunglimpft. Dank des christlichen Interesses wurden Raschis Schriften im 17. Jahrhundert aus dem Hebräischen in andere Sprachen übersetzt.

Italienkriege, Kampf gegen die Habsburger, Bündnis mit Osmanen

Franz I., Öl, 96 x 74 cm, um 1535, Louvre

Im Zuge der Italienischen Kriege seit 1494 wurden Spanien und Frankreich zunehmend Machtkonkurrenten. Frankreich versuchte mehrfach Mailand zu annektieren und so die Oberhoheit in Italien zu erlangen. Unter der Regierung Franz I. kam es zu heftigen Auseinandersetzungen mit Kaiser Karl V., der seinen Besitz in Süditalien (Neapel) zu verteidigen suchte. Franz’ Offensivkriege blieben letztlich ohne Folgen.

Sein Nachfolger Heinrich II. unternahm ebenfalls Angriffskriege gegen Habsburg, die nur mäßige Erfolge brachten. Durch die Unterzeichnung des Friedens von Cateau-Cambrésis suchte man einen außenpolitisch stabilen Frieden, da es zu inneren Konflikten mit den Hugenotten kam. Frankreich verlor seine Vormachtposition an Spanien. Das katholische und das protestantische Lager bekämpften sich in den Hugenottenkriegen. In der Bartholomäusnacht vom 23. auf den 24. August 1572 wurden in Paris wichtige protestantische Führer ermordet. Infolgedessen flohen viele Protestanten aus dem Land.

1520 gewann Karl V. die Duldung Heinrichs VIII. von England für seinen Krieg gegen Frankreich, 1521 konnte er den Papst sogar für ein antifranzösisches Bündnis gewinnen. Zunächst marschierte der im französischen Exil lebende König von Navarra Henri d’Albret ins spanische Navarra ein, musste sich aber wieder zurückziehen. In der zweiten Hälfte des Jahres begann der Krieg zwischen Karl und Franz, im November trat auch Heinrich auf Seiten des Kaisers in den Krieg ein. Doch der Papst und Venedig tendierten immer stärker zur Seite Frankreichs.

Eine englische Invasion in Frankreich scheiterte ebenso wie 1524 der Vormarsch der Kaiserlichen in die Provence. Im Gegenzug eroberten die Franzosen Mailand zurück und belagerten Pavia. Doch am 24. Februar 1525 fiel Franz I. in der Schlacht bei Pavia in kaiserliche Gefangenschaft.107 Er wurde nach Spanien gebracht und dort gefangen gehalten. Gattinara hätte ihn am liebsten töten lassen, auch eine faktische Zerschlagung Frankreichs war in seinem Sinn. Karl aber schloss sich den Vorschlägen zu einem maßvollen Frieden an.108 Dies führte 1526 zur Unterzeichnung des Vertrags von Madrid, in dem Frankreich auf seine Ansprüche in Norditalien verzichtete. Außerdem wurde das Herzogtum Burgund wiederhergestellt. Auf französischer Seite wurde der Friede als Unterwerfungsfriede angesehen.109 Nachdem Franz wieder frei war, widerrief er demzufolge den Vertrag, da er ihm in Gefangenschaft aufgezwungen worden war. Ihm gelang es, mit der Heiligen Liga von Cognac aus dem Papst, Venedig, Florenz und schließlich sogar Mailand starke Verbündete zu gewinnen. Schon zuvor kam es zur Verständigung mit Heinrich VIII.

Die kaiserlichen Truppen plünderten 1527 beim sogenannten Sacco di Roma die Stadt. Zugute kam Karl, dass Andrea Doria mit der genuesischen Flotte auf die Seite des Kaisers wechselte, nachdem dieser die Unabhängigkeit der Republik Genua garantiert hatte. Damit brach der Nachschub der Franzosen und ihrer Verbündeten in Italien zusammen und die antikaiserlichen Kräfte erlitten militärische Niederlagen. Franz I. musste erneut Frieden schließen.110

Der 1529 unterzeichnete Damenfriede von Cambrai schrieb den Verzicht des französischen Königs auf italienische Gebiete fest; auch der Verzicht auf seine Lehnsansprüche in Flandern und Artois wurde bestätigt. Der Kaiser verzichtete seinerseits auf den Anspruch auf das Herzogtum Burgund.

Feierlicher Einzug von Karl V. und Franz I. im Jahr 1540 in Paris

Belagerung von Nizza von 1543

Paris und Konstantinopel waren ab 1534 verbündet. Auf Raten von Andrea Doria begann Karl eine Offensive in Richtung Marseille, der Angriff scheiterte jedoch. Inzwischen förderte die Zusammenarbeit der Franzosen mit den Osmanen die Annäherung des Papstes an Karl. 1538 vermittelte Papst Paul III. den auf zehn Jahre angelegten Waffenstillstand von Nizza zwischen Karl V. und Franz I.

Die Situation verschärfte sich wieder, als die französischen Gesandten auf der Rückkehr von Konstantinopel von spanischen Soldaten ermordet wurden. Franz erklärte 1543 Karl erneut den Krieg. Durch die Niederlage des mit Frankreich verbündeten Herzogs Wilhelm von Kleve verlor Franz I. seinen letzten Verbündeten im Reich. Die Gefahr eines Zuges auf Paris veranlasste ihn 1544 zum Frieden von Crépy.

Der neue französische König Heinrich II. arbeitete ab 1550 auf ein neues Bündnis mit den Osmanen hin. Er beabsichtigte, den Sultan zum Bruch des 1547 mit Ferdinand geschlossenen Waffenstillstands zu bewegen. Heinrich schloss zudem ein Bündnis mit der protestantischen Opposition im Reich. Erst nach der Abdankung Karls 1556 wurde Frieden geschlossen.111

Konfessionskriege, Edikt von Nantes (1562-1592/98)

Zwar lag der Anteil der Protestanten in Frankreich, das im 16. Jahrhundert etwa 15 Millionen Einwohner hatte,112 unter 10 % der Bevölkerung, doch zählten zu den meist calvinistischen Hugenotten einflussreiche Adlige und vermögende Bürger, die ihren Einfluss zugunsten des neuen Bekenntnisses geltend machten. Die sich daraus ergebenden Spannungen mündeten in acht Konfessionskriege. Zeitweise schien Frankreich, ähnlich wie England, den Weg zu einer eigenen Nationalkirche unter Kontrolle des Staates zu beschreiten.113

Unter Franz I. wurden 1535 erstmals Protestanten in Paris verbrannt. Auch unter Heinrich II. und unter seinem Sohn Franz II. kam es 1549 und 1559 zu Ausschreitungen und Verboten. Dennoch entstanden 1555 in Paris, dann in Meaux, Poitiers, Angers und Orléans protestantische Kirchen, die Zahl der protestantischen Gemeinden stieg wohl auf 1200. Gleichzeitig verschärften sich die Spannungen mit den Habsburgern Spaniens. Die Ehe Elisabeths von Valois mit dem spanischen König Philipp II. 1559 sollte im Rahmen des Friedens von Cateau-Cambrésis die Freundschaft zwischen Frankreich und Spanien besiegeln. Philipp II., dem an einer Rekatholisierung Europas lag, übte erheblichen Druck auf die französischen Politik aus. Er griff in den Kampf um die Macht am Hof ein und unterstützte die Partei der militanten Katholiken, um den Einfluss der Protestanten zurückzudrängen.

Heinrich II. sah durch die Hugenotten, die vor allem im Süden zahlreiche Anhänger hatten, die Einheit seines Reiches gefährdet. Mit dem Edikt von Écouen leitete er Unterdrückungs- und Verfolgungsmaßnahmen ein. Nachdem der König am 10. Juli 1559 an den Folgen einer Turnierverletzung gestorben war, kam es zu einer Krise der Dynastie, denn unmündige Könige und Regentschaften konnten einen Einbruch der Zentralgewalt nicht verhindern. Zugleich rangen Guise und Bourbon zunehmend um die Macht. Unter Franz II. erlangte die katholische Familie Guise den stärksten Einfluss, doch starb der König bereits im Dezember 1560. Nun führte Katharina von Medici die Regentschaft, die zunächst den Ausgleich mit den Protestanten suchte. Dabei stand sie unter starkem Druck des katholischen Spanien. Katharina und der gemäßigte Chancelier de France Michel de l’Hôpital arbeiteten daher an einem Erlass, der auf die religiöse Duldung der Hugenotten abzielte. Das Edikt von Romorantin entstand und gab die Ketzerfrage in die Hände der Kirche. Um die Unabhängigkeit der Regierung und um Frieden zu bewahren, entstand 1562 das Edikt von Saint-Germain-en-Laye, das eine eingeschränkte Religionsausübung garantieren sollte.

Infolge dieser Konstellation zerrissen nach einem ersten Religionskrieg in den Jahren 1562 bis 1563, der durch das Massaker von Vassy an 23 Hugenotten am 1. März 1562 durch den Herzog von Guise ausgelöst wurde, fast drei Jahrzehnte lang weitere Kriege das Land. Mit der Erhebung der Waffen verloren die Hugenotten das Image einer wehrlosen Kirche. Der Herzog wurde im katholischen Paris begeistert empfangen. Beide Parteien schreckten weder vor Massakern noch vor Bündnissen mit auswärtigen Mächten zurück, beide umwarben den Hof und die Könige. Dabei rief auf katholischer Seite der Bildersturm besondere Empörung hervor, aber auch die Tatsache, dass die Hugenotten bereits im September 1562 Hilfe bei englischen Protestanten gesucht hatten. In einigen Regionen des Landes, etwa im Südwesten, eskalierte ein Dauerkrieg, in anderen Regionen kam es gelegentlich oder gar nicht zu Auseinandersetzungen. Auch während des Zweiten Hugenottenkrieges von 1567 bis 1568 hielt Katharina an ihrer Vermittlungspolitik fest. Beiden Seiten fehlten die Mittel und Katharina befürchtete, zu sehr in spanische Abhängigkeit zu geraten. Daher wurde im März 1568 der Frieden zu Lonjumeau geschlossen. Im darauf folgenden Dritten Hugenottenkrieg von 1568 bis 1570 sollten der Prinz von Condé, Louis I. de Bourbon und François de Coligny-d’Andelot, der Bruder des Admirals, eliminiert werden.

1570 kam es zu einem Friedensschluss. Die Hugenotten glaubten an einen Ausgleich, zumal Katharina de Medici eine Heirat ihrer Tochter Margarethe mit dem Hugenotten Heinrich von Navarra anbot. Die Hochzeit sollte vom 18. bis 21. August 1572 stattfinden. Sämtliche militärischen und politischen Führer der Hugenotten folgten der Einladung nach Paris. Als sich Gaspard de Coligny, der führende Kopf der Hugenotten, am Hof aufhielt, fürchteten seine Gegner, allen voran Henri de Guise, er könne den jungen Karl IX. (1560-1574) zu einem Krieg auf Seiten der aufständischen protestantischen Niederlande gegen das katholische Spanien bewegen. Wie es schien, gewann der Hugenotte großen Einfluss auf den König. 1563 hatte Coligny zwar die Ermordung des Herzogs von Guise verurteilt, doch verdächtigte ihn die Familie, der Drahtzieher des Mordes gewesen zu sein. Es kam zu einem ersten Anschlagsversuch auf Admiral Coligny am 22. August 1572, kurz nach der Hochzeit. Zwei Tage später erfolgte die Ermordung der Hugenottenführer einschließlich Colignys.114 An diesem 24. August 1572 wurden in der Bartholomäusnacht nicht nur führende Hugenotten sondern auch mehrere tausend ihrer Anhänger ermordet. Karl IX. soll dabei persönlich mit einer Flinte auf Fliehende geschossen haben. Nur Heinrich von Navarra entkam den Mördern, die ihn durch die Zimmer des Louvre jagten - er floh in sein Königreich. Wie so häufig in solchen Fällen wurden die Kämpfe für zahlreiche Morde und die Aneignung hugenottischen Besitzes ausgenutzt. Insgesamt wurden in dieser Nacht und in den nächsten Wochen wohl 8 bis 10.000 Hugenotten ermordet, nicht die im 19. Jahrhundert vielfach von protestantischer Seite reklamierten 70.000.115

Heinrich III. (1574-89), der in Bedrängnis geraten war, ließ die beiden Exponenten der katholischen Liga, die den Guise angehörten, ermorden. Karl IX. war 1574 angeblich vergiftet worden. Henri de Guise wurde 1588 ermordet, nachdem er sich mit dem König zerstritten hatte. Daraufhin kam es zu einem umfassenden Aufstand, der König wurde am 1. August 1589 ermordet, Katharina de Medici starb im selben Jahr. Damit wurde der Hugenotte und Angehörige der Bourbonenfamilie Heinrich IV. von Navarra als nächster männlicher Angehöriger des toten Königs dessen Nachfolger, doch verlangte die Mehrheit der Generalstände einen katholischen König. Heinrich IV. löste das Dilemma, indem er 1593 zum Katholizismus konvertierte. Der Bürgerkrieg endete jedoch erst nach ausgedehnten Verhandlungen und durch die Verkündigung des Edikts von Nantes am 13. April 1598. Das Edikt brachte nicht nur religiösen Frieden sondern den Hugenotten auch eine, wenn auch eingeschränkte Kultfreiheit, Zugang zu den Schulen und zu allen Ämtern, paritätisch besetzte Kammern in Paris und weiteren drei Parlamenten, vor allem aber mehr als hundert Sicherheitsplätze mit protestantischer Garnison.

Bourbonen, Aufstieg zur Weltmacht, Kolonialpolitik

Bourbonisches Wappen von Frankreich und Navarra seit der Vereinigung beider Kronen 1589

Mit der Konversion des Bourbonen Heinrich IV. begann sich nach und nach der Katholizismus durchzusetzen. So gelang es ihm einerseits den pro-spanischen Einfluss der Guise zu reduzieren, andererseits ließ der Druck Madrids nach, das eine scharfe Rekatholisierungspolitik verfolgte. Da er Protestant war, musste er zum Katholizismus übertreten, um seine Herrschaft zu festigen, was er mit dem Ausspruch „Paris ist eine Messe wert“ kommentiert haben soll. Schließlich brachte 1598 das von Heinrich erlassene Edikt von Nantes eine zeitweilige Beruhigung der Lage, die jedoch nur bis zur Belagerung von La Rochelle (1627–1628) anhielt.116

Mit dem Ende der Auseinandersetzungen setzte der erneute Aufstieg Frankreichs zur Vormacht in Europa und die Durchsetzung der absolutistischen Staatsform ein. Heinrich installierte eine zentral gelenkte, vom König abhängige Bürokratie und schlug eine aggressive Außenpolitik gegenüber Spanien ein. Seine Ermordung verhinderte jedoch eine Invasion in die Spanischen Niederlande. Sein Sohn Ludwig XIII. stand zunächst unter der Regentschaft seiner Mutter Maria von Medici. Es folgte eine Zeit, in der zwei KardinäleRichelieu und Mazarin – die Geschicke Frankreichs an Stelle des Königs lenkten. Mit der Einnahme von La Rochelle 1628 verloren die Hugenotten den letzten der ihnen im Edikt von Nantes gewährten befestigten Rückzugsplätze. Unter der Leitung Richelieus wurde die Macht der Krone weiter gefestigt, die innere Opposition ausgeschaltet und die Stoßrichtung der Außenpolitik verändert.

Dreißigjähriger Krieg, Französisch-Spanischer Krieg (1635-1659), Fronde

Auf Betreiben Richelieus griff Frankreich 1635 in den Dreißigjährigen Krieg ein und geriet damit erneut in Konflikt mit Spanien (Französisch-Spanischer Krieg (1635–1659)). Im Westfälischen Frieden von 1648 erhielt Frankreich Gebiete im Elsass zugesprochen und erreichte eine dauerhafte Schwächung der Zentralgewalt im Heiligen Römischen Reich. Spätestens mit dem Pyrenäenfrieden begann das Zeitalter der französischen Dominanz in Europa.

Diese Dominanz war nicht nur eine militärische, sondern auch eine kulturelle. Fast alle Fürsten Europas orientierten sich am Vorbild der französischen Kultur am Hof von Versailles. Französisch wurde ab dem 17. Jahrhundert die Lingua franca des europäischen Adels, zunächst in Mitteleuropa, im 18. und 19. Jahrhundert auch in Osteuropa; zahlreiche Gallizismen gelangten in die Sprachen Europas117. Französisch wurde nicht nur die Sprache des Adels sondern auch der Intellektuellen Europas.

Kardinaal Mazarin
Mazarin, von 1642 bis 1661 regierender Minister

Nachdem Ludwig XIV. als vierjähriger Junge 1643 den Thron geerbt hatte, übernahm seine Mutter Anna von Österreich die Regentschaft. Diese bestätigte umgehend Kardinal Mazarin als Premierminister. Acht Jahre zuvor war Frankreich an der Seite Schwedens in den Dreißigjährigen Krieg eingetreten, mit dem Hauptziel das Haus Habsburg zu schwächen. Frankreichs Armeen kämpften nun sowohl gegen den römisch-deutschen Kaiser und dessen Verbündete im Reich, als auch gegen den spanischen König. Die französischen Armeen waren militärisch zwar erfolgreich, aber dennoch belastete der Konflikt die Staatsfinanzen erheblich. Innenpolitisch sah sich Anna einer heftigen Opposition gegenüber, denn die städtischen Gerichtshöfe und Prinzen misstrauten ihrer Regierung. Dem stellte sich Kardinal Mazarin entgegen. Anna entpuppte sich jedoch als völlig anders als erwartet. Die Königin, als spanische Habsburgerin am französischen Hof zunächst verschmäht, wurde selbst zu einer überzeugten Französin. Sie duldete weder Favoriten noch die Schmälerung der königlichen Autorität im Staate. Ihre Generäle wies sie an, die Kämpfe mit unverminderter Härte voranzutreiben. Mazarin leitete die Staatsgeschäfte und führte die absolutistische Politik Kardinal Richelieus fort, indem er die Zentralisierung der Staatsgewalt in der Person des Königs mit aller Macht betrieb.

Mit der Unterzeichnung der Friedensverträge zu Münster und Osnabrück 1648 war Frankreich der große Sieger des Dreißigjährigen Krieges. Erhebliche Truppenteile konnten gegen Spanien eingesetzt werden. Doch nun brach in Frankreich die Fronde (1648–1653) aus, ein offener Bürgerkrieg des Pariser Parlaments und der Prinzen gegen die Politik des königlichen Absolutismus. Als Möglichkeit zur Revolte diente die Minderjährigkeit Ludwigs. Die Frondeure gaben vor, gegen die negativen Einflüsse des Leitenden Ministers Mazarin zu kämpfen. Dieser wurde als Italiener allgemein wenig geschätzt, insbesondere die königlichen Prinzen nahmen ihm übel, dass er sie konsequent von jeder politischen Macht ausschloss. Die Parlamente (Oberste Gerichtshöfe) hingegen wurden vom Englischen Bürgerkrieg beeinflusst und sahen eine Chance ihre Privilegien gegenüber der Krone auszubauen.

Die Fronde scheiterte 1652. Die Unruhen sollten jedoch noch bis 1654 anhalten. Ludwig XIV. wurde 1651 für volljährig erklärt, womit die Regentschaft seiner Mutter offiziell endete. Der König – noch zu jung zur Regierung – übertrug erwartungsgemäß die Macht an Mazarin und nicht an einen Prinzen aus dem Königshaus. Am 7. Juni 1654118 erfolgte die Krönung und Salbung des Königs in der Kathedrale von Reims, womit die Ordnung im Königreich, für jeden ersichtlich, wiederhergestellt war.

Während des Bürgerkriegs kam der Kampf mit Spanien zum Erliegen, die Frondeure bekamen überdies Unterstützung von den Spaniern. Nachdem wieder innerer Friede herrschte, konnte Frankreich seine Kräfte gegen Spanien bündeln und erzielte Erfolge durch Angriffe auf die Spanische Niederlande und die Invasion Spaniens, welche zur erneuten Besetzung Kataloniens führte. 1657 gelang es Mazarin das republikanische England unter Oliver Cromwell in einem Geheimvertrag zum Bundesgenossen gegen die Spanier zu gewinnen. Spanien sah sich gezwungen den Frieden zu suchen. König Philipp IV. bot Ludwig die Hand seiner ältesten Tochter, der Infantin Maria Theresia von Spanien, an. 1659 trafen beide Monarchen auf der Fasaneninsel, zwischen Frankreich und Spanien, zusammen und unterzeichneten den Pyrenäenfrieden. Frankreich erwarb das Roussillon in den Pyrenäen und bekam von den Spanischen Niederlanden das Artois und einige Nebenländer. Die Infantin verzichtete auf ihr Erbrecht an der spanischen Krone gegen eine Mitgift von 500.000 Goldtalern, eine für die Spanier unerschwingliche Summe, die nicht ausgezahlt werden konnte. Dadurch blieb Maria Theresia älteste, erbberechtigte Tochter des spanischen Königshauses. Die Heirat zwischen Ludwig XIV. und Maria Theresia (einer Kusine ersten Grades) fand am 9. Juni 1660 in Saint-Jean-de-Luz statt. Bereits am 1. November 1661 wurde Dauphin Louis geboren.

Dominanz Frankreichs unter Ludwig XIV.

Ludwig XIV., Charles Le Brun (1619–1690), 1661

Seit Ludwigs Kindheit führte Kardinal Mazarin die Geschäfte für den König. Der Leitende Minister galt als ein außerordentliches Talent in der Politik und unterrichtete daher selbst den König in der Kunst der Staatsführung. Als Mazarin am 9. März 1661 starb, war der 22-jährige König auf sein Amt vorbereitet und verkündete dem Staatsrat, dass er keinen Leitenden Minister mehr einsetzen, sondern die Regierungsgeschäfte in eigener Regie führen werde.

Diese Regierungsgrundsätze, heute auch als das absolutistische Kabinettsystem bezeichnet, hielt er 1670 in seinen „Memoiren“ für seinen Nachfolger fest. Er begann die Regierung umzubilden und entließ einen Großteil des Staatsrats, selbst seine Mutter schloss er aus, so dass nur noch die wichtigsten drei Minister an den Ratssitzungen teilnahmen. Einer von diesen war Nicolas Fouquet, der Finanzminister. Ludwig ließ ihn wegen Korruption und Hochverrat verhaften und durch den ihm treu ergebenen Jean-Baptiste Colbert ersetzen. Fouquet hatte Staatsgelder veruntreut und Befestigungen ohne Genehmigung des Königs bauen lassen. Letzteres interpretierte Ludwig als Vorbereitung einer Rebellion gegen seine Person. Mit der neuen Regierung wurde ein Reformprogramm beschlossen, dessen Ziele die Förderung von Wirtschaft und Wissenschaft, der massive Ausbau von Flotte und Armee und eine tiefgreifende Reformierung der Bürokratie war. Der Flottenbau wurde maßgeblich von Colbert und seinem Sohn, dem Marquis de Seignelay, in Angriff genommen. Der Umbau der Armee wurde hingegen zum Hauptanliegen des Ministers Le Tellier und dessen Sohn, dem Marquis de Louvois. Ludwig schrieb selbst an seine Mutter: „Ich bin nicht der Gimpel, für den mich die Höflinge gehalten haben…“.

Der junge König versuchte Europa zu beeindrucken. Diese Gelegenheit bot sich ihm bereits 1661 beim Londoner Kutschenstreit, in dessen Folge Spanien den Vorrang des Königs von Frankreich in ganz Europa anerkennen musste. 1662 kam es zur Defensivallianz zwischen Frankreich und Holland; kurz darauf kaufte Ludwig vom englischen König Karl II. die Stadt Dünkirchen. Doch der König wollte alle Welt nicht nur politisch überraschen, sondern auch durch prächtige Hoffeste. Daher fand 1664 das Fest Die Freuden der verzauberten Insel (Plaisirs de l’Île enchantée) statt. Europas Fürsten begannen zunehmend den Lebensstil des französischen Monarchen nachzuahmen.

1665 starb sein Onkel und Schwiegervater Philipp IV. von Spanien. Ludwig machte zum ersten Mal das Erbrecht seiner Ehefrau geltend. Er forderte auf Grundlage des brabantischen Devolutionsrechts einen Erbteil für Frankreich, nach welchem Töchter aus erster Ehe ein vorrangiges Erbrecht hatten. In Spanien saß mit Karl II. ein Kind auf dem Thron und dessen Mutter Maria Anna von Österreich führte für ihn die Regentschaft. Die Regentin wies die französischen Forderungen zurück. 1667 begann Frankreich den Devolutionskrieg (1667–1668). So marschierte eine Armee von 70.000 Mann in die Spanischen Niederlande ein und annektierte danach die Franche-Comté. Spanien sah sich vor vollendete Tatsachen gestellt und hatte keine Mittel zu Gegenwehr. Der Sieg schien uneingeschränkt zu sein, doch fühlte sich nun Frankreichs Alliierter Holland von der Präsenz französischer Truppen bedroht. Die holländischen Generalstaaten verbündeten sich 1668 mit England und Schweden zur Tripelallianz, um so die Friedensverhandlungen zu beschleunigen. Ludwig sah sich nun gezwungen, bei den Verhandlungen in Aachen Abstriche von seinen Forderungen zu machen. Durch den Frieden von Aachen behielt Frankreich große Teile im Westen der Spanischen Niederlande, musste jedoch die Franche-Comté wieder herausgeben. Ludwig XIV. konnte nicht verzeihen, dass ihm sein eigener Alliierter in den Rücken gefallen war, wobei er bisher immer größter Förderer Hollands gewesen war und sogar 1666 zu dessen Gunsten im Zweiten Englisch-Niederländischen Seekrieg militärisch interveniert hatte.

Ludwig XIV. überquert den Rhein bei Lobith am 12. Juni 1672; Deutsches Historisches Museum Berlin

Zuerst wurde die Tripelallianz von ihm zerstört, indem er 1670 mit seinem Cousin Karl II. von England durch den Vertrag von Dover ein Offensivbündnis einging und dann Schweden hohe Subsidien für eine Allianz zahlte. Danach annektierte Frankreich das Herzogtum Lothringen und schloss Bündnis- und Neutralitätsabkommen mit benachbarten Fürsten. Schließlich war Holland isoliert, der Holländische Krieg (1672–1678) begann. Ludwig ließ 120.000 Mann die Grenzen zu den Vereinigten Provinzen der Niederlande überschreiten. Nur die Öffnung der Deiche und die Überflutung breiter Landschaften rettete sie vor der totalen militärischen Niederlage. In dieser Situation wurde Johan de Witt durch Wilhelm III. von Oranien als Generalstatthalter der Provinzen abgelöst. Dieser ging unverzüglich ein Bündnis mit Spanien und dem römisch-deutschen Kaiser Leopold I. ein. Damit hatte Ludwig XIV. auch sein zweites politisches Ziel erreicht: Spanien und der römisch-deutsche Kaiser erklärten freiwillig den Krieg. 1673 führte er persönlich die französischen Truppen bei der Belagerung von Maastricht. Nach dem Abzug seiner Truppen aus Holland konnte Ludwig seine Armeen nun gegen Spanier und Kaiserliche verwenden. 1674 annektierte er erneut die Franche-Comté, England schied jedoch aus dem Krieg aus. Die Kämpfe zogen sich noch bis 1678 hin. Ludwig hielt während des Krieges 280.000 Mann unter Waffen. 1678/79 wurde der Friede von Nimwegen geschlossen. Frankreich behielt dabei fast vollständig seine Eroberungen gegen Spanien und im Heiligen Römischen Reich. Der Einfluss und die Dominanz Frankreichs verstärkten sich weiter.

Ludwig entließ 1679 seinen Außenminister, den Marquis de Pomponne, und ersetzte ihn durch Colberts Bruder Charles Colbert de Croissy. Zur Sicherung der Grenzen begann Ludwig mit dem Ausbau des französischen Festungsgürtels. Der Festungsbaumeister Sébastien le Prestre de Vauban umgab das Königreich mit über 160 Befestigungsanlagen, die Frankreichs Territorien sichern sollten. Dazu gehörten Stadtgründungen wie Saarlouis und Neuf-Brisach.

Nach dem Krieg löste Frankreich seine Armeen keineswegs auf, sondern hielt sie weiter unter Waffen. Ludwig benutzte sie zur Durchsetzung der Reunionen, wodurch er seine Eroberungen weiter ausbauen konnte. Zunächst annektierte er die restlichen Teile des Elsass, hier war insbesondere Straßburg sein Hauptziel, das als Einfallstor für kaiserliche Truppen gedient hatte; es wurde 1681 eingenommen. 1683 besetzte er die östlichen Teile der Spanischen Niederlande, namentlich Luxemburg, 1684 das Kurfürstentum Pfalz; dieses wurde in die französische Saarprovinz umgewandelt. Daneben erfolgte die Besetzung der unteren Schelde, wodurch große Teile Flanderns in französischen Besitz gerieten. Gegen diese Aggressionen protestierte Spanien und erklärte noch 1683 den Krieg. Doch kein anderer Staat war bereit, die Waffen gegen Frankreich zu richten, insbesondere Kaiser Leopold I. war durch die Belagerung Wiens durch die Osmanen gebunden. Ludwig handelte 1684 zu Regensburg mit Spanien und dem Reich einen zwanzigjährigen Waffenstillstand aus und erreichte so die vorläufige Anerkennung sämtlicher Reunionen.

Der Empfang des Dogen von Genua in Versailles 1685

Ludwigs politische und militärische Übermacht war nach dem Frieden von Nimwegen erdrückend. In den Jahren zuvor war er neben der Expansion in Europa auch noch mit der Erweiterung des französischen Kolonialreiches beschäftigt. Neben den im frühen 17. Jahrhundert gegründeten Neufrankreich-Kolonien gründete er die ersten Kolonien von Französisch-Indien: 1673 Chandannagar, 1674 Pondichéry. In Westindien wurde die Insel Martinique französisch. 1682 gründete La Salle am unteren Mississippi eine neue Kolonie und nannte sie zu Ehren des Königs Louisiana. Daneben erwarb Frankreich noch 1660 Haiti, 1664 Französisch-Guayana, sowie mit dem Senegal Teile der westafrikanischen Küste und Madagaskar.

Innenpolitisch begann Ludwig seine Kontrolle über die französische Staatskirche auszubauen. Im November 1681 ließ er eine Klerikerversammlung abhalten, welche die Gallikanischen Artikel verabschiedete. Der Einfluss der französischen Könige auf die eigene Kirche war ohnehin sehr stark, nun jedoch durfte der Papst auch keine Legaten mehr ohne des Königs Zustimmung nach Frankreich senden. Bischöfe durften ohne königliche Erlaubnis das Land nicht verlassen, kein Staatsbeamter exkommuniziert werden für Taten, die seinen Dienst betrafen. Alle kirchlichen Privilegien wurden dem Monarchen übertragen, sämtliche Einflussmöglichkeiten des Papstes durch die Billigung des Königs reguliert. Der Papst verweigerte schließlich seine Zustimmung zu diesen Artikeln und erst Jahre später fand Ludwig einen Kompromiss mit dem Heiligen Stuhl.

Außerdem ging Ludwig davon aus, dass er, um die Einheit der Nation zu stärken, die durch die Reformation verursachte Spaltung des Christentums überwinden müsse. In dieser Sichtweise folgte er der Religionspolitik seiner Vorgänger, darin besonders der Vorgabe Kardinal Richelieus, die stets eine Wiederholung der Hugenottenkriege fürchtete. Des Weiteren wurde er in dem tiefen Glauben erzogen, dass die Seele eines Protestanten den Qualen der Hölle ausgeliefert sei, weshalb er es als seine Pflicht ansah, die Seelen seiner hugenottischen Untertanen zu retten. Er setzte deshalb die protestantische Bevölkerung unter Druck, vor allem durch das Edikt von Fontainebleau (1685). Dadurch wurde das 1598 von Heinrich IV. ausgerufene Edikt von Nantes widerrufen. Hugenottische Kirchen wurden daraufhin zerstört, protestantische Schulen geschlossen. Infolgedessen flohen von 1685 bis 1730 etwa 200.000 (von 730.000) Hugenotten ins Ausland, vor allem in die Niederlande, nach Preußen, England und Nordamerika. Die neuere Forschung hat allerdings gezeigt, dass die Zahl der Geflohenen bei weitem zu gering war, um einen übermäßigen Schaden an der französischen Wirtschaft herbeizuführen.119 Jedoch erschütterte das Edikt von Fontainebleau Frankreichs Ansehen bei den protestantischen Staaten Europas und die hugenottischen Kamisarden entfachten Aufstände in Zentralfrankreich. Die große Mehrheit gab dem Druck jedoch nach und konvertierte, auch aufgrund der Steuerbegünstigungen und den Sonderrechten für Konvertierte sowie der lebenslangen Befreiung vom Dienst in der Miliz.

Der Spiegelsaal im Schloss von Versailles

Ab 1686 formierte sich die Liga von Augsburg, ein Zusammenschluss protestantischer und katholischer Staaten gegen Frankreichs Eroberungspolitik. Neben Kaiser Leopold I. zählten dazu die Fürstentümer Bayern, Brandenburg, die Vereinigten Provinzen, Spanien und Schweden. Ludwig entsandte 1688 erneut Truppen in die Pfalz, um einem Angriff der Liga an dieser Stelle zuvorzukommen. Durch diese Maßnahme, die später zur Verwüstung der Pfalz führte, eskalierte der Konflikt zwischen König und Liga. Letztere formierte sich zu einer Offensivallianz und erklärte Frankreich den Krieg, dem sich England nach der Glorreichen Revolution von 1688 anschloss. Die Konfrontation mündete in den Pfälzer Erbfolgekrieg von 1688 bis 1697.

Französische Armeen besetzten die Spanischen Niederlande, marschierten ins Reich ein und eroberten zahlreiche feste Plätze. Ludwig selbst beteiligte sich an einigen Belagerungen so in Mons und in Namur. Die Allianz konnte kaum Siege verbuchen, doch auch Ludwigs Flotte erlitt eine Niederlage vor La Hougue (1692). Als Ludwig XIV. einsah, dass er trotz mehrerer Siege, wie der Schlacht bei Neerwinden am 29. Juli 1693, keinen Frieden erzwingen konnte, begann er seine Diplomaten als politische Waffe einzusetzen. Die erschöpften Kontrahenten begannen den Frieden von Rijswijk zu vereinbaren, der 1697 unterzeichnet wurde. Ludwig gab Luxemburg und die Pfalz wieder heraus und bekam dafür die restlichen Reunionen bestätigt. Darüber hinaus erkannte Ludwig den Prinzen von Oranien als König von England an.

Louis XIV of France and his family attributed to Nicolas de Largillière
Ludwig XIV. und seine Erben im Jahr 1711

Nach 1697 begann die spanische Thronfolge zum Hauptthema an den Höfen Europas zu werden. König Karl II. hatte keinen Erben. Sowohl die Bourbonen als auch die Habsburger der deutschen Linie machten Erbansprüche geltend. Denn König Ludwig XIV. und auch der Kaiser des heiligen römischen Reiches, Leopold I. hatten Töchter Philipps IV. von Spanien geheiratet. Ludwig hatte jedoch mit Maria Theresia von Spanien die ältere von beiden geehelicht und diese hatte nie auf ihr Erbrecht verzichtet. Leopold hingegen hatte die jüngere Tochter Margarita von Spanien geheiratet und war zudem der Meinung, dass Spanien im Besitz der Habsburger bleiben müsste.

Nun fürchteten andere Staaten wiederum, dass die Mächtekonstellation in Europa erheblich erschüttert werden würde, sollten sich Frankreich oder Kaiser Leopold Spanien gänzlich einverleiben. Unter diesen Bedenken handelte Ludwig XIV. mit Wilhelm III. von England den 1. Teilungsvertrag aus. Der bayerische Prinz Joseph-Ferdinand sollte Spanien bekommen und die restlichen europäischen Besitzungen Spaniens zwischen Ludwig und Leopold aufgeteilt werden. Kaiser Leopold akzeptierte diese vertragliche Regelung. Karl II. entschloss sich, den bayerischen Prinzen Joseph-Ferdinand als Universalerben für alle Ländereien einzusetzen, in der Hoffnung, dass sowohl Ludwig, als auch Leopold auf ihre vertraglichen Rechte verzichten würden.

Mit dem Tod des bayerischen Prinzen Joseph-Ferdinand war dieser Plan hinfällig geworden. Karl II. wollte aber die Einheit seines Reiches wahren und entschied sich vorerst für den Erzherzog Karl – den jüngeren Sohn des Kaisers – als seinen Erben. Dessen Ansprüche wurden jedoch durch den 2. Teilungsvertrag zwischen Frankreich und England geschmälert. Nach diesem sollte Erzherzog Karl zwar Spanien erben, aber die italienischen Besitzungen an Frankreich fallen. Woraufhin Kaiser Leopold I. seine Zustimmung zum 2. Teilungsvertrag verweigerte und das gesamte spanische Erbe ungeteilt für seinen Sohn Karl beanspruchte, womit er Frankreich, Holland und England brüskierte.

Karl II. setzte schließlich den zweiten Sohn des französischen Kronprinzen Louis, den Herzog von Anjou, als Erben ein. Sollte dieser unerwartet den französischen Thron erben, so würde dessen jüngerer Bruder, der Herzog von Berry, Spaniens neuer König. Sollte auch dieser nicht mehr zu Verfügung stehen, so würde dann erst Erzherzog Karl sein Erbe werden. Damit erkannte Karl II. von Spanien die Thronrechte der Bourbonen an.

Ludwig entschloss sich, das spanische Erbe zu akzeptieren, da ein Krieg mit dem Kaiser nun ohnehin unvermeidlich war und Frankreich so die bessere Position gegen den Kaiser einnehmen konnte. Es gilt als gesichert, dass eine Ablehnung des Testaments den Krieg nicht hätte verhindern können, da Kaiser Leopold den Waffengang plante, wenn Frankreich auf dem 2. Teilungsvertrag bestanden hätte. So proklamierte Ludwig XIV. seinen Enkel Philippe d’Anjou zu Philipp V. und damit zum neuen König von Spanien. Ludwig befahl die sofortige Besetzung der spanischen Nebenländer, noch bevor sich Leopold ihrer bemächtigen konnte.

Ludwig XIV. empfängt den späteren König von Polen und Kurfürsten von Sachsen, August III., im Schloss Fontainebleau 1714

Durch die Sorge, dass Frankreichs Übermacht dadurch noch zunehmen könnte, vereinigten sich England, Holland und das Reich mit dem Kaiser zum Kampf gegen Ludwig, wodurch die Große Allianz geschaffen wurde. Die französisch-spanische Allianz wurde durch Savoyen, Kurköln und Bayern unterstützt, wodurch der Spanische Erbfolgekrieg (1702–1713) ausgelöst wurde. Frankreich war gezwungen, während des Krieges 680.000 Soldaten zu unterhalten; die Staatsfinanzen wurden überbeansprucht. 1708 sah die militärische Lage für Frankreich so schlecht aus, dass Ludwig XIV. um Frieden ersuchte. Doch die Alliierten stellten unannehmbare Forderungen.

Als 1711 Kaiser Joseph I. starb und Erzherzog Karl damit neuer Kaiser wurde, erkannte England zunehmend die Gefahr, dass Karl sowohl Spanien als auch das Reich unter seiner Herrschaft vereinen könnte, und begann Friedensgespräche mit Frankreich. 1713 unterzeichnete England den Separatfrieden von Utrecht mit Ludwig und Philipp und schwächte so die Kaiserlichen weiter. Durch die Besetzung Freiburgs im November 1713 durch Frankreichs Truppen, sah sich Kaiser Karl VI. gezwungen, ebenfalls den Frieden zu suchen und 1714 den Frieden von Rastatt zu akzeptieren. Danach erfolgte der Friede von Baden zwischen Frankreich und dem Reich.

Philipp V. blieb König von Spanien und behielt ebenso dessen Kolonien. Die Reste der Spanischen Niederlande und die italienischen Besitzungen fielen an den Kaiser. Damit hatte Frankreich sein politisches Hauptziel erreicht und die Bourbonen auf Spaniens Thron etabliert, musste jedoch auf fast jede militärische Eroberung verzichten. Dennoch war die habsburgische Umklammerung Frankreichs endgültig zerschlagen.

Die enormen Belastungen des letzten Krieges lasteten die Menschen Ludwig XIV. an. Der alte König gestand selbst, dass „nichts mein Herz und meine Seele tiefer gerührt hat als die Erkenntnis des völligen Ausblutens der Völker meines Reichs durch die unermeßliche Steuerlast“. Anlässlich seines Begräbnisses berichtete der Polizeikommissar Pierre Narbonne: „Viele Menschen freuten sich über den Tod des Fürsten, und überall hörte man Geigen spielen.“ Und Voltaire sah neben dem Trauerzug „...kleine Zelte, wo das Volk trank, sang und lachte.

Erbfolgekriege und Verlust der Kolonien, Stagnation bis zur Revolution (bis 1789)

Französische Kolonien nebst Einflusssphäre in Indien

Ludwig überlebte seinen Sohn und seinen ältesten Enkel und starb am 1. September 1715. Sein Urenkel Ludwig XV. folgte ihm auf dem Thron; in der Zeit der Régence wurden der wirtschaftliche Aufschwung und die kulturelle Blüte weitergeführt. Durch seine erfolglose Teilnahme am Siebenjährigen Krieg verlor Ludwig XV. die französischen Kolonien in Nordamerika (Québec, Louisiana) und Teile von Indien an England. Nur während einer kurzen Phase unter dem Intendant Jean Talon hatte sich Neufrankreich von 1665 bis 1672 einer starken staatlichen Förderung erfreut. Jährlich erreichten rund 500 Neuankömmlinge, dazu zwischen 1663 und 1672 700 bis 900 unverheiratete Frauen aus Frankreich die Kolonie. 1668 kamen außerdem rund 2000 Soldaten mit dem Carignan-Salières-Regiment, von denen 446 als Siedler blieben, rund 100 als Soldaten.120 Darüber hinaus wurden 1500 Siedler angeworben. So stieg die Bevölkerung durch zahlreiche in der Kolonie geborene Kinder zwischen 1720 und 1760 von 24.500 auf 70.000.

Doch seit etwa 1700 wurde die Entwicklung zunehmend vom Konflikt mit Großbritannien überschattet. Wie überlegen die britischen Kolonien waren, zeigte sich darin, dass 1750 in Neuengland bereits rund eine Million Siedler lebten.121 Dennoch kam es zunächst zu einer enormen räumlichen Ausweitung der kolonialen Ansprüche. Nachdem die französische Krone 1674 die direkte Herrschaft über die Kolonie übernommen hatte, erforschten René Robert Cavelier de la Salle, Louis Joliet und Jacques Marquette das Hinterland und befuhren den Mississippi. Sie schufen damit eine Grundlage für ein Kolonialreich, das sich bis an den Golf von Mexiko erstreckte. Es entstand eine Kette von Forts und Ansiedlungen vom Sankt-Lorenz-Strom zu den Großen Seen und von dort entlang des Mississippi bis nach Louisiana. Dieses auf der Landkarte so beeindruckende Imperium litt vor allem darunter, dass jeder Krieg Ludwigs XIV. unweigerlich dazu führte, dass dort Stellvertreterkriege ausgetragen wurden. Der Queen Anne’s War von 1702 bis 1713 war ein Stellvertreterkrieg des Spanischen, der King George’s War (1740 bis 1748) des Österreichischen Erbfolgekrieg. Schließlich kam es während des Siebenjährigen Krieges von 1756 bis 1763 in Nordamerika zum britisch-französischen Krieg. Die Amerikaner nennen diese Kriege bis heute „Franzosen- und Indianerkriege“.

1774 folgte dem König sein Enkel Ludwig XVI. auf den Thron, der mit Marie Antoinette, einer Tochter der Kaiserin Maria Theresia von Österreich verheiratet war. Er machte die von Ludwig XV. noch kurz vor seinem Tod begonnenen Reformen zum großen Teil wieder rückgängig und suchte durch eigene Reformen den Staat zu reorganisieren. Er stattete die Obersten Gerichtshöfe mit höherer Machtkompetenz aus, wodurch es Hochadel und Klerus besser möglich war, seine Reformvorhaben zu bekämpfen. In den 1780er Jahren kam es zu einer Finanzkrise, zu der auch die Teilnahme am amerikanischen Unabhängigkeitskrieg beitrug. Der König reagierte mit Sparmaßnahmen und versuchte das Finanzwesen neu zu regeln; auch die direkte Besteuerung des 1. und 2. Standes versuchte er durchzusetzen. Nach den Missernten der Jahre 1787/88 sah sich der König schließlich im August 1788 genötigt, nach langer Zeit wieder die Generalstände einzuberufen.

Am 17. Juni 1789 erklärten sich die Abgeordneten des Dritten Standes zur Nationalversammlung und schworen, erst wieder auseinanderzugehen, wenn eine Verfassung geschaffen sei. Mit diesem Ballhausschwur vom 20. Juni begann das Ende des so genannten Ancien Régime.122

Von der Französischen Revolution zum Ersten Kaiserreich (1789-1815)

Von der Revolution zum Direktorium (1789–1799)

Sturm auf die Bastille, der am 14. Juli 1789 stattfand, Jean-Pierre Houël (1735-1813)

Die Französische Revolution begann mit dem Sturm auf die Bastille in Paris am 14. Juli 1789 (heute Nationalfeiertag Frankreichs). Die Revolutionäre wollten dem Absolutismus ein Ende setzen. Am 26. August 1789 wurde in der Nationalversammlung die Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte als erste Menschenrechtserklärung in Europa proklamiert. Nach der missglückten Flucht des Königs nach Varennes organisierte der radikale Club des Cordeliers eine Demonstration, die am 17. Juli 1791 zum Massaker auf dem Marsfeld führte. Die Verfassung des 3. September 1791 wandelte Frankreich von einer absolutistischen in eine konstitutionelle Monarchie.

Einen Tag nach der Kanonade von Valmy wurde am 21. September 1792 die erste Französische Republik ausgerufen. Die Verschärfung der Gegensätze führte nach dem Tuileriensturm zu den Septembermassakern und letztlich zur Hinrichtung des Königs am 21. Januar 1793. Nach dem Aufstand der Jakobiner erfolgte der Ausschluss der Girondisten aus dem Nationalkonvent. Die Terrorherrschaft des zwölfköpfigen Wohlfahrtsausschusses von Jakobinern, der zuerst von Georges Danton und dann zunehmend von Maximilien de Robespierre geleitet wurde, begann mit der Annahme der demokratischen Verfassung von 1793, die allerdings nie in Kraft trat. Die Jakobinerherrschaft wurde am 27. Juli 1794 (9. Thermidor) mit der Verhaftung und tags darauf der Hinrichtung Robespierres und seiner Anhänger durch die Thermidorianer beendet, worauf das Direktorium die Macht übernahm. Der Beginn der Koalitionskriege zwischen Frankreich und seinen Nachbarländern war durch zahlreiche französische Siege gekennzeichnet, darunter Napoleons Italienfeldzug von 1796–97.

Konsulat, Napoleon als Erster Konsul (1799–1804)

Das 2. Konsulat: Jean-Jacques Régis de Cambacérès, Napoléon Bonaparte und Charles-François Lebrun

Napoléon Bonaparte übernahm vom 10. November 1799 bis zum 1. Dezember 1804 als Erster Konsul faktisch die Alleinherrschaft. Der Übergang vom Direktorium zum Konsulat wurde durch den Staatsstreich des 18. Brumaire VIII (9. November 1799) herbeigeführt. Am 10. November wurde Napoléon Bonaparte vom Nationalkonvent unter Druck des Militärs zum Ersten Konsul ernannt. Die Verfassung des Jahres VIII trat am 24. Dezember 1799 nach einem Referendum in Kraft.

Dem Konsulat lag ein Verfassungsentwurf zugrunde, der im Kern auf Emmanuel Joseph Sieyès zurückging und durch Napoleon abgewandelt worden war. Das Zentrum der Verfassung bildete der Sénat conservateur, der aus achtzig auf Lebenszeit bestellten Mitgliedern bestand. Er ergänzte sich selbst, darüber hinaus sollten ehemalige Konsuln automatisch Mitglieder sein. Dem Senat oblag die Wahl der gesetzgebenden Versammlung, des Tribunats, der Konsuln und der obersten Richterstellen. Er konnte jeden Gesetzesbeschluss und jeden Akt der Regierung, aber auch Volks-Wahlen als verfassungswidrig erklären. In der Praxis wurden zudem Verfassungsänderungen möglich, die als senatus consulta bezeichnet wurden.

An die Stelle des Direktoriums der Exekutive trat das Gremium der drei Konsuln. Es gab einen Ersten, Zweiten und Dritten Konsul; sie sollten vom Senat auf zehn Jahre gewählt werden, wobei der Dritte Konsul um fünf Jahre versetzt zum Ersten und Zweiten bestellt werden sollte. Dem Ersten Konsul, also Napoleon, waren verschiedene Vorrechte eingeräumt, darunter die Ernennung der Minister, der meisten Richter, Offiziere und Beamten.

Der Senat wählte den Tribunat, der Gesetzesvorschläge der Regierung diskutieren und Wünsche an die anderen Verfassungsorgane aussprechen durfte, aber keine Entscheidungsgewalt besaß. Außerdem wurde der Corps législatif (Gesetzgebungskörper) vom Senat gewählt, der nach Anhören der Sprecher der Regierung und des Tribunats in geheimer Abstimmung über die Gesetzesvorschläge der Regierung entschied. Als Hilfsorgan der Konsuln bei der Regierungs- und Verwaltungsführung wurde ein Staatsrat neu eingerichtet, der vor allem als Verwaltungsgericht fungierte.

Auch Wahlen durch das Volk waren vorgesehen. In einem dreistufigen System wurden auf den verschiedenen Verwaltungsebenen zuerst lokale Listen von jeweils einem Zehntel aller Wahlberechtigten bestimmt, aus diesen in einem weiteren Wahlgang ein Zehntel der Gewählten der lokalen Listen auf regionale Listen, schließlich aus den regionalen Listen wiederum ein Zehntel in überregionale Listen, die zusammen eine nationale Liste bildeten. Der Senat und der Erste Konsul durften bei Wahlen bzw. Ernennungen nur Personen berücksichtigen, die entsprechend der jeweiligen Funktion auf der zugehörigen Liste standen. Der Senat konnte diese Listen allerdings jederzeit für nichtig erklären.

Die vorgesehenen Wahlen wurden allerdings kaum durchgeführt; durch verschiedene Bestimmungen waren zu freie Wahlergebnisse von vornherein ausgeschlossen. So wurden die ersten Konsuln unter Geltung der Verfassung (2. Konsulat) im Verfassungstext ernannt; der Senat wurde gebildet, indem die ehemaligen zweiten und dritten Konsuln und die neuen zweiten und dritten Konsuln sich vereinten und zusammen die Mehrheit des Senats ernannten; die so ernannten Mitglieder wählten anschließend die übrigen hinzu.

Erstes Kaiserreich unter Napoleon I. (1804–1814/15)

Kaiserkrönung, Koalitionskriege, Code civil, Russlandfeldzug

Napoléon Bonaparte als Kaiser

Das Wappen des Kaiserreichs unter Napoléon Bonaparte

Napoleons Abdankungsurkunde

Am 2. Dezember 1804 setzte sich Napoléon selbst die Kaiserkrone aufs Haupt. Er setzte die Annexionspolitik seiner Vorgänger fort und brachte in den Koalitionskriegen große Teile Europas unter seine direkte oder indirekte Kontrolle. Dies trug in den eroberten Ländern dazu bei, dass Errungenschaften der Revolution und des Liberalismus sich rapide ausbreiteten. Dazu trug die Durchsetzung des Anspruchs nach Rechtsgleichheit ebenso bei, wie der Code civil („Code Napoléon“).

Im zweiten Koalitionskrieg erlitt Frankreich 1799 in Italien eine Niederlage gegen Österreich und Russland. Die französische Herrschaft brach zusammen. 1800 kam es zur erneuten französischen Eroberung. Das Großherzogtum Toskana wurde zum Königreich Etrurien, die Cisalpine Republik zur Republik Italien mit Napoleon als erstem Konsul. Piemont blieb unter französischer Militärverwaltung. Nach seiner Kaiserkrönung wandelte Napoleon die Republik Italien zum Königreich Italien um und krönte sich 1805 in Mailand zum König von Italien.

Am 2. Dezember 1805 siegte Napoléon gegen Russland und Österreich in der Schlacht bei Austerlitz. Im Oktober 1806 kam es zur Schlacht bei Jena und Auerstedt, in der die preußischen Truppen unterlagen. Französische Truppen marschierten in Berlin ein. Napoleons Armee zog durch Polen und unterzeichnete ein Abkommen mit dem russischen Zaren Alexander I., das Europa zwischen den beiden Mächten aufteilte.

Im Frieden von Preßburg 1805 nach dem Dritten Koalitionskrieg verlor Österreich das venezianische Gebiet wieder an Frankreich, das den Westteil Venetiens dem Königreich Italien zuschlug und aus dem östlichen Teil (den Gebieten an der östlichen Adria) einen neuen Vasallenstaat formte, die Illyrischen Provinzen. 1806 wurden die Bourbonen erneut aus dem Königreich Neapel vertrieben und Napoleons Bruder Joseph Bonaparte dort als Herrscher eingesetzt, 1808 sein Schwager Joachim Murat.

Napoléon setzte von 1806 bis 1814 einen Handelsboykott, die Kontinentalsperre gegen Großbritannien durch. Zudem setzte er während des Kriegs auf der Iberischen Halbinsel seinen Bruder Joseph als König in Spanien ein. Die Spanier erhoben sich jedoch, und es gelang Napoleon nicht, den Aufstand niederzuschlagen.

1809 kam es neuerlich zum Krieg mit Österreich, das dieses Mal jedoch auf sich allein gestellt war. Napoléon eroberte Wien, büßte aber kurz darauf in der Schlacht bei Aspern den Nimbus der Unbesiegbarkeit ein. Anderthalb Monate später gelang ihm in der Schlacht bei Wagram ein Sieg und Österreich musste sich im Frieden von Schönbrunn geschlagen geben.

Der Niederlage der Grande Armée („Große Armee“) im Russlandfeldzug 1812 folgte 1813 die Völkerschlacht bei Leipzig, in der die französische Armee erneut unterlag. Napoléon ging ins Exil nach Elba und Ludwig XVIII. wurde als König eingesetzt. Doch 1815 kehrte Napoléon zurück, wo ihn das Militär, das ihn aufhalten sollte, begeistert empfing. In Paris übernahm Napoléon für 100 Tage die Herrschaft, bis er bei Waterloo in der Nähe von Brüssel endgültig besiegt wurde. Dennoch konnte Frankreich sein Vorkriegsterritorium einschließlich Elsass-Lothringen erhalten.

Binnenstrukturen

Die Verfassung des Kaiserreichs knüpfte eng an die des Konsulats an. Der Konsul verfügte über weitgehende Vollmachten. Nur er hatte das Recht der Gesetzesinitiative. Von ihm wurden die Minister, die hohen Beamten und die Mitglieder des Staatsrates ernannt. An die Stelle eines eingeschränkten Wahlrechts trat erneut das allgemeine Wahlrecht für alle männlichen Bürger ab 21 Jahre. Die eher schwache Legislative bestand aus dem Tribunat mit 100 Mitgliedern und dem corps legislatif (gesetzgebende Körperschaft) mit 300 Mitgliedern. Während das Tribunat das Recht zur Gesetzesberatung aber nicht zur Abstimmung hatte, war die gesetzgebende Körperschaft nicht befugt zu debattieren, sondern konnte nur abstimmen. Die Mitglieder beider Kammern wurden im Übrigen nicht gewählt sondern von einem Senat genannten Gremium ernannt.

Der Beschluss Napoleon zum Konsul auf Lebenszeit zu machen, war mit einer weiteren Konzentration der Macht verbunden. Zusätzlich zu den bestehenden Rechten lag fortan das Recht internationale Verträge abzuschließen bei ihm. Auch das Begnadigungsrecht lag in seinem Ermessen. Ebenso hatte er nun das Recht die Mitglieder des Senats auszuwählen oder die Verfassung zu ändern. Er konnte die Kammern der Legislative jederzeit auflösen oder Gerichtsurteile kassieren. In der Praxis verlor das Parlament weitgehend an Bedeutung. Der Senat wurde zu einem bloßen Instrument Napoleons.123

In der neuen Verfassung wurde nicht nur bestimmt, dass Napoleon neuer Kaiser sein sollte, auch die Erblichkeit innerhalb der Familie Bonaparte wurde festgelegt. Nach außen am deutlichsten wurden die Veränderungen durch den monarchischen Rahmen. Die Mitglieder der kaiserlichen Familie wurden in den Fürstenrang erhoben. Neu geschaffen wurden sechs Erzämter (grandes dignités) und weitere hochrangigen Positionen (grands officiers).

Zu den Großwürdenträgern gehörten der Grand Électeur (Großwahlherr) zuständig für die gesetzgebenende und sonstigen hohen Körperschaften, der Archichancelier d'Empire (Reichserzkanzler) zuständig für die Justiz, der Archichancelier d'État (Staatserzkanzler) für die Diplomatie, der Architrésorier (Erzschatzmeister) für das Finanzwesen, der Konnetable für die Armee und der Großadmiral für die Flotte. Die Grand Officiers umfassten vor allem die 18 Divisionsgeneräle, die in Verbindung mit der Kaiserkrönung zu Marschällen von Frankreich ernannt wurden. Mitglieder des Senats wurden automatisch die volljährigen Prinzen des kaiserlichen Hauses und die Großwürdenträger des Reiches.

Der Senat bildete laut Verfassung zwei Kommissionen. Die eine sollte sich um die Wahrung der Pressefreiheit und die andere um den Schutz der persönlichen Freiheit kümmern. Auch war das Gremium bei Ministeranklagen das höchste Gericht. Theoretisch hatte er sogar eine Art Vetorecht bei Gesetzesvorhaben. In der Verfassungspraxis spielten diese Rechte jedoch keine Rolle.

Während der Senat eine Art Herrenhaus bildete, blieb auch das Tribunat und die gesetzgebende Körperschaft zunächst bestehen. Dabei bekamen die Mitglieder des corps législatif sogar in eingeschränkten Maße das Rederecht eingeräumt. Das Tribunat wurde in drei Sektionen für Justiz, Administration und Finanzen aufgeteilt. Beide Kammern tagten hinter verschlossenen Türen. Ihre Bedeutung blieb gering, da die meisten Regelungen durch Senatskonsulte oder Dekrete des Kaisers entschieden wurden.

Während der Herrschaft der Hundert Tage versuchte Napoleon seine Diktatur vergessen zu machen. Als Ergänzung zur Verfassung des Kaiserreichs wurde ein Acte additionnel aux Constitutions de l'Empire de 1815 erlassen. Ausgearbeitet von Benjamin Constant war dies eine deutlich liberalere Verfassung.

Das französische Kaiserreich zur Zeit seiner größten Ausdehnung im Jahr 1812

In den Jahren 1805 bis 1810 ernannte Napoleon verschiedene Großwürdenträger (Grands Dignitaires) des Kaiserreichs. Einige Titel (die Erzämter) wurden nach Vorbild des Heiligen Römischen Reichs geschaffen und viele Positionen besetzte Napoleon mit seinen Verwandten. Die Großwürdenträger hatten Anspruch auf die Anrede kaiserliche Hoheit (Son Altesse Impériale, S.A.I.). Dazu zählten der Reichserzkanzler (Archichancelier) Jean-Jacques Régis de Cambacérès (ab 1805), dann der Staatserzkanzler (Archichancelier d'État) Eugène de Beauharnais (ab 1805) sowie der Erzschatzmeister (Architrésorier) Charles-François Lebrun (ab 1805). Das gleiche galt für den Großwahlherrn (Grand électeur) Joseph Bonaparte (ab 1805), den Konnetabel (Connétable) Louis Bonaparte (ab 1805), aber auch den Großadmiral (Grand amiral) Joachim Murat (ab 1805), den Vize-Großwahlherrn (Vice-Grand électeur) Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord (ab 1807) sowie den Vize-Konnetabel (Vice-Connétable) Louis-Alexandre Berthier (ab 1807).

Daneben blieben die Ministerämter bestehen. Diese waren unvereinbar mit einem der Erzämter, die immerhin mit einer Drittelmillion Franc pro Jahr vergütet wurden. Die Hoffnung von Charles-Maurice de Talleyrand-Périgord auf ein Erzamt erfüllten sich nicht und er blieb Außenminister. Joseph Fouché wurde Polizeiminister und war einer der engsten Ratgeber des Kaisers.

Die zur Zeit des Konsulats eingeführten Präfekten als Leiter der Départements wurden von Napoleon selbst ernannt. Im Zuge der territorialen Expansion stieg die Zahl der Departements von 83 im Jahr 1790 auf 130 im Jahr 1812 an.124 Neben Frankreich selbst, das nun bis zum Rhein reichte, gehörten dazu 14 Departements der eroberten Provinzen in Italien, die 14 Departements der Niederlande und der deutschen Nordseeküsten bis Lübeck. Unterhalb der Departements wurden auch die Unterpräfekten der Arrondissements und die Bürgermeister (Mairie) ernannt und nicht mehr gewählt.

Übernommen wurde, außer dem Konsulat, auch die reformierte Steuerverwaltung, die Banque de France und der Franc.

Erste Seite der Erstausgabe des Code civil von 1804

Die Unabhängigkeit der Justiz war eingeschränkt, ihre Struktur wurde den Verwaltungseinheiten angepasst. Die während der Revolution eingeführte Wahl der Richter wurde zugunsten einer Ernennung durch Napoleon abgeschafft.

Gesetzliche Grundlage war der im März 1804 veröffentlichte Code civil. Dieser schrieb einige Errungenschaften der Revolution fest und galt auch während des Kaiserreichs. Darunter waren die Gleichheit vor dem Gesetz, die Vertragsfreiheit und die Trennung von Staat und Kirche. Besonders geschützt wurde das Eigentum. Auch schützte das Gesetzbuch die Bauern vor einer Refeudalisierung. Zum Code civil kam eine Zivilprozessordnung, dann 1810 ein Strafgesetzbuch, eine Strafprozessordnung und ein Handelsgesetzbuch.125 Der Revolutionskalender wurde mit der Krönung Napoleons abgeschafft.

Trotz der grundsätzlichen Trennung von Staat und Kirche kam es 1801 mit dem Konkordat zwischen dem Konsulat und Papst Pius VII. zu einem gewissen Ausgleich. Der Katholizismus wurde nicht mehr als Staatsreligion aber als Religion der Mehrheit des Volkes anerkannt. Napoleon behielt das Recht der Bischofsernennung, während der Papst das Recht der Weihe innehatte.126

Bereits seit 1800 residierte Napoleon in den Tuilerien. Sein Hofstaat folgte mit seiner Etikette den Vorbildern des Ancien Régime. Napoleons Stiefonkel Joseph Fesch wurde Großalmosenier; daneben gab es an der Spitze einen Obersthofmarschall, hinzu kamen weitere Hofämter. Talleyrand etwa war Obersthofkämmerer. Weitere Hofämter wurden mit Vorliebe an Mitglieder der Adelsfamilien vergeben. Als Zeremonienmeister spielte dabei Louis-Philippe de Ségur eine wichtige Rolle. Minister, Staatsräte, Hohe Richter, Erzbischöfe erhielten in einem Gesetz von 1808 den Grafentitel. Weitere hohe Funktionsträger bis hin zu den Bürgermeistern der großen Städte wurden Barone. Die Mitglieder der Ehrenlegion erhielten die Ritterwürde. Zahlreiche hohe Militärs wurden zu Herzögen oder Fürsten ernannt. So wurde Nicolas Jean-de-Dieu Soult Herzog von Dalmatien, André Masséna Herzog von Rivoli, Armand de Caulaincourt Herzog von Vincenza oder Bernadotte Fürst von Pontecorvo. Mit den Titeln waren jeweils große Ländereien insbesondere in Polen, Deutschland und Italien und erhebliche Geldeinkünfte verbunden.

Während des Kaiserreichs kam es zu einer partiellen Rehabilitierung des alten Adels. Am Hofe bekamen einige ihrer Angehörigen wichtige Hofämter. Ziel Napoleons war es die neuen bürgerlichen Eliten mit dem alten Adel zu verschmelzen. 1808 wurden die alten Adelstitel wieder eingeführt. Doch der neue Adel hatte keine Privilegien mehr wie die Befreiung von Steuern und Abgaben. Auch war der Adelstitel zunächst nicht erblich. Allerdings konnte eine Vererbung geschehen, wenn es zur Schaffung eines Majoratsbesitzes kam.127

Die Place Vendôme

Das Tribunat wurde 1807 von Napoleon abgeschafft. Die Mitglieder wurden in das corps legislatif überführt. Staatsrat und Senat wurden bloße Werkzeuge des Kaisers. Die Unabsetzbarkeit der Richter wurde eingeschränkt, die politische Opposition verfolgt. Es wurden eigens neue Staatsgefängnisse für politische Gefangene gebaut. Die Pressezensur wurde verschärft, die Zahl der Zeitungen beschränkt. Offizielles Sprachrohr des Kaisers und des Staates war der Moniteur. Deren politische Artikel wurden vom Außenministerium verfasst. Später wurde ein eigenes Presseamt gegründet. In Paris wurde die Zahl der Theater 1807 auf nur noch neun begrenzt. 1810 wurde eine spezielle Zensurbehörde gegründet.

In der gelenkten Presse nahm der Personenkult zu. Dazu dienten auch verschiedene Denkmäler Napoleons, z. B. die 1810 geschaffene Colonne Vendôme auf dem Place Vendôme. Der Triumphbogen wurde zur Zeit Napoleons zwar begonnen, aber erst viel später vollendet.

Eine „Kaiserliche Universität“ genannte Behörde war für alle Schulen von der Elementarschule bis zur Universität verantwortlich. Sie gründete und verwaltete die öffentlichen Schulen und überwachte die privaten. Ein Ratskollegium erarbeitete die Unterrichtsstoffe. Verbreitet wurde nicht zuletzt ein politischer Katechismus. Darin wurden die Schüler mit religiösen Begründungen auf die Treue gegenüber dem Kaiser eingeschworen.128

Militär und Außenpolitik

Das zentrale Machtelement war die Armee. Strukturell entsprach sie weitgehend der Armee, wie sie sich während der Revolution herausgebildet hatte. Ihre Elite war die aus der Konsulargarde hervorgegangene kaiserliche Garde.

Das Kaiserreich im Jahr 1812

Grundlage der Rekrutierung war die Wehrpflicht. Danach waren alle Franzosen zwischen 20 und 25 Jahren zum Militärdienst verpflichtet. Insgesamt wurden im Kaiserreich 2,1 Millionen Rekruten eingezogen, hinzu kamen 185.000 während des Konsulats und weitere 170.000 Soldaten aus weiter zurückliegenden Einberufungen - dabei sind Freiwilligenmeldungen und Verluste nicht mehr quantifizierbar. Im Jahr 1808 wurden 240.000 Mann, 1812 275.000 und 1813 900.000 Mann zum Militär einberufen. Insgesamt aber lag die Truppenstärke unter derjenigen während der Zeit des Direktoriums. So kam es 1809 nur zur Einberufung von 75.000 Mann. Neben der eigentlichen französischen Armee verlangte Napoleon auch von den von ihm abhängigen Staaten die Stellung von Truppen. Allein das Königreich Italien stellte bis 1814 218.000 Mann. Das ständige Kontingent des Rheinbundes betrug zunächst 60.000 und wurde später auf 120.000 Mann verdoppelt. Dabei stieg der Anteil der Dienstverweigerer und Deserteure auf über 30 %. Allerdings lag selbst zur Zeit des Höchststandes im Jahr 1813 der Anteil der Einberufenen an der Bevölkerung nur bei 2,85 %, während er 1794 bei 4,17 % gelegen hatte.129 Inklusive der Verbündeten befahl Napoleon am Vorabend des Russlandfeldzuges 1,1 Millionen Mann. Von den etwa 500.000 Mann der unmittelbaren Fronttruppen kamen nur etwa die Hälfte aus dem Kaiserreich selbst. Noch geringer war die Zahl mit 125.000–140.000 Mann derjenigen, die aus den alten Departements Frankreich stammten. Der Rest kam aus den neuen Gebieten oder von den Verbündeten.130

Wirtschaft

Während der französischen Revolution war die Wirtschaftsleistung Frankreichs gegenüber dem Ancien Régime massiv zurückgegangen. Sie erreichte 1800 nur 60 % des Standes von 1789. In den folgenden zehn Jahren, setzte eine starke wirtschaftliche Belebung ein. Allerdings kam es anders als in England nicht zum Durchbruch einer industriellen Revolution. Starke Investitionen wurden insbesondere in der Baumwollverarbeitung getätigt. Dort kam es auch teilweise schon zu einer Mechanisierung der Produktion. Die ökonomischen Schwerpunkte verlagerten sich in dieser Zeit weg von den Hafenstädten, die besonders stark von den Seeblockaden betroffen waren, hin zu Bereichen um Paris, Straßburg oder Lyon. Im innerfranzösischen Vergleich war die wirtschaftliche Entwicklung im Süden schwächer als im Norden. Insgesamt stagnierte die Entwicklung im Agrarsektor, während der Überseehandel als Folge der Kriege stark beschnitten wurde.131

Die seit 1806 von Napoleon verhängte Kontinentalsperre hatte massive Auswirkungen auf die Wirtschaft. Einige Wirtschaftszweige, etwa die Textilproduktion, profitierten vom Ausschluss der englischen Konkurrenz. Aber insbesondere die Handelsstädte spürten einen starken Rückgang. Auch die teilweise exportorientierte Landwirtschaft litt unter dem Ausfall des englischen Marktes. Viele Importwaren wurden knapp, darunter die aus Übersee bezogenen Kolonialwaren, aber auch die für die Textilindustrie notwendige Baumwolle. 1810 wurde daher zeitweise ein Lizenzsystem eingeführt. Es erlaubte französischen Reedern Waren auszuführen, wenn im gleichen Wert Kolonialwaren und andere Importgüter eingeführt würden. Den von Frankreich abhängigen Staaten wurde selbst dieser begrenzte Handelsverkehr allerdings weiter untersagt. 1810 kam es zu einer schweren Finanzkrise, ein Jahr später zu schweren Ernteausfällen. In Paris wurden die Preise künstlich niedrig gehalten, in anderen Städten, wo dies nicht der Fall war, kam es zu Teuerungsunruhen. Aufs Ganze gesehen, blieb die Unterstützung des Systems durch die unteren Schichten der Bevölkerung weitgehend stabil. Allerdings wandte sich das Wirtschaftsbürgertum und Teile des neuen Adels, die beide bislang am stärksten von Napoleons Politik profitiert hatten, ab.132

Mittelmeerpolitik, Kolonien

Französische Kolonien um 1800 (blau)

Am 9. November 1799 ergriff Napoléon Bonaparte in einem Staatsstreich die Macht als Erster Konsul. Er ließ 1802 die Sklaverei, die im Zuge der Revolution abgeschafft worden war, in den Kolonien wieder einführen, was im erst kürzlich von Spanien übernommenen Saint-Domingue (Haiti) zu einem erneuten Aufstand führte. Auf der Insel, wo es bereits seit 1791 zu Aufständen gekommen war, wurden die französischen Truppen am 18. November 1803 besiegt, worauf Jean-Jacques Dessalines am 1. Januar 1804 die Unabhängigkeit Haitis erklärte. In den nächsten Monaten wurden mehrere tausend Kolonisten ermordet, 1805 erhielt der Staat eine erste Verfassung. Dessalines war vom 8. Oktober 1804 bis zu seiner Ermordung im Jahr 1806 als Jacques I. Kaiser von Haiti.133

Obwohl Napoleon mit seinem Kontinentalsystem vor Allem die politische und wirtschaftliche Vorherrschaft in Europa anstrebte, sollte das Kaiserreich aber auch eine starke Stellung des Kontinents bei der Versorgung mit überseeischen Produkten erreichen. Dazu bedurfte es eines entsprechenden Kolonialbesitzes. Nach dem Frieden von Amiens (1802) war das französische Kolonialreich deutlich größer als es 1789 gewesen war. Das Land erhielt die von den Engländern besetzten Kolonien zurück. Von Spanien erhielt es 1801 Louisiana. François-Dominique Toussaint L’Ouverture besetzte den spanischen Teil der Insel Hispaniola. Doch Napoleons Plan, ein großes Kolonialreich im amerikanischen Raum zu gründen, scheiterte. Louisiana wurde daher an die Vereinigten Staaten verkauft. Weitere Besitzungen gingen in den folgenden Jahren verloren. Erfolgreicher war nach der Annäherung an das Osmanische Reich (Franko-Osmanische Allianz) und Persien (Franko-Persische Allianz von 1807) der Handel mit dem östlichen Mittelmeerraum und Westasien.134

Dort hatte Napoleon von 1798 bis 1801 im Zuge der ägyptischen Expedition versucht, Einfluss zu gewinnen - vor allem, um die britische Dominanz zu brechen. Doch wurde seine Flotte bei Abukir geschlagen, während er in Syrien scheiterte. Am 25. Juli 1799 unterlag zudem eine französische Armee bei Stockach, am 6. Juni musste Zürich aufgegeben werden. Schließlich musste Napoleon seinen Plan aufgeben.

Während Louisiana 1803 an die USA verkauft wurde, wurde Haiti 1804 unabhängig. Vor allem war es aber die britische Überlegenheit zur See, die zum Verlust weiterer Kolonien führte. Mauritius ging 1810 an Großbritannien verloren. Das gleiche galt für St. Lucia und Tobago (1814); die Seychellen waren bereits 1811 an Großbritannien verlorengegangen. Zu Gewinnen kam es allerdings in Südamerika mit France Equatorial (1801 bis 1802/1809, heute Französisch-Guayana) und in Nordamerika mit Saint-Pierre und Miquelon, das 1814 von Großbritannien Frankreich zugesprochen, 1816 übergeben wurde.

Von der Restauration zum Zweiten Kaiserreich

Restauration (1814/15-1830)

Die Restauration wurde in Frankreich mit der Charte constitutionnelle von 1814 eingeleitet, die nach dem kurzen Zwischenspiel der napoleonischen hundert Tage bis 1830 galt. Es wurden nun wieder Könige aus dem Hause Bourbon eingesetzt, das mit Ludwig XVIII. und Karl X. immer despotischer regierte. Am 26. Juli 1830 löste Karl X. das Parlament auf. Auf den „Staatsstreich“ reagierte die liberale Opposition mit Aufrufen zum Widerstand gegen das Regime. Es kam zur Julirevolution.

Nach der endgültigen Napoleons und dem Beginn der zweiten Restaurationsphase im Sommer 1815 setzte Ludwig XVIII. sein unterbrochenes Werk des Ausgleichs zwischen der royalistischen, aristokratischen und theokratischen Welt des Ancien régime und dem bürgerlichen, aufgeklärt-liberalen Frankreich fort. Dieses Programm der inneren Konsolidierung wurde jedoch zwischen 1815 und 1820 durch terreur blanche („weißen Schrecken“), also Vergeltungsaktionen der zurückgekehrten Emigranten gegen Anhänger der Revolution und Napoleons, diskreditiert. Grundlage der Restaurationsphase war eine konstitutionelle Monarchie, bei der die Exekutive beim König lag, während die Legislative auf eine Pairkammer und eine auf dem Zensuswahlrecht basierenden Abgeordnetenkammer verteilt war. In den Wahlen vom Oktober 1815 erzielten die royalistischen „Ultras“ solche Erfolge, dass der König das Parlament als Chambre introuvable (dt. etwa: „unauffindbare Kammer“) bezeichnete. Auf den Versuch der Ultras, auf Kosten des Königtums zu einer Stärkung des ständisch-aristokratischen Einflusses zu gelangen, reagierte Ludwig mit der Auflösung der Deputiertenkammer im September 1816. In den folgenden Wahlen kam eine aus gemäßigten Royalisten bestehende Kammermehrheit zustande, die bis 1820 Bestand hatte. Ausgehend von der Sitzordnung im Parlament bildeten sich die bis heute gebräuchlichen Bezeichnungen „rechts“ und „links“ aus. Die Auseinandersetzungen zwischen dem „Alten“ und dem „Neuen Frankreich“ (frz. deux Frances) kulminierten am 13. Februar 1820 in der Ermordung des einzigen dynastischen Nachfolgers, des Herzogs von Berry. Für die von einem Einzeltäter begangene Tat wurden die Liberalen verantwortlich gemacht. Als Berrys Ehefrau Maria Karolina Ende September 1820 doch noch von einem Sohn entbunden wurde, begrüßten die Ultras diesen als „Kind des Wunders“ und deuteten die Geburt als Beleg für die auf ihren Zielen ruhende göttliche Gnade.

1824 starb Ludwigs XVIII. Sein Bruder Karl X. folgte ihm auf dem Thron. Als Parteigänger der Ultras verfügte er 1825 die Entschädigung der Emigranten für ihre während der Revolution erlittenen Verluste. Der Erlass der „Juliordonnanzen“, in denen die Abgeordnetenkammer aufgelöst, der Wahlzensus höher angesetzt und die Pressefreiheit weiter eingeschränkt wurde, mündete am 27. Juli 1830 in den Ausbruch der Julirevolution und das Ende der französischen Restaurationsära.

Außenpolitisch stand nach der zweifachen Niederlage und der Besetzung Frankreichs durch die Alliierten die Wiedergewinnung der Souveränität im Mittelpunkt. Gleichzeitig mussten die Reparationsschulden abgetragen werden, wofür die Alliierten im Zweiten Pariser Frieden eine Frist von fünf Jahren festsetzten. Da dies bereits nach drei Jahren gelang, wurde der Abzug der Besatzungstruppen bereits auf dem Aachener Kongress im Jahr 1818 beschlossen. Gleichzeitig trat Frankreich durch seine Aufnahme in die Heilige Allianz als fünfte Großmacht neben Österreich, Preußen, Russland und Großbritannien wieder in das „Europäische Konzert“ ein.

1820 hatten die Mitglieder der Heiligen Allianz beschlossen, sich in die inneren Angelegenheiten eines von einer Revolution bedrohten Landes einzumischen. Dieses Prinzip wurde nun auf dem Veroneser Kongress von 1822 nicht nur auf Spanien angewandt, um die Herrschaft des 1820 gestürzten Königs Ferdinands VII. wiederherzustellen, sondern es war Frankreich, das die dazu notwendige französische Invasion in Spanien durchführen sollte. Dies wurde von den Ultras als Zeichen für die Wiedererlangung der völligen Gleichberechtigung Frankreichs gefeiert.

Aus den neuen Rivalitäten innerhalb der Pentarchie, wie sie insbesondere im Zuge des griechischen Unabhängigkeitskrieges in der zweiten Hälfte der 1820er Jahre deutlich hervortraten, eröffneten sich für Frankreich neue außenpolitische Perspektiven. Dies nutzte Paris zu einer Ausdehnung seines Machtbereiches auf das westliche Mittelmeer, indem es nach jahrelangen diplomatischen Spannungen im Januar 1830 eine militärische Expedition gegen den Dei von Algier führte und französische Einheiten alle an der Küste gelegenen Forts besetzten. Die anschließende Umwandlung Algeriens in eine province transméditerranéenne legte den Grundstein für das zweite französische Kolonialreich.

Julirevolution (1830), Bürgerkönig Louis-Philippe (bis 1848)

In der Julimonarchie kam der als liberal geltende Louis-Philippe I. aus der Nebenlinie Orléans des Hauses Bourbon auf den Thron. Als Bürgerkönig führte er seine vom Großbürgertum gestützte Regierung zunächst liberal, gab dann aber seiner Politik eine zunehmend restaurative Richtung, bis hin zum Beitritt Frankreichs in die Heilige Allianz, ein ursprünglich von Preußen, Russland und Österreich gegründetes, der Restauration verpflichtetes Staatenbündnis. Louis-Philippe wurde durch die Februarrevolution 1848, die zur zweiten französischen Republik führte, gestürzt. Louis Napoléon Bonaparte, ein Neffe Napoleons, wurde zum Präsidenten gewählt.

Louis Philippe scheiterte letztlich an der Lösung der sozialen Frage und daran, der Forderung nach politischer Teilhabe nicht entsprochen zu haben. Das Regime hatte die Hungersnöte von 1846 und 1847 vergleichsweise gut überstanden und die Regierung konnte sogar 1846 die Wahlen gewinnen. Der Hauptgrund für das Scheitern war die unnachgiebige Haltung in der Wahlrechtsfrage. Der Unmut machte sich in der Februarrevolution Luft. Der Versuch Louis Philippes scheiterte, den Revolutionären mit der Ernennung von Adolphe Thiers noch entgegenzukommen, der 1830 für die Einsetzung des Bürgertums gekämpft hatte. Dieser musste daher am 24. Februar 1848 abdanken und ins Exil gehen.135 Die Ausweitung des französischen Einflusses bis an den Rhein sowie im Mittelmeer waren Thiers’ zentrale außenpolitische Forderungen gewesen.

Zweite Französische Republik (ab 1848)

In der ersten Phase der Revolution und Republik bis zum Zusammentritt einer Nationalversammlung am 4. Mai 1848 konstituierte sich eine provisorische Regierung unter Alphonse de Lamartine, an der alle oppositionellen Kräfte von den republikanischen Liberalen, über linke Demokraten (Radikale) bis hin zu den Sozialisten beteiligt waren. Von Beginn an war die Entwicklung vom Gegensatz zwischen den bürgerlichen Liberalen und den von Arbeitern und kleinen Handwerkern unterstützten Sozialisten geprägt. Die Regierung führte sofort einen Zehn- bis Elfstundentag ein und erlaubte die Bildung von Gewerkschaften. Vor allem der sozialistische Minister Louis Blanc sorgte für die Einrichtung von Nationalwerkstätten zur Beschäftigung der Arbeitslosen vor allem in der Hauptstadt, was dem proklamierten „Recht auf Arbeit“ entsprach. Damit war allerdings nicht die Einrichtung von Korporativen verbunden, wie sie die Sozialisten wollten, vielmehr bestand der Kompromiss innerhalb der Regierung darin, öffentliche Arbeitsmaßnahmen zu finanzieren. Das Privateigentum war damit nicht in Frage gestellt. Die Maßnahmen selbst waren nur wenig wirksam. Die Zahl der Arbeitslosen stieg weiter an und die Kosten führten zu inflationären Tendenzen.136

Mit Erklärung vom 4. März 1848 wurde als erstes Land in Europa das allgemeine Wahlrecht für Männer eingeführt. Die Zahl der Wahlberechtigten stieg damit von 250.000 auf 9 Millionen. Die Wahlen zur Nationalversammlung vom 23. April 1848 zeigten, dass die Mehrheit zwar die Monarchie ablehnte, aber für einen eher gemäßigt liberalen Kurs und nicht für eine sozialistische Republik plädierte. Etwa die Hälfte der 900 Sitze fiel an die gemäßigten Befürworter der Republik, nur etwa 200 an die radikalen Demokraten und Sozialisten. Hinzu kamen weitere 200 Abgeordnete für die Orléanisten und noch einmal 40 Legitimisten, also Anhänger der älteren Linie der Bourbonen.

An die Stelle der provisorischen Regierung trat eine exekutive Kommission. Dass die sozialen Konflikte nicht gelöst waren, zeigte sich nach der Auflösung der Nationalwerkstätten durch die Nationalversammlung. Dies führte zu den Juniunruhen zwischen dem 23. und 27. Juni 1848, als Arbeiter und Handwerker dagegen protestierten. Die liberale Regierung ließ durch den Kriegsminister Louis-Eugène Cavaignac die Unruhen durch die Armee unterdrücken. Mehr als 3000 Menschen verloren ihr Leben und 5000 wurden verwundet. Außerdem wurden Anführer hingerichtet und mehr als 15.000 Personen deportiert. Bis zur Präsidentenwahl übte Cavaignac mit fast diktatorischen Vollmachten die vollziehende Gewalt aus.137

Die am 4. November 1848 verkündete Verfassung erklärte Frankreich in der Präambel zu einer demokratischen Republik und bekannte sich zu den Prinzipien der Französischen Revolution: „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit.“ Außerdem wurde die Abschaffung der Todesstrafe verkündet und kostenloser Grundschulunterricht garantiert. Eroberungskriegen wurde eine Absage erteilt. Sie erklärte Familie, Arbeit, Eigentum und die öffentliche Ordnung zu Grundprinzipien der Republik.

Das Parlament bestand nur aus einer Kammer. Parlament und Präsident wurden für vier Jahre durch das gleiche, allgemeine und direkte Wahlrecht für Männer gewählt. Der direkt gewählte Präsident hatte weitgehende Machtbefugnisse. Eine Wiederwahl war allerdings nicht möglich.138

Bei den Präsidentenwahlen vom 10. Dezember 1848 setzte sich Louis Napoleon Bonaparte klar gegen Cavaignac und andere Bewerber durch. Er erhielt über 5,4 Millionen Stimmen, was etwa 74 % entsprach. Den Sieg verdankte Bonaparte vor allem Wählern aus ländlichen Gebieten und dem noch immer weiter wirkenden Nimbus von Napoleon I. Im März 1849 beschloss die Regierung eine Armeeexpedition nach Rom, um den von der römischen Republik vertriebenen Papst Pius IX. wieder einzusetzen. In der französischen Nationalversammlung fanden Anträge gegen dieses Vorgehen keine Mehrheit.

Am 13. Mai 1849 fanden Wahlen zur gesetzgebenden Versammlung statt. Wahlverlierer waren die gemäßigten Republikaner, die nur 70 Sitze bekamen. Sozialisten und radikale Demokraten kamen auf 200 Abgeordnete. Die verschiedenen Befürworter der Monarchie, also Bonapartisten, Orleanisten und Legitimisten bildeten mit 60 % die Mehrheit. Am 13. Juni führte der Kampf gegen die römische Republik zu erneuten Unruhen der politischen Linken. Nach der militärischen Niederschlagung dieser Unruhen wurde die oppositionelle Presse unterdrückt und führende Gegner des Regimes ins Exil getrieben.

Bereits Ende Oktober entließ Bonaparte die Regierung, die noch aus Mitgliedern des Parlaments bestand, und sie wurde durch von ihm abhängige Personen ersetzt. Ein Schulgesetz wurde Anfang 1850 eingeführt, das den Einfluss der Geistlichkeit stärkte. Symbole der Revolution wie die Freiheitsbäume mussten entfernt werden. Im Mai 1850 wurde auch das Wahlrecht eingeschränkt. Die Zahl der potentiellen Wähler sank auf 6,8 Millionen und damit um ein Drittel. Davon betroffen waren vor allem große Teile der Arbeiterbevölkerung und kleinere Bauern.139

Bonaparte begann bald damit eine Revision der Verfassung vorzubereiten, um das Kaiserreich wieder zu erneuern. Durch Reisen durch die Provinzen versuchte er seine Popularität bei der Bevölkerung und vor allem bei der Armee zu erhöhen. Unterstützt wurde er dabei von den bonapartistischen Vereinen. Eine Kommission wurde beauftragt, eine Revision der Verfassung vorzubereiten, die eine Wiederwahl ermöglichen sollte.

Präsident Louis-Napoleon Bonaparte

Im Parlament fanden diese Anträge im Juli 1851 nicht die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Daraufhin entschloss sich Bonaparte zum Staatsstreich, nachdem er sich der Unterstützung führender Militärs versichert hatte.

Am 2. Dezember 1851 wurden strategische Punkte in Paris vom Militär besetzt und führende Mitglieder der gesetzgebenden Versammlung verhaftet. Außerdem wurde der Belagerungszustand für Paris ausgerufen, das Parlament aufgelöst und eine neue Verfassung angekündigt140. Darin wurde die Wiedereinführung des allgemeinen Wahlrechts angekündigt. An der Spitze der Republik sollte ein für zehn Jahre gewählter Präsident mit umfangreichen Machtbefugnissen stehen.

Ein Teil der Parlamentarier versuchte im Parlament über legale Gegenmaßnahmen zu beraten. Die Versammlung wurde aber aufgelöst und die Abgeordneten verhaftet. Von der entschieden republikanischen Seite wurde am 3. Dezember ein außerparlamentarischer Volksaufstand ausgelöst, der Paris und einige angrenzende Gebiete erfasste. Doch wurden die Unruhen rasch niedergeschlagen, wobei auf Seiten der Republik etwa 400 Menschen starben.141

Durch ein Referendum ließ sich Bonaparte, der sich nun „Prince-President“ nennen ließ, den Staatsstreich noch im Dezember 1851 legitimieren. Im Januar 1852 wurde die neue Verfassung vorgelegt142. Diese sah einen starken Präsidenten vor, der nur dem Volk gegenüber verantwortlich war. Mit Referenden konnte er sich über parlamentarische Entscheidungen hinwegsetzen. Auch die Minister waren nur dem Präsidenten verantwortlich, der auch den Staatsrat bestimmte. Die Gesetzgebende Versammlung wurde für sechs Jahre gewählt. Die Regierung behielt sich durch die Bevorzugung offizieller Kandidaten Einflussmöglichkeiten vor. Das Parlament hatte keinerlei Initiativrecht für Gesetze oder den Etat, sondern konnte nur Vorlagen zustimmen oder ablehnen. Ein Gegengewicht konnte auch der Senat nicht bilden, da seine Mitglieder ernannt wurde - oder sie saßen qua Amt als hohe Offiziere, Geistliche oder ähnliches in diesem Gremium. Der Senat war als Schutzmechanismus gedacht, um mögliche der Regierung nicht genehme Entscheidungen des Parlaments abweisen zu können. Außerdem konnte er durch Senatskonsulte die Verfassung ergänzen und ändern.

Zweites Kaiserreich (1852-1870)

Angesichts der bereits gesicherten Macht war die Annahme des Kaisertitels als Napoleon III. durch Senatskonsult vom 7. November und eine Volksabstimmung nur noch Formsache. Dabei stimmten 7,8 Millionen mit Ja, 200.000 mit Nein und 65.000 Stimmen waren ungültig.143

Am 2. Dezember 1852 krönte sich Louis Napoléon Bonaparte als Napoléon III. zum Kaiser. Er sicherte seine Macht durch Militär und Repressionsmaßnahmen, durch eine erfolgreiche Außenpolitik sowie materielle Zugeständnisse an die Bevölkerung. Sein Zweites Kaiserreich dauerte bis 1870, bis er im Deutsch-Französischen Krieg militärisch scheiterte und in preußische Gefangenschaft geriet.

Die Macht war nach der neuen Verfassung vom Dezember 1851 beim Präsidenten beziehungsweise später beim Kaiser konzentriert, während das Parlament stark geschwächt wurde. Der Präsident war allein dem Volk und nicht dem Parlament gegenüber verantwortlich. Die Minister unterstanden ausschließlich dem Staatschef, vom Vertrauen des Parlaments waren sie nicht mehr abhängig. Es gab keinen Premierminister und kein Kabinett, sondern alle Fachminister verkehrten direkt mit dem Staatsoberhaupt. Auch der Staatsrat war nur dem Präsidenten unterstellt. Gewählt wurde das Corps legislatif, also die Abgeordnetenkammer, auf sechs Jahre durch allgemeines Männerwahlrecht.

Das Parlament verlor etwa das Initiativrecht für Gesetze und konnte nur noch Vorlagen der Regierung zustimmen oder ablehnen. Im Übrigen wurde es vom Staatschef einberufen und hatte kein Selbstversammlungsrecht. Unterstellt war das Parlament zudem dem Staatsrat. Neben dem Corps legislatif bestand mit dem Senat eine weitere Parlamentskammer. Der Senat setzte sich aus hohen Militärs oder Geistlichen und vom Staatsoberhaupt ernannten Personen zusammen.

Die Volkssouveränität wurde nicht in Frage gestellt. Vielmehr wurde das Volk verschiedentlich in Volksentscheiden befragt und damit die Handlung des Staatsoberhaupts oder der Regierung legitimiert.

In einer ersten Phase bis gegen Ende der 1850er Jahre konnte Napoleon weitgehend autoritär regieren (Empire autoritaire). Die meisten führenden Republikaner und Sozialisten befanden sich im Exil. Darunter waren Louis Blanc, Victor Hugo, Edgar Quinet.

Bei den ersten Wahlen im Februar 1852 kamen nur acht Oppositionelle ins Parlament, die auf die Ausübung ihres Mandats verzichteten. Napoleon konnte sich auf einen Großteil der ländlichen Bevölkerung, auf einen Teil des Großbürgertums, auf den Klerus und auf ultramontan gesinnte katholische Kreise stützen. Auch die Armee und der Staatsapparat standen hinter dem Regime. Obwohl die Freiheitsrechte von 1789 in der Verfassung garantiert waren, wurde die öffentliche Meinungsäußerung durch eine Verschärfung des Pressegesetzes im Jahr 1852 und andere Maßnahmen eingeschränkt. Die politische Polizei wurde zudem ausgebaut.

Bei den Wahlen von 1857 gelang es trotz Repression und der Unterstützung der offiziellen Kandidaten der Opposition insbesondere in einigen größeren Städten Wahlerfolge. Aufs Ganze gesehen konnte sich das Regime freilich weiter auf 90 % der Abgeordneten stützen. Anfangs reagierte der Kaiser auf die wachsenden Opposition mit Repression. Ein gescheitertes Attentat durch Felice Orsini nahm Napoleon III. 1858 zum Anlass gegen Republikaner vorzugehen.

In der Zeit Napoleons III. setzte sich die industrielle Wirtschaft durch. Dabei war Napoleons Wirtschaftspolitik weitgehend liberal orientiert. Staatsinterventionistische Maßnahmen etwa zu Gunsten der Arbeiter spielten nur eine untergeordnete Rolle. Allerdings trat das Regime durchaus mit einem sozialpolitischen Anspruch auf. Doch man setzte darauf, dass der wirtschaftliche Aufschwung auch zur Verbesserung der sozialen Lage führen würde.

Von nachhaltiger Bedeutung war der starke Ausbau der Eisenbahn. Mit Paris als Zentrum entstand ein Gesamtnetz von 18.000 km Länge. Doch um von einer Stadt zur nächsten zu gelangen, musste man über Paris fahren. Dies sollte sich als besonders nachteilig im Krieg von 1870/71 erweisen, als Truppen nicht rasch genug bewegt werden konnten.

Edouard Manet, Vue de l’exposition de 1867

Der Eisenbahnbau förderte die Entwicklung anderer Industrien, insbesondere von Bergbau und Schwerindustrie. Zahlreiche neue Banken entstanden, die zur Kapitalbildung beitrugen. Zur Förderung des Handels wurden die Häfen von Bordeaux und Marseille ausgebaut.

Frankreich stieg nach Großbritannien zur zweitstärksten Wirtschaftsnation auf. Allerdings hatte der wirtschaftliche Wandel auch Grenzen. Die Großindustrie machte nur einen kleinen Teil des produzierenden Gewerbes aus. Nach wie vor dominierte der Kleinbetrieb. Die Landwirtschaft blieb der größte Sektor und die Masse der Bevölkerung lebte auf dem Land oder in kleinen Gemeinden. Allerdings eröffnete die Industrialisierung für die ländliche Bevölkerung wirtschaftliche Vorteile. Die Landwirtschaft insgesamt aber vor allem die Besitzer größerer Höfe und die Notablen profitierten von der guten Konjunktur.

Insbesondere Paris wurde unter Leitung von Georges-Eugène Haussmann durch den Abriss der alten Viertel, die Anlage von Boulevards und Ringstraßen in eine moderne Metropole verwandelt. In der Stadt entstanden Prachtbauten wie die Pariser Oper. Dadurch wurden freilich die sozialen Probleme in der Hauptstadt nicht gelöst, vielmehr belasteten die steigenden Mieten die Einkommen stark. Während auf dem Land sich die soziale Lage verbesserte, blieb die Situation in den Städten angespannt. Immerhin stiegen die Löhne an und die strukturelle Beschäftigungslosigkeit wurde überwunden. In zwei (1855) und 1867 präsentierte sich Frankreich als führende Industrienation. Gleichzeitig sollten die Ausstellungen das Prestige des Kaisers stärken.

Unter den oppositionellen Arbeitern dominierte noch der ältere Republikanismus, aber es kam auch die Forderung nach einer sozialen Republik auf und auch Ansätze sozialistischer Gedanken. Die traditionellen ländlichen Notabeln konnten ihren Einfluss weitgehend bewahren. Aber das Städtewachstum bedrohte ihre Position. Das Regime versuchte diese Gruppe zu schützen, damit sie nicht in das Lager der Opposition überging. Unter anderem wurde versucht, sie in den öffentlichen Dienst zu integrieren.

Wie sein Onkel Napoleon I. versuchte Napoleon III. Frankreich zur dominierenden Macht in Europa zu machen. Die Ausgangslage Frankreichs war um 1852 immer noch die eines seit dem Wiener Kongress 1815 nicht vollständig gleichberechtigten Landes, das für alle europäischen Mächte als revolutionärer Unruheherd galt. Das erste Ziel der Politik musste demnach sein, diese außenpolitische Isolation zu überwinden, wie im Zusammenhang mit dem Krimkrieg.

Gesandte auf dem Pariser Kongress von 1856

Anlass für den Krimkrieg war die russische Forderung nach Gebieten des Osmanischen Reiches, vor allem der slawischen Gebiete. Frankreich trat auf der Seite der anti-russischen Koalition in den Krieg ein und konnte auf Napoleons Initiative den Krieg durch den Frieden von Paris (1856) beenden. Diese Konferenz unter Leitung des Kaisers verhalf Frankreich zur Wiederanerkennung des Großmachtstatus durch die europäischen Mächte.

Darüber hinaus wurden die Freiheitsbewegungen in Polen und auf dem Balkan unterstützt. Auch unterstützte er die Christen im Libanon, wie es bereits seit Ludwig XIV. Usus war. Eine durchaus wichtige Rolle spielte das Kaiserreich bei der Unterstützung der nationalen Einigung in Italien. Dabei wollte Napoleon III. mit Rücksicht auf seine ultramontanen Anhänger aber den Kirchenstaat erhalten. Als Schutzherr der nationalen Idee trat Frankreich auf Seiten des Königreich Sardiniens gegen Österreich in den Sardinischen Krieg von 1859 ein. Als Folge der Niederlage Österreichs in den Schlachten von Magenta und Solferino konnte ein einheitlicher italienischer Nationalstaat geschaffen werden. Der Preis, den Sardinien-Piemont für die Unterstützung Frankreichs zahlen musste, bestand in der Abtretung der Grafschaft Nizza an der Côte d’Azur sowie Savoyens (des Gebiets südlich des Genfersees). Um den Anschluss zu legitimieren, ließ Napoleon (Schein-)Abstimmungen in den teils italienischsprachigen Gebieten durchführen, die erwartungsgemäß zustimmend ausfielen. Nachdem das neue Italien einen Großteil des Kirchenstaates besetzt hatte, ließ Napoleon zum Schutz des Rests des Kirchenstaates Rom und seine Umgebung besetzen. Diese Besetzung dauerte bis zum Ende des Kaiserreichs an.

Napoleon in der Schlacht von Solférino

Der Bau des Suezkanals ab 1859 durch eine stark französisch orientierte Gesellschaft war gegen englische Interessen gerichtet. Nur mühsam konnte der Bruch mit Großbritannien vermieden werden. Dabei spielte der Freihandelsvertrag (Cobden-Vertrag) eine wichtige Rolle.

In den 1860er Jahren blieben die äußeren Erfolge weitgehend aus. Im Krieg von 1866 zwischen Österreich und Preußen sowie ihren jeweiligen Verbündeten blieb Frankreich neutral und bot seine Vermittlung an. Vergeblich forderte Napoleon III. nach dem preußischen Sieg Luxemburg und Belgien, um so einen gewissen Ausgleich für den preußischen Machtzuwachs in Norddeutschland zu erhalten. Sein Versuch 1867 Luxemburg zu kaufen, löste die Luxemburgkrise aus, die zu scharfen Protesten von deutscher Seite führten. Im Londoner Vertrag vom Mai 1867 wurde die Neutralität Luxemburgs festgeschrieben.

Kolonialpolitik

Empfang des siamesischen Botschafters 1861

Frankreich benötigte Absatzmärkte und Rohstofflieferanten für seine Wirtschaft, wie auch führende Köpfe der anderen Kolonialmächte glaubten. Außerdem trug man spätestens seit der Revolution von 1789 auch den Anspruch vor, die Welt zivilisatorisch zu missionieren. Das Kolonialreich bestand um 1850 fast nur noch aus Inseln wie Guadeloupe, Martinique, Saint-Pierre und Miquelon, Réunion und pazifischen Gebieten wie Neukaledonien. Die Eroberung Algeriens hatte schon 1830 begonnen.

Die Phase der neuen Kolonialpolitik begann 1858, als Alexandre Colonna-Walewski, ein unehelicher Sohn Napoleons I., Kolonialminister war. Schon 1854 begann die Eroberung des Senegals, die 1865 abgeschlossen wurde. Die Stadt Dakar, der Verwaltungssitz des Kolonialministeriums, wurde 1857 gegründet.

Schon die Compagnie des Indes hatte Interessen in Südostasien (vgl. Indochina) bekundet. 1858 wurde ein gemeinsames französisch-spanisches Kontingent dorthin entsandt, um die Verfolgung westlicher Missionare zu beenden und den Expansionsdrang durch Thailand (Siam) zu beschränken, wie es offiziell hieß. Die nächsten 15 Jahre waren von schweren Kämpfen erfüllt, die erst die Dritte Republik beendet. 1860 wurden das Mekong-Delta und Saigon (Cochinchina) erobert, nur zwei Jahre später wurde Kambodscha französisches Protektorat. Dies war der Beginn von Französisch-Indochina

1864–1871 gab es schwere Aufstände gegen die Kolonialmacht in Französisch-Nordafrika, die erst im Zuge des Deutsch-französischen Krieges beendet wurden. 1871 lebten bereits 300.000 europäische Siedler in dem Küstenstreifen Algeriens.

In Madagaskar verfolgte Napoleon III. eine subtilere Politik und setzte auf eine langsame Infiltration. Diese endete jedoch 1863 mit der Ermordung des frankophilen Königs Radama II. Erst in den 1890er Jahren konnte die Insel unter französische Oberhoheit gestellt werden.

Im Konflikt um die Nichtbegleichung von Staatsschulden besetzten französische Truppen 1862 die mexikanische Hauptstadt. Dabei konnte Frankreich davon ausgehen, dass die USA im Bürgerkrieg gebunden waren und somit nicht die Monroe-Doktrin durchsetzen konnten. Die mexikanische Republik wurde aufgelöst und Erzherzog Maximilian zum Kaiser erhoben. Die Niederlage Maximilians und der Abzug der französischen Truppen 1866 wurde in Frankreich als schwere Niederlage aufgefasst.

Wachsende Opposition, Liberalisierung

Adolphe Thiers, einer der Führer der Opposition.

Emile Ollivier war 1870 der erste parlamentarisch verantwortliche Regierungschef während des Kaiserreichs

Napoleon III. sah sich innenpolitisch von verschiedener Seite immer stärker unter Druck gesetzt und versuchte durch eine allmähliche Liberalisierung neuen Rückhalt zu finden. Die Rechte des Parlaments wurden gestärkt, die Zensur und das Verbot der Koalitionsbildung wurden gelockert. Auch wurden seit 1860 die Parlamentsdebatten veröffentlicht.

Bereits bei den Wahlen von 1863 hatten sich die Stimmen zu Gunsten der Opposition vervielfacht. Die regierungsnahen Kandidaten erhielten 5,3 Millionen Stimmen, die der Opposition fast 2 Millionen. Hinzu kamen 2,7 Millionen Enthaltungen. Der inoffizielle Führer der Opposition wurde Adolphe Thiers. Neben der älteren Generation spielten auch Jüngere wie Leon Gambetta eine wichtige Rolle. Daneben gab es die sogenannten Unabhängigen, die zwar grundsätzlich auf dem Boden des Kaiserreichs standen, aber weitgehende Reformen forderten.

Der Kurs des Kaisers blieb unklar und zögerlich. Zwar wurde die Position eines Staatsministers geschaffen, der die Regierungspolitik im Parlament zu vertreten hatte, aber weitergehende politische Reformen blieben aus. Demgegenüber wurde die Opposition immer selbstbewusster und Thiers forderte im Parlament die Wiedereinführung des parlamentarischen Regierungssystems. Noch deutlicher wurde Leon Gambetta. Immer stärker begannen sich auch die Arbeiter zu organisieren; Ausdruck fand dies im Manifest der Neunundsechzig.

Es kam 1864, 1865, 1867, 1868 und 1870 zu Streiks. Dabei wurden Forderungen etwa nach dem Zehn-Stunden-Tag gestellt. Nachdem eine Delegation französischer Arbeiter von einer Reise nach England zurückgekehrt war, forderte sie die Koalitionsfreiheit. Außerdem begannen sich die Arbeiter als eine eigene soziale Gruppe zu begreifen und stellten bei den Wahlen eigene Kandidaten auf. Die Regierung kam den Forderungen entgegen, als sie 1864 das Koalitionsrecht einräumte. Dieses Recht war indes mit Einschränkungen verbunden. Vor allem nach der Auflösung der französischen Sektion der ersten Internationalen gingen viele Arbeiter ins Lager der Opposition über und bildeten zusammen mit den radikalen Kleinbügern um Gambetta deren Kern.

Infolge des außenpolitischen Rückschlags nach dem Sieg Preußens 1866 begann die Opposition die nationalistischen Ressentiments gegenüber den Deutschen für ihre Zwecke zu nutzen. Das Regime versuchte die Lage durch erneute liberale Reformen zu entschärfen. 1867 erhielt das Parlament das Interpellationsrecht. Eine Lockerung der Zensur hatte zugleich das Entstehen von oppositionellen Presseorganen zur Folge. Reformen im Bildungswesen und beim Militär scheiterten.

Bei den Wahlen von 1869 kamen die regierungsnahen Kandidaten auf 4,4 Millionen Stimmen. Für die Opposition stimmten über 3,3 Millionen Wähler. Zentren der Opposition waren die Industriegebiete und größeren Städte. 1869 erhielt das Parlament das Recht auf Gesetzesinitiativen. Der Höhepunkt der Liberalisierungspolitik wurde 1870 erreicht, als Napoleon III. Emile Ollivier, den Führer der Dritten Partei mit der Bildung einer parlamentarisch unterstützten Regierung beauftragte. Eine Volksabstimmung über eine neue Verfassung erbrachte eine große Mehrheit.

Krieg mit Preußen-Deutschland (1870/71), Republik, Kommune

In Spanien wurde seit 1868 ein Thronfolger gesucht; die Wahl fiel schließlich auf einen Hohenzollern aus dem katholischen Zweig der Familie, dessen Kandidatur durch den protestantischen preußischen Zweig unterstützt wurde. Paris sah nun abermals die Gefahr einer Einkreisung durch eine andere Macht. Dagegen bestand die Möglichkeit, dass Napoleons Sohn, dessen Mutter ja eine geborene spanische Prinzessin war, gleichfalls diesen Thron übernehmen konnte.

Auf diplomatischen Druck Frankreichs hin lehnte der katholische Hohenzollernfürst ab. Napoleon wollte diesen diplomatischen Sieg auskosten und zu einem außenpolitischen Triumph bzw. einer Demütigung Preußens werden lassen: Durch einen Gesandten wurde dem preußischen König Wilhelm I., der zur Kur in Bad Ems weilte, eine Nachricht zugestellt, die den ewigen Verzicht auf den spanischen Thron verlangte. Wilhelm benachrichtigte seinen Ministerpräsidenten Bismarck per Depesche.

Bismarck kürzte diesen Text und veränderte ihn minimal, sandte aber Kopien davon an die Regierungen der übrigen europäischen Mächte. Bismarcks Text, die sogenannte Emser Depesche, war so gehalten, dass niemand diese Forderung annehmen konnte. Napoleon war in den Augen der Öffentlichkeit entehrt und sah sich genötigt, Preußen den Krieg zu erklären. Die Schutz- und Trutzbündnisse Preußens mit den süddeutschen Staaten führten dazu, dass dieser Krieg gegen Frankreich zum nationalen Einheitskrieg wurde.

Für Napoleon verlief der Deutsch-Französische Krieg katastrophal: Die französischen Armeen verloren bei Sedan am 2. September 1870 und der Kaiser geriet in Kriegsgefangenschaft. In Paris wurde bei Eintreffen dieser Nachricht schon am 4. September 1870 die Dritte Republik ausgerufen.

Die Mobilmachung, die in Bayern und in Preußen bereits am 16. Juli, in Württemberg am 17. Juli angelaufen war, brachte deutsche Truppen mit Hilfe der Eisenbahnen westwärts, während der Aufmarsch in Frankreich schleppender verlief. Insgesamt wurden auf deutscher Seite im Kriegsverlauf etwa 1,4 Millionen Mann mobilisiert, von denen 1,1 Millionen in Frankreich zum Einsatz kamen. Am 1. März 1871 standen auf französischem Boden 464.221 Mann Infanterie, 55.562 Reiter und 1.674 Geschütze an Feldtruppen sowie 105.072 Mann Infanterie, 5.681 Reiter und 68 Geschütze an Besatzungstruppen.

Napoléon III. bei Sedan, Gemälde von Wilhelm Camphausen

Der ursprüngliche Plan der französischen Militärführung, der vorsah, mit der Hauptmacht über die Pfalz ins Maintal vorzustoßen, um so die süddeutschen von den norddeutschen Staaten zu trennen und Österreich-Ungarn zum Kriegseintritt zu bewegen, erwies sich als unausführbar. Zu Beginn der Operationen war die französische Rheinarmee nur 210.000 Mann stark und damit mindestens im Verhältnis 1:2 unterlegen.144

Doch die französischen Chassepotgewehre waren deutlich effizienter und sorgten mit ihrer großer Reichweite und der hohen Schussfrequenz dafür, dass die Frontalangriffe der deutschen Truppen für diese mit enormen Verlusten verbunden waren. Die französische Artillerie hingegen war zahlenmäßig stark, technisch aber klar veraltet, denn sie war ausschließlich mit Vorderladern ausgerüstet.

Der Aufmarsch der deutschen Truppenteile erfolgte in hohem Tempo und traf die französische Armee zum Teil unvorbereitet. Das Vorgehen war vom Generalstab detailliert geplant worden und erfolgte vor allem über das sehr gut ausgebaute deutsche Schienennetz.

Die Kampfhandlungen begannen mit einem französischen Vorstoß. Sechs Divisionen griffen am 2. August an, doch nur Saarbrücken wurde von den Franzosen (bis zum Lulustein) eingenommen; später wurde es wieder aufgegeben. Schon am 3. August standen 320.000 deutsche Soldaten an der Grenze, weshalb eine von Napoleon III. erhoffte Großoffensive gescheitert wäre.

Drei Armeen marschierten schließlich nach Frankreich ein, sie wurden vom preußischen Generalstab unter Helmuth von Moltke koordiniert. Frankreich verlor in kurzer Folge die Schlachten von Weißenburg (4. August 1870), Wörth (6. August) und Spichern (6. August). Nach seiner Niederlage bei Wörth räumte das französische Feldheer das Elsass und überließ das Rheintal der deutschen 3. Armee, die das Elsass besetzte und schließlich die Festung Belfort belagerte. Einzig die Zitadelle von Bitsch konnte nicht eingenommen werden und ergab sich erst am 25. März 1871. Während die preußischen Hinterlader-Zündnadelgewehre gegen Österreich 1866 noch überlegen gewesen waren, hatten nun die Franzosen Vorteile bei Reichweite und Schussfolge mit dem neuen Chassepotgewehr und dem Mitrailleuse-Maschinengewehr. Dafür waren die deutschen Hinterladergeschütze von Alfred Krupp die ausschlaggebende Artillerie, die mit über 4 km mehr als die doppelte Reichweite der französischen besaß.

Durch den Sieg in der Schlacht von Mars-la-Tour verwehrte Preußen der französischen Rheinarmee den Rückzug nach Verdun und stellte sie in der Schlacht bei Gravelotte. Nach dieser Niederlage zog Marschall Bazaine die französische Rheinarmee zurück nach Metz in den Schutz des dortigen Festungsgürtels.

Um die sich anschließende Belagerung von Metz aufzuheben, wurden auf Druck des französischen Ministerrates und der Umgebung des Kaisers die unter dem Kommando von Marschall Mac Mahon im Lager von Châlons zusammengezogenen Verbände – ursprünglich für die Deckung von Paris vorgesehen – in Marsch gesetzt. Der widerstrebende Mac Mahon marschierte am 23. August von Reims ab und gelangte über Montmédy entlang der belgischen Grenze in die Nähe von Metz. Moltkes Gegenmaßnahmen zielten ab dem 25. August auf eine Umfassung der Armee Mac Mahons, der sich am 28. August dieser Gefahr durch Rückzug entziehen wollte, vom Kriegsminister aber angewiesen wurde, weiter auf Metz zu marschieren.

Im Gefecht von Beaumont schlugen Teile der deutschen 3. und 4. Armee am 30. August ein Korps der Armee Mac Mahons, die sich nun auf Sedan zurückzog, wo sie am 1. September eine vernichtende Niederlage erlitt (Schlacht von Sedan). Diese Niederlage führte zwar zum politischen Zusammenbruch des französischen Kaiserreiches, war aber unter militärischen Gesichtspunkten nicht entscheidend.145 Auch Napoléon III. gab sich bei Sedan gefangen; er wurde in den folgenden Monaten im Schloss Wilhelmshöhe festgehalten und übersiedelte im Frühjahr 1871 nach London.

Preußische Batterie vor Paris, 1870

Mit dem Untergang der Armée de Chalons und der nicht mehr zu durchbrechenden Einschließung der Rheinarmee in Metz geriet die französische Kriegführung in eine schwere Krise. Der preußische Generalstab hielt es für ausgeschlossen, dass der französische Staat, der nur noch auf etwa 100.000 ausgebildete Soldaten und Offiziere zurückgreifen konnte, in nennenswertem Umfang Neuaufstellungen vornehmen könne. Durch einen Vorstoß auf Paris sollte der Krieg beendet und die nun offen erhobenen territorialen und finanziellen Forderungen durchgesetzt werden. Am 21. August waren die beiden elsässischen Departements und mehrere lothringische Arrondissements als Generalgouvernement Elsaß und Deutsch-Lothringen unter deutsche Verwaltung gestellt worden, ihre spätere Annexion war vorgesehen.146

Die neue Regierung der nationalen Verteidigung unter General Louis Jules Trochu – mit dem Innen- und Kriegsminister Léon Gambetta als treibende Kraft – hielt eine Fortsetzung des Krieges für möglich, da Frankreich noch über weit mehr als zwei Millionen kriegsfähige Männer, beträchtliche Mengen an Waffen und Munition, eine intakte Rüstungsindustrie, Seehäfen und internationalen Kredit verfügte. Die Regierung forderte alle kampffähigen Männer zum Eintritt in die Mobilgarde und die Bevölkerung der besetzten Gebiete zur Organisation von Franktireurabteilungen auf. Letztere begannen bald darauf, im rückwärtigen Raum der deutschen Armeen kleinere Abteilungen und Posten, Kuriere und Trainfahrzeuge zu überfallen, lieferten sich aber auch offene Gefechte mit größeren deutschen Verbänden.147

Ab dem 19. September wurde die französische Hauptstadt belagert und bald systematisch beschossen. Dies und der Guerillakrieg der Franc-tireurs führte zu einer erheblichen Verbitterung auf beiden Seiten. Der preußische Generalstab drängte die Kommandeure zu rücksichtslosem Vorgehen gegen irreguläre Truppen; Bismarck äußerte sich im Herbst anerkennend über die bayerische Kavallerie, da diese mit dem „Totschießen“ von Freischärlern „rasch bei der Hand“ sei148

Die deutsche Armee konnte gegen die neu aufgestellten französischen Armeen in Französisch-Flandern, an der Loire, im Lyonnais und in der Normandie vorgehen und sie an einem Entsatz des belagerten Paris hindern. 87.000 Franzosen der Armée de l’Est unter Charles Denis Bourbaki wurden bis auf Schweizer Gebiet abgedrängt und dort interniert.

Anfang 1871 erreichte die französische Feldarmee eine Stärke von 535.000 Mann und war damit den preußisch-deutschen Truppen erstmals zahlenmäßig überlegen. Weitere 354.000 Mann befanden sich in Ausbildung.149 Die deutschen Kräfte waren zu schwach, um gleichzeitig Paris zu belagern, das besetzte Gebiet zu sichern und die noch im Feld operierenden französischen Verbände auszuschalten. Moltke erwartete „noch schwere Kämpfe“ und wies darauf hin, dass sich „Schwierigkeiten von allen Seiten häufen“150 würden. Er verlangte die Verlegung sämtlicher deutscher Truppen nach Frankreich, was Bismarck und Albrecht von Roon mit Blick auf Österreich und von ihnen befürchtete Unruhen in Deutschland ablehnten.151

Die Proklamierung des deutschen Kaiserreiches (18. Januar 1871) im Spiegelsaal von Schloss Versailles, Historiengemälde von Anton von Werner aus den 1880er-Jahren

Am 31. Januar 1871 trat jedoch ein gegen den Willen Gambettas von den in Paris verbliebenen Regierungsmitgliedern um Jules Favre verhandelter, zunächst auf 21 Tage befristeter Waffenstillstand in Kraft, der die Entwaffnung der Pariser Garnison und die vorübergehende Besetzung eines Teils von Paris vorsah. Der gut informierte Bismarck rechnete damit, dass die Kräfte in Frankreich vor allem aus innenpolitischen Gründen davon absehen würden, den Kampf nach Ablauf des Waffenstillstands wieder aufzunehmen. Die von der provisorischen Regierung kurzfristig für den 8. Februar angesetzte Wahl einer neuen Nationalversammlung wurde von den deutschen Truppen deshalb nicht behindert. Der großen Mehrheit der hierbei gewählten 675 Abgeordneten war vor allem an einer inneren Konsolidierung unter konservativen Vorzeichen gelegen; besonders die etwa 400 bourbonischen und orléanistischen Monarchisten wollten den Krieg beenden, um danach mit den Republikanern „abzurechnen“ und die Monarchie wiederherzustellen. Um hierfür freie Hand zu bekommen, waren sie auch zu den von deutscher Seite geforderten Gebietsabtretungen und Entschädigungszahlungen bereit. Der von der Nationalversammlung zum provisorischen Staatsoberhaupt gewählte Adolphe Thiers unterzeichnete am 26. Februar 1871 den Vorfrieden von Versailles. Knapp drei Wochen später löste der Versuch der Regierung Thiers, die von linken Republikanern und Sozialisten kontrollierte Pariser Nationalgarde zu entwaffnen, den schließlich im Mai unter den Augen der deutschen Truppen niedergeschlagenen Kommune-Aufstand aus.

Nun konnte Bismarck die süddeutschen Staaten zum Eintritt in den Bundesstaat Norddeutscher Bund bewegen. Der Bundespräsident, der König von Preußen, nahm den Titel Deutscher Kaiser an, und der Norddeutsche Bund, nach dem Beitritt der süddeutschen Staaten kurzzeitig auch „Deutscher Bund“ genannt, vergrößerte sich zum Deutschen Reich. Am 18. Januar 1871 ließ sich Wilhelm I. auf Betreiben Bismarcks im Spiegelsaal von Versailles zum Kaiser proklamieren. Diese Proklamation an diesem Ort wurde in Frankreich als Demütigung empfunden. Am 10. Mai 1871 wurde im Frankfurter Hotel zum Schwan, nach langwierigen Verhandlungen in Brüssel und Frankfurt, der Friede von Frankfurt geschlossen.

Pariser Kommune (1870-71)

Die Reste der Vendôme-Säule, die als Symbol der Herrschaft Napoléons von Kommunarden umgestürzt worden war; im Vordergrund Barrikaden

Zerstörungen in Paris, hier des Hôtel de Ville Cour de Louis XIV

Am 18. März 1871 versuchte Premierminister Adolphe Thiers, die verteidigungsbereite Nationalgarde von Paris (Garde nationale) entwaffnen zu lassen. Dies führte zu einem Aufstand. Am 26. März übernahm in Paris eine Revolutionsregierung die Macht, die Commune de Paris. Ihre Abgeordneten forderten die Gründung einer föderalistischen Republik. Die konservative Mehrheit der Nationalversammlung schickte Truppen gegen die Kommune. Die republikanische Übergangsregierung wurde als abgesetzt erklärt. Erst im Mai gelang es den neu formierten bürgerlichen Regierungstruppen, die bewaffneten Milizen der Aufständischen im Straßenkampf zu schlagen. In der blutigen Woche vom 21. bis 28. Mai wurden ungefähr 25.000 Menschen getötet. Es folgten 38.000 Verhaftungen und 7500 Deportationen.

Bis zum Ersten Weltkrieg (1871–1914)

In der Folge wurde Frankreich wieder Republik. Nach langen Auseinandersetzungen einigten sich Legitimisten und Orléanisten darauf, Henri d’Artois, dem Grafen von Chambord, die Thronfolge anzutragen. Dieser lehnte es jedoch ab, sich auf die noch zu schaffende Verfassung und die Trikolore zu verpflichten und es kam zur Ausrufung einer „temporären“ Republik am 4. September 1870. Die Nationalversammlung brauchte neun Jahre, um die Monarchie zu verwerfen und eine Verfassung vorzuschlagen. Diese sah eine Legislative mit Zwei-Kammer-Parlament (Abgeordnetenkammer und Senat) vor, die gemeinsam als Nationalversammlung einen Präsidenten mit starker Stellung gegenüber der Regierung auf sieben Jahre wählten. Der Ministerpräsident war von der Mehrheit im Abgeordnetenhaus abhängig, und die Kabinette wechselten recht häufig.

Bismarck sorgte für Frankreichs außenpolitische Isolierung, und als einzige längerfristig bestehende Republik in Europa neben der Schweiz und dem Zwergstaat San Marino hatte Frankreich mit dem Misstrauen der monarchischen Mächte zu rechnen.

Innenpolitisch kämpfte der Staat besonders darum, den Einfluss der katholischen Kirche zurückzudrängen. Das führte zu einem rigorosen Laizismus, der bis heute zum französischen Selbstverständnis gehört, und zum Ausbau des staatlichen Schulsystems. 1905 wurde als eine Konsequenz aus der Affäre Dreyfus das Gesetz zur Trennung von Religion und Staat angenommen, wodurch die Trennung von Staat und Kirche (frz. la laïcitéLaizismus‘) in der Verfassung von 1875 verankert wurde.

Frankreich dehnte sein Kolonialreich erheblich aus. Im Rückblick wird diese Phase als zweite Kolonialzeit bezeichnet. Sie dauerte von etwa 1830 bis 1960 und begann mit der Eroberung Algeriens ab 1830. In Vietnam begannen Besetzungen zwischen 1867 und 1874.

Zunächst verzeichnete Frankreich, das um 1800 doppelt so viele Einwohner hatte, wie das Deutschland und drei mal so viele wie Großbritannien, einen vergleichsweise starken Rückgang. So verlängerte die Regierung die Dauer der Kriegspflicht im Juli 1913 auf drei Jahre, gleichzeitig stieg ab etwa 1910 der Bedarf an Kolonialtruppen an.

Das Land blieb noch lange von der Landwirtschaft dominiert. 1906 lag der Anteil der darin tätigen Bevölkerung bei 43,2 %. Dabei besaßen vier Fünftel der Betriebe weniger als 10 ha Land. Viele produzierten überwiegend für die Selbstversorgung, so dass der Anteil der auf den Markt gelangenden Agrarprodukte stagnierte. 1881 entstand mit Rücksichtnahme auf diese Bevölkerungsstruktur ein Landwirtschaftsministerium, 1892 eingeführte protektionistische Maßnahmen sollte die Kleinbetriebe vor dem Preisverfall auf dem Weltmarkt schützen.

Industrialisierung

Vom Ersten Weltkrieg bis zum Ende der 3. Republik (1914-1940)

Erster Weltkrieg

Im ersten Weltkrieg kamen ca. 1,5 Millionen französische Soldaten ums Leben, erhebliche Gebiete des Landes wurden völlig zerstört. Frankreich gehörte nach dem Krieg zu den Siegermächten der Entente und diktierte den Verlierern im Versailler Vertrag harte Bedingungen. Das 1871 an Deutschland verlorene Elsass-Lothringen wurde wieder an Frankreich abgetreten.

Im Zeitalter des Hochimperialismus hatte sich ein erhebliches Konfliktpotenzial aufgebaut. Dennoch wurde das Attentat von Sarajevo (28. Juni 1914) zunächst nicht als friedensbedrohend eingeschätzt. Das deutsche Auswärtige Amt wollte den Krieg zwischen Österreich und Serbien zunächst vermeiden, da es den „Weltkrieg“ als Konsequenz voraussah. Es vertrat noch bis 4. Juli die Meinung, dass Österreich keine demütigenden Forderungen an Serbien stellen solle.152 Erst eine Bemerkung Kaiser Wilhelms II. („Mit den Serben muss aufgeräumt werden und zwar bald.“) führte dazu, dass das Auswärtige Amt nun die gegenteilige Haltung einnahm.153

Vom 20. bis 23. Juli besuchten Frankreichs Staatspräsident Raymond Poincaré und Ministerpräsident René Viviani die russische Hauptstadt Sankt Petersburg und sicherten den Gastgebern ihre Unterstützung zu. Es herrschte die einvernehmliche Auffassung, dass Serbien für die Morde keine Verantwortung trage, die (im Prinzip schon bekannten) Forderungen an Belgrad illegitim seien und die Entente gegen die Mittelmächte standhaft bleiben werde.154 Durch die Gesprächsergebnisse beim französischen Regierungsbesuch bestärkt, beschloss der russische Ministerrat am 24. Juli, Serbien zu unterstützen und gegebenenfalls die Mobilmachung einzuleiten.155 Am Morgen des 28. Juli 1914 unterschrieb Kaiser Franz Joseph die Kriegserklärung der Österreichisch-Ungarischen Monarchie an das Königreich Serbien, zu deren umgehender Aussprache die deutsche Regierung den Bündnispartner seit 25. Juli massiv gedrängt hatte.

Am 29. Juli eröffnete Reichskanzler Bethmann Hollweg dem britischen Botschafter Edward Goschen, dass Deutschland unter Brechung der belgischen Neutralität Frankreich angreifen werde und dass man für eine britische Neutralität die Wiederherstellung der territorialen Integrität von Frankreich und Belgien – nicht jedoch die ihrer Kolonien – nach dem Krieg anbiete.156 Zar Nikolaus II. billigte am 30. Juli die Generalmobilmachung der russischen Armee. Das Deutsche Reich forderte in einem Ultimatum die Rücknahme der russischen Mobilmachung. Nachdem diese ausblieb, machte das Deutsche Reich am 1. August ebenfalls mobil und erklärte am selben Tag Russland den Krieg, woraufhin das mit Russland verbündete Frankreich in Erwartung eines deutschen Angriffes ebenfalls mobil machte. Am Vormittag des 2. August besetzten deutsche Truppen die Stadt Luxemburg. Am Abend wurde Belgien aufgefordert, innerhalb von zwölf Stunden eine Erklärung abzugeben, dass sich die belgische Armee gegenüber einem Durchmarsch deutscher Truppen passiv verhalten würde; dies wurde am nächsten Morgen abgelehnt.

Am 3. August erklärte Deutschland Frankreich wegen angeblicher Grenzverletzungen und erfundener Luftangriffe („Flugzeug von Nürnberg“) den Krieg.157

Am 4. August teilte der deutsche Botschafter der belgischen Regierung mit, das Deutsche Reich sehe sich nach Ablehnung seiner Vorschläge gezwungen, die zur „Abwehr der französischen Bedrohung“ nötigen Maßnahmen nötigenfalls mit Gewalt durchzusetzen.158 Wenige Stunden später marschierten deutsche Truppen völkerrechtswidrig159 und ohne Kriegserklärung in das neutrale Belgien ein. Noch am selben Tag überreichte der britische Botschafter Goschen dem deutschen Reichskanzler Bethmann Hollweg ein auf Mitternacht befristetes Ultimatum, in dem die Zusage verlangt wurde, dass Deutschland die belgische Neutralität entsprechend dem Londoner Vertrag von 1839 achten werde. Nach Ablauf des Ultimatums befand sich Großbritannien im Kriegszustand mit dem Kaiserreich, seine Dominions folgten umgehend, womit sich innerhalb weniger Tage aus dem Lokalkrieg ein Kontinentalkrieg und aus diesem der Weltkrieg entwickelt hatte.160 Österreich-Ungarn erklärte Russland am 6. August den Krieg und beendete erst damit die „groteske Situation, daß Deutschland sich sechs Tage früher im Kriege mit Rußland befand als der Verbündete, um dessentwillen es den Kampf überhaupt aufnahm.“161

Ein schienengebundenes 42-cm-Bettungsgeschütz von Krupp („Dicke Bertha“) wird am 7. August 1914 bei Lüttich feuerbereit gemacht.

Nachdem die deutschen Soldaten glaubten, von Freischärlern und bewaffneten Zivilisten angegriffen worden zu sein, wurde in den kommenden Wochen vielfach Gräueltaten an der Zivilbevölkerung in Belgien und Frankreich verübt. Die ersten Massenerschießungen von belgischen Zivilisten erfolgten am 5. August. Den Repressalien fielen zwischen August und Oktober 1914 rund 6500 Zivilisten zum Opfer.162

Während die deutschen Truppen im Rahmen des Schlieffen-Plans ihre Bogenbewegung über Belgien entfalteten, wurde auf französischer Seite der Plan XVII vorbereitet, der im Gegensatz zur deutschen Umfassungsstrategie auf die Strategie des Durchstoßes im Zentrum (Lothringen) setzte. Vor dem eigentlichen Großangriff im Rahmen dieser Strategie erfolgte ein Vorausangriff auf Mülhausen (Mulhouse). Der französische Befehlshaber Joseph Joffre wollte damit deutsche Truppen im Süden binden und durch Vordringen in das nach der Niederlage von 1871 an Deutschland gefallene Elsass den Enthusiasmus der französischen Bevölkerung stärken, was während der kurzfristigen Einnahme der zweitgrößten Stadt und des wichtigsten Industriestandortes der Region durchaus gelang. Am 7. August konnte Mülhausen genommen werden, wobei auch ein Teil der dortigen Bevölkerung die französischen Soldaten jubelnd begrüßte, doch bereits am 9. August ging es wieder an die deutschen Truppen. Nach einer erneuten Eroberung fielen die Stadt und alle elsässischen Gebiete mit Ausnahme des Dollertales und einiger Vogesenhöhen am 24. August für den restlichen Krieg wiederum an die Deutschen. Der den französischen Angriff kommandierende General Louis Bonneau wurde von Joffre entlassen.163

Joffre hatte zunächst nicht die Absicht, sich in seinem Aufmarsch gemäß Plan XVII von dem deutschen Angriff auf Belgien beeinflussen zu lassen und konzentrierte 1,7 Millionen Soldaten in fünf Armeen für den Angriff. Er konnte die Bewegung der deutschen Truppen jedoch nicht vollständig ignorieren und verlegte die 5. Armee unter Charles Lanrezac entsprechend weiter nordwestlich. Das gerade erst in Frankreich gelandete Britische Expeditionskorps unter General John French schloss sich nördlich bei Maubeuge an. Die französische Offensive begann am 14. August: Die 1. Armee unter General Auguste Dubail und die 2. Armee unter General Noël de Castelnau überschritten die Grenze und rückten unter anderem auf Saarburg (Lothringen) vor.

Scheitern des französischen Planes XVII:
die Grenzschlachten an der Westfront vom 3. bis 26. August 1914

Am 18. August, nach der Niederkämpfung der Festung Lüttich (endgültiger Fall von Lüttich am 16. August) begann die eigentliche Großoffensive des rechten deutschen Flügels zur Umfassung der alliierten Armeen, dabei stieß man sehr schnell nach Brüssel und Namur vor. Der Hauptteil der belgischen Armee zog sich in die Festung Antwerpen zurück, worauf die zweimonatige Belagerung der Stadt begann. Am 20. August begann die eigentliche französische Offensive in Richtung Deutsch-Lothringen und Saar-Ruhr-Gebiet, gleichzeitig begann der deutsche Gegenangriff. Daraus und aus einer Reihe von weiteren Schlachten bei Saarburg, bei Longwy, in den Ardennen, an der Maas, zwischen Sambre und Maas und bei Mons entwickelten sich für beide Seiten verlustreiche Kämpfe zwischen den Vogesen und der Schelde, die sogenannten Grenzschlachten. Die französischen Truppen erlitten besonders schwere Verluste, zwischen 20. und 23. August fielen 40.000 Soldaten, alleine am 22. August 27.000. Die ungeheuren Verluste waren vor allem durch Maschinengewehre verursacht. Den französischen Truppen gelang jedoch ein ausreichend geordneter Rückzug einerseits hinter die Meurthe und den Festungsring um Nancy, anderseits unter Bewahrung der Festung Verdun hinter die Maas, ohne dass den deutschen Truppen eine Umfassung und vollständige Vernichtung großer Truppenteile gelang.

Französische Bauernfamilie auf der Flucht, 1914

Die französischen und britischen Armeen auf dem linken Flügel begannen einen allgemeinen Rückzug durch Nordfrankreich, der durch vereinzelte Schlachten wie die Schlacht von Le Cateau (26. August) und die Schlacht bei St. Quentin (29. August) unterbrochen wurde und den verfolgenden deutschen rechten Flügel immer näher an Paris heranführte.164 Die französische Regierung verließ am 2. September die Hauptstadt und zog nach Bordeaux um, die Verteidigung von Paris wurde dem reaktivierten General Joseph Gallieni anvertraut. Das französische Oberkommando zog währenddessen Truppen vom rechten Flügel sowie Reserven zusammen, um bei Paris eine neue (6.) Armee unter Joseph Maunoury aufzustellen, die den deutschen Vormarsch in der Flanke bedrohte. Eine weitere (9.) Armee unter Ferdinand Foch wurde im Zentrum eingeschoben. Joffre plante, die Marne als Auffangstellung zu benutzen, um von hier aus mit einer Offensive an der gesamten Front den deutschen Vormarsch zu stoppen.165

Scheitern des Schlieffen-Plans: Alliierte Truppen stoßen am 8. September 1914 in die Lücke zwischen der 1. und 2. deutschen Armee

Der deutsche Schwenkungsflügel hatte schon zuvor mit immer noch hoher Geschwindigkeit seine Drehung Richtung Südwest und Süd vorgenommen; allerdings wich die 1. Armee von ihrer planmäßige Vorstoßrichtung schon nach der Einnahme von Brüssel (20. August) südlich ab, da Befehlshaber Alexander von Kluck die französischen Truppen und das Britische Expeditionskorps verfolgte. Durch die zunehmende Frontausdehnung schwand der Überraschungseffekt der deutschen Offensive, auch die zahlenmäßige Überlegenheit des rechten deutschen Flügels ging mit der Dehnung verloren, die Verbindungslinien wurden immer länger, jene der Franzosen immer kürzer. Die auseinandergezogene deutsche Front drohte Ende August zu zerreißen, der rechte Flügel musste aufgrund von Gegenangriffen die Stoßrichtung weiter ändern und nach Süden und Südosten einschwenken, die Einkreisung von Paris wurde am 30. August aufgegeben, wovon Joffre am 3. September informiert war.166

Die in Luxemburg stationierte Oberste Heeresleitung verlor inzwischen den Überblick über die operative Lage, vor allem fehlte jegliche Fernsprechverbindung zum bedrohten rechten Flügel. Der technisch unzureichende Funkverkehr konnte dies nicht wettmachen, die Fliegermeldungen blieben oft ungenutzt. Die 1. Armee (320.000 Soldaten) versuchte mit Gewaltmärschen doch noch die britische Expeditionsarmee einzuschließen und vernachlässigte dabei den Flankenschutz des gesamten deutschen Vorstoßes gegenüber dem westlich liegengelassenen Paris.

Am 6. September begann die französische Offensive gegen die offene Flanke der deutschen Armee („Schlacht an der Marne“). Die deutsche 1. Armee, die trotz gegenteiliger Weisung noch am 5. September 1914 südlich der Marne vorgestoßen war, musste sich in einem zweitägigen Gewaltmarsch zurückziehen und verursachte durch ihre plötzliche Kehrtwendung eine etwa 40 Kilometer breite Lücke zwischen der 1. und 2. deutschen Armee, in die französische und britische Kräfte gegen Mittag des 8. Septembers 1914 hineinstießen. Der Zusammenhang der deutschen Front war zerrissen, die Gefahr eines operativen Durchbruches und einer Umfassung der deutschen Armeen wuchs. Die deutschen Armeen waren nach ihrem rasanten Vormarsch über 500 Kilometer am Ende ihrer Kräfte. Der zum Oberkommando der 1. und 2. Armee entsandte Oberstleutnant Richard Hentsch gab den Rückzugsbefehl.167

Die Notwendigkeit des Rückzuges war später umstritten, überwiegend wird jedoch heute eine Meinung vertreten, wie sie zum Beispiel Holger Afflerbach formulierte: „Operativ war der Rückzugsbefehl richtig und zwingend notwendig, seine psychologischen Auswirkungen waren indes fatal.“168 Der Schlieffen-Plan war gescheitert, die Einschnürung des französischen Heeres an der Ostgrenze (Lothringen und Elsass) war misslungen.

Generalstabschef Moltke erlitt einen Nervenzusammenbruch und wurde durch Erich von Falkenhayn ersetzt. Die 1. und die 2. deutsche Armee mussten die Schlacht abbrechen und sich zurückziehen, die restlichen Angriffsarmeen folgten. Der darauf folgende Rückzug des deutschen Angriffsflügels hinter die Aisne mündete in die Erste Schlacht an der Aisne, die den Übergang zum Stellungskrieg einleitete. Die deutschen Truppen konnten sich jedoch nach ihrem Rückzug an der Aisne eingraben und wieder eine zusammenhängende Front aufbauen. Am 17. September kam der französische Gegenangriff zum Erliegen. In Frankreich wurde dieser deutsche Rückzug später als „Wunder an der Marne“ bezeichnet.169

Deutsche Soldaten in Maubeuge während der Besatzung, 1914

Zunächst hielt Falkenhayn am bisherigen Konzept fest, dem zufolge die Entscheidung zuerst im Westen gesucht werden sollte. Im Wettlauf zum Meer (13. September bis 19. Oktober 1914) versuchten beide Seiten, aneinander zu überflügeln, die Fronten wurden ausgehend von der Aisne bis nach Nieuwpoort an der Nordsee verlängert. In Nordfrankreich versuchten die Gegner in den ersten Oktoberwochen 1914 wieder den Bewegungskrieg einzuleiten, wobei die deutschen Truppen unter schweren Verlusten einige Erfolge verbuchen konnten (Einnahme von Lille, Gent, Brügge und Ostende), ohne jedoch den Durchbruch zu erreichen. Danach verlegte sich der Schwerpunkt der Kämpfe weiter in den Norden nach Flandern, der englische Nachschub über Dünkirchen und Calais sollte unterbrochen werden.170 Bei Ypern entwickelten sich erbitterte Gefechte (Erste Flandernschlacht vom 20. Oktober bis 18. November 1914). In aller Eile aufgestellte deutsche Reservekorps erlitten bei Langemarck und Ypern verheerende Verluste. Dabei gelang es den Alliierten, die für den britischen Nachschub wichtigen Kanalhäfen Boulogne und Calais und den Eisenbahnknoten Amiens dem deutschen Zugriff zu entziehen.171 Mit den Kämpfen bei Ypern endete der Bewegungskrieg.

An der Front entstand nun ein ausgedehntes System aus Schützengräben (Grabenkrieg). Alle Durchbruchsversuche beider Seiten schlugen 1914 fehl, eine über 700 km lange Front von der Nordsee bis zur Schweizer Grenze erstarrte im Stellungskrieg, an den Frontabschnitten lagen die vordersten Gräben oft kaum 50 m von den gegnerischen Stellungen entfernt.172

Am 24. Dezember und den beiden folgenden Tagen kam es an einigen Abschnitten der Westfront zum sogenannten Weihnachtsfrieden, einem unautorisierten Waffenstillstand unter den Soldaten. Beteiligt an dieser Weihnachtswaffenruhe, verbunden mit Verbrüderungsgesten, waren vermutlich über 100.000 hauptsächlich deutsche und britische Soldaten.173

An der Westfront verfolgten die Alliierten zunächst die klassische Strategie, den großen deutschen Frontbogen zwischen Lille im Norden und Verdun im Süden durch Eindrücken der beiden Flanken abzuschnüren und dabei möglichst die für den Nachschub wichtigen Eisenbahnlinien zu unterbrechen. Im Rahmen dieser Strategie kam es zunächst zur schon Ende 1914 vorbereiteten Winterschlacht in der Champagne (bis Ende März), bei der sich der Typus der Materialschlacht herausbildete. Diese Taktik führte jedoch nicht zum Erfolg, da die Deutschen durch den Beschuss auf den Angriff gefasst waren und ihn aufgrund struktureller Vorteile des Verteidigers im Grabenkrieg aus den gut ausgebauten Unterständen mit Sperrfeuer und Maschinengewehr abweisen konnten. Alliierte Angriffe auf den kleineren, aber strategisch bedrohlichen Frontbogen von Saint-Mihiel (Osterschlacht zwischen Maas und Mosel) schlugen ebenfalls fehl.174

Gasangriff nach dem Blasverfahren, rechts im Bild stehen Angriffsreihen zum darauffolgenden Infanterieangriff bereit

Der Einsatz von Giftgas am ersten Tag der Zweiten Flandernschlacht, dem 22. April, gilt als „neues Kapitel in der Geschichte der Kriegsführung“ und als „Geburtsstunde von modernen Massenvernichtungswaffen“.175 Zwar wurden im Gaskrieg während des Ersten Weltkrieges schon zuvor auch von den Alliierten Reizstoffe verwendet, aber da nun tödliches Chlorgas zum Einsatz kam, galt der Angriff international als klarer Verstoß gegen die Haager Landkriegsordnung176 und wurde propagandistisch entsprechend verwertet. Schon im März bauten Pioniere in den vordersten Gräben bei Ypern verdeckte Gasflaschen ein, aus denen das Gas abgeblasen werden sollte. Am 22. April wehte beständiger Nordwind, dementsprechend wurde das Gas am Nordteil des alliierten Frontbogens um Ypern abgeblasen. Die französische 87. sowie die 45. (algerische) Division flohen in Panik, womit sich eine 6 km breite Lücke in der alliierten Front auftat. Die Zahl der Toten dieses Gasangriffes schätzt man auf etwa 1200, hinzu kamen 3000 Verwundete. Die deutsche Führung hatte eine solche Wirkung nicht erwartet und vermutlich deswegen nicht ausreichend Reserven für einen weiteren Vorstoß bereitgestellt, abgesehen davon beeinträchtigte das Gas auch die Angreifer. Der Frontbogen von Ypern wurde im Rahmen der Zweiten Flandernschlacht zwar verkleinert, konnte aber von den britischen Truppen und der neu an der Front eingetroffenen kanadischen Division gehalten werden. Auch aufgrund des Gaseinsatzes lagen die Verluste bei den Verteidigern (ca. 70.000) deutlich höher als bei den Angreifern (ca. 35.000), was für den Grabenkrieg im Ersten Weltkrieg ungewöhnlich war.177 Am 9. Mai versuchten Briten und Franzosen einen Durchbruch im Artois in der Lorettoschlacht. Diese blieb trotz enormer Verluste (111.000 alliierte und 75.000 deutsche Soldaten) ohne Erfolg und wurde Mitte Juni abgebrochen.

Herbstschlacht: zerschossener Wald in den Argonnen

Die Herbstschlacht in der Champagne und die Schlacht von Loos brachten bei hohen Verlusten und sukzessive steigendem Materialeinsatz kaum Ergebnisse: „Die Truppen der Entente mussten mit Verlusten von bis zu einer Viertelmillion Mann für minimale Geländegewinne bezahlen.“178

Joseph Joffre, seit Anfang Dezember Oberbefehlshaber aller französischen Truppen, berief vom 6. bis 8. Dezember eine Konferenz der Alliierten in Chantilly ein, wo seit Oktober 1914 das Grand Quartier Général seinen Sitz hatte. Um den Mittelmächten die Vorteile der „Inneren Linie“ zu nehmen, wurden für Mitte 1916 koordinierte Angriffe an allen Fronten verabredet.179

Am 21. Februar begann die Schlacht um Verdun. Im Gegensatz zu späteren, von vielen Autoren übernommenen Darstellungen Erich von Falkenhayns180 war die ursprüngliche Absicht des Angriffs nicht, die französische Armee „ausbluten“ zu lassen. Ursprünglich stammte die Idee des Angriffs bei Verdun von Kronprinz Wilhelm, Oberkommandierender der 5. Armee, und Konstantin Schmidt von Knobelsdorf, Generalstabschef der 5. Armee. Die deutsche Heeresleitung entschied sich für den Angriff auf die ursprünglich stärkste Festung Frankreichs (seit 1915 teilweise entwaffnet), um ihrerseits den Krieg an der Westfront wieder in Bewegung zu bringen. Rund um Verdun bestand zudem eine Einbuchtung der Front, wodurch die deutsche Front in ihren Flanken bedroht war. Entgegen den deutschen Erwartungen leisteten die Franzosen erbitterte Gegenwehr, Geländegewinne waren zunächst kaum zu verzeichnen. Am 25. Februar wurde das wenig bedeutende Fort Douaumont von deutschen Truppen erobert. Anlässlich des Verlustes der Festung entschlossen sich die Franzosen, dass die Festung Verdun unbedingt gehalten werden sollte. Mit der Verteidigung der Stadt wurde General Philippe Pétain beauftragt. Über die einzige Verbindungsstraße von Bar-le-Duc nach Verdun (zur „Voie Sacrée“ stilisiert) gelang es, die sogenannte Noria aufzubauen – der Nachschub über diese Straße wurde mit größtem Aufwand betrieben. Die Schlacht verlief in vier Phasen: Die erste endete am 4. März, da der französische Artilleriebeschuss von den Höhen westlich der Maas das deutsche Vordringen zum Stocken brachte. In der zweiten Phase gab Falkenhayn dem Drängen der 5. Armee nach und ließ Angriffe auf diese Höhenzüge unternehmen. Die Höhe „Le-Mort-Homme“ („Toter Mann“) wurde mehrfach eingenommen, jedoch nicht sehr lange gehalten. Le-Mort-Homme und die Höhe 304 gelten wegen der brutal geführten Kämpfe als Symbol für die „Hölle von Verdun“, Le-Mort-Homme verlor durch den Beschuss 6 m an Höhe. In einer dritten Phase wurde der Schwerpunkt wieder auf die Einnahme von Verdun selbst gelegt. Am 23. Juni begann mit 78.000 Mann ein Angriff auf der Linie Vaux-Fleury, der ebenfalls steckenblieb. Kurzfristig gelang es den deutschen Truppen in einer vierten Phase bis zum 11. Juli darüberhinauszustoßen, es entbrannten heftige Kämpfe. Am Fort de Souville (etwa 5 km nordöstlich Verdun) blieb der deutsche Angriff endgültig stecken, Falkenhayn befahl angesichts dessen und eingedenk des am 1. Juli begonnen alliierten Angriffs an der Somme am 11. Juli die Einstellung der Offensive.181

Entsprechend der Absprache in der Konferenz von Chantilly waren für Mitte 1916 drei alliierte Großoffensiven geplant: Der Angriff an der Somme, die Brussilow-Offensive Russlands und eine weitere Isonzoschlacht in Oberitalien. Der Angriff an der Somme am 1. Juli war ursprünglich unter französischer Führung geplant, aufgrund der Schlacht von Verdun übernahmen ihn weitgehend die Briten.

Das BEF übernahm die Führung des Angriffes an der Somme, da aufgrund der Schlacht von Verdun das französische Kontingent von 40 auf 11 Divisionen verringert worden war. Nach achttägiger, ununterbrochener Artillerievorbereitung durch über 1500 Geschütze begann am 1. Juli 1916 der Angriff auf die deutschen Stellungen an der Somme. Allein am ersten Tag der Somme-Schlacht starben 19.240 britische Soldaten, davon 8.000 in der ersten halben Stunde. Am 15. September kam es dabei zum kriegshistorisch ersten Einsatz von Tanks (Panzer) seitens der Briten. Die Kämpfe dauerten bis 25. November an, die Alliierten konnten im Brennpunkt der (in Luftlinie) etwa 30 Kilometer breiten Angriffsfront die deutsche Front um 8 bis 10 Kilometer eindrücken. Dieser bescheidene Geländegewinn kostete über eine Million Männer das Leben. Die Schlacht an der Somme war in jedem Fall die verlustreichste Einzelschlacht des des gesamten Weltkriegs.

Bis zum 16. Dezember eroberten die Franzosen fast sämtliche Gebiete zurück, die die Deutschen bei ihrer Offensive im Frühjahr eingenommen hatten.182

Die Schlacht vor Verdun forderte 337.000 Mann Verluste bei den Deutschen (darunter 143.000 Tote), 377.000 Mann bei den Franzosen (162.000 Tote). Auf dem etwa 30 km breiten und 10 km tiefen Schlachtfeld waren mindestens 36 Millionen Granaten niedergegangen.183

Da dem französischen Oberbefehlshaber Joseph Joffre die Verkennung der deutschen Angriffsabsicht bei Verdun sowie die ebenso blutigen wie nutzlosen Offensiven in der Champagne und an der Somme angelastet wurden, geriet er zunehmend in die Kritik und wurde am 3. Dezember durch General Robert Nivelle ersetzt, der die erfolgreiche Gegenoffensive bei Verdun geführt hatte und sich damit für die Führung der für das nächste Jahr geplanten alliierten Frühjahrsoffensive empfohlen hatte. Er wurde damit zunächst Philippe Pétain, dem „Helden von Verdun“, vorgezogen, der als zu defensiv galt.184

Am 6. April 1917 erklärten die USA dem Deutschen Reich den Krieg,185 nachdem Präsident Wilson vier Tage vorher den US-Kongress zur Teilnahme am Kreuzzug der „friedensliebenden“ Demokratien gegen die „militärisch-aggressiven“ Autokratien der Erde aufgefordert hatte. Beide Häuser des Kongresses stimmten mit überwältigender Mehrheit zu.186

Im Rahmen der Operation Alberich wird St. Quentin Teil der Siegfried-Linie und weitgehend zerstört. Im Bild der Eingang zur deutschen Kommandantur.

Im März zogen sich die im mittleren Abschnitt der Westfront an der Somme stehenden deutschen Truppen im Unternehmen Alberich in die stark ausgebaute Siegfriedstellung zurück. Die eigentliche Bewegung wurde innerhalb von drei Tagen, vom 16. bis 19. März, durchgeführt. Sowohl dieser Rückzug als auch die Verschärfung des Seekrieges waren Konsequenzen der Großschlachten des Jahres 1916 bei Verdun und an der Somme; die deutschen Truppen waren angeschlagen. Der Bau der Siegfriedstellung war die wohl größte Baumaßnahme des Ersten Weltkrieges, die Arbeit wurde vorwiegend von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern geleistet. Deutsche Truppen verwüsteten weisungsgemäß vor dem taktischen Rückzug das freizugebende Gebiet systematisch („Verbrannte Erde“), verminten es teilweise (auch mit Sprengfallen) und deportierten seine Bewohner. Ortschaften wie zum Beispiel Bapaume wurden gesprengt, insgesamt 150.000 Personen deportiert, so etwa alle 40.000 Einwohner von Saint-Quentin. Die Wirkung auf die öffentliche Meinung im Ausland war ähnlich verheerend wie die Operation, die im betroffenen Gebiet „das zivile Leben vollständig zerschlug und eine historische Landschaft zu einer Wüste werden ließ“.187

In der zweiten Konferenz in Chantilly hatten die Alliierten im November 1916 wiederum eine kombinierte Offensive vereinbart. Der für diese Offensive zum gemeinsamen Oberbefehlshaber bestimmte Robert Nivelle wählte die Stadt Arras als Ausgangspunkt eines am 9. April begonnenen Angriffs (Schlacht von Arras) durch das British Expeditionary Force, während der Hauptangriff durch die französische Armee wenig später an der Aisne (Schlacht an der Aisne) und in der Champagne erfolgte. Nach dem Fehlschlag an der Somme war man zum taktischen Konzept von 1915 zurückgekehrt: Der immer noch große deutschen Frontbogen zwischen Lille im Norden und Verdun im Süden sollte durch Eindrücken der beiden Flanken abgeschnürt werden. Hauptziel der Franzosen war dabei die Einnahme des Chemin des Dames. Der Angriff bei Arras überraschte die deutschen Truppen unter dem in der Folge abgelösten General Ludwig von Falkenhausen. Das Ausmaß des bevorstehenden Angriffs war der deutschen Aufklärung nicht zuletzt aufgrund von 24.000 in der „Tunnelstadt“ von Arras versteckten Soldaten188 verborgen geblieben. Abgesehen davon war der Materialeinsatz deutlich höher als an der Somme im Vorjahr. Den Kanadiern gelang die Einnahme eines strategisch wichtigen Höhenzuges bei Vimy, der Vormarsch blieb jedoch danach stecken. Der französische Angriff 130 km weiter südlich war trotz Geländegewinne ein Fehlschlag, der Chemin des Dames als Operationsziel konnte nicht genommen werden. Beide Offensiven mussten bereits im Mai nach hohen Verlusten abgebrochen werden. Das deutsche Heer war nach einer von Fritz von Loßberg entwickelten flexiblen Verteidigungsstrategie („Verteidigung in der Tiefe“) dazu übergegangen, die Abwehrkräfte tiefer und komplexer zu staffeln. Die sowohl von den Briten wie auch von den Franzosen eingesetzten Panzer (insgesamt nur 170) konnten aufgrund technischer Probleme keine größere Wirkung erzielen. Giftgas wurde von beiden Seiten angewandt, wobei mit diesen beiden Schlachten zunehmend die Gasgranate das Blasverfahren ablöste.189

Erfolgloser französischer Sturmangriff auf eine deutsche, durch Trommelfeuer nahezu vollständig eingeebnete Stellung

Die gescheiterte Offensive am Chemin des Dames war Anlass für Meutereien in 68 Divisionen der französischen Armee, insgesamt etwa 40.000 Mann (von 2 Millionen). Fünf Divisionen waren ernsthaft betroffen, diese lagen direkt im Süden der Angriffszone der Offensive am Chemin des Dames, zwischen Soissons und Reims. Beim ebenfalls dort eingesetzten russischen Expeditionskorps kam es zu ähnlichen Problemen. Angesichts der anfänglichen britischen Erfolge bei Arras waren vor allem dort die hohen Erwartungen besonders enttäuscht worden. In der Regel begannen die Meutereien nicht bei den Truppen in vorderster Front, sondern bei jenen in der Kampfpause anlässlich des Befehls zur Rückkehr an die Front. Die konkreten Forderungen waren mehr Fronturlaub, bessere Ernährung, Besserstellung der Familien der Soldaten, Beendigung des „Gemetzels“ (Protest gegen die Methoden der Kriegsführung) sowie vereinzelt auch generell „Frieden“ und Beendigung der „Ungerechtigkeit“ (in erster Linie im Sinne von Wehrgerechtigkeit gemeint). „Ganz überwiegend hatten die meuternden Soldaten nicht den Krieg selber in Frage gestellt, sondern nur dagegen protestiert, nutzlos hingeschlachtet zu werden.“190

Am 29. April wurde der französische Oberbefehlshaber Nivelle durch General Pétain abgelöst, der die Verteidigung Verduns organisiert hatte. Durch den Übergang zu einer Defensivhaltung konnte Pétain die Unruhe in der Armee eindämmen. Er führte eine neue Kampfweise ein, die der deutschen „Verteidigung in der Tiefe“ ähnelte. Abgesehen von zwei begrenzten, aber erfolgreichen Operationen bei Verdun im August und an der Aisne im November (wo die Deutschen hinter die Ailette zurückgeworfen wurden), unternahm das französische Heer zwischen Juni 1917 und Juli 1918 keine Offensiven mehr. Zudem sorgte Pétain für Verbesserungen in Hinsicht auf die Verpflegung und die Ruhezeiten der Truppen. Etwa 10 % der Meuterer wurden vor Gericht gestellt, 3427 Soldaten verurteilt, die Kriegsgerichte fällten 554 Todesurteile, davon wurden 49 vollstreckt.191

Zerbombter Wald bei Ypern

In der Schlacht von Messines (21. Mai bis 7. Juni) gelang es den Briten, einen strategisch wichtigen Höhenzug im Süden von Ypern zu erobern. Mineure aus England, Kanada, Australien und Neuseeland hatten in eineinhalb Jahren Arbeit 21 große Minen unter den deutschen Stellungen platziert, deren Zündung die „effektivste“ nichtnukleare Explosion der Kriegsgeschichte einleitete (10.000 Tote, 6.400 Betäubte). Die Eroberung des Höhenzuges sicherte die rechte Flanke und ermöglichte eine alliierte Offensive unter britischer Führung, die Dritte Flandernschlacht (31. Juli bis 6. November). Ziele eines erhofften Durchbruchs waren unter anderem die deutschen U-Boot Stützpunkte Ostende und Zeebrügge. Der Angriff blieb nach einigen Erfolgen am 9. Oktober bei Langemark-Poelkapelle stecken, zudem misslang der Hauptstoß gegen das strategisch wichtige Plateau von Geluveld letztendlich, wodurch die alliierten Truppen ständigem Flankenfeuer ausgesetzt waren. Nach der Einnahme der Ruinen von Passchendaele durch kanadische Truppen am 6. November flauten die Kämpfe ab – die Alliierten konnten die deutsche Front selbst hier und damit am erfolgreichsten Abschnitt nur um 8 km zurückdrängen. Die Verluste auf beiden Seiten betrugen etwa 585.000 Soldaten.192

Massiver Panzerangriff mit Luftunterstützung: Die Schlacht von Cambrai gilt als Markstein der Kriegsgeschichte.

In der Schlacht von Cambrai (20. November bis 6. Dezember) kam es zum ersten operativen Einsatz von geschlossenen Panzerverbänden.193 etwa 320 einsatzfähige Panzer des Royal Tank Regiments unterstützt von 400 Flugzeugen und sechs Infanterie- sowie drei Kavalleriedivisionen durchstießen nach kurzer Artillerievorbereitung auf einer 15 km breiten Front im Bereich von Havrincourt die Siegfriedstellung und drangen etwa 7 km vor. Das neue Angriffsverfahren war überraschend, da bei Angriffsabsichten aufgrund der tief gegliederten Stellungen die übliche tagelange Artillerievorbereitung erwartet wurde. Der Durchbruch zum Eisenbahnknotenpunkt Cambrai gelang jedoch nicht, gut ein Drittel der angreifenden Panzer wurde vernichtet, in einer am 30. November gestarteten Gegenoffensive gelang es den deutschen Truppen, den größten Teil des verlorengegangenen Geländes zurückzuerobern.

Präsident Woodrow Wilson stellte am 8. Januar in einer programmatischen Rede vor beiden Häusern des Kongresses sein 14-Punkte-Programm vor. Wilson nahm dabei in Anspruch, freiheitliche politische Prinzipien global verwirklichen zu wollen, als vornehmstes Ziel proklamierte er das Selbstbestimmungsrecht der Völker. Unter anderem wurden in den 14 Punkten die Räumung und Wiederherstellung Belgiens, Serbiens und Montenegros sowie die Räumung und Aufgabe von Elsass-Lothringen, ein eigener polnischer Staat, die Freiheit der Meere, Rüstungsbeschränkungen und die „autonome Entwicklung“ für die Völker Österreich-Ungarns gefordert. Am 24. Januar lehnten Deutschland und Österreich-Ungarn die 14 Punkte ab.194

Die schon Ende 1917 absehbare Entlastung der Ostfront führte dazu, dass am 11. November 1917 in Mons seitens der deutschen Armeeführung eine Offensive an der Westfront beschlossen wurde, für die verschiedene konkurrierende Pläne ausgearbeitet wurden und die dem Krieg vor dem Eintreffen der Amerikaner eine Wendung geben sollte. Am 21. Januar 1918 entschieden sich Hindenburg und Ludendorf für eine Variante unter dem Decknamen Michael: Eine Offensive im Bereich von St. Quentin entlang der Somme, die dann nach Nordwesten schwenken, die britische Armee umfassen und zum Rückzug auf die Kanalhäfen zwingen sollte. Durch den Abzug von Truppen vor allem aus Russland konnte die Anzahl der deutschen Divisionen im Westen von 147 auf 191 erhöhte werden, denen nur 178 alliierte gegenüberstanden – erstmals seit 1914 hatte die deutsche Armee wieder eine zahlenmäßige Überlegenheit erreicht, nach wie vor jedoch keine materielle.

Frühjahrsoffensive 1918: Paul von Hindenburg, Wilhelm II. und Erich Ludendorff sowie weitere Mitglieder der OHL auf dem Weg zum Großen Hauptquartier in Avesnes-sur-Helpe

Am frühen Morgen des 21. März 1918 begann die deutsche Frühjahrsoffensive. Dabei erzielten die deutschen Sturmtruppen mit ihrer Infiltrations-Taktik einen tiefen Einbruch in die britische Front. Doch gab Ludendorff „die Strategie eines einzigen, massiven Vorstoßes auf und entschied sich für eine Angriff mit drei Spitzen, von denen keine stark genug war, einen Durchbruch zu erzielen“, was ihm erhebliche Kritik im Generalstab einbrachte und die Offensive schwächte: „Wie 1914 beim Vormarsch auf Paris reagierte das deutsche Heer auf die Ereignisse und folgte der Linie des geringsten Widerstands, statt das Gesetz des Handelns an sich zu reißen.“195 Hinzu kamen logistische Schwierigkeiten im verwüsteten Somme-Gebiet. Angriffe wurden zudem nicht zuletzt dadurch aufgehalten, dass die schlecht versorgten Truppen die britischen Depots plünderten. Weiterhin konnte die materielle Überlegenheit der Alliierten durch die überraschende Schwerpunktsetzung nicht dauerhaft ausgeglichen werden. Die Alliierten einigten sich am 3. April unter dem Druck der Ereignisse auf Ferdinand Foch als gemeinsamen Oberbefehlshaber. Zwar waren die deutschen Truppen auf einer 80 km breiten Front bis zu 60 km tief vorgestoßen (von St. Quentin bis westlich Montdidier), die Offensive hatte jedoch bei hohen, nicht mehr ausgleichbaren Verlusten einen großen neuen Frontbogen geschaffen und keinerlei strategische Ziele erreicht. Nach einem Gegenangriff australischer Truppen vor Amiens wurde das Unternehmen Michael am 5. April eingestellt.196

Ludendorff, dem inzwischen im Generalstab offen Führungsfehler vorgeworfen wurden, griff auf eine Alternativplanung zur Michaelsoffensive zurück: die Operation Georg, ein Angriff in Flandern entlang des Flusses Leie auf einer Frontbreite von 30 km mit dem Ziel der Kanalküste westlich von Ypern (Vierte Flandernschlacht). Im Rahmen der Offensive kam es zum ersten größeren Panzergefecht der Kriegsgeschichte. Gravierender für das deutsche Heer war jedoch die zunehmende Verweigerung von Angriffsbefehlen bei den erschöpften und enttäuschten Truppen ab etwa Mitte April. Der OHL war die schwindende Moral der eigenen Truppen nicht verborgen geblieben und eröffnete deswegen umgehend am 27. Mai eine neue Offensive (Schlacht an der Aisne oder Operation Blücher-Yorck) mit dem bis dahin stärksten Artillerieeinsatz des Krieges, fast 6000 Geschütze verschossen innerhalb von vier Stunden zwei Millionen Granaten. Am 29. Mai standen die Deutschen wiederum an der Marne, am 3. Juni war Paris nur 90 Straßenkilometer und 62 km Luftlinie von der deutschen Front entfernt – Granaten des Paris-Geschützes schlugen in der französischen Hauptstadt ein, das britische Kabinett diskutierte am 5. Juni die Evakuierung des britischen Expeditionsheeres. Die Marne-Linie konnte jedoch mit Hilfe der amerikanischen Truppen stabilisiert werden. Die OHL brach den Angriff am 5./6. Juni ab.

Der eigentliche Wendepunkt des Krieges an der Westfront war die zweite Schlacht an der Marne: Der am 15. Juli begonnene deutsche Angriff mit allen noch zur Verfügung stehenden Truppen kam zunächst gut voran, am 18. Juli führten Franzosen und Amerikaner jedoch einen Gegenangriff mit massiven Einsatz kleiner und wendiger Panzer (Renault FT-17). Die deutschen Truppen wurden überrascht und zogen sich wieder über die erst drei Tage zuvor überschrittene Marne zurück. Nahezu das gesamte im Mai und Juni eroberte Gebiet musste aufgegeben werden. Der 18. Juli galt in der zeitgenössischen offiziellen Kriegsgeschichtsschreibung als eigentliche „Schicksalswende des Krieges“. Die Alliierten gewannen an diesem Tag die Initiative, um sie bis Ende des Krieges nicht mehr abzugeben.197

In der am 8. August begonnenen Schlacht bei Amiens musste die deutsche Armee eine schwere Niederlage hinnehmen, die Schlacht leitete die Hunderttageoffensive ein. Begünstigt durch starken Nebel stießen östlich von Villers-Bretonneux 530 britische und 70 französische Tanks – gefolgt von australischer und kanadischer Infanterie – durch die überraschten und unterbesetzten Linien. Die deutschen Verluste betrugen am Ende der Schlacht 75.000 Mann, davon 50.000 Gefangene. Der operative Erfolg (Einbruch maximal 20 km bis vor Bray-sur-Somme und Chaulnes) war zwar im Vergleich mit den deutschen Angriffen im März eher durchschnittlich, der moralische Effekt dagegen enorm, vor allem da erhebliche Teile der Armee offensichtlich den Willen zum Weiterkämpfen verloren hatten.198

Bis Mitte September konnten die Alliierten schrittweise Gelände gewinnen, am 21. August erfolgte ein Angriff der Briten bei Albert, Anfang September waren die Deutschen wieder auf die Ausgangsstellung ihrer Märzoffensive zurückgedrängt, die OHL befahl am 2. September widerwillig den Rückzug auf die Siegfriedstellung. Am 12. September begannen die Amerikaner mit der Schlacht von St. Mihiel ihre erste selbstständige Offensive, auf die am 26. September die groß angelegte und bis zum Kriegsende andauernde Maas-Argonnen-Offensive folgte, am 29. September wurde die Siegfriedstellung erstmalig durchbrochen. Die Alliierten spielten ihre materielle und personelle Überlegenheit zunehmend aus, zudem wirkten sich taktische Verbesserungen in ihrer Kriegsführung aus. Obwohl die Alliierten und vor allem die USA von der zweiten (Herbst-) Welle der Spanischen Grippe stärker betroffen waren als Deutschland – die Amerikaner verloren durch sie mehr Soldaten als durch Kampfhandlungen –, wirkte sie sich aufgrund der Gesamtsituation für Deutschland schwerwiegender aus. Die deutsche Front brach bis zum Waffenstillstand am 11. November jedoch nicht vollständig zusammen, was der sogenannten Dolchstoßlegende nach dem Krieg zu Auftrieb verhalf. Im November 1918 hielten die deutschen Truppen nur noch einen kleinen Teil Nordostfrankreichs und gut die Hälfte Belgiens sowie Luxemburg besetzt, die Alliierten besetzten nach wie vor kaum deutsches Gebiet.199

Ab 7. November verhandelten Marschall Foch und vier deutsche Politiker der Regierung Max von Badens unter Führung von Matthias Erzberger (Vorsitzender der katholischen Zentrumspartei) in einem Salonwagen im Wald von Compiègne über den Waffenstillstand zwischen den Alliierten und dem Deutschen Reich.

Zwischenkriegszeit (1918-1940)

In der Zwischenkriegszeit verfolgte Frankreich eine Politik der Sicherheit am Rhein (1923 Ruhrgebietsbesetzung unter Ministerpräsident Poincaré), der die deutsch-französische Annäherung im Locarnovertrag 1925 folgte. Die folgenden Jahre waren Krisenjahre mit schnell wechselnden Regierungen.

Die Weltwirtschaftskrise erreichte Frankreich erst 1931. Zwischen 1929 und 1935 ging die industrielle Produktion um 25 % zurück. Selbst 1938 hatte das Land noch nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht.

Am 6. Februar 1934 beteiligte sich die faschistische Bewegung Croix de Feu an einer antiparlamentarischen Straßenschlacht. Nach dem Rücktritt von Édouard Daladier (1934) bildete Gaston Doumergue eine Regierung der nationalen Einheit, die ohne Zustimmung der Kommunisten und Sozialisten auskommen musste. 1936 konnten die Parlamentswahlen von der neu gebildeten Volksfront aus Sozialisten, Kommunisten und Radikalsozialisten mit der Parole „Brot, Frieden, Freiheit“ gewonnen werden. Der Sozialist Léon Blum wurde 1936/37 und 1938 Ministerpräsident. Sein Nachfolger wurde zweimal der Radikalsozialist Édouard Daladier. Die Volksfront verfolgte das Prinzip der Nichteinmischung und war auf Frieden und Verteidigung eingestellt. Gegenüber Deutschland verfolgte sie eine Appeasement-Politik.

Frankreich weigerte sich, in den spanischen Bürgerkrieg einzugreifen. Adolf Hitler nutzte die Antikriegsstimmung in Frankreich, um seine Interessen in Tschechien durchzusetzen (Münchener Abkommen). Selbst als er seine Truppen 1939 in den noch verbliebenen Rest des Landes einmarschieren ließ, versuchte Frankreich um jeden Preis am Frieden festzuhalten. Dies war jedoch die letzte Okkupation der deutschen Nationalsozialisten, die Frankreich bereit war hinzunehmen.

Als Hitler am 1. September 1939 den Polenfeldzug begann, reagierte Frankreich zusammen mit Großbritannien mit einer Kriegserklärung. Frankreich war jedoch bei Ausbruch des zweiten Weltkriegs militärisch unvorbereitet. Die Armee blieb bis zur deutschen Besetzung Belgiens am 10. Mai 1940 in der Defensive und beschränkte sich auf einen „Sitzkrieg“. Die Auseinandersetzung nach dem deutschen Angriff endete innerhalb weniger Wochen mit der Niederlage. Am 14. Juni 1940 besetzten deutsche Truppen Paris. Staatspräsident Albert Lebrun beauftragte nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten Reynaud Marschall Philippe Pétain am 16. Juni mit der Regierungsbildung und den Waffenstillstandsverhandlungen. Hitler konnte den Besiegten die Bedingungen diktieren.

Zweiter Weltkrieg, Vichy-Regime, Kollaboration und Widerstand (1940-1945)

Vom „Sitzkrieg“ zum „Blitzkrieg“, Waffenstillstand

Deutscher Kontrollposten mit Stacheldrahtverhau und Hakenkreuz-Flagge an der Demarkationslinie am Fluss Cher 1941, Aufnahme der Propagandakompanie. Das Schild verbietet Juden, wie sie in der ersten Verordnung zum Reichsbürgergesetz definiert wurden, den Übergang in das besetzte Frankreich.

Der acht Monate währende „Sitzkrieg“ fand am 10. Mai 1940 schlagartig sein Ende, als die Invasion Frankreichs begann. Am 13. Mai wurde die französische Front nördlich der Maginot-Linie bei Sedan durchbrochen. Die deutschen Panzerdivisionen umfassten die nach Norden vorgerückte britisch-französische Armee im Rücken und drangen am 20. Mai bis an die Kanalküste vor. Damit waren die alliierten Armeen in zwei Teile geschlagen. Am 28. Mai kapitulierte Belgien, am 10. Juni begann eine Großoffensive Richtung Paris. Paris, zur offenen Stadt erklärt, fiel am 14. Juni 1940. Deutsche Truppen erreichten die Linie Royan - Clermont-Ferrand - Aix-les-Bains. Strategische Fehler, wie der Versuch, in den aus dem vorherigen Weltkrieg bekannten Stellungskrieg zu gelangen, indem man die Frontlöcher zu stopfen versuchte, statt die Armeen neu aufzustellen, die Unfähigkeit, die Strategie der Deutschen zu durchschauen, führten, ähnlich wie in Deutschland nach der Niederlage von 1918 dazu, dass die Militärs der zivilen Regierung die Schuld an der Niederlage unterschoben.200 Gleichzeitig befiel einen erheblichen Teil der Franzosen Panik, mehr als 8 Millionen der 42 Millionen Bewohner irren über die Landstraßen. Vor allem aus Paris, dem Norden und dem Osten flohen die Menschen vor den befürchteten Gräueln. Vorübergehend wurde Bordeaux zum Refugium und zum Regierungssitz. Im Gegensatz zum 1. Weltkrieg verschwand der Unterschied zwischen Front und Hinterland, der Krieg war überall und zugleich ungeheuer schnell.

Am 22. März bildete Ministerpräsident Paul Reynaud eine neue Regierung, der derjenigen Daladiers nachfolgte. Édouard Daladier war schnell in die Minderheit geraten nachdem Moskau Finnland einen Waffenstillstand aufgezwungen hatte. Reynaud ließ General Gamelin am 18. Mai durch General Weygand ersetzen und den 84-jährigen Pétain zum stellvertretenden Ministerpräsidenten berufen. Doch Pétain tat nicht alles, um die Invasoren zu bekämpfen, sondern er kollaborierte mit ihnen. Nach der Flucht der Regierung nach Bordeaux drehte sich die Hauptfrage nur noch um Kapitulation oder Waffenstillstand. Die kleine Minderheit derjenigen, die den Krieg nicht verloren gaben, setzte auf die unbesiegte Flotte und die Kräfte der Kolonien. Pétain behauptete, ein Fortsetzen des Krieges gefährde die französische Bevölkerung des Mutterlandes. Am 16. Juni trat Reynaud zurück. Staatspräsident Albert Lebrun forderte Pétain nun auf, eine Regierung zu bilden.

Dabei hatten die siegreichen Generäle nun, in einem weitgehenden Wechsel der Einstellungen in fast allen politischen Gruppierungen, einen Waffenstillstand gefordert, während große Teile der bis dahin pazifistischen Linken nun die Kriegsfortsetzung verlangten. Die Machtergreifung Hitlers und der Kurswechsel Stalins brachten in Frankreich viele Pazifisten, besonders während des Spanischen Bürgerkriegs, auf die Kriegsseite. Dieser Konflikt steigerte sich im Zusammenhang mit dem Münchener Abkommen von 1938, als die Befürworter, die Munichois sich vor allem aus der antimilitaristischen Linken speiste, aber auch aus der kommunistischen Gewerkschaft CGT, dann der Radikalen Partei, aber auch einer neupazifistischen Rechten, die in Stalin eine größere Gefahr sah, als in Hitler. Dagegen standen die weiterhin deutschfeindlichen anti-Munichois, dann aus den Teilen der Linken, die den Kurswechsel Stalins nachvollzogen hatten,

Der am 22. Juni unterzeichnete Waffenstillstand - der Zug, in dem die Unterschriften geleistet wurden, wurde danach ostentativ gesprengt - sah eine Aufteilung Frankreichs in verschiedene Zonen vor. Die von den Deutschen besetzte und unter Militärverwaltung gestellte „Zone occupée“ (besetzte Zone) umfasste den Nordteil des Landes, die Atlantikküste sowie die de facto vom Deutschen Reich annektierten Gebiete Elsass und Lothringen. Der deutsche Militärbefehlshaber residierte mit seinen Behörden in Paris. Das Département Nord und Pas-de-Calais unterstanden der Militärverwaltung in Belgien, der äußerste Südosten dem Bündnispartner Italien. Waffen, Material und die Flotte sollten den Siegern übergeben werden. 1,85 Millionen Gefangene, von denen 1,6 Millionen in Deutschland waren, sollten weiterhin gefangen bleiben, bis ein Friedensvertrag unterzeichnet war. Tatsächlich wurden über eine Million Franzosen bis zum Kriegsende im Deutschen Reich festgehalten. Die demütigendste Forderung für ein Land, das eine lange Asyltradition hatte, war die Zusage, namhaft gemachte Deutsche und Österreicher auf Verlangen auszuliefern.

Vichy

Unter dem Vichy-Regime wurde auf den Franc-Münzen das Motto 'Liberté Egalité Fraternité' durch 'Travail Famille Patrie' ersetzt

In der „Zone libre“ (Freie Zone) entstand im Juli 1940 das von den Deutschen abhängige konservativ-autoritäre Vichy-Regime (die offizielle Bezeichnung war État Français), eine bis zum Vordringen der Alliierten bis August 1944 mit Deutschland kooperierende Regierung. Sie erhielt ihren Namen von ihrem Regierungssitz, dem Kurort Vichy in der Auvergne. Chef de l'État (Staatschef) war Marschall Henri Philippe Pétain, um den bald ein Personenkult entstand.

In seinem Herrschaftsgebiet sollten nicht assimilierbare „Elemente“ beseitigt werden, allen voran Juden, Kommunisten, Freimaurer und Ausländer. Damit setzte das Vichy-Regime Strömungen in der französischen Gesellschaft fort, die aus nationalen Überlegenheitsgefühlen und Ausschließlichkeitsansprüchen, anti-parlamentarischen Traditionen und dem, wenn auch vergleichsweise schwachen, Faschismus innerhalb des Landes gespeist wurden. Zugleich versuchte Pétain das Land aus dem globalen Konflikt herauszuhalten und durch Kollaborationsbereitschaft das Vertrauen der dominierenden Deutschen zu gewinnen, um zugleich die französische Gesellschaft in seinem Sinne zu verändern (Révolution nationale).201 Erster Regierungschef wurde Pierre Laval (23. Juni bis 13. Dezember 1940), ihm folgte Admiral Darlan (9. Februar 1941 bis 18. April 1942). Laval kehrte am 18. April 1942 wieder an die Regierung zurück.

Die neue Regierung ließ sogleich politische Gegner internieren, darunter den Staatspräsidenten Albert Lebrun. Auch einige der 27 Parlamentarier, die nach Marokko gereist waren, wurden verhaftet, darunter Édouard Daladier und Pierre Mendès-France. Obwohl die Reise offiziellen Charakter hatte, warf man ihnen kurzerhand vor desertieren zu wollen. Auch Charles de Gaulle, der nach London fliehen konnte, wurde zunächst kaum wahrgenommen.

Als die britische Flotte am 3. Juli 1940 im algerischen Hafen Mers el-Kebir einen Teil der französischen Flotte zerstörte, nachdem sie ohne Erfolg ihre Entwaffnung gefordert hatte, brach Vichy die diplomatischen Beziehungen zu London mit dem Hinweis auf 1.300 tote Matrosen ab.202

Die Freie Zone wurde am 11. November 1942 von den Deutschen besetzt, als den Alliierten die Invasion Nordafrikas gelang. Damit wurde auch der Rest Frankreichs in das Regime der Nationalsozialisten eingebunden.

Wie in den anderen von Deutschland besetzten Staaten kam es auch in Frankreich zu bewaffnetem Widerstand durch die Résistance gegen die Besatzung und ihre Helfer. Der deutschen Partisanenbekämpfung fielen insgesamt rund 13.000 bis 16.000 Franzosen zum Opfer, darunter 4.000 bis 5.000 vollkommen unbeteiligte Zivilisten.203

Vernichtung der Juden, Kollaboration, Résistance

Von Radio Londres aus rief Charles de Gaulle mit dem Appell vom 18. Juni 1940 die Franzosen zum Widerstand gegen das NS-Regime auf, wobei er sich gleichzeitig an die Spitze der Widerstandsbewegung stellte. Die französische Exilregierung erhielt Unterstützung vom britischen Premier Winston Churchill sowie durch das Leih- und Pachtgesetz der amerikanischen Regierung. Bei der Landung in der Normandie und der Befreiung Frankreichs waren mit untergeordneter Bedeutung auch Truppen des Freien Frankreich beteiligt.

Provisorische Regierung, Vierte und Fünfte Republik

Provisorische Regierung (1944–1947)

Französische Truppen erschießen in Grenoble sechs junge Kollaborateure, 22. September 1944

De Gaulle bildete am 9. September 1944 eine provisorische Regierung. Nach der Vertreibung der deutschen Besatzer kam es zuerst zu unkontrollierten Ausschreitungen gegen der Kollaboration verdächtigte Landsleute; später wurde die Einrichtung einer Commission d'Épuration auf regionaler Ebene durchgesetzt. Marschall Pétain wurde zum Tod verurteilt (von de Gaulle wurde die Strafe später in lebenslange Haft umgewandelt) und der Ministerpräsident des Vichy-Regimes Pierre Laval am 15. Oktober 1945 hingerichtet. Pétain und seinen Gefolgsleuten gelang es, eine Legende in die Welt zu setzen, in der de Gaulle das Schwert Frankreichs war, das Hitler angriff, während Pétain Frankreich als Schild gegen die Nazi-Tyrannei diente. Erste historische Untersuchungen schienen diese Rollenverteilung zu bestätigen, so dass auch die Frage der Bestrafung von Kollaborateuren immer schwieriger wurde. De Gaulle schonte Pétain wohl eher wegen seines hohen Alters. Dennoch formte sich in Frankreich die Vorstellung, dass 40 Millionen Franzosen einhellig und jeder auf seine Weise Widerstand geleistet hätten. Insgesamt kam es bis 1949 zu etwa 7.000 Hinrichtungen, 26.289 Gefängnisstrafen wurden verhängt.204 Erst fast ein Vierteljahrhundert später brach Robert Paxtons Vichy France. Old Guard and New Order 1972 mit dieser einhelligen Vorstellung einer Schwert-und-Schild-Allianz Frankreichs.205 Er zeigte die autoritären und rassistischen Züge Vichys anhand deutscher Quellen auf, und darüber hinaus, dass sich das Regime mit den Nazis gutzustellen gedachte, um Teil der neuen, faschistischen Weltordnung zu werden.

Vierte Republik (1947–1958), beginnende Entkolonialisierung

Am 13. November 1945 wurde de Gaulle durch die französische Nationalversammlung zum Ministerpräsidenten gewählt. Die Verfassung der Vierten Republik war bereits am 13. Oktober 1946 durch einen Volksentscheid beschlossen worden. Als erster Staatspräsidenten trat 1947 der Sozialist Vincent Auriol sein Amt an. 1954 bis 1959 war René Coty sein Nachfolger.

Frankreich war trotz der Niederlage und Besetzung von 1940 von den Siegermächten USA, Großbritannien und Sowjetunion als gleichberechtigte Macht (Besatzungsmacht) anerkannt worden. Es wurde auch eine der Veto-Mächte im UNO-Sicherheitsrat.

Das Ende des französischen Kolonialreichs wurde durch den Indochinakrieg der Jahre 1946 bis 1954 eingeleitet. 1947 kam es zu einem Aufstand im Norden Madagaskars.206 Frankreich entsandte daraufhin 18.000 Soldaten, die den Aufstand bis Ende 1948 niederschlugen. Dabei kamen etwa 90.000 Madagassen ums Leben. Erst 1956 wurde das Wahlrecht wieder eingeführt, 1960 wurde die Insel unabhängig.

Nur an Algerien, das durch die hohe Zahl an französischstämmigen Siedlern als Teil Frankreichs betrachtet wurde, hielt die Regierung fest, nachdem Tunesien, dann 1960 der überwiegende Teil Französisch-Afrikas unabhängig geworden war. Die durch den Algerienkrieg ausgelöste Krise brachte 1958 Charles de Gaulle wieder an die Macht. Er verlangte vor seiner Wahl als Staatspräsident Sondervollmachten zur Lösung der Algerienkrise sowie eine Verfassungsänderung zur Stärkung der präsidialen Autorität gegenüber Regierung und Parlament. Die neue Verfassung wurde im selben Jahr per Volksentscheid angenommen und markierte das Ende der Vierten Republik. Herausragende Politiker sind René Pleven, Robert Schuman, Pierre Mendès-France und Georges Bidault.

Fünfte Republik (seit 1958)

Gaullismus, Algerienkrieg, Mai 1968

Von 1958 bis 1969 war Charles de Gaulle Staatspräsident. Im September 1958 bestätigten die Franzosen per Referendum mit 80 % die Verfassung der Fünften Französischen Republik, die auf einen Vorschlag de Gaulles zurückging. Darin wurde die exekutive Macht bekräftigt, und dem Président de la République weiterhin die Repräsentation des Staates zugesprochen. Er blieb Befehlshaber der Armee, konnte Gesetze verabschieden und die Assemblée Nationale auflösen. 1962 beendete de Gaulle den Algerienkrieg. Die meisten Franzosen mussten Algerien daraufhin verlassen.

1968 brachen in Paris die Mai-Unruhen aus, denen sich die Arbeiter anschlossen. De Gaulle setzte Neuwahlen an und gewann nochmals. Zehn Monate später verlor er jedoch ein Referendum und trat zurück. Seine Nachfolger Georges Pompidou (1969-1974) und Valéry Giscard d'Estaing (1974-1981) führten die Politik des Gaullismus im Wesentlichen fort.

Sozialismus, Cohabitation, Präsidentschaft Chirac, extreme Rechte

1981 kam mit der Wahl des sozialistischen Staatspräsidenten François Mitterrand (1981-1995) und dem anschließenden Wahlsieg der Sozialistischen Partei die gemäßigte Linke an die Macht. 1986 verlor Mitterrand die absolute Mehrheit im Parlament und musste fortan mit dem gaullistischen Premierminister Jacques Chirac regieren, die Phase der Cohabitation begann.

1995 gewann Chirac die Präsidentschaftswahlen gegen den sozialistischen Kandidaten Lionel Jospin. Er verlor jedoch 1997 die absolute Mehrheit im Parlament an die Sozialisten, Lionel Jospin wurde Premierminister. 2002 setzte sich Chirac bei den Präsidentschaftswahlen erneut gegen den sozialistischen Kandidaten Lionel Jospin und Jean-Marie Le Pen, den Chef der rechtsextremen Front National durch. Jospin belegte nur Platz drei hinter dem Amtsinhaber Chirac und Le Pen, er trat von allen Ämtern zurück. Von 2002 bis 2007 amtierte dann wieder eine konservative Regierung unter den Premierministern Raffarin und de Villepin. Die Ablehnung des EU-Referendums am 29. Mai 2005 und die Unruhen in vielen französischen Vorstädten im Herbst 2005 (siehe: Unruhen in Frankreich 2005) machten einen Reformstau sichtbar. So gewann im Mai 2007 der ehemalige Wirtschafts- und Innenminister Nicolas Sarkozy in einer Stichwahl die Präsidentschaftswahl gegen die Sozialistin Ségolène Royal. Mitte 2008 brachte er eine große Verfassungsreform auf den Weg, die unter anderem die Amtszeit des Präsidenten auf zwei Legislaturperioden begrenzt und dem Parlament mehr Einfluss auf die Politik des Landes geben sollte.

Mit dem Élysée-Vertrag verstärkte sich die Annäherung und die Kooperation in den deutsch-französischen Beziehungen. Zentral für die ökonomische Integration Europas wurde die Einführung des Euro im Januar 2002, doch bedrohten Weltwirtschaftskrise (ab 2007) und Eurokrise die Europäische Union und darin vor allem die Eurozone. 2012 gewann der Sozialist François Hollande die Wahl. Im September 2012 überschritt die Arbeitslosenquote die 10-%-Marke, die Jugendarbeitslosigkeit lag bei 23,5 %.

Bevölkerungswachstum, Zuwanderung

Verwaltung des Kulturerbes

Quellen

Literatur

Überblickswerke

Universalbiographien

Regionen und Städte

Vorschriftliche Geschichte

Paläo- und Mesolithikum

Neolithikum

Kupfer- und Bronzezeit

Eisenzeit und Antike

Frühmittelalter

Hoch- und Spätmittelalter

Renaissance, Hugenotten

Absolutismus, Kolonialpolitik

Revolution, Napoleon

Restauration bis Pariser Kommune

3. bis 5. Republik

Wissenschaftsgeschichte

Umgang mit dem historischen Erbe

Bibliographien

Externe Links

Dokumentationen und Filmbeiträge

Verwaltung des Kulturerbes

Frankreich stellt sein Kulturerbe in 1315 Museen (Stand: Januar 2014) für die Öffentlichkeit aus.

Literatur


Anmerkungen

  1. 1 ↑ Dieser Abschnitt basiert auf Giorgio Manzi: Before the Emergence of Homo sapiens. Overview on the Early-to-Middle Pleistocene Fossil Record (with a Proposal about Homo heidelbergensis at the subspecific level), International Journal of Evolutionary Biology (2011) (PDF).
  2. 2 ↑ Dabei wurde Ceprano versuchsweise dem Homo antecessor zugeschrieben, doch musste erkannt werden, dass die Funde nur etwa 400.000 Jahre alt waren. Sie wurden versuchsweise einem späten Homo erectus zugeordnet, dann einem Homo heidelbergensis/rhodesiensis.
  3. 3 ↑ Christian Guth: Découverte dans le Villafranchien d'Auvergne de galets aménagés, in: Comptes rendus de l'Académie des Sciences, Paris 1974, S. 1071f.
  4. 4 ↑ Pierre-Jean Texier: Chilhac III : un gisement paléontologique villafranchien soliflué ?, in: Bulletin de la Société Préhistorique Française 82,3 (1985) 68-70 und Jean-Paul Raynal, Lionel Magoga: Quand la Nature mystifie le préhistorien. Géofacts et téphrofacts dans le Massif central (France), in: Revue d'Auvergne 114 (2000) 16-34, vor allem S. 30ff. (PDF).
  5. 5 ↑ Jean-Yves Crochet, Jean-Loup Welcomme, Jérôme Ivorra, Gilles Ruffet, Nicolas Boulbese, Ramon Capdevila, Julien Claude, Cyril Firmat, Grégoire Métais, Jacques Michaux, Martin Pickford: Une nouvelle faune de vertébrés continentaux, associée à des artefacts dans le Pléistocène inférieur de l’Hérault (Sud de la France), vers 1,57 Ma / A new vertebrate fauna associated with lithic artefacts from the Early Pleistocene of the Hérault Valley (southern France) dated around 1.57 Ma, in: Comptes Rendus Palevol 8,8 (Dezember 2009) 725–736 doi:10.1016/j.crpv.2009.06.004.
  6. 6 ↑ Nicolas Rolland: The earliest hominid dispersals beyond Subsaharan Africa: A survey of underlying causes, in: Quaternary International 223-224 (2010) 54-64.
  7. 7 ↑ Marj A. Maslin, Andy J. Ridgwell: Mid-Pleistocene revolution and the ‘eccentricity myth’, in: Martin J. Head, Philip Leonard Gibbard (Hg.): Early-Middle Pleistocene Transition: The Land-Ocean Evidence, Geological Society of London Special Publications no. 247 (2005) S. 19–34.
  8. 8 ↑ MEMO - Le site de l'Histoire.
  9. 9 ↑ Musée de Tautavel, Tautavel 2000, S. 21 (deutsche Ausgabe des Museumsführers).
  10. 10 ↑ Marie-Hélène Moncel, Anne-Marie Moigne, Youssef Sam, Jean Combier: The Emergence of Neanderthal Technical Behavior: New Evidence from Orgnac 3 (Level 1, MIS 8), Southeastern France, in: Current Anthropology 52,1 (2011) 37-75.
  11. 11 ↑ Marie-Hélène Moncel, Anne-Marie Moigne, Youssef Sam, Jean Combier: The Emergence of Neanderthal Technical Behavior: New Evidence from Orgnac 3 (Level 1, MIS 8), Southeastern France, in: Current Anthropology 52,1 (2011).
  12. 12 ↑ Vasile Chirică: Etablissements et habitations préhistoriques. Structure, organisation, symbole. Actes du colloque de Iaşi, 10-12 Décembre 2007, Valeanu Madalin Cornel, 2008, S. 101 (Google Books). Solche Strukturen werden hier in Afrika bereits für etwa 2,5 bis 1,7 Millionen Jahren für möglich gehalten.
  13. 13 ↑ Musée de Paléontologie humaine de Terra Amata
  14. 14 ↑ Paolo Villa: Terra Amata and the Middle Pleistocene archaeological record of southern France, Berkeley: University of California Press 1983.
  15. 15 ↑ Vasile Chirică: Etablissements et habitations préhistoriques. Structure, organisation, symbole. Actes du colloque de Iaşi, 10-12 Décembre 2007, Valeanu Madalin Cornel, 2008, S. 102.
  16. 16 ↑ Wil Roebroeks, Paola Villa: On the earliest evidence for habitual use of fire in Europe, in: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 108,13 (2011) 5209-5214.
  17. 17 ↑ Diana Gómez de la Rúa, Fernando Diez Martín: La domesticación del fuego durante el Pleistoceno inferior y medio. Estado de la cuestión, in: VELEIA 26 (2009) 189-216, hier: S. 203. Auf Seite 204 befindet sich eine Tabelle der Fundorte mit Feuerspuren.
  18. 18 ↑ Jordi Serangeli1, Michael Bolus: Out of Europe - The dispersal of a successful European hominin form Out of Europe - Die Ausbreitung einer erfolgreichen europäischen Menschenform, in: Quartär 55 (2008) 83-98, hier: S. 85.
  19. 18c ↑ Marie-Hélène Moncel, Anne-Marie Moigne, Youssef Sam, and Jean Combier: The Emergence of Neanderthal Technical Behavior: New Evidence from Orgnac 3 (Level 1, MIS 8), Southeastern France, in: Current Anthropology 52,1 (2011) 37-75 (online).
  20. 19 ↑ Jordi Serangeli1, Michael Bolus: Out of Europe - The dispersal of a successful European hominin form Out of Europe - Die Ausbreitung einer erfolgreichen europäischen Menschenform, in: Quartär 55 (2008) 83-98, hier: S. 87.
  21. 19a ↑ Volker Storch, Ulrich Welsch, Michael Wink Evolutionsbiologie, 3. Aufl., Springer-Verlag, 2013, S. 496. (Google Books)
  22. 20 ↑ Paul Fernandes, Jean-Paul Raynal, Marie-Hélène Moncel: Middle Palaeolithic raw material gathering territories and human mobility in the southern Massif Central, France: first results from a petro-archaeological study on flint, in: Journal of Archaeological Science 35,8 (August 2008) 2357–2370.
  23. 20a ↑ Aktuelles: 12. August 2013: Neandertaler schufen die ersten Spezialwerkzeuge Europas aus Knochen, Department of Human Evolution, Max-Planck-Institut.
  24. 20d ↑ Eine entsprechende Abbildung, die der Entdecker Marcellin Boule veranlasste, findet sich hier.
  25. 21 ↑ Dennis M. Sandgathe, Harold L. Dibble, Paul Goldberg, Shannon P. McPherron: The Roc de Marsal Neandertal child: A reassessment of its status as a deliberate burial, in: Journal of Human Evolution 61,3 (September 2011) 243–253.
  26. 21a ↑ William Rendu, Cédric Beauval, Isabelle Crevecoeur, Priscilla Bayle, Antoine Balzeau, Thierry Bismuth, Laurence Bourguignon, Géraldine Delfour, Jean-Philippe Faivre, François Lacrampe-Cuyaubère, Carlotta Tavormina, Dominique Todisco, Alain Turq, Bruno Maureille: Evidence supporting an intentional Neandertal burial at La Chapelle-aux-Saints, in: PNAS 111 (2014) . (Early Edition)
  27. 22 ↑ Shara E. Bailey, Timothy D. Weaver, Jean-Jacques Hublin: Who made the Aurignacian and other early Upper Paleolithic industries?, in: Journal of Human Evolution, 57,1 (2009) 11–26 doi:10.1016/j. jhevol.2009.02.003.
  28. 22c ↑ Marie Soressi, Morgan Roussel : European Middle to Upper Paleolithic Transitional Industries: Châtelperronian, in: C. Smith (Hg.): Encyclopedia of Global Archaeology, Springer, London 2014, S. 2679–2693.
  29. 22f ↑ Jean-Jacques Hublin: The modern human colonization of western Eurasia: when and where?, in: Quaternary Science Reviews (September 2014) online.
  30. 23 ↑ Denis Peyrony: Les industries „aurignaciennes“ dans le bassin de la Vézére. , in: Bulletin de la Société Préhistorique Française XXX, 1933, S. 543–559.
  31. 23q ↑ Laure Dayet, Francesco d’Errico, Renata Garcia-Moreno: Searching for consistencies in Châtelperronian pigment use , in: Journal of Archaeological Science 44 (2014) 180-193.
  32. 23s ↑ Morgan Roussel: Méthodes et rythmes du débitage laminaire au Châtelperronien : comparaison avec le Protoaurignacien / Blade production methods and patterns in the Châtelperronian: A comparison with the Protoaurignacian , in: Comptes Rendus Palevol 12,4 (2013) 233-241 (abstract).
  33. 24 ↑ J.-P. Bocquet-Appel, A. Tuffreau: Technological responses of Neanderthals to macroclimatic variations (240,000–40,000 BP), in: Human Biology 81 (2009) 287–307.
  34. 25 ↑ H. Valladas, J. L. Reyss, J. L. Joron, G. Valladas, O. Bar-Yosef, E. Vandermeersch: Thermoluminescence dating of Mousterian “Proto-Cro-Magnon” remains from Israel and the origin of modern man, in: Nature 331 (1988) 614-616.
  35. 26 ↑ Etwa am Beispiel der Grotte des Fées: João Zilhão, Francesco d'Errico, Jean-Guillaume Bordes, Arnaud Lenoble, Jean-Pierre Texier, Jean-Philippe Rigaud: Grotte des Fées (Châtelperron): History of Research, Stratigraphy, Dating, and Archaeology of the Châtelperronian Type-Site, in: PaleoAnthropology 2008, S. 1−42.
  36. 27 ↑ João Zilhão, Francesco D'Errico, Jean-Guillaume Bordes, Arnaud Lenoble, Jean-Pierre Texier, Jean-Philippe Rigaud: Analysis of Aurignacian interstratification at the Châtelperronian-type site and implications for the behavioral modernity of Neandertals. PNAS Vol. 103/33, 2006, S. 12643–12648 doi:10.1073/pnas.0605128103
  37. 28 ↑ Bernard Vandermeersch: Homme de Cro-Magnon, in: Dictionnaire de la Préhistoire, Presses universitaires de France, Paris, 1988.
  38. 29 ↑ Pascal Foucher: La Grotte de Gargas. Un siècle de Décourvertes Édition spéciale du Centenaire. 2007, Communauté de Communes du Canton de Saint-Laurent-de-Neste, Saint-Laurent-de-Neste 2007, S. 53–57 und Pascal Foucher, Cristina San Juan-Foucher: Du silex, de l'os et des coquillages : matières et espaces géographiques dans le Gravettien pyrénéen, Hyper Article en Ligne - Sciences de l'Homme et de la Société) 2008.
  39. 30 ↑ Abri Cro-Magnon, Pôle International de la Préhistoire.
  40. 30a ↑ M. Dauvois, X. Boutillon, B. Fabre, M.-P. Verge: Son et musique au Paléolithique, in: Pour la Science 253 (November 1998) 52-58.
  41. 30c ↑ Julia Merlot: Berühmte Grotte: Menschen nutzten Chauvet-Höhle bereits vor 37.000 Jahren., in: Spiegel online, 12 . April 2016.
  42. 30j ↑ Michel-Alain Garcia: The trail of human footprints at Chauvet Cave in the Pont-d’Arc Valley. In: Excerpts from the INORA International Newsletter on Rock Art, Nr. 24, 1999.
  43. 31 ↑ Vgl. Jean-Philippe Rigaud: Les industries lithiques du Gravettien du nord de l’Aquitaine dans leur cadre chronologique, in: Paleo 20 (2008) 381-398.
  44. 32 ↑ Jean-Philippe Rigaud: Les industries lithiques du Gravettien du nord de l’Aquitaine dans leur cadre chronologique, Paleo. Revue de archéologie préhistorique 20 (2008) 381-398.
  45. 32a ↑ Eine Dokumentation erschien im deutsch-französischen Fernsehsender Arte: Die Eroberer der Neuen Welt. Vgl. Dennis J. Stanford, Bruce A. Bradley: Across Atlantic Ice. The Origin of America's Clovis Culture, University of California Press 2012. (Google Books)
  46. 33 ↑ Joachim Hahn: Erkennen und bestimmen von Stein- und Knochenartefakten. Tübingen 1991, S. 232.
  47. 34 ↑ William E. Banksa, Thierry Aubry, Francesco d’Errico, João Zilhão, Andrés Lira-Noriega, A. Townsend Peterson: Eco-cultural niches of the Badegoulian: Unraveling links between cultural adaptation and ecology during the Last Glacial Maximum in France, in: Journal of Anthropological Archaeology 30,3 (September 2011) 359–374.
  48. 35 ↑ Delphine Kuntz, Sandrine Costamagno: Relationships between reindeer and man in southwestern France during the Magdalenian, in: Quaternary International 238,1-2 (1. Juni 2011) 12–24.
  49. 36 ↑ Jean-Marc Pétillon: First evidence of a whale bone industry in the western European Upper Paleolithic: Magdalenian artifacts from Isturitz (Pyrénées-Atlantiques, France), in: Journal of Human Evolution 54,5 (2008) 720-726.
  50. 37 ↑ Rebecca H. Schwendler: Diversity in social organization across Magdalenian Western Europe ca. 17–12,000 BP, in: Quaternary International (April 2012).
  51. 38 ↑ Geoff Bailey, Penny Spikins: Mesolithic Europe, Cambridge University Press 2008, S. 194.
  52. 39 ↑ Zu früheren Kulturen im Zentralmassiv vgl. Raphaël Angevin: Magdalenian societies in the Massif Central (France): Paleohistorical perspectives on the long-term (16.5–11.5 ka BP), in: Quaternary International, April 2012.
  53. 40 ↑ Es wurde beschrieben von Max Escalon de Fonton. Vgl. von demselben: Du Paléolithique supérieur au Mésolithique dans le Midi méditerranéen, in: Bulletin de la Société préhistorique française 63,1 (1966) 66-180.
  54. 40g ↑ O. Thalmann, B. Shapiro, P. Cui, V. J. Schuenemann, S. K. Sawyer, D. L. Greenfield, M. B. Germonpré, M. V. Sablin, F. López-Giráldez, X. Domingo-Roura, H. Napierala, H-P. Uerpmann, D. M. Loponte, A. A. Acosta, L. Giemsch, R. W. Schmitz, B. Worthington, J. E. Buikstra, A. Druzhkova, A. S. Graphodatsky, N. D. Ovodov, N. Wahlberg, A. H. Freedman, R. M. Schweizer, K.-P. Koepfli, J. A. Leonard, M. Meyer, J. Krause, S. Pääbo, R. E. Green, R. K. Wayne: Complete Mitochondrial Genomes of Ancient Canids Suggest a European Origin of Domestic Dogs, in: Science 342 no. 6160 (2013) 871-874.
  55. 41 ↑ Nicolas Valdeyron: The Mesolithic in France, in: G. N. Bailey (Hg.): Mesolithic Europe, Cambridge University Press 2008, S. 182-202, hier: S. 198.
  56. 41d ↑ Catherine Dupont, Anne Tresset, Nathalie Desse-Berset, Yves Gruet, Grégor Marchand, Rick Schulting: Harvesting the Seashores in the Late Mesolithic of Northwestern Europe: A View From Brittany, in: Journal of World Prehistory 22,2 (2009) 93-111.
  57. 42 ↑ Johannes Müller: Das ostadriatische Frühneolithikum. Die Impresso-Kultur und die Neolithisierung des Adriaraums, Berlin 1994.
  58. 43 ↑ Patricia Balaresque, Georgina R. Bowden, Susan M. Adams, Ho-Yee Leung, Turi E. King, Zoë H. Rosser, Jane Goodwin, Jean-Paul Moisan, Christelle Richard, Ann Millward, Andrew G. Demaine, Guido Barbujani, Carlo Previderè, Ian J. Wilson, Chris Tyler-Smith, Mark A. Jobling: A Predominantly Neolithic Origin for European Paternal Lineages, in: PLOS Biology 2010.
  59. 44 ↑ Most European males 'descended from farmers', BBC News, 20. Januar 2010.
  60. 45 ↑ João Zilhão: Radiocarbon evidence for maritime pioneer colonization at the origins of farming in west Mediterranean Europe, in: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America 98,24 (2001) 14180-14185.
  61. 46 ↑ Marie-France Deguilloux, Ludovic Soler, Marie-Hélène Pemonge, Chris Scarre, Roger Joussaume, Luc Laporte: News from the west: Ancient DNA from a French megalithic burial chamber, in: Physical Anthropology 144,1 (Januar 2011) 108-118.
  62. 47 ↑ Almut Bick: Die Steinzeit, Theiss WissenKompakt, Stuttgart 2006.
  63. 48 ↑ Marcel Otte: La protohistoire, De Boeck Supérieur 2008, S. 110f.
  64. 49 ↑ Dieser Abschnitt basiert auf Marcel Otte: La protohistoire, De Boeck Supérieur 2008, S. 109-144.
  65. 50 ↑ J. Heim, A. Havazeur: Paysage paléobotanique des sites du Rubané et du groupe de Blicquy à Vaux-et-Borset "Gibour" (Hesbaye, Belgique). Culture de blé nu et récolte de pommes en contexte blicquien, in: Bulletin de la Société Préhistorique Française 99,2 (2002) 289-305.
  66. 51 ↑ Durchaus informativ: Les Chasseens.
  67. 52 ↑ Dieser Abschnitt basiert auf Marcel Otte: La protohistoire, De Boeck Supérieur 2008, S. 125ff.
  68. 53 ↑ Archäologisches Lexikon. Goldene Hüte und Gewänder, Landschaftsmuseum Kulmbach.
  69. 53a ↑ Le Musée d’Archéologie du Jura à Lons-le-Saunier.
  70. 54 ↑ Anne Lehoërff: Les paradoxes de la Protohistoire française, in: Annales 64,5 (2009) 1107-1133.
  71. 55 ↑ Dieser Abschnitt folgt Mireille David-Elbiali: L'âge du Bronze, in: Marcel Otte (Hg.): La protohistoire, 2. Aufl., De Boeck Supérieur 2008, Teil 2, S. 177-262.
  72. 56 ↑ Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse , Schwerpunktprogramm 1171 der Deutschen Forschungsgemeinschaft „Frühe Zentralisierungs- und Urbanisierungsprozesse - Zur Genese und Entwicklung 'frühkeltischer Fürstensitze' und ihres territorialen Umlandes“, 2010 ausgelaufenes Forschungsvorhaben.
  73. 57 ↑ Mont Lassois, DFG-Projekt.
  74. 58 ↑ Barry Cunliffe: In the Fabulous Celtic Twilight, in: Larissa Bonfante (Hg.): The Barbarians of Ancient Europe. Realities and Interactions, Cambridge University Press 2011, S. 190-210, hier: S. 199f.
  75. 59 ↑ Gianna Reginelli, Judit Becze-Deàk, Patrick Gassmann: La Tène revisitée en 2003: Résultats préliminaires et perspectives, in: L'âge du Fer dans l'arc jurassien et ses marges. Dépôts, lieux sacrés et territorialité à l'âge du Fer. Actes du XXIVe colloque international de l'AFEAF Bienne 5-8 mai 2005, Bd. 2, S. 373-389.
  76. 60 ↑ Pierre-Marie Guihard: Monnaies gauloises et circulation monétaire dans l'actuelle Normandie, Publications du CRAHM 2008, S. 16.
  77. 61 ↑ Barry Cunliffe: In the Fabulous Celtic Twilight, in: Larissa Bonfante (Hg.): The Barbarians of Ancient Europe. Realities and Interactions, Cambridge University Press 2011, S. 190-210, hier: S. 190f.
  78. 62 ↑ Amédée Thierry: Histoire des Gaulois, 1827.
  79. 63 ↑ Davon geht John Collis: The Celts. Origins, Myths & Inventions, Tempus Books, Stroud 2003 aus. Gallische Inschriften erstrecken sich zeitlich vom 3. Jahrhundert v. Chr. bis zum frühen 4. Jahrhundert n. Chr.
  80. 64 ↑ Dieser Abschnitt folgt Marc Vander Linden, Benjamin W. Roberts: A Tale of Two Countries: Contrasting Archaeological Culture History in British and French Archaeology , in: Benjamin W. Roberts, Marc Vander Linden (Hg.): Investigating Archaeological Cultures. Material Culture, Variability, and Transmission, Springer, New York 2001. S. 23-40. (PDF)
  81. 65 ↑ „Fort humiliant pour nous“ heißt es bei Jean-Jacques Hatt: De l'Age du Bronze à la fin du 1er Age du Fer. Problèmes et perspectives de la protohistoire française, in: Bulletin de la Société Préhistorique Française 51 (1954) 101-110, hier: S. 101.
  82. 66 ↑ 123
  83. 67 ↑ 123
  84. 68 ↑ 123
  85. 69 ↑ 123
  86. 70 ↑ Allgemeine Überblicke bei: Eugen Ewig: Die Merowinger und das Frankenreich. 5. aktualisierte Auflage. Stuttgart 2006, S. 12ff.; Ian N. Wood: The Merovingian Kingdoms, 450–751. London 1994, S. 33ff.; Erich Zöllner: Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. München 1970, speziell S. 37ff.
  87. 71 ↑ Vgl. Guy Halsall: Barbarian Migrations and the Roman West, 376-568. Cambridge 2007, S. 303f.
  88. 72 ↑ „Diese Darstellung unterlag somit einer anachronistischen Konstruktion und diente der nachträglichen Legitimation des Unlegitimierbaren“, so Johannes Fried: Das Mittelalter. München 2008, S. 53.
  89. 73 ↑ 123
  90. 74 ↑ Alexander Callander Murray: Post vocantur Merohingii: Fredegar, Merovech, and ‚Sacral Kingship’, in: After Rome’s Fall. Narrators and Sources of Early Medieval History, Hg. A. C. Murray, Toronto 1998, S. 121-152.
  91. 75 ↑ Fredegar-Chronik 3.9, Hg. Bruno Krusch, Monumenta Germaniae Historica Scriptores rerum Merovingicarum Bd. 2, S. 95.
  92. 76 ↑ Hauck S. 197f.
  93. 77 ↑ Hauck S. 197-204.
  94. 77a ↑ Erich Zöllner: Geschichte der Franken bis zur Mitte des sechsten Jahrhunderts. München 1970, S. 29 Anm. 2; Reinhard Wenskus: Artikel Chlodio, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 4 (1981) S. 477; Eugen Ewig: Trojamythos und fränkische Frühgeschichte, in: Die Franken und die Alemannen bis zur "Schlacht bei Zülpich" (496/97), Hg. Dieter Geuenich, Berlin 1998, S. 14.
  95. 77b ↑ Murray S. 124-127.
  96. 77c ↑ Murray S. 137-147.
  97. 77d ↑ Ian N. Wood/Heinrich Tiefenbach: Artikel Merowech, in: Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 19 (2001) S. 575.
  98. 77e ↑ Zusammenfassend Kaiser, Das römische Erbe und das Merowingerreich, S. 111.
  99. 77f ↑ Vgl. Guy Halsall: Barbarian Migrations and the Roman West. Cambridge 2007, S. 88f.
  100. 77g ↑ Ammian 16,10.
  101. 77h ↑ Murray S. 129-132.
  102. 77i ↑ Pflugk-Harttung: Zur Thronfolge in den germanischen Stammesstaaten. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte. Germanistische Abteilung. 11, 1890, S. 177ff., hier S. 185.
  103. 77j ↑ Die zunehmende Skepsis gegenüber der Annahme sakraler Ursprünge des merowingischen Königtums teilt beispielsweise Stefan Esders: Artikel Merowinger, in: Der Neue Pauly Bd. 8 (2000) Sp. 10.
  104. 77k ↑ Jonas von Bobbio: Vita Columbani.
  105. 77l ↑ Vgl. etwa Patrick J. Geary: Die Merowinger, München 2004, S. 225-230.
  106. 77s ↑ Egon Boshof: Ludwig der Fromme, Darmstadt 1996, S. 188.
  107. 77u ↑ Egon Boshof: Ludwig der Fromme, Darmstadt 1996, S. 236.
  108. 78 ↑ Dieser und die folgenden Abschnitte zum Mittelalter beruhen auf dem Artikel Frankreich in Bd. IV des Lexikons des Mittelalters, Sp. 747-798.
  109. 79 ↑ Liudprand, Antapodosis IV, c. 25.
  110. 80 ↑ Gerd Althoff: Die Ottonen. Königsherrschaft ohne Staat. 2. erweiterte Auflage, Stuttgart u. a. 2005, S. 96.
  111. 81 ↑ Richer von Reims, Historiae 4,71 (online).
  112. 82 ↑ Zur Datierung Karl Ferdinand Werner: Vom Frankenreich zur Entfaltung Deutschlands und Frankreichs, Sigmaringen 1984, S. 249 Anm. 11; Joachim Ehlers: Die Kapetinger, Stuttgart 2000, S. 30f.; Carlrichard Brühl: Die Geburt zweier Völker, Köln 2001, S. 188f. Anderer Meinung war Kienast (1974) S. 118 und Anm. 273, der für den 1. Juni eintrat.
  113. 83 ↑ Rudolf Schieffer: Die Karolinger, Stuttgart 1992, S. 220f.
  114. 84 ↑ Walther Kienast: Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit: (900-1270), Hiersemann, 1974, S. 118. Joachim Ehlers: Die Kapetinger, Stuttgart 2000, S. 30 betont, dass diese Gründe nicht die ausschlaggebenden waren; vgl. dazu Ferdinand Lot: Les derniers Carolingiens, Neudruck Genève 1975, S. 294 und Anm. 1. Carlrichard Brühl: Die Geburt zweier Völker, Köln 2001, S. 188 hält die gesamte Argumentation für erfunden.
  115. 85 ↑ Walther Kienast: Der Herzogstitel in Frankreich und Deutschland (9. bis 12. Jahrhundert), München 1968, S. 14 und Anm. 18, aus einer Privaturkunde von 991.
  116. 86 ↑ Zu Einzelheiten siehe Ferdinand Lot: Les derniers Carolingiens, Neudruck Genf 1975, S. 292 und Anm. 1.
  117. 87 ↑ Joachim Ehlers: Die Kapetinger, Stuttgart 2000, S. 33–35.
  118. 88 ↑ Walther Kienast: Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit (900–1270), 1. Teil, Stuttgart 1974, S. 125–127.
  119. 89 ↑ Walther Kienast: Deutschland und Frankreich in der Kaiserzeit (900–1270), 1. Teil, Stuttgart 1974, S. 95.
  120. 90 ↑ Ferdinand Lot: Les derniers Carolingiens, Neudruck Genève 1975, S. 295.
  121. 91 ↑ Wilhelm von Malmesbury schreibt: quod illa praepinguis corpulentiae esset, a lecto removit
  122. 92 ↑ Henri Waquet, Suger: Vie de Louis VI le Gros (1964), S. 60, Kap. 10
  123. 93 ↑ 123
  124. 94 ↑ 123
  125. 95 ↑ 123
  126. 96 ↑ 123
  127. 97 ↑ 123
  128. 98 ↑ 123
  129. 99 ↑ 123
  130. 100 ↑ Lexikon des Mittelalters, Bd. IV, Sp. 761.
  131. 101 ↑ Paul Robiquet (1848-1928): Histoire municipale de Paris depuis les origines jusqu’à l’avènement de Henri III, C. Reinwald, Paris 1880, IV, S. 126 (online).
  132. 102 ↑ Patrick Boucheron, Société des historiens médiévistes de l’enseignement supérieur public (Hg.): Les villes capitales au moyen âge: XXXVIe congrès de la SHMES, Istanbul, 1er-6 juin 2005. Publications de la Sorbonne, 2006, ISBN 2-85944-562-5, S. 143 (französisch, online).
  133. 104 ↑ LexMA, Bd. 1, Sp. 1726 f.
  134. 105 ↑ Guillaume Mollat: Les origines du Gallicanisme parlementaire aux XIVe et XVe siècle in: Revue d'histoire ecclésiastique 43 (1948) 90-147.
  135. 106 ↑ Lexikon des Mittelalters, Bd. IV, Sp. 761.
  136. 107 ↑ Lexikon des Mittelalters, Bd. 4, 1989, Sp. 784.
  137. 108 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600, München 1989, S. 152.
  138. 109 ↑ Alfred Kohler: Karl V., Kaiser, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 196; online.
  139. 100 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600, München 1989, S. 153.
  140. 110 ↑ Horst Rabe: Reich und Glaubensspaltung. Deutschland 1500–1600. München 1989, S. 205f.
  141. 111 ↑ Alfred Kohler: Karl V., Kaiser, in: Neue Deutsche Biographie 11 (1977), S. 209; online.
  142. 112 ↑ Peter C. Hartmann: Geschichte Frankreichs, S. 26.
  143. 113 ↑ Carter Lindberg: The European Reformations, Wiley & Sons, 2011, S. 274. (Google Books)
  144. 114 ↑ Mack P. Holt: The French Wars of Religion, 1562–1629, Cambridge 1995, S. 82.
  145. 115 ↑ H. H. Leonard: The Huguenots and the St Bartholomew's Massacre, in: David J.B. Trim (Hg.): The Huguenots. History and Memory in Transnational Context, Essays in Honour and Memory of Walter C. Utt, Brill, 2011, S. 43-68, hier: S. 43. (Google Books)
  146. 116 ↑ Pierre Mervault: Histoire du dernier siège de la Rochelle, 1648. (Google Books) Zuletzt Jan-Friedrich Mißfelder: Das Andere der Monarchie. La Rochelle und die Idee der "monarchie absolue" in Frankreich, 1568-1630, Oldenbourg, 2012. (Google Books)
  147. 117 ↑ Joachim Grzega: Latein – Französisch – Englisch: Drei Epochen europäischer Sprach- und Wortschatzgeschichte, in: Grzega, Joachim, EuroLinguistischer Parcours: Kernwissen zur europäischen Sprachkultur, Frankfurt: IKO, S. 73-114.
  148. 118 ↑ www.reims-kathedrale.culture.fr: Chronologie der in Reims gekrönten französischen Könige zwischen 1027 und 1825, abgefragt am 2. Juni 2011
  149. 119 ↑ Klaus Malettke: Ludwig XIV. von Frankreich. Leben, Politik und Leistung. S. 120
  150. 120 ↑ Regis Roy, Gérard Malchelosse: Le régiment de Carignan. Son organisation et son expédition au Canada (1665–1668), Montréal 1925 und Jack Verney: The Good Regiment. The Carignan-Salières Regiment in Canada, 1665–1668, Montréal 1991, S. 92–107.
  151. 121 ↑ Zahlen zur Bevölkerungsentwicklung Kanadas finden sich hier (Estimated population of Canada, 1605 to present ).
  152. 122 ↑ Boroumand Ladan: Le débat sur la vérification commune des mandats aux États généraux de 1789, in: Revue française de science politique 3 (1990) 309-338. (doi=10.3406/rfsp.1990.396198 online)
  153. 123 ↑ Volker Ullrich: Napoleon, Rowohlt, Reinbek 2006, S. 62.
  154. 124 ↑ Günther Haensch, Hans J. Tümmers: Frankreich. Politik, Gesellschaft, Wirtschaft, München, 1998, S. 236.
  155. 125 ↑ Matthias Middell, Thomas Höpel: Einführung in die französische Geschichte 1500–1945, Leipzig 1998, S. 130. (Google Books)
  156. 126 ↑ Volker Ullrich: Napoleon, Reinbek 2006, S. 51–58.
  157. 127 ↑ Volker Ullrich: Napoleon, Reinbek 2006, S. 63, S. 90.
  158. 128 ↑ Volker Ullrich: Napoleon, Reinbek 2006, S. 85–90.
  159. 129 ↑ Roger Dufraisse: Napoleon. Revolutionär und Monarch, München 1994, S. 94-96. (Google Books)
  160. 130 ↑ Roger Dufraisse: Napoleon. Revolutionär und Monarch. München, 1994 S.144
  161. 131 ↑ Heinz Gerhard Haupt: Wirtschaftliche Konsolidierung und Industrialisierung Frankreichs seit der Revolution, in: Winfried Engler (Hg.): Die Französische Revolution, Steiner, Stuttgart 1992, S. 152-165. (Google Books)
  162. 132 ↑ Volker Ullrich: Napoleon, Reinbek 2006, S. 107.
  163. 133 ↑ Philippe R. Girard: The Slaves Who Defeated Napoleon. Toussaint Louverture and the Haitian War of Independence 1801–1804, The University of Alabama Press, 2011.
  164. 134 ↑ Roger Dufraisse: Napoleon. Revolutionär und Monarch. München 1994, S. 86f.
  165. 135 ↑ Heinz-Gerhard Haupt: Von der französischen Revolution bis zum Ende der Julimonarchie, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2005, S. 255–310, hier: S. 307.
  166. 136 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 314 f.
  167. 137 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 316f.
  168. 138 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 317.
  169. 139 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 318f.
  170. 140 ↑ Dekret vom 2. Dezember 1851 (www.verfassungen.de)
  171. 141 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 319 f.
  172. 142 ↑ Text der Verfassung von 1852 auf Französisch (Conseil constitutionnel) und auf Deutsch (www.verfassungen.de)
  173. 143 ↑ Charlotte Tacke: Von der Zweiten Republik bis zum Ersten Weltkrieg, in: Ernst Hinrichs (Hg.): Kleine Geschichte Frankreichs, Bundeszentrale für politische Bildung, Bonn 2005, S. 311–360, hier: S. 322f.
  174. 144 ↑ Heinz Helmert, Hansjürgen Usczeck: Preußischdeutsche Kriege von 1864 bis 1871. Militärischer Verlauf, 4. Auflage. Berlin 1978, S. 174, 179.
  175. 145 ↑ Ernst Engelberg: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, Berlin 1985, München 1991, S. 629.
  176. 146 ↑ Ernst Engelberg: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, München 1991, S. 625.
  177. 147 ↑ Heinz Helmert, Hansjürgen Usczeck: Preussischdeutsche Kriege von 1864 bis 1871, Berlin (Ost) 1967, 4. Auflage. Berlin 1978, S. 251.
  178. 148 ↑ Zitiert nach Ernst Engelberg: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, München 1991, S. 631.
  179. 149 ↑ Heinz Helmert, Hansjürgen Usczeck: Preußischdeutsche Kriege von 1864 bis 1871. Militärischer Verlauf, 4. Auflage. Berlin 1978, S. 288.
  180. 150 ↑ Zitiert nach Ernst Engelberg: Bismarck. Urpreuße und Reichsgründer, München 1991, S. 629.
  181. 151 ↑ Heinz Helmert, Hansjürgen Usczeck: Preußischdeutsche Kriege von 1864 bis 1871. Militärischer Verlauf, 4. Auflage. Berlin 1978, S. 289.
  182. 152 ↑ Imanuel Geiss (Hg.): Julikrise und Kriegsausbruch 1914. Eine Dokumentensammlung. Band I. Bearbeitet und eingeleitet von Imanuel Geiss. Mit einem Vorwort von Fritz Fischer. Verlag für Literatur und Zeitgeschichte, Hannover 1963, DNB 451465709, S. 38, 58 ff., 71 f., 75 f; Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, S. 507, 510 f.
  183. 153 ↑ Imanuel Geiss (Hg.): Julikrise und Kriegsausbruch 1914. Eine Dokumentensammlung. Band I. Bearbeitet und eingeleitet von Imanuel Geiss, Verlag für Literatur und Zeitgeschichte, Hannover 1963, DNB 451465709, S. 58 f. (Anm.: kursiver Text von Wilhelm II. unterstrichen), 128; Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, S. 529 ff.
  184. 154 ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, S. 570, 575 ff.
  185. 155 ↑ Christopher Clark: Die Schlafwandler: Wie Europa in den Ersten Weltkrieg zog, Deutsche Verlags-Anstalt, München 2013, S. 605 ff.; Imanuel Geiss (Hg.): Julikrise und Kriegsausbruch 1914. Eine Dokumentensammlung. Band I. Bearbeitet und eingeleitet von Imanuel Geiss. Verlag für Literatur und Zeitgeschichte, Hannover 1963, DNB 451465709, S. 354 f.
  186. 156 ↑ Imanuel Geiss (Hg.): Juli 1914. Die europäische Krise und der Ausbruch des Ersten Weltkrieges. 3. Auflage. München 1986, S. 167 f., 302 f.
  187. 157 ↑ Karl Kautsky, Max Montgelas (Hg.): Die deutschen Dokumente zum Kriegsausbruch, 1914. Bände 3: Vom Bekanntwerden der russischen allgemeinen Mobilmachung bis zur Kriegserklärung an Frankreich. Deutsche Verlagsgesellschaft für Politik und Geschichte, Berlin 1927, S. 173; Imanuel Geiss (Hg.): Julikrise und Kriegsausbruch 1914. 2. Teil. Hannover 1964, S. 659 f., 763.
  188. 158 ↑ Auszug des belgischen Graubuchs, Eintrag No. 27 vom 4. August 1914.
  189. 159 ↑ Thomas Müller: Imaginierter Westen. Das Konzept des „deutschen Westraums“ im völkischen Diskurs zwischen politischer Romantik und Nationalsozialismus. transcript Verlag, Bielefeld 2009, S. 25; Gottfried Niedhart (Hg.): Gustav Mayer: Als deutsch-jüdischer Historiker in Krieg und Revolution, 1914–1920. Tagebücher, Aufzeichnungen, Briefe (= Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts; Bd. 65), Oldenbourg, München 2009, S. 49.
  190. 160 ↑ Imanuel Geiss (Hg.): Juli 1914. 3. Auflage. Deutscher Taschenbuchverlag, München 1986, S. 344 ff., 371.
  191. 161 ↑ Gerhard Richter: Staatskunst und Kriegshandwerk. Das Problem des «Militarismus» in Deutschland. Zweiter Band: Die Hauptmächte Europas und das wilhelminische Reich (1890–1914). Verlag R. Oldenbourg, München 1960, S. 334.
  192. 162 ↑ Peter Hoeres: Krieg der Philosophen. Die deutsche und britische Philosophie im Ersten Weltkrieg. Verlag Schöningh, Paderborn 2004, S. 104.
    Spencer Tucker (Hg.): The Encyclopedia of World War I. A Political, Social and Military History. Verlag ABC-Clio, Santa Barbara 2005, S. 192; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 46 f.
  193. 163 ↑ Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 202 ff; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Aufl., Reinbek 2003, S. 136 ff.
  194. 164 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 144 ff.
  195. 165 ↑ Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 208 f.
  196. 166 ↑ Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg. Econ Verlag, Düsseldorf/ Wien/ New York 1988, S. 59 ff.; Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 209.
  197. 167 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie, aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 168 ff; Holger Afflerbach: Die militärische Planung im Deutschen Reich, in: Wolfgang Michalka (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung – Wahrnehmung – Analyse, genehmigte Lizenzausgabe für Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 286.
  198. 168 ↑ Holger Afflerbach: Die militärische Planung im Deutschen Reich. In: Wolfgang Michalka (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung – Wahrnehmung – Analyse. Genehmigte Lizenzausgabe für Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 286.
  199. 169 ↑ Holger Afflerbach: Die militärische Planung im Deutschen Reich. In: Wolfgang Michalka (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung – Wahrnehmung – Analyse. Genehmigte Lizenzausgabe für Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 286; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 697 ff., 726; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie, Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 185 ff.
  200. 170 ↑ Holger Afflerbach: Die militärische Planung im Deutschen Reich. In: Wolfgang Michalka (Hg.): Der Erste Weltkrieg. Wirkung – Wahrnehmung – Analyse. Genehmigte Lizenzausgabe für Seehamer Verlag, Weyarn 1997, S. 287; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 187 ff.
  201. 171 ↑ Bernd Hüppauf: Schlachtenmythen und die Konstruktion des „Neuen Menschen“. In: Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich, Irina Renz (Hg.): „Keiner fühlt sich hier mehr als Mensch…“ Erlebnis und Wirkung des Ersten Weltkrieges. Essen 1993, S. 47, 56 f.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 189 ff.; Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 216 f.
  202. 172 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 249 ff.
  203. 173 ↑ Michael Jürgs: Der kleine Frieden im Großen Krieg. Westfront 1914: Als Deutsche, Franzosen und Briten gemeinsam Weihnachten feierten. C. Bertelsmann Verlag, München 2003; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 957 f.
  204. 174 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 409 f., 964; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 272 ff.; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg, Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, S. 188 f.
  205. 175 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 519.
  206. 176 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 288.
  207. 177 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 519 f., 489 ff.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 280 ff.; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg, Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, S. 94 f.; Werner Bernhard Sendker: Auf Flanderns Feldern gefallen: Deutsche und ihr Verhältnis zum Ersten Weltkrieg. 2. Auflage. Der Andere Verlag, Tönningen 2005, S. 79 ff.; Dieter Martinetz: Der Gaskrieg 1914/18. Entwicklung, Herstellung und Einsatz chemischer Kampfstoffe. Das Zusammenwirken von militärischer Führung, Wissenschaft und Industrie. Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1996, S. 23 ff.
  208. 178 ↑ Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte. Aus dem Englischen von Helmut Ettinger. Pantheon Verlag, München 2006, (Orig.: The First World War, 2003), S. 223.
  209. 179 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 624 f.; François Cochet: 6–8 décembre 1915, Chantilly : la Grande Guerre change de rythme. In: Revue historique des armées, Nr. 242, 2006 (online).
  210. 180 ↑ Erich von Falkenhayn: Die Oberste Heeresleitung 1914–1916 in ihren wichtigsten Entscheidungen. Berlin 1920, S. 176–184 (Reprint z. B. von Kessinger Publishing, Whitefish 2010).
  211. 181 ↑ Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 225 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 942 ff., 959, 445 f.; Kurt Fischer, Stephan Klink; Spurensuche bei Verdun. Ein Führer über die Schlachtfelder. Bernard & Graefe Verlag, S. 20 ff.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 390 ff.; Holger Afflerbach: Falkenhayn. Politisches Denken und Handeln im Kaiserreich. Oldenbourg, München 1996, S. 360 ff., 543 ff.
  212. 182 ↑ Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg, Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, S. 369 ff.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 400; Kurt Fischer, Stephan Klink; Spurensuche bei Verdun. Ein Führer über die Schlachtfelder. Bernard & Graefe Verlag, S. 38 ff.
  213. 183 ↑ Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte. Aus dem Englischen von Helmut Ettinger. Pantheon Verlag, München 2006, S. 232; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg, Econ Verlag, Düsseldorf/Wien/New York 1988, S. 371.
  214. 184 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 597 f., 743 f., 771 f.
  215. 185 ↑
     Wikisource: Formelle US-Kriegserklärung gegen Deutschland – Quellen und Volltexte (englisch).
  216. 186 ↑ Woodrow Wilson: War Messages, 65th Cong., 1st Sess. Senate Doc. No. 5, Serial No. 7264, Washington, D.C. 1917, S. 3–8, passim.
  217. 187 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hg.): Die Deutschen an der Somme 1914–1918. Krieg, Besatzung, Verbrannte Erde. Klartext Verlag, Essen 2006, S. 163 ff. (Zitat: S. 178); Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 326 ff., 838 f., 1007 f.
  218. 188 ↑ Angelika Franz: Tunnelstadt unter der Hölle. In: Der Spiegel vom 16. April 2008.
  219. 189 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 448 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 411 f., 744 f.; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg. Düsseldorf, Wien und New York 1988, S. 464 ff.
  220. 190 ↑ Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 242.
  221. 191 ↑ Jean-Jacques Becker, Gerd Krumeich: Der große Krieg. Deutschland und Frankreich 1914–1918. Aus dem Französischen von Marcel Küstner und Peter Böttner. Klartext-Verlag, Essen 2010, S. 242 f.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 458 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 710 f.; Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte. Aus dem Englischen von Helmut Ettinger. Pantheon Verlag, München 2006, S. 300 ff.
  222. 192 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. Aus dem Englischen von Karl und Heidi Nicolai. Rowohlt Taschenbuch Verlag, Reinbek bei Hamburg 2001, S. 495 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 492 ff., 721; Hew Strachan: Der Erste Weltkrieg. Eine neue illustrierte Geschichte. Aus dem Englischen von Helmut Ettinger. Pantheon Verlag, München 2006, S. 308 ff.; Janusz Piekałkiewicz: Der Erste Weltkrieg. Düsseldorf, Wien und New York 1988, S. 468 ff.
  223. 193 ↑ Bernard Montgomery: Kriegsgeschichte: Weltgeschichte der Schlachten und Kriegszüge, Komet, Frechen 1999, S. 479.
  224. 194 ↑ Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Paderborn 2009, S. 949 f., 1016.
  225. 195 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2003, S. 561.
  226. 196 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2003, S. 549 ff; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hg.): Die Deutschen an der Somme 1914–1918. Krieg, Besatzung, Verbrannte Erde. Klartext Verlag, Essen 2006, S. 203 ff.; David Stevenson: 1914–1918. Der Erste Weltkrieg. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt und Ursula Vones-Leibenstein. Patmos Verlag, Düsseldorf 2010, S. 484 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 712 ff.
  227. 197 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2003, S. 562 ff; David Stevenson: 1914–1918. Der Erste Weltkrieg. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt und Ursula Vones-Leibenstein. Patmos Verlag, Düsseldorf 2010, S. 489 ff.; Manfred Vasold: Die Spanische Grippe. Die Seuche und der Erste Weltkrieg. Primus Verlag, Darmstadt 2009, S. 46, 58 f.; Manfried Rauchensteiner: Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914 – 1918, Böhlau Verlag, Wien 2013, S. 956 ff.; Alfred Stenger: Schicksalswende. Von Marne bis zur Vesle 1918. (Schlachten des Weltkrieges. In Einzeldarstellungen bearbeitet und herausgegeben im Auftrage des Reichsarchivs. Band 35), Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg i.O./Berlin 1930, S. 220 ff., (Zitate: S. 226)
  228. 198 ↑ John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2003, S. 570 f.; David Stevenson: 1914–1918. Der Erste Weltkrieg. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt und Ursula Vones-Leibenstein. Patmos Verlag, Düsseldorf 2010, S. 504 ff.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz (Hg.): Die Deutschen an der Somme 1914–1918. Krieg, Besatzung, Verbrannte Erde. Klartext Verlag, Essen 2006, S. 208 f.; Thilo von Bose: Die Katastrophe des 8. August 1918. (Schlachten des Weltkrieges. In Einzeldarstellungen bearbeitet und herausgegeben im Auftrage des Reichsarchivs. Band 36), Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg i.O./Berlin 1930, S. 196 ff.
  229. 199 ↑ David Stevenson: 1914–1918. Der Erste Weltkrieg. Aus dem Englischen von Harald Ehrhardt und Ursula Vones-Leibenstein. Patmos Verlag, Düsseldorf 2010, S. 504 ff.; John Keegan: Der Erste Weltkrieg. Eine europäische Tragödie. 2. Auflage. Reinbek bei Hamburg 2003, S. 570 f.; Gerhard Hirschfeld, Gerd Krumeich und Irina Renz in Verbindung mit Markus Pöhlmann (Hg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Ferdinand Schöningh, Paderborn 2009, S. 269, 460, 693; Manfred Vasold: Die Spanische Grippe. Die Seuche und der Erste Weltkrieg. Primus Verlag, Darmstadt 2009, S. 58 f.
  230. 200 ↑ Henry Rousso, S. 16.
  231. 201 ↑ Henry Rousso, S. 11.
  232. 202 ↑ Henry Rousso, S. 25.
  233. 203 ↑ Peter Lieb: Konventioneller Krieg oder NS-Weltanschauungskrieg? Kriegführung und Partisanenbekämpfung in Frankreich 1943/44, Oldenbourg, München 2007, S. 510.
  234. 204 ↑ Dies und das Folgende nach Thomas J. Laub.
  235. 205 ↑ Robert Paxton Vichy France. Old Guard and New Order, Columbia University Press, 2001, 1. Aufl. New York 1972.
  236. 206 ↑ Douglas Little: Cold War and Colonialism in Africa: The United States, France, and the Madagascar Revolt of 1947, in: The Pacific Historical Review 59,4 (1990) 527.
  237. 207 ↑ Rezension von Oliver Linz.
  238. 208 ↑ Rezension.

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