Zypern ist mit einer Fläche von 9251 km² die drittgrößte Insel im Mittelmeer. Sie wurde erst im 10. Jahrtausend v. Chr. von Jägern und Sammlern aufgesucht, die dort Zwergelefanten und -nashörner jagten. Sie brachten wohl auch die ersten Schweine auf die Insel. Doch bereits nach einem Jahrtausend setzte sich mit der Bodenbebauung eine neue Lebensweise mit Viehwirtschaft, Getreideanbau und Dörfern durch. Die älteste bekannte Siedlung entstand zwischen 9100 und 8600 v. Chr. und geht wahrscheinlich auf Siedler vom Festland zurück. Tierhaltung und einsetzende Domestizierung begannen zwischen 8400 und 7000, Oliven und Mandeln gehörten spätestens 8400 v. Chr. zu den Grundnahrungsmitteln. Die Siedler führten Ziegen, Schafe, Schweine und Rinder mit sich, um dort ein Handelszentrum für anatolischen Obsidian, ein glasartiges vulkanisches Gestein, zu errichten. Die letzten Jäger verschwanden jedoch erst nach 7500 v. Chr.
Mit der Kupferzeit, die um 3800 v. Chr. einsetzte, begann der Abbau des begehrten Metalls, das spätestens ab 3000 v. Chr. auch ausgeführt wurde. Der Name der Insel geht auf dieses Kupfer zurück. Die Häuser waren wieder Rundbauten, wie bereits vor dem Beginn der Landwirtschaft, auch wurden die Toten nicht mehr unter dem Boden der Häuser beigesetzt, sondern außerhalb. Es entstand ein maritimes Netzwerk, das seinen Höhepunkt in der späten Bronzezeit erreichte. Die Mehrheit der Menschen starb im Alter zwischen 21 und 35 Jahren.
Um 2350 v. Chr. setzte die Bronzezeit ein, die einen erneuten kulturellen Bruch darstellt. Während bis dahin im Norden kaum Fundplätze existieren, ballen sich Grabfunde nun genau dort. Ob sich bereits zu dieser Zeit eine Hierarchisierung der Gesellschaft vollzog, ist umstritten; deutlich ist jedoch, dass die Hacke vom Pflug abgelöst wurde, der von Rindern gezogen wurde. Zypern wurde nun zu einer wichtigen Zwischenstation im Handel zwischen Kreta, Griechenland, der Levante und Ägypten, nirgendwo sonst außerhalb von Zypern fand sich so viel zyprische Keramik, wie in Avaris im östlichen Nildelta. Auch war auf der Insel eine Silbenschrift in Gebrauch. Schließlich wurde Enkomi zu einem ersten urbanen Zentrum, doch ist unklar, ob es auch politisch dominierte. Dabei wurden die kupfernen Ochsenhautbarren, für den Handel geformte Kupferbarren, im 14. und 13. Jahrhundert standardisiert. Im 13. Jahrhundert bestand keine zentrale Herrschaft (mehr), Enkomi wurde um 1050 v. Chr. aufgegeben.
Die gravierenden Veränderungen, die die rätselhaften Seevölker mit sich brachten, und deren Wanderungen und Raubzügen das Großreich der Hethiter zum Opfer fiel, betrafen auch Zypern. Die Insel gehörte bis kurz vor seinem Untergang zu diesen anatolischen Reich. Doch seit fast einem halben Jahrtausend kam Keramik aus dem griechischen Mykene nach Zypern, im 14. Jahrhundert sogar in enormen Mengen. Gegen Ende des 13. Jahrhunderts könnte es zu einer Besiedlung durch Mykener gekommen sein (vielleicht auch zu einer Integration von Zuwanderern), möglicherweise folgte diesen eine zweite Welle aus Lakonien und von Kreta. Vielleicht handelte es sich aber auch nur um Händler, die in die lokale Oberschicht integriert wurden, wobei nun eine die gesamte Insel umfassende Macht bestanden haben könnte.
Es besteht eine archäologische Lücke im 10. und im frühen 9. Jahrhundert v. Chr., daher ist unklar, ob die sieben, später zehn Königreiche auf der Insel neu entstanden, oder ob es eine Kontinuität gab. Sie entrichteten jedenfalls den Assyrern Tribut, wodurch sie in den dortigen Quellen erscheinen. In der Folge kam es zu einer Vermischung von Phöniziern, die von Sidon aus einen Vasallenstaat auf Zypern gründeten und bereits im 11. Jahrhundert nachweisbar sind, Griechen, die gleichfalls Handelskolonien errichteten, und indigenen Zyprern.
Um 709 zwangen die Assyrer der Insel eine Art Oberherrschaft auf. Irgendwann zwischen 667 und 614/612, als das Assyrerreich zerschlagen wurde, endete diese Oberherrschaft. Ob die Insel nun an Babylon fiel, ist unklar, jedoch folgte nun eine Zeit ägyptischer Herrschaft, die vielleicht nur von 560 bis 545 v. Chr. dauerte.
Ihr folgte das Weltreich der Perser, dem es anscheinend als erster auswärtiger Macht gelang, die Insel dauerhaft zu besetzen. Als sich die westkleinasiatischen Griechenstädte gegen die Perser erhoben, schloss sich ihnen Zypern an, jedoch vergeblich. Die Insel schloss sich Alexander dem Großen an, geriet jedoch nach dessen Tod in die Kämpfe zwischen seinen Nachfolgern. Anfang des 3. Jahrhunderts bis 58 v. Chr. gehörte die Insel zum ägyptischen Ptolemäerreicih. Zypern lieferte nicht nur Holz und Getreide, sondern wurde auch zu einem Zentrum der Duftstoff- und Parfümproduktion. Folgt man den Quellen, so war die Insel aufgrund des Bergbaus und der Kupferschmelzen, die Holzkohle brauchten, inzwischen stark entwaldet. Der Außenhandel der Insel profitierte mit den Römern stark von den rückläufigen Belastungen für militärische Aufgaben und davon, dass ihm praktisch der gesamte Mittelmeerraum offenstand.
Das Christentum wurde ca. 46 n. Chr. auf die Insel gebracht, Salamis stieg zum Erzbistum auf. Nach dem großen jüdischen Aufstand in der Levante von 115 bis 118 durften die Juden die Insel nicht mehr betreten, genausowenig wie Jerusalem. Bei der Reichsteilung von 395 kam die Insel an das Oströmische Reich, die Kirche von Zypern wurde 431 autokephal, war also nunmehr von den fünf Patriarchaten des Reiches unabhängig. Im 6. Jahrhundert erhielt die Insel einen eigenen Statthalter, der unmittelbar dem Kaiser unterstand. Zugleich wurde Zypern zu einem Zentrum der Seidenherstellung. Im Zuge der Kämpfe gegen die Perser begann im 6. Jahrhundert eine Zuwanderung von Armeniern auf die Insel. Die Perser besetzten Zypern 617 für ein gutes Jahrzehnt.
Kaum hatte Ostrom die Perser besiegt, trat mit den muslimischen Arabern ab 632 ein noch mächtigerer Gegner auf. 649 besetzte dessen Flotte Zypern, das zu Tributleistungen gezwungen wurde. Nach einem Aufstand wurde bis 683 eine Garnison stationiert. Danach wurde die Insel vertragsgemäß entmilitarisiert, die Steuereinnahmen zwischen Muslimen und Ostrom-Byzanz geteilt. Nach Streitigkeiten fiel die Insel in den 690er Jahren an den Kalifen, doch kehrte man bald zu dem alten Vertrag zurück. 743, 806 und 912 fanden arabische Überfälle auf die Insel statt, weil der Vertrag gebrochen worden war. 965 kam die Insel wieder an Byzanz. Die Mehrzahl der Grundherren scheint in Konstantinopel ansässig gewesen zu sein und die Insel selten persönlich aufgesucht zu haben. Bis zu den Kreuzzügen war sie zudem nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung. 1092/94 besetzen Aufständische Kreta und Zypern, doch wurde die Rebellion niedergeschlagen. Angesichts des Vordringens der türkischen Seldschuken in Anatolien betrieb Kaiser Alexios I. († 1118) den Ausbau der Befestigungsanlagen auf der Insel.
1096 begann der Erste Kreuzzug, der 1099 zur Eroberung Jerusalems führte. Zypern wurde bereits 1098 geplündert. Die Insel nahm dennoch durch die Kreuzzüge einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der schon im 10. Jahrhundert eingesetzt haben muss. Dabei spielte Zucker eine wesentliche Rolle, im 11. Jahrhundert auch Roggen, Weizen, Olivenöl und Fleisch. Die Insel geriet aber auch immer wieder zwischen die Fronten. Sie wurde 1153 und 1161 von Kreuzfahrern, 1158 von Ägyptern geplündert.
Eine kurze Phase der Unabhängigkeit erlebte die Insel von 1185 bis 1191 unter einem Angehörigen der Kaiserdynastie, die in Konstantinopel gestürzt worden war. Isaak Komnenos ließ sich sogar auf der Insel zum Kaiser krönen. Der Dritte Kreuzzug stürzte die Machtkonstellation vollends um. Der englische König Richard Löwenherz, der sich auf dem Seeweg nach Akkon befand, eroberte die Insel 1191. Er verkaufte die Insel an den Templerorden, doch diese gaben die Insel nach einem Aufstand zurück.
1192 kaufte Guido von Lusignan, der Titularkönig von Jerusalem, die Insel. Sein Bruder Amalrich führte eine katholische Kirchenorganisation ein und erkannte Kaiser Heinrich VI. als seinen Lehnsherrn an, der allerdings im nächsten Jahr starb. Doch er hatte Amalrich zum König erhoben, 1229 setzte Heinrichs Sohn Friedrich II. auf der Insel hohe Beamte ein. Doch die Lusignan besiegten das Heer der kaiserlichen Statthalter.
Neben den Lusignans siedelte sich eine Reihe vor allem französischer Familien auf Zypern an, die Templer und Hospitaliter hatten ausgedehnte Besitzungen und griechische Landbesitzer wurden dafür enteignet. Nun kamen wieder Juden auf die Insel, aber auch Syrer, die geflohen waren. Erst im letzten Jahrhundert der Lusignan-Herrschaft scheint sich in der Oberschicht das Griechische mehr und mehr gegen das Französische durchgesetzt zu haben, während zugleich zahlreiche Venezianer auf die Insel kamen. Marco Cornaro galt geradezu als „Zuckerkönig“. In Lefkosia saß ein katholischer Erzbischof, daneben bestanden weiterhin orthodoxe Bistümer. 1269 wurden die Könige von Zypern wieder Könige von Jerusalem, doch eroberten die ägyptischen Mamluken nach und nach die Kreuzfahrerstaaten.
Maroniten („Syrer“) waren zusammen mit den Lusignan oder 1291 auf die Insel gekommen. Sie lebten vor allem in Famagusta. Armenier wanderten überwiegend nach 1322 ein und hatten ebenfalls eine eigene Kirche und behielten wohl auch ihre Sprache bei. Als 1291 mit Akkon die letzte bedeutsame Festungsstadt der Franken im Heiligen Land an die Mamluken fiel, flüchteten sich die meisten Überlebenden nach Zypern. 1322 war Kleinarmenien angegriffen worden und 30.000 Armenier waren nach Zypern geflohen. 1335 und 1346 flohen weitere Armenier vor den Mamluken. 1403 flohen erneut 30.000 Armenier auf die Insel, weitere folgten 1421.
Die Lusignan versuchten die Mamluken aufzuhalten. König Peter I. (1359–1369) griff 1365 sogar Alexandria an und plünderte die Stadt. Ab 1425 zahlte ihnen der König von Zypern Tribut. Ab 1427 kam es zu Bauernaufständen, die Tribute an Kairo mussten dennoch weiterhin entrichtet werden. Als die türkischen Osmanen Konstantinopel eroberten, siedelte eine Reihe von byzantinischen Flüchtlingen auf Zypern über.
Die Insel wurde schon lange zuvor zum Zankapfel zwischen Genuesen und Venezianern. Ab 1374 kontrollierte die Maona Cypri, eine Gesellschaft genuesischer Bankiers, de facto die Insel, doch Venedig wollte die Insel zum Bollwerk für seinen Asienhandel und zur Festung gegen die Osmanen ausbauen. Königin Katharina Cornaro musste schließlich 1489 das Königreich an Venedig abtreten. Zypern gehörte bis 1571 zur Republik Venedig, musste aber weiterhin Tribut an Ägypten entrichten. Der Anbau von Zuckerrohr wurde zunehmend durch Baumwolle ersetzt, Salz war eines der wichtigsten Ausfuhrgüter der Insel. Die Abgaben waren hoch und auf dem Land dominierte ein Feudalsystem. Griechen heirateten in venezianische Familien ein, einige in den höchsten Adel. Die orthodoxe Kirche erhielt nun Religionsfreiheit. Doch Venedig musste enorme militärische Leistungen erbringen, denn das schnell wachsende Osmanenreich wurde zur Seemacht. 1562 entlud sich die Spannung, die aufgrund überhöhter Abgabenlasten entstanden war, in einem Bauernaufstand. Jacomo Diassorinos versuchte vergeblich, Zypern als sein Königreich unabhängig zu machen.
1570 forderte Konstantinopel die Übergabe der Insel an den Sultan, die Eroberung gelang einer Flotte von 360 Galeeren im folgenden Jahr. Zypern blieb von 1571 bis 1878 Teil des Osmanischen Reiches. Zunächst blieben zahlreiche Hilfstruppen auf der Insel, darunter einige Tausend Armenier, während viele Armenier von Famagusta umgebracht oder vertrieben wurden. Nach der Eroberung wurden Siedler auf die entvölkerte Insel geschickt, vor allem aus dem südlichen Anatolien, darunter Yörüken, Christen und Juden. Sie gingen vielfach auf die ehemaligen Johannitergüter. Regierungssitz wurde Lefkosa, Regierungs- und Verwaltungsämter waren Muslimen vorbehalten; sie standen daneben nur konvertierten Zyprioten offen.1683-90 kam es zu einem Aufstand. Dabei waren spätestens im 18. Jahrhundert Mischehen zwischen Christen und Muslimen häufig.
Die verarmte Insel führte durch Syrer die Kartoffel ein, während die Hohe Pforte angesichts der dramatisch gesunkenen Bevölkerungszahl die Zahl der Posten verminderte. Der erste osmanische Zensus ermittelte noch 800 oder 850 Dörfer auf der Insel. 1777 lag diese Zahl nur noch bei 564, 1862 bei 605. Davon waren 118 Dörfer muslimisch, 239 gemischt und 248 christlich. Die Bischöfe erhielten Zutritt bei Hof, zugleich waren sie für die Eintreibung der Tribute, die die Christen leisten mussten, verantwortllich.
1703 wurde die gesamte Insel dem Großwesir übertragen. 1738 gab der Sultan die Insel als Mitgift seiner Tochter, die den Großwesir Ibrahim Pascha heiratete. Die Ausplünderung der Insel nahm solche Formen an, dass der Sultan sich gezwungen sah, dem Großwesir die Insel 1745 wieder zu entziehen. Die Insel wurde wieder zu einer regulären Provinz des Osmanenreichs, was zunächst zu wirtschaftlichen Verbesserungen führte. Doch die Herrschaft über die Insel wurde wieder käuflich, die Käufer versuchten durch willkürliche Abgaben ihren Kaufpreis wieder herauszuholen. Angesichts der um sich greifenden Korruption wuchs der Einfluss der Bischöfe. Viele der orthodoxen Griechen sahen hoffnungsvoll nach Russland, das auf Kosten der Osmanen sein Reich nach Süden ausdehnte. Damit erhielten die Konflikte auf der Insel erstmals eine ethnische Grundlage, weniger eine religiöse, wie bisher. Als dann 1821 Griechenland unabhängig wurde, ließ Konstantinopel Griechen, Franken, Maroniten, Armenier entwaffnen. Als die osmanische Flotte bei Navarino unterlag, kam es auf der Insel zu Massakern, wenn auch einige Türken versuchten, ihre griechischen Nachbarn zu schützen. Die Osmanen unterhielten schließlich nur noch 400 Soldaten auf der unruhigen Insel. Sie tauschten die Insel schließlich gegen die britische Unterstützung im Kampf gegen die russische Expansion.
Die Briten errichteten ein Hochkommissariat, gegen das einige Griechen rebellierten, die den Anschluss an Griechenland forderten. Bei Beginn des Ersten Weltkriegs annektierte London die Insel. Dies wurde erst 1923 völkerrechtlich legitimiert, indem Ankara die Besetzung anerkannte. 1925 wurde Zypern Kronkolonie. Angesichts des griechischen Widerstands untersagte London 1933 die Wahl eines Erzbischofs und versuchten eine „Dehellenisierung“. Erst 1947 durfte wieder ein Erzbischof ernannt werden. 1950 ließ Makarios II. eine Volksabstimmung durchführen, bei der 96 % der Zyperngriechen für den Anschluss an Griechenland votierten. Briten und Amerikaner betrachteten Zypern zunehmend als Bollwerk gegen sowjetische Bestrebungen, eine größere Rolle im östlichen Mittelmeer zu spielen. London hatte 40.000 Soldaten auf der Insel. Griechen und Türken gründeten militante Organisationen, es kam zu Massakern. London ließ den Erzbischof deportieren, doch 1960 wurde die Insel auf internationalen Druck unabhängig.
1963 versuchte Präsident Makarios die Minderheitenrechte der Türken zu beseitigen. Dies führte zu bewaffneten Auseinandersetzungen. Dabei flüchteten knapp 100.000 türkische Zyprer vorrangig nach Großbritannien, auf griechischer Seite waren es 165.000. Andererseits wehrte sich Makarios gegen den Anschluss an Griechenland, was zu Auseinandersetzungen mit denjenigen Griechen führte, die den Anschluss an Griechenland (Enosi) verlangten. 1964 kam es zu einem Waffenstillstand, doch die Militärs, die 1967 in Griechenland putschten, unterstützten militante griechische Gruppen;. 1974 wurde Makarios durch einen Putsch der zypriotischen Nationalgarde abgesetzt. Ziel des durch die griechische Junta gelenkten Putsches war der Anschluss Zyperns an Griechenland. Die Türkei besetzte daraufhin den Nordteil der Insel.
Er bildet seit 1983 die nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern, deren Grenze von West nach Ost durch die Insel führt. 2004 trat der Süden der EU bei, nachdem die griechische Bevölkerung eine Wiedervereinigung der Insel abgelehnt hatte. Ab 2008 geriet die Insel in die Eurokrise, in deren Folge zyprische Vermögen partiell eingezogen wurden, vor allem aber osteuropäische.
Zypern, das nie eine Landverbindung zum Festland besaß, wurde erst gegen Ende der Altsteinzeit von menschlichen Jägern aufgesucht. Daher konnten die auf der Insel verzwergten Säugetiere, wie etwa das zyprische Zwergflusspferd (Phanourios minutis) und der Zwergelefant (Elephas cypriotes), möglicherweise hier länger überleben.1 Ihre letzten Spuren stammen aus dem Mesolithikum. Der Abschnitt zwischen der letzten Kaltzeit, in der Jäger, Fischer und Sammler lebten, und dem Aufkommen bäuerlicher Lebensweise mit Bodenbearbeitung und Viehhaltung sowie dörflicher Lebensweise, wird im Mittelmeerraum vielfach Epipaläolithikum genannt. Er beginnt auf Zypern um 9600 v. Chr. und endet bereits gut tausend Jahre später. Bis in die späten 1960er Jahre galt diese Phase als Zusammenbruch aller vorhergehenden Kunst, des Endes der großen Pflanzenfresserherden. Dabei stellte sich heraus, dass schon vor der Landwirtschaft Keramikgefäße hergestellt wurden, und die Domestizierung von Tieren begonnen hatte. Wie bei den vorhergehenden vom Ausgangsstoff Stein definierten Phasen, so veränderten sich auch im Mesolithikum die Werkzeuge und Waffen. Mikrolithen dominierten, doch variierten die Werkzeugformen regional sehr stark. Dabei führte der Fischfang zu zunehmender Sesshaftigkeit, was sich an Fängen aus verschiedenen Jahreszeiten ablesen lässt. Zudem entwickelten sich jahreszeitliche Wanderzyklen, deren Reichweite geringer wurde. Darüber hinaus ist mit regelmäßiger Schifffahrt zu rechnen.
Die ältesten menschlichen Spuren stammen aus Aetokremnos, einem Felsüberhang auf der Akrotiri-Halbinsel. An der Fundstelle fanden sich Überreste von Elephas cypriotes und Hippopotamus minor, dazu etwa 1000 Flintsteine. Fast drei Viertel der Knochen stammen von den besagten Zwergflusspferden. Sie stellen zugleich die letzten Spuren dieser Tierart dar. Die Datierung der Fundstätte ins Epipaläolithikum (ca. 9500 v. Chr.) kann als gesichert gelten, doch ist die Behauptung, die Jäger hätten die Zwergfauna ausgerottet, umstritten,1c zumal sich zwar über 200.000 Knochen von über 500 Tieren in der untersten Schicht 4 fanden, jedoch wiesen diese keine einzige Schnittspur auf. In jedem Falle dürfte den Säugetieren die Rückkehr der trockenen Kälte während des Jüngeren Dryas mehr Probleme bereitet haben, als die anscheinend sehr geringe Zahl menschlicher Jäger. Hingegen spielte die Domestizierung des Wildschweins bereits eine erhebliche Rolle. Jäger brachten die Tiere möglicherweise gezielt auf die Insel, um eine Wildreserve zu erhalten.2 Bis zu diesem Fund glaubte man, das Schwein sei erst sehr viel später von außerhalb der Insel eingetragen worden.
Das früheste Neolithikum ist auf Zypern etwa ab 8900 bis 8500 v. Chr. belegt. Dabei unterscheidet man dieses späte prä-keramische Neolithikum A von nachfolgenden Perioden der Phase B, die wiederum in einen frühen (8500-8200 v. Chr.), einen mittleren (bis 7600 v. Chr.) und einen späten Abschnitt (bis 6900 v. Chr.) gegliedert werden. Mit dem Khirokitien schließt sich ein vorletzter Abschnitt an, der von etwa 7000 bis 5500/5000 v. Chr. reicht. Danach folgt eine Lücke, die die Zeit von 5500 bis 4750/4500 v. Chr. umfasst. Schließlich reicht die letzte archäologische Kultur des Neolithikums, das Sotirien, von 4500 bis 3900 v. Chr.
Dabei fallen zwei Fundstätten in das 10. Jahrtausend v. Chr. und das besagte, versuchsweise als spätes, prä-keramisches Neolithikum A bezeichneten Abschnitt, nämlich Ayios Vavara-Asprokremnos und Ayios Tychonas Klimonas (zwischen 9100 und 8600 v. Chr.). Die Jäger von Asprokremnos und Klimonas verfolgten nicht mehr Elefanten sondern Wildschweine, deren Knochen in geringer Zahl auch schon in Aetokremnos gefunden wurden. Dabei setzten sie Hunde ein.2h Möglicherweise haben verwilderte Exemplare die von den verschwundenen Großsäugern geräumte ökologische Nische gefüllt und sind später von Menschen bejagt worden.
Die bisher ältesten Spuren neolithischer Bauern fanden sich 2011 in Klimonas bei Ayios Tychonas im Bezirk Limassol im Süden der Insel. Dazu gehörte ein Rundhaus mit einem Durchmesser von etwa 10 m. Bauwerke dieser Art finden sich ansonsten auf dem angrenzenden Festland und dienten der Bevorratung und großen Versammlungen.3 Das Dorf zählt zu den ältesten im Mittelmeerraum. Dessen älteste Überreste konnten auf die Zeit zwischen 9100 und 8600 v. Chr. datiert werden.4 Mit diesem Fund wurde die früheste Besiedlung in Form von Dörfern um mindestens zwei bis drei Jahrhunderte vorverlegt. Zuvor ließ sich bereits der Nachweis erbringen, dass Tierhaltung und einsetzende Domestizierung spätestens zwischen 8400 und 7000 v. Chr. anzusetzen waren.
Seit dem Jahr 2000 wird im Norden Zyperns, in Tatlısu-Çiftlikdüzü, ein Dorf aus der gleichen Zeit ausgegraben, das vielleicht schon um 8400 v. Chr. entstand, und das in der Fachliteratur unter dem früheren griechischen Namen Akanthou-Arkosykos erscheint.5 Die Leiterin der Ausgrabung, Müge Şevketoğlu von der Internationalen Universität Zypern, grub mit Unterstützung des Wissenschafts- und Technologieforschungsrats der Türkei (TÜBITAK) eine 400 mal 70 Meter messende Siedlung aus mindestens sechs runden Häusern mit Terrazzo- oder Geröllfußböden aus. Des Weiteren fanden sich Überreste eines Bootes und Angeln, dazu Obsidian in großen Mengen (mehr als 8000 Artefakte) und Muscheln sowie die sterblichen Überreste einer etwa 20 Jahre alten Frau und eines etwa 30 Jahre alten Mannes. Neben Fisch und Fleisch gehörten wilde Linsen, Gerste, Oliven und Mandeln zu den Grundnahrungsmitteln.6 Die Siedler führten Ziegen, Schafe, Schweine und Rinder mit sich, dazu Damwild, Hunde und Füchse. Wahrscheinlich handelte es sich um ein Handelszentrum für anatolischen Obsidian, aber auch Pikrolith aus Zypern wurde offenbar verarbeitet, ein türkisfarbener Stein aus dem Troodos-Gebirge aus dem etwa Figurinen gefertigt wurden.
Die Cardial- oder Impressokultur, ein Begriff, der eine Reihe verwandter Kulturen zusammenfasst, erhielt ihren Namen von Gravuren, die mit der Herzmuschel ausgeführt wurden.7 Anhand der ältesten neolithischen menschlichen Überreste Griechenlands konnte man belegen, dass die festlandsgriechischen Siedler eher mit denen auf dem Balkan verwandt waren, während die Bewohner der Inseln größere Nähe zu den Bewohnern Zentralanatoliens und der mediterranen Küsten aufwiesen.8 Neben Untersuchungen an Brot- oder Weichweizen (Triticum aestivum) weist dies darauf hin, dass es eine Aufspaltung der Siedler gab, wobei ein Zweig Richtung Nordgriechenland und Balkan zog. Die Menschen bewegten sich aller Wahrscheinlichkeit nach zunächst über Land, dann entlang der adriatischen Küste mit ihren zahlreichen Inseln über See.
Dabei wird der Seeweg bereits für einige kulturelle Übertragungen in die Ägäis, wie etwa Impresso-Keramik, die im anatolischen Hinterland unbekannt war, durch Ausgrabungen in Ege Gübre in İzmir wahrscheinlich gemacht, ebenso wie durch neolithische Funde auf Zypern selbst und auf Kreta.9
Die dauerhafte Besiedlung Zyperns erfolgte noch im akeramischen Neolithikum (Präkeramisches Neolithikum B) wieder von der Levante her; die ältesten sicher datierten Siedlungsspuren stammen aus Klimonas und sind mindestens 10.600 Jahre alt.10 Die Kolonisten führten Emmer und Einkorn (um 7500 v. Chr.11) und außer den Haustieren Hund, Katze, Rind, Schaf und Ziege auch den Damhirsch ein. Die Rinderhaltung wurde jedoch bald für längere Zeit aufgegeben.
Die Siedlungen (z. B. Khirokitia, Kastro, Paralimni-Nissia südöstlich von Famagusta, Shillourokambos oder Tenta) bestanden aus runden oder quadratischen Häusern mit runden Ecken mit den typischen Terrazzo- oder Geröllfußböden, während auf dem Festland Rechteckhäuser üblich waren. Für die Versorgung mit Trinkwasser wurden zwischen 8400 und 6800 v. Chr. mindesens sieben Brunnen in den Fels getrieben (Mylouthkia12), wie sie auch aus der Levante in dieser Zeit bekannt sind (Atlit Yam).13 Noch ältere Siedlungen wie Ayia Varvara-Asprokremnos weisen (bisher) keine Brunnen auf. Dabei lässt sich der Brunnenbau ab dem 9. Jahrtausend v. Chr. nachweisen, wie in Kissonerga-Mylouthkia und Shillourocambous im Westen und Süden der Insel, wo sie im anstehenden Kalkstein abgeteuft wurden.13a Sie stellen die bisher ältesten Brunnen der Menschheit dar, Bauwerke, die ansonsten erst um 7000 v. Chr. auftauchen, wie etwa im israelischen ‘Atlit-Yam. Die ältesten Brunnen Europas fanden sich im nordöstlichen Kroatien (Slavonski Brod, 6000 v. Chr.13d). Bei den Brunnen auf Zypern zeigte sich, dass in ihnen rituelle Deponierungen durchgeführt worden waren - so fanden sich mehrere menschliche Körper, aber auch ganze Schafe und Ziegen, dazu eine Art Grabbeigaben. Ebenso landeten dort aber auch Abfälle. In den Brunnen von Shillourokambos landeten darüber hinaus Damhirsche, Füchse, Hunde und Katzen.
Zugleich ließ sich zeigen, dass epipaläolithische und neolithische Lebensweise nebeneinander bestanden, wie sich für Ais Giorkis erwies, das um 7500 v. Chr. entstand.14 Hinzu kam, dass die neolithischen Bauern ihre Lebensweise lokalen Spezifika anpassen konnten, wobei die Vorratshaltung zeitweise zu sozialen Ungleichheiten führte, die sich jedoch erst in der Bronzezeit fest etablierten.15 Für die frühesten neolithischen Siedlungen werden Näherungswerte von 300 Einwohnern angenommen.16
Zur akeramischen Periode wird die Kultur von Khirokitia gerechnet, die zwischen 7000 und 5800 v. Chr. bestand, und die lange als die älteste Kultur auf Zypern galt. Die beiden wichtigsten Fundstätten sind Khirokitia selbst, wo bereits 1934 Ausgrabungen stattfanden, und Kalavasos-Tenta, daneben sind Kap Andreas, Kap Greco, Troulli und Ayis Yiorkis zu nennen. Die Siedlungen befanden sich meist an kleinen Flüssen oder gut geschützt auf Hügeln. Khirokitia war durch eine massive Mauer geteilt. Zwar lassen sich dort größere und kleinere bauliche Strukturen unterscheiden, doch erlauben sie bisher keine Rückschlüsse auf eine soziale Schichtung. Rinder wurden nicht als Haustiere gehalten, jedoch Schafe, Ziegen und Schweine. Die Beisetzungen fanden teilweise unter den Häusern statt. Verbreitet war die Verformung des Schädels.
Erst seit der Sotira-Phase wurde Keramik hergestellt, doch findet sich eine archäologische Lücke zwischen etwa 5000 und 4500 v. Chr. Die Siedlungen der neu Zugewanderten befanden sich an der Küste und auf befestigten Hügeln. Sie befinden sich vor allem im Westen der Insel und auf der Karpas-Halbinsel. Wichtige Fundstätten sind das namengebende Sotira-Teppes sowie Ayios Epiktitos-Vyrsi. Sotira mit seinen 47 Bauwerken wurde Anfang des 4. Jahrtausends aufgegeben. In Ayios Epiktitos-Vrysi fanden sich bis zu 6 m tiefe Grubenhäuser. Auch in Philia-Drakos fanden sich solche Grubenhäuser, hinzu kommen Troulli und Khirokitia mit einer keramischen Phase. Im Gegensatz zu den Rundhäusern der Akeramiker waren die Häuser der keramischen Phase rechteckig, wenn auch mit abgerundeten Ecken. Genauso wie es vor dem keramischen Neolithikum eine Fundlücke gab, so ist auch die Phase danach von einer sehr geringen Funddichte gekennzeichnet.
Rituale sind an archäologischen Stätten nur unter erheblichen Vorbehalten zu identifizieren. Daher reicht das Spektrum der wissenschaftlichen Haltungen zu diesem Thema von der Unmöglichkeit für das Fach, solche kulturellen Äußerungen zu erkennen bis hin zu der Annahme, dass praktisch alles rituell zu deuten sei. Anhand des Umgangs mit Verstorbenen lassen sich jedoch bereits für die Frühphase menschlicher Besiedlung der Insel rituelle Handlungen belegen.17
Die Kupferzeit, die auf der Insel von etwa 3900 bis 2400 v. Chr. datiert, wird in drei Phasen eingeteilt, die frühe, mittlere und jüngere Kupferzeit. Die drei Phasen werden um 3500 und 2800 v. Chr. voneinander abgetrennt. Die mittlere Kupfer(stein)zeit wird auch als Mosphilia-Periode nach dem Fundort Kissonerga-Mosphilia bezeichnet.
Ab ca. 3000 v. Chr. hatte man nicht nur begonnen, die Kupfervorkommen der Insel auszubeuten, sondern, wie ein Hortfund im jordanischen Pella zeigt, das Metall auch auszuführen.18 Aus der Frühbronzezeit (ECI) stammt der Friedhof von Vounous-Bellapais mit seinen Felskammergräbern. Als Grabbeigaben findet man vor allem Keramik, Kupferwaffen und vereinzelt Idole. Die Keramik zeigt deutliche anatolische Einflüsse. Wichtigste Fundstätte der frühen Kupferzeit ist Erimi19 im zentralen Süden der Insel, daher spricht man auch von der Erimi-Kultur. Wichtige Stätten dieser Kultur sind darüber hinaus Kissonerga-Mosphilia, das 3 ha umfassende Lemba20, Souskiou, Kalavasos-Ayios und Yialia. Im Norden, Nordosten und Osten der Insel fanden sich keine kupferzeitlichen Stätten. Im Gegensatz zum Neolithikum kehrten die Bewohner zu Rundhäusern zurück. Dort erschienen nun zentrale Herde. Ein weicher, grüner Stein (Picrolith) wurde vielfach eingesetzt. Der Stein fand sich in Flussbetten, wie dem Kouris.21 Daraus entstanden Werke wie kreuzförmige Figurinen oder Halsketten aus Dentaliumperlen. Möglicherweise handelte es sich bei den Figurinen um Gebärende oder Geburtshelferinnen. Auch finden sich erste Andeutungen sozialer Schichtung. Auch wieder im Gegensatz zu den Neolithikern zogen die Bewohner Grabstätten, Einzel- wie Gruppengräber, außerhalb der Hauswände vor. Zwei Kupferobjekte, eine Meißelspitze und ein Haken, fanden sich in Erimi.
Die Kontakte mit Anatolien nahmen zu, und es begann ein maritimes Netzwerk zu entstehen, das seinen Höhepunkt in der späten Bronzezeit erreichte. Die Bevölkerung und die Zahl der Siedlungen wuchs.
Im Westen der Insel wurden anhand der z. T. schlecht erhaltenen Skelette medizinische Untersuchungen durchgeführt.22 Der Friedhof von Souskiou-Laona sowie die Siedlungen Lemba-Lakkous und Kissonerga-Mosphilia, die dem mittleren Chalkolithikum angehören, boten damit erstmals Einblicke in die Bereiche Lebenserwartung, Gesundheitszustand, Arbeitsteilung usw., die bisher nicht möglich waren. Die Mehrheit der Menschen starb im Alter zwischen 21 und 35 Jahren, eine Häufung tritt im Alter zwischen 25 bis 30 Jahren auf, was in dieser Epoche keine Ausnahme darstellte.23 Die Häufigkeit schwerer Verletzungen war gering, die soziale Differenzierung ebenfalls; die geschlechtliche Arbeitsteilung wirkte sich z. T. auf den Zahnzustand aus. Der allgemeine Gesundheitszustand stellte sich als vergleichsweise gut heraus.
Als letzte Phase der Kupferzeit gilt seit den Untersuchungen von Webb und Frankel die Philia-Kultur, die zwischen 2500 und 2350 v. Chr. datiert wird. Sie findet sich vor allem im Westen, Südwesten und im Zentrum der Insel, daher gab es Überlegungen, ob sie gleichzeitig mit den Bronzekulturen bestanden hat. Bei den knapp 20 Fundstätten handelt es sich fast ausschließlich um Friedhöfe. Es setzte wohl eine starke Zuwanderung aus Anatolien ein. Keramik und Werkzeuge veränderten sich, die Häuser wurden komplexer.
Stufe | absolutes Datum |
---|---|
Frühe Bronzezeit (früh-zyprisch) | 2350–1900 v. Chr. |
Mittlere Bronzezeit I–III (mittel-zyprisch) | 1900–1600 v. Chr. |
Späte Bronzezeit I–III (spät-zyprisch) | 1600–1050 v. Chr. |
Die zyprische frühe Bronzezeit wird zwischen 2350 und 1900 v. Chr. angesetzt. Abgrenzungsschwierigkeiten bestanden zur Philia- und zur mittel-zyprischen Phase. Philia war jedoch ein Vorläufer der Früh-Bronzezeit, wie Marki-Alonia mit seiner stratigraphischen Abfolge erwies, wo Philia unterhalb von früh-zyprischen Schichten liegt.
Die frühe Bronzezeit unterscheidet sich sehr deutlich von Neolithikum und Chalkolithikum. Viele Fundstätten aus dieser Epoche befinden sich an der Nordküste, doch handelt es sich fast ausschließlich um Grabfunde, während Siedlungen extrem selten sind. Bedeutende Fundstätten sind Vounous-Bellapais, Lapithos, Kotchati, Marki-Alonia, Sotira-Kaminoudhia oder Alambra24. Die beiden erstgenannten liegen an der Nordküste und weisen ausgedehnte Friedhöfe auf. Reiche Kupferobjekte - ein Grab mit 15 Individuen in Lapithos wies allein mehr als 80 Kupferobjekte auf - erscheinen vielfach als Waffen. Diese Anlagen wurden sehr verschieden gedeutet. So kam es zur Vorstellung einer Elite, die den Rohstoffabbau kontrollierte und die fertige Objekte zur Symbolisierung ihrer Stellung in der Gesellschaft und ihres Prestiges, aber auch zur Stabilisierung dieser Stellung, mit in die Gräber gaben. Diese Entwicklung zu einer Gesellschaft mit einer steilen Hierarchie sei demnach die Voraussetzung für die Kupferindustrie gewesen, weniger das von außen herangetragene Interesse am Metall. Andere vermuten, dass die Gesellschaft, trotz der auffällig reichen Grabbeigaben, einen eher egalitären Charakter aufwies. Sie verweisen auf die Siedlung Marki-Alonia, die eher auf eine solche Gesellschaft hinweise. Außerdem sei es nicht möglich, zu erschließen, ob die Gräber mit den reichen Ausstattungen auf wenige, sehr vermögende Individuen zurückgehen, oder ob sie über lange Zeit genutzt worden seien.
Zypern wurde in jedem Falle zu einer wichtigen Zwischenstation im Handel zwischen Kreta, Griechenland, der Levante und Ägypten. Vor allem das dortige Kupfer war sehr begehrt. Kupferminen wurden im Gebiet von Tamassos (Peristerka und Pitharoma), bei Politiko und Mitsero nachgewiesen. Bronzezeitliche Kupferbergwerke finden sich in Ambelikou, Apliki, Ayia Varvara Almyras, Mavrovouni, Mitsero Kokkinoyia, Peristerka sowie in der Phönix-Mine zwischen Apliki und Skouriotissa25, schließlich in Politiko Phorades und Skouriotissa.
Neben dem stark anwachsenden Kupferhandel ist ein weiteres Charakteristikum der Epoche, dass Rinder ein wichtiges Element der Landwirtschaft wurden. Ein Modell aus Kotchati zeigt einen runden Raum, vielleicht einen Altarraum, dessen Wände mit Rinderköpfen ausgestattet waren. Offenbar hatte sich die religiöse Praxis verändert, oder eine neue hatte die vorhergehende abgelöst. Ein Terrakottamodell aus Vounous-Bellapais zeigt einen Bullen, der einen Pflug zieht. Die Wiedereinführung der Rinder veränderte also die Art der Bodenbearbeitung, bei der Hacken nur noch eine Nebenrolle spielten. Die Hauptrolle übernahm der Pflug. Die damit mögliche Bearbeitung größerer Flächen führte zu Bevölkerungswachstum und zu einer stärkeren Ungleichheit unter den Bewohnern. Zugleich nahm die Zahl der Tierdarstellungen deutlich zu, ähnlich wie die der Modelle und der Figurinen.
Im 2. Jahrtausend v. Chr. war auf Zypern eine Silbenschrift in Gebrauch, die mit der minoischen Linearschrift A verwandt zu sein scheint. Sie wird als alt-kyprische Schrift bezeichnet und ist nicht entziffert. Inschriften in dieser Schrift sind auch aus der Levante bekannt. Ab dem 1. Jahrtausend v. Chr. wurde für die griechische Sprache die sogenannte klassische zyprische Schrift verwendet.
Die Mittlere Bronzezeit ist oftmals schwer von der vorhergehenden Epoche abzugrenzen. Dazu trägt der Mangel an Siedlungen bei, die bisher bekannt sind, aber auch die Kontinuität der Kammergräber, die beide Abschnitte kennzeichnet. Die Bevölkerung wuchs weiter. Auch bei der roten, polierten Keramik besteht Kontinuität. Zudem gibt es mehr Untersuchungen, die sich mit dem Übergang von der mittleren zur späten Bronzezeit befassen, als mit dem Übergang von der frühen zur mittleren. Doch bei der Keramik taucht als neues Kennzeichnen weiße, bemalte Keramik auf.26
Wichtige Fundstätten sind Alambra, Kalopsidha, Episkopi-Phaneromeni, Pyrgos, Marki-Alonia, Lapithos und Ambelikou. In Pyrgos befand sich ein Zentrum der Duftstoffproduktion, hingegen sank die Bedeutung von Vounos im Norden der Insel, während Lapithos an Bedeutung gewann. Das im Osten gelegene Kalopsidha wies Häuser mit Räumen auf, die um einen Innenhof gruppiert waren; in Alambra fanden sich rechteckige Hausstrukturen. Die einfache Bauweise kontrastiert zu den aufwändigen Grabbeigaben der Zeit. Der Epoche fehlt ein urbanes Zentrum, daher nahm Stewart Swiny an, dass die Gesellschaft einen egalitären Charakter hatte. Damit würde vor der großen Verstädterungsphase keine Fürstenherrschaft bestehen. Dies würde zu den Funden von Marki-Alonia aus der frühen Bronzezeit passen, die ebenfalls Schlüsse in dieser Richtung zulassen. Hingegen genügen Knapp und Keswani die reichen Grabausstattungen, um vom Aufstieg lokaler Eliten in dieser Periode überzeugt zu sein.
Die Kupfergewinnung wurde gesteigert, sie lässt sich etwa in Ambelikou, Alambra und Pyrgos belegen. Insgesamt fand man auf Zypern etwa 4 Millionen Tonnen Kupferschlacke.26k Doch ist unklar, ob die Metallgewinnung insularen Interessen diente, oder von außerhalb angetrieben wurde. Texte zu „Alašija“ und seinem Kupfer erscheinen bereits im 18. und 17. Jahrhundert v. Chr. in Mari, Babylon und Alalach. Kammergräber in Vounous-Bellapais und Lapithos bargen einige minoische Keramiken und Metallwaffen; umgekehrt fand man mittel-zyprische Keramik in Knossos, aber auch in Ras Shamra und Megiddo. Im ägyptischen Tell el-Dab'a fand man sogar mehr als 500 Stücke, was den Tell, der Avaris, die Hauptstadt der Hyksos barg, zur reichsten Fundstätte zyprischer Keramik außerhalb der Insel machte.
In der Übergangsphase zur Spätbronzezeit entstanden Siedlungen wie Enkomi (um 1700 bis 1050 v. Chr.), Toumba tou Skourou, Hala Sultan Tekke und Kourion. Im Norden und Osten entstand eine Reihe von Forts, davon allein 21 auf der Karpas-Halbinsel, entlang des Südhangs der Kyrenia und im nördlichen Vorland des Troodos. So entstand etwa Nitovikla, das aus einer ca. 400 x 100 bis 200 m großen umwallten Fläche bestand und eine Kernfestung von 40 x 35 m Fläche barg. Sie werden üblicherweise als Kontrollfestungen gedeutet, die der Sicherheit des Kupferhandels dienten. Vielleicht dienten die Festungen vor allem dem Handel des reichen Enkomi. Möglicherweise sicherten sie aber auch den damit zusammenhängenden Holztransport, denn zur Gewinnung von Kupfer brauchte man große Mengen an Holzkohle. Strabo (XIV.6.5) berichtet, die vergleichsweise karge Insel sei noch in früherer Zeit dicht bewaldet gewesen. Eine moderne Berechnung geht von einer Jahresproduktion von 57 t Kupfer aus, wozu über 17.000 t Holzkohle verbraucht wurden. Dazu wiederum waren 343.000 Kubikmeter Kiefernholz erforderlich. Für die Insel, die über höchstens 3500 km² Wald verfügte, hätte diese Art der Übernutzung in ein ökologisches Desaster geführt. Doch nur 23 % des Holzes lieferte die Kalabrische Kiefer (Pinus brutia var. brutia), auch Türkische oder Östliche Mittelmeer-Kiefer genannt, die die Insel bedeckte. Hingegen lieferte der Olivenbaum (Olea europaea) 71 % der untersuchten Holzkohle. Damit war die Holzkohlegewinnung nach heutigen Maßstäben nachhaltiger als lange angenommen.26o
Vgl. Zypern in der späten Bronzezeit
Im Gegensatz zu den vorhergehenden bronzezeitlichen Abschnitten ist die späte Bronzezeit gut abgrenzbar und sehr viel besser erforscht. Die Bevölkerung stieg deutlich an, die Siedlungen entstanden eher entlang der Küste, die Kupferindustrie war ausgereifter, die dem Linear A ähnliche zyprisch-minoische Schrift war in Gebrauch. Prestigegüter sind klar erkennbar, dazu eine Luxuswarenproduktion, ein weiträumiges und inzwischen recht dichtes Handelsnetz entstand. Die Keramik entwickelte zwischen 1600 und 1200 v. Chr. einen eigenen, inseltypischen Stil.
Wichtigste Fundstätten sind Enkomi (ab dem 17. Jahrhundert), Toumba tou Skourou, Hala Sultan Tekke, Kourion, Athienou-Bamboulari tis Koukkouinnas, das rund 10 ha große Kalavasos-Ayios Dhimitrios, wo Pithoi mit Olivenölspuren gefunden wurden, Episkopi-Bamboula28, Palaepaphos, Maroni-Voutres, Kouklia-Palaepaphos, Alassa-Pano Mandilares, Alassa-Paliotaverna, Myrtou-Pigadhes, Ayios Iakovos-Dhimia, Sanidha, Sinda, Apliki, Vouppes, Analiondas, Maa-Palaekastro und Pyla-Kokkinokremos29.
Bei der Forschung waren zwei Fragen besonders umstritten, nämlich die Rekonstruktion der politischen Situation und die Frage nach der mykenischen Siedlung im 12. Jahrhundert. Die meisten Wissenschaftler akzeptieren „Alašija“ als Zypern, doch ist unklar, ob die gesamte Insel gemeint war, oder ein Herrschaftszentrum. Trotz weiträumiger Kontakte mit den mächtigen Nachbarreichen lässt die Fundlage auf Zypern kaum Aussagen zu einer entsprechenden Reichsbildung zu. Zwar wird Enkomi häufig als Zentrum genannt30, doch bestanden offenbar lokale Gruppen, die die jeweilige Region dominierten. Ob es einem dieser Machtzentren gelang, die gesamte Insel zu beherrschen, ist unklar, jedoch existieren Hinweise auf Auseinandersetzungen zwischen den Zentren des Nordens und denen des Südostens in der späten Bronzezeit. Mykenische Spuren werden als Folgen einer Flüchtlingswelle gedeutet, die von den Wanderungen der Seevölker ausgelöst wurden.
Der Kupferhandel und seine Gewinnung stehen im Mittelpunkt einer umfangreichen Forschungstradition. Ochsenhautbarren wurden zwischen Ägypten und Bulgarien gefunden, und dank entsprechender Methoden konnte nachgewiesen werden, dass sie von Zypern stammten. Allein 354 zyprische Barren fanden sich auf dem Uluburun-Schiff, 34 auf dem Schiff von Kap Gelidonya und mehr als 100 weitere sind aus dem Mittelmeerraum bekannt. Daher ist die Bedeutung dieser Metallindustrie unbestritten, ihre Funktionsweise jedoch komplex.
Der Nachweis der Metallverarbeitung in ungewöhnlich großem Umfang gelang in Enkomi. Über 400 Windformen oder Tonpfeifen (Blasebalgdüsen aus Ton) wurden neben Schlacke gefunden. Diese herausragende Stellung Enkomis führte dazu, dass man die Stadt für das Zentrum der Insel hielt, wohingegen im 13. Jahrhundert zahlreiche Einzelzentren bestanden. Auch der Bau einer Festung oberhalb von Enkomi trug dazu bei, dass man der Stadt die Kontrolle über das gesamte Inselkupfer zutraute; auch entstand um 1200 eine Stadtmauer. Doch diese Deutung ist umstritten. In jedem Falle wurde die Stadt um 1050 nach einem Erdbeben aufgegeben.
Nach Keswani und Knapp bestand eine vierfache Hierarchie der Städte, wobei die Siedlungen an der Küste den Handel kontrollierten. Im 13. Jahrhundert bestand keine zentrale Herrschaft. Im Hinterland befanden sich die Abbaustätten, Minendörfer und unterstützende Agrarzentren. Nach Keswani waren die Gewinnungszentren wie Athienou-Bamboulari tis Koukkouinnas, Kalopsidha, Myrtou-Pigadhes zugleich Tauschzentren, die mit den Küstenstädten und den Agrarzentren Kupfer gegen andere Güter eintauschten. Zentren wie Enkomi, Kition, Kalavasos, Maroni, Alassa31, Hala Sultan Tekke, Athienou und Palaepaphos übernahmen die sekundäre Bearbeitung des noch rohen Metalls; an den Küsten gibt es für diesen Prozess keinerlei Belege. Knapp konnte dazu passend eine Minenstadt in Politiko-Phorades identifizieren, die von Versorgungszentren wie Vouppes und Analiondas umgeben war. Phorades wies zahlreiche Spuren von Schlacken und Pfeifen auf, doch fanden sich keine Bauwerke. Vielleicht bestand eine Art religiöser Aufsicht über das Metall, worauf Spuren in Enkomi und Kition hindeuten. Zudem wurden die Ochsenhautbarren, entsprechend geformte Kupferbarren, im 14. und 13. Jahrhundert standardisiert, ausgerechnet in einer Zeit des urbanen Regionalismus und der Abwesenheit einer zentralen Instanz. Darüber hinaus stammten alle Barren des Mittelmeers aus dem 13. und frühen 12. Jahrhundert aus den Minen von Apliki, Skouriotissa und Mavrovouni.
Zypern, dessen Außenkontakte nie derartig intensiv waren, war bis zum Ende des 14. Jahrhundert v. Chr. offenbar unabhängig. Alašija, das aus den in Ägypten gefundenen Amarna-Briefen sowie hethitischen und ugaritischen Quellen bekannt ist, wird von den meisten Forschern mit Zypern oder einer Stadt auf Zypern gleichgesetzt. Der König von Alašija wurde oft als „Bruder“ angeredet, was seine von den Großmächten unabhängige Stellung beweist. Die Meinung, dass Enkomi, ein bedeutender Fundplatz an der Ostküste, die Hauptstadt Zyperns und somit Sitz des Herrschers von Alašija war, muss vermutlich revidiert werden: Analysen des Tons von Briefen aus Alašija haben ergeben, dass der Ton nicht aus der Gegend von Enkomi, sondern aus dem Südwesten der Insel stammt. Der Palast des Herrschers von Alašija ist demnach im Umkreis der Siedlung Alassa zu vermuten.
Für das Ende des 14. Jahrhunderts und wieder für die Mitte des 13. Jahrhunderts ist ein einziger König der gesamten Insel nachgewiesen, Bernard Knapp nimmt an, dass dies für das gesamte 14. und 13. Jahrhundert der Fall war. In ugaritischen Quellen erscheint für ihn der Name „Kushmeshusha“. Jedoch ist die Vorstellung von einem einheitlich gesteuerten Produktionssystem mit entsprechenden, auch regionalen Zuständigkeiten, etwa Dörfern, die die agrarische Infrastruktur darstellten, umstritten. So fehlen in den Grabstätten erkennbare Statusunterschiede, es fehlt eine dynastische Ikonographie sowie eine herrscherzentrierte Symbolik. Darüber hinaus fehlt ein gesicherter Herrscherpalast.32
Zu Beginn des 13. Jahrhundert kam Zypern vielleicht für kurze Zeit unter hethitische Herrschaft, es gibt allerdings kaum Funde anatolischer Herkunft aus dieser Zeit. Doch ist in hethitischen Keilschrift-Texten mehrmals von Seegefechten um Alašija die Rede. Um 1200 traf das Hethiterreich eine katastrophale Hungersnot. Pharao Merenptah (ca. 1212–1203) lieferte Getreide, um die Not zu lindern. Zwischen 1194 und 1190 v. Chr. wurde zudem Ugarit zerstört, Zypern ging verloren, dessen Herrscher den König von Ugarit, Hammurapi III., vor einem bevorstehenden Angriff gewarnt hatte. Die ugaritischen Fußtruppen und die Flotte verteidigten jedoch zu dieser Zeit das hethitische Kernland und die Südküste, während Šuppiluliuma II. Kämpfe um die Lukka-Länder im Westen führte. Eine im Jahr 2017 übersetzte Hieroglypheninschrift gibt möglicherweise Hinweise auf die Herkunft der Seevölker gerade aus dieser Region. Die luwische Inschrift aus dem Nachlass des Archäologen James Mellaart soll von dem Archäologen George Perrot 1878 in Beyköy im anatolischen Landkreis İhsaniye kopiert worden sein, wobei die dortigen Steinblöcke später in das Fundament einer Moschee eingemauert wurden. In der knapp 30 m langen Inschrift werden Kriegszüge des westanatolischen Königreichs Mira geschildert, darunter ein Unternehmen von vier luwischen Herrschern mit 500 Schiffen und 10.000 Kriegern gegen Zypern, Karkemisch und Syrien, das bis an die Grenzen Ägyptens reichte.32d
Mykenische Keramik war seit dem 16. Jahrhundert importiert worden und ist im 15. verstärkt vertreten, im 14. Jahrhundert wurde sie zur Massenware. Ab ca. 1200 v. Chr. nahmen die Einflüsse der mykenischen Kultur stark zu. In einer späten Phase der Spätbronzezeit (LC IIIA, 1200–1100 v. Chr.) wurden große Mengen „mykenischer“ IIIC:1b Keramik lokal hergestellt. Außerdem traten neue Bauelemente wie zyklopisches und bossiertes Mauerwerk sowie zentrale Herdstellen in Wohnhäusern auf (Maa, Enkomi, Hala Sultan Tekke etc.), die auch auf dem griechischen Festland zu finden sind. Vassos Karagheorgis will auch Ton-Badewannen (Ayios Dhimitri) und neue Bronzetypen wie Naue-II-Schwerter, Tüllen-Speerspitzen und Beinschienen sowie koroplastische Kunst auf ägäischen Einfluss zurückführen. In einigen wenigen Siedlungen wurden Zerstörungshorizonte nachgewiesen.
Zur Erklärung dieses verstärkten ägäischen Einflusses sind zwei Modelle in Gebrauch, die Bernard Knapp als die „Invasions- oder Kolonisationserzählung“ und als das „politisch-ökonomische Modell“ bezeichnet:
Viele Forscher glaubten, dass Zypern gegen Ende des 13. Jahrhunderts von Mykenern erobert oder zumindest besiedelt wurde, die vor dem Zusammenbruch der Palastzivilisation (SH IIIB:2) auf dem Festland flohen. Das habe sich in den Berichten, zurückkehrende Helden aus dem trojanischen Krieg hätten zahlreiche Städte auf Zypern gegründet (Teukros in Salamis etc.), niedergeschlagen (Karagheorgis 1982). Diese Invasion wird mit den „Seevölkern“ der ägyptischen Quellen gleichgesetzt. Zwischen LC IIIA (1190–1100 v. Chr.) und LC IIIB (1100–1050 v. Chr.) sind dagegen deutliche kulturelle Veränderungen festzustellen, sowohl im Siedlungsmuster (Auflassung der meisten großen Siedlungen) als auch in den Bestattungssitten. Manche Forscher rechnen LC IIIB daher bereits zur Eisenzeit. Einige keramische Traditionen verlaufen jedoch ohne Unterbrechung weiter (white-painted ware). Karagheorgis (1988) sieht diesen Bruch als Auswirkung einer zweiten „Invasionswelle“ aus Lakonien und von Kreta. Die indigene Bevölkerung (Eteo-Zyprioten) habe sich nach Enklaven wie Amathus zurückgezogen.33
Das Invasionsmodell wird inzwischen angezweifelt, da es keinen Beleg für einen Kulturbruch zwischen LC IIC (1400–1190 v. Chr.) und der LC IIIA-Periode gibt. Anzeichen für Zerstörungen liegen aus einigen, aber keinesfalls allen Siedlungen vor. Bernard Knapp und seine Schule gehen daher von der Anwesenheit mykenischer Händler aus, die in engem Kontakt mit der einheimischen Oberschicht standen und die nach dem Zusammenbruch der mykenischen Kultur auf dem Festland dauernd auf Zypern ansässig und in die Oberschicht integriert wurden. In LC IIIA seien zypriotische, ägäische und levantinische Elemente zu einer neuen Kultur vereinigt. Besonders die Elfenbeingegenstände (Kition-Rhythos, Spielstein-Dose aus Enkomi, Grab 5834) weisen deutlichen levantinischen Einfluss auf. Die viereckigen Bronze-Ständer, auf Zypern selbst hergestellt (Catling 1984), kombinieren ägäische und levantinische Elemente.35
Die Rollsiegel, oft aus Hämatit gefertigt, lassen sich in verschiedene Gruppen unterteilen, auch hier sind aber deutlich hybride Elemente nachzuweisen. So zeigt ein Hämatit-Siegel aus Enkomi einen Mann mit kurzem Rock, der typisch ägäischen Tracht, der zwei Löwen an den Ohren hochhält, ein Motiv, das letztlich auf den mesopotamischen „sechslockigen Helden“ zurückgeht. Andere, mit der Darstellung von Löwen, Stieren und Hirschen sind stärker mykenisch beeinflusst. Bronzestatuetten, wie der „gehörnte Gott“ oder der „Barren-Gott“ aus Enkomi, beide mit Hörnerkrone, wurden sowohl als ägäische (Apollo, Hephaistos) als auch als syrisch-vorderasiatische Gottheiten (Nergal) gedeutet, stellen aber vielleicht auch eine Kombination beider dar. Zugleich lässt sich an beinahe identischen Rollsiegeln von Alassa und Episkopi erstmals ablesen, dass diese Verwaltungselemente, die Rollsiegel ja darstellen, anscheinend einer übergreifenden Macht angehörten.36
Die Zeit zwischen 1200 und 700 v. Chr. galt der älteren Forschung als „Dunkles Zeitalter“.37 Im Vergleich zu späteren Epochen ist in der Tat die Quellenlage ungünstig, doch archäologische Forschungen haben hier große Lücken schließen können.38
Keramische Stilperiode | Konventionelle Datierung |
---|---|
Zypriotisch-Geometrisch I | 1050–950 |
Zypriotisch-Geometrisch II | 950–850 |
Zypriotisch-Geometrisch III | 850–750 |
Zypro-Archaisch I | 750–600 |
Zypro-Archaisch II | 600–500 |
Zypern war, im Gegensatz zu den ökonomisch und politisch dominierenden Mächten des benachbarten Festlands, von den Umwälzungen ab dem Ende des 12. Jahrhunderts sehr viel weniger betroffen. Zwar verschwanden einige Siedlungen, doch andere, wie Kition oder Palaepaphos bestanden fort. Als einer der Gründe gilt die Tatsache, dass die Insel nur ihre Handelsziele wechseln musste, das Volumen und der Ertrag damit keinesfalls schrumpfen mussten. Viele der Siedlungen wurden zwischen 1300 und 1100 v. Chr. zerstört, wohingegen Enkomi, das gleichfalls zu Anfang des 12. Jahrhunderts zerstört worden war, erst nach dem Erdbeben von 1075 v. Chr. gegen 1050 endgültig zugunsten von Salamis aufgegeben wurde.38e
Die Diskussion um die Geometrische Periode ist noch stark im Fluss. Hauptstreitpunkt ist der Übergang von der Bronzezeit zur besagten Periode. Üblicherweise wird eine erhebliche Kontinuität der Herrschaft, der Sprache und der sozialen Gliederung angenommen. Allerdings besteht eine große archäologische Lücke im 10. und im frühen 9. Jahrhundert v. Chr., so dass auch vorgetragen wurde, Königsherrschaft und Gesellschaftsstruktur seien erst danach neu eingerichtet worden. Erst danach berichten assyrische Quellen von sieben und später zehn Königreichen auf der Insel. Die sieben waren demnach Salamis, Lapithos, Marion, Soli, Alt Paphos, Kourion und Tamassos. Diese Stadtkönige leiteten ihre Herrschaft oftmals aus Mythen ab, wie den der griechischen Heroen, die nach dem Trojanischen Krieg nach Zypern kamen und dort Kolonien gründeten. Wieder stammt unser Wissen über die Zeit, sieht man von den wenigen Schriftquellen ab, aus Gräbern, nicht aus Siedlungen.
In jedem Falle kam es zu einer Vermischung von Phöniziern, Griechen und indigenen Zyprern (Eteozyprer). Die Phönizier gründeten eine Kolonie namens Kition (heute im Norden Larnakas) im 9. Jahrhundert v. Chr. Sie setzten damit die spätbronzezeitliche Siedlung fort und errichteten der Astarte einen Tempel. Das Königreich Kition war ein Vasallenstaat des phönizischen Sidon. Der Assyrerkönig Sanherib ernannte als Statthalter in Kition einen Ittobaal als Nachfolger des Lulî (Elulaios?), der von den Assyrern hingerichtet worden war.39
Die griechische Sprache erscheint in einem zyprischen Alphabet, das bis zum 3. Jahrhundert v. Chr. in Gebrauch war. Unklar ist, ob die griechische Sprache bereits von lokaler Kontinuität war, oder ob sie neu eingeführt wurde. Die sogenannten Königsgräber von Salamis bieten dromoi und eine Mischung aus griechischen, ägyptischen, phönizischen und assyrischen Elementen und Grabbeigaben. David Rupp mutmaßte, dass die Wiedereinführung einen entsprechenden Aufwand erforderte und die neue Elite in den Vordergrund rückte. Doch Wissenschaftler, die von einer größeren Kontinuität ausgehen, widersprechen diesen Vorstellungen von einem Bruch mit dem Überkommenen.
Der Handel in den für Zypern typischen Waren bestand fort, so wurde schon früh-zyprisch-geometrische Ware nach Tyros und Palästina ausgeführt. Ende des 10. Jahrhunderts v. Chr. lassen sich solche Exporte auf Euboia nachweisen. Möglicherweise erhielt die dortige Kupferverarbeitung neue Impulse von Zypern. Umgekehrt erreichte Keramik von der griechischen Insel Amathus. Weißbemalte Keramik hatte ihren spätbronzezeitlichen Ursprung auf Zypern, wurde jedoch mit levantinischen Formen und dekorativen Elementen angereichert. Zweifarbige und zweifarbig rote Ware stand hoch im Kurs, ebenso wie phönizische Keramik.
In der Zypro-Archaischen Periode (um 750-321 v. Chr.), als es mehrere Königreiche auf der Insel gab, waren anscheinend nur deren Hauptstädte befestigt. Die späteren Befestigungen, unterhalten von den sieben, später zehn Königreichen der Insel, hingen sicherlich mit der Errichtung einer temporären Oberherrschaft über die Insel durch die Assyrer (ab 709 v. Chr.), dann durch die Ägypter (etwa 560 bis 545 v. Chr.) und schließlich die persischen Achämeniden zusammen.
Die „Königsgräber“ von Salamis gelten als bedeutendster Fund des Übergangs von der geometrischen zur archaischen Periode. Die in Larnaka gefundene Stele Sargons II. ist ein assyrisches Monument, das Tribute der sieben Könige von Zypern erwähnt. Anfang des 7. Jahrhunderts nennt Asarhaddon zehn Könige. Vorsicht ist wohl bei den Zahlenangaben geboten, doch kann kaum bestritten werden, dass um diese Zeit mehrere Stadtkönigreiche bestanden. Während sich die Kontakte zu den benachbarten Großreichen und den Phöniziern fortsetzten, wurden die Beziehungen zum ägäischen Raum intensiviert, was sich in zunehmendem Einfluss griechischer Künste zeigt. Aber auch Tempelanlagen und Götterverehrung nahmen griechische Züge an. Die phönizisch-griechische Mischung zeigt sich im zyprischen Herakles, der Züge des griechischen Namensgebers und des phönizischen Melkaart verbindet.
Die ersten Funde aus der Region wurden durch den amerikanischen Konsul und Raubgräber Luigi Palma di Cesnola in den Jahren 1865 bis 1876 geborgen. Er war am Ortsrand von Idalion auf ein antikes Gräberfeld aufmerksam geworden und rühmt sich in seiner Biographie dort mehr als 10.000 Gräber mit reichen Beigaben geöffnet zu haben. Beeindruckt durch diese Entdeckungen kam 1878 Max Ohnefalsch-Richter (1850-1917) nach Zypern, das gerade britisch geworden war.40 Seit 1880 führte er für das Londoner British Museum Ausgrabungen durch, bis 1889 folgten für wechselnde Auftraggeber Unternehmungen, Antiquitäten zu bergen – nach heutigen Maßstäben eher Schatzgräberei.41 Er konzentrierte sich dabei auf Tempel und Heiligtümer und verkaufte Antiquitäten an Museen in Berlin, Düsseldorf, Karlsruhe, Königsberg, Leipzig, London und Mannheim. Ohnefalsch-Richter gehörte 1883 zu den Gründern des Cyprus Museum in Nikosia, das er zusammen mit John L. Myres einrichtete. Auf Umwegen gelangte ein Teil seiner bedeutenden Sammlung ins Berliner Museum für Vor- und Frühgeschichte.
Doch erst Einar Gjerstad (1897-1988) gilt als „Vater der archäologischen Forschungen auf Zypern“.42 1927 bis 1931 war er der Forschungsleiter der schwedischen Zypern-Expedition.43 Mit seinen Kollegen Erik Sjöqvist (1903–1975), Alfred Westholm (1904–1996) und dem Architekten John Lindros (1898–1961) veröffentlichte er nach Abschluss seines Aufenthaltes das dreibändige Werk The Swedish Cyprus Expedition (1934–1937).44 Führend beteiligt war ebenso der gleichfalls aus Schweden stammende Paul Åström (1929-2008), der bereits mit seiner Dissertation über die Bronzezeit ein Standardwerk zu Zypern schuf. Seit 1974 war er Präsident der schwedischen Forschungsstelle auf Zypern. In Kalopsida und Ajios Jakovos leitete er ab 1959 erste Grabungen, ab 1971 leitete er bis kurz vor seinem Tod Grabungen in Hala Sultan Tekke.
Der früheste, vom minoischen Kreta inspirierte Schriftgebrauch, der sich in Siegeln manifestierte, zog vor allem Autoren des American Journal of Archaeology an. So verfasste J. F. Daniel 1941 eine erste Untersuchung zu den zypro-minoischen Siegeln45, 1948 folgte Porada mit seiner Untersuchung der Zylindersiegel.46 Ein 2002 erschienener Sammelband fasste die Ergebnisse der jahrzehntelangen Forschung zusammen.47
Mit der Unabhängigkeit der Insel änderte sich die politische Konstellation, unter der archäologische Forschung betrieben werden konnte, nachdem die britische Forschung die Arbeit internationalisiert hatte.48 Vor allem die Museen dienten der neu entstandenen Nation zur Konstruktion und Verstärkung bestimmter nationaler Narrative. Diese Tendenz, der Forschung und vor allem der Präsentation historischer Artefakte nationale, wenn nicht nationalistische Perspektiven aufzudrängen, verstärkte sich noch nach der Teilung der Insel 1974. So drohte die Archäologie zu einem Instrument der Verteidigung von Landansprüchen der beiden ethnischen Hauptgruppen zu werden. Für die Griechen konnte die Wissenschaft vor allem das Griechentum und das Christentum stärker verwurzeln, während die türkische Seite eher die Geschichtswissenschaften als die Archäologie interessierten, natürlich mit dem Schwerpunkt auf der osmanischen Epoche zwischen 1571 und 1882. Diese übergreifenden politischen Trends zeigen sich in den drei Phasen des zypriotischen Museumsbaus. So entstanden erste Museen in der Zeit zwischen dem 4. Viertel des 19. Jahrhunderts und 1955, dann folgte eine Phase des Museumsbaus zwischen 1955 und 1974 und schließlich eine dritte Phase ab 1974. Phase 1 ist von kolonialen Einflüssen geprägt, überbaut von einer Liebe zu allem Hellenischem, lokale Gruppen beanspruchten das prä-historische Erbe zugleich für sich. Phase 2 ist stärker vom Widerstand der türkischen und griechischen Gemeinden gegen die Kolonialmacht bestimmt. Ab 1974 erfolgte eine starke Orientierung auf die Europäische Union, was der Forschung neue Impulse gab.
Der älteste Friedhof von Salamis enthält Kindergräber in sogenannten kanaanitischen Krügen. Diese beweisen eine phönizische Präsenz bereits in der Phase LC IIIB im 11. Jahrhundert v. Chr. Vergleichbare Gefäßbestattungen wurden in den Gräberfeldern von Kourion-Kaloriziki und Palaepaphos-Skales bei Kouklia gefunden. In Skales weisen zahlreiche levantinische Importe und zyprische Imitationen levantinischer Gefäße auf eine phönizische Expansion bereits vor dem Ende des 11. Jahrhunderts hin. Es handelt sich dabei vor allem um Vorratskrüge, Krüge und Pilgerflaschen, die vielleicht importiertes Öl, Spezereien oder Wein enthielten.49 Phönizische Keramik wurde unter anderem in Amathus, Ayia Irini, Kition, Salamis und Palaepaphos-Skales gefunden.50 Umgekehrt übertraf der zyprische Export von Keramik nach Sidon und Tyros den euböischen, der spätestens 950/900 v. Chr. einsetzte, noch um 700 v. Chr. um ein Vielfaches. In Ras el-Bassit, 50 km nördlich von Latakia, kann hingegen ab etwa 720 v. Chr. von einer frühen griechischen Kaufmannskolonie ausgegangen werden.51
Ab 800 v. Chr. wurden phönizische Kolonien wie Qart-Hadasht (Neustadt), das heutige Larnaka gegründet. Die Königsgräber von Salamis aus dem 8. Jahrhundert enthalten zahlreiche phönizische Importe. David Rupp nimmt sogar an, dass sich die eisenzeitlichen Königreiche der Insel in direkter Reaktion auf den Handel mit den Phöniziern herausbildeten.52 Eine Inschrift aus dem 4. Jahrhundert nennt einen Tempel in Lapithos für Götter aus Byblos.53
Eine Inschrift aus Palaepaphos-Skales, der sogenannte „Obelos“, bezeugt den frühesten bisher bekannten griechischen Namen auf der Insel. „O-pe-le-ta-u“ wird gewöhnlich als „Opheltos“ gelesen. Der Name ist im Genetiv wiedergegeben, zeigt also, in typisch levantinischer Manier, den Besitz an („Bratspieß des Opheltas“). Ob hier ein eingewanderter Grieche oder die zunehmende „Hellenisierung“54 der Oberschicht zu fassen ist, ist in der Forschung umstritten.
Gräber, die als Belege einer griechischen Oberschicht herangezogen werden, sind nicht immer eindeutig ethnisch zuzuweisen. So enthält Schachtgrab 40 aus Kaloriziki, von Vassos Karagheorgis als Bestattung eines „ägäischen Prinzen“ identifiziert, ein Szepter, das wohl auf Zypern selbst hergestellt wurde, aber in Technik und Ikonographie starken ägyptischen Einfluss zeigt. Grab I in Salamis enthält einen vielteiligen Geschirrsatz „griechischer“ Herkunft, der jedoch attische und kykladische Gefäße mischt.
In der Zeit vor der assyrischen Eroberung war Zypern ein Mittelpunkt des Handels, manche Forscher sprechen von einer zypriotischen Thalassokratie. Kontakte nach Westen sind zunächst selten, nehmen aber im Laufe der Zeit deutlich zu (vor allem mit Euböa und den Kykladen). Auch attische Importe sind belegt, so aus Salamis, Amathus, Kition und Paphos. Einar Gjerstad nahm an, eine athenische Prinzessin habe nach Salamis geheiratet. Ein Teil ihrer Mitgift habe in Töpfen bestanden, die ihr ins Grab mitgegeben wurden, was vielleicht, unter dem Einfluss moderner Ästhetik, den tatsächlichen Wert attischer Keramik überschätzt. Nachahmungen attischer Skypoi, Kratere und Kylikes wurden auch örtlich hergestellt. Doch scheint es umgekehrt auch zyprische Einflüsse auf die attische Keramikproduktion gegeben zu haben.
Zwar griffen die Assyrer massiv in die Verhältnisse auf Zypern ein, und sie errichteten eine Art mehr oder minder lockerer Oberherrschaft, doch war die Insel offenbar nie Teil des Reiches. Durch assyrische Inschriften an der 1845 entdeckten Kition-Stele und durch Inschriften in Sargons Palast in Khorsabad) ist der Sieg des Assyrerkönigs Sargons II. (721–705 v. Chr.) um 709 über sieben Königreiche von „Ia'“ (phön. ‚Insel‘) im Gebiet von Iadnana oder Atnana überliefert. Die Gründung dieser Königreiche geht nach Ansicht einiger Autoren vielleicht bis in die spätmykenische Zeit (LC IIII) zurück. Bei den besiegten Königreichen handelt es sich um Pa-ap-pa = Paphos, Ki-(i)-su = Salamis, Si-il-li/lu = Soli, Da-mu-u-si/su = Limassol, E-di'-il = Idalion (Dali), dann Ki-it-ru-si = Chytroi (Kythrea/Değirmenlik), Pu-su-su = Marion, Li-di-ir = Ledra (Nikosia/Levkoşa), Ta-me-si/su = Tamassos (Politiko), (Qart Hadasht) = Kition und Ku-ri-i = Kurion (Kaloriziki). Sargon hatte schon 714/713 griechische Piraten in den Gewässern um Zypern erfolgreich bekämpft; einem griechischen Söldnerführer aus Zypern gelang es 713 in der Philisterstadt Ashdod König zu werden und in Palästina einen Aufstand gegen die Assyrer zu entfachen, den Sargons Feldherr Tartan erst 711 niederschlagen konnte.55
In einer weiteren assyrischen Quelle, dem Prisma des Asarhaddon von 673/672 v. Chr. erscheinen „zehn Könige von der Mitte des Meeres“. Diese Könige sind Tuandâr von Pâppa, Si-(il)-lua von Kisu, Erêsu von Sili/u, Pitagura von Kitrusi, P/Buṣkusu von Nurîa (Marion oder Kinuria), Unasagusu von Lidîr, Admesu/Gimesu von Tamesu/i, Damisu/i von Qart Hadaši und Damasu von Kuri. Einige Namen, wie Pitagura, lassen sich griechisch deuten (Pythagoras), bei anderen ist dies fast unmöglich. Unasagusu könnte den Titel Wannax wiedergeben. Wahrscheinlich handelte es sich nicht um achäische Kolonisten sondern um einheimische Zyprioten.56 Dass zwischen diesen beiden Militärkampagnen der Assyrerkönige von einem Durchgreifen ihrer Macht keine Rede sein kann, zeigt die Flucht des sidonischen Königs Luli nach Zypern, als Sanherib (705-681 v. Chr.) gegen Israel zog. Die Spur des Flüchtigen verlor sich auf Zypern, wo er auch, wie die Überlieferung suggeriert, in der Fremde starb.57 Dennoch halfen 673 zwölf syrische und zehn zyprische Könige beim Bau von Asarhaddons Residenz in Ninive mit der Lieferung von Holz und Steinen, und sie unterstützten 667 Assurbanipal bei seinem ersten Kriegszug gegen Ägypten mit Geschenken und Truppen.58
Irgendwann zwischen 667 und 614/612, als das Assyrerreich zerschlagen wurde, endete die Oberherrschaft Assurs und Ninives über die Insel. Ob die Assyrer in dieser Rolle vom Neubabylonischen Reich beerbt wurden, ist nicht feststellbar, ist jedoch für die Zeit zwischen dem Ende der Assyrer und der ägyptischen Eroberung in der Zeit zwischen 570 und 560 v. Chr. denkbar.
Bei diesen Auseinandersetzungen mag im Hintergrund die ethnische Orientierung an Griechenland und Phönizien, die Entstehung zyprisch-griechisch oder zyprisch-phönizisch dominierter Städte eine Rolle gespielt haben, zumal Kition über Jahrhunderte zu Tyros gehörte. Manche Zyprioten, besonders im Südwesten der Insel, sprachen zudem eine bislang nicht entschlüsselte Sprache, das Eteokyprische. Dies ist jedoch nur ein Kunstbegriff für eine ansonsten kaum fassbare Gruppe.
Der ägyptische Pharao Amasis (570-526) eroberte Zypern im ersten Jahrzehnt seiner Herrschaft und schloss ein Bündnis mit Kyrene (Herodot II, 181-182). Diesem Versuch, gegen die Perser eine Seemacht aufzubauen, schloss sich auch Polykrates von Samos an. Unter dem Eindruck der wachsenden Bedrohung durch die Perser verbündete er sich zudem mit Kroisos von Lydien. Die ägyptische Herrschaft hängt mit dem Bau einer schlagkräftigen Flotte unter Pharao Necho II. (609-594) zusammen. Ob bereits Pharao Apries zwischen 589 und 570, oder erst sein Nachfolger Amasis die Insel eroberten, ist unklar. In jedem Falle stellte sie einen wichtigen Seestützpunkt gegen die Landmächte der Babylonier und Perser dar. Möglicherweise dauerte die ägyptische Oberherrschaft nur von 560 bis 545 v. Chr. In welchem Maße die Insel ihre Unabhängigkeit bewahren oder in das Oberherrschaftssystem eingefügt wurde, lässt sich trotz verschiedener Versuche nicht klären.
Die Perser waren 550/549 in den Besitz der Mederhauptstadt Ekbatana gelangt und bereits 547 hatte der Perserkönig Kūruš (Kyros II.) Urartu erobert. Dann besiegte er den mit Ägypten verbündeten Lyderkönig Kroisos und annektierte wohl 54159 dessen Hauptstadt Sardes und sein Reich, das bis zu den Griechenstädten an der ägäischen Küste reichte. 539 fiel Babylon, die Perser wurden zu unmittelbaren Nachbarn der Ägypter und sie konnten auf die Ressourcen der mittelmeerischen Seefahrervölker zurückgreifen.60
Wann Zypern Teil des Persischen Großreiches wurde, ist umstritten, da die Nachrichten der griechischen Geschichtsschreiber nicht eindeutig sind. Während Einar Gjerstad und G. Hill für einen Zeitpunkt noch vor Kyros' Babylonkampagne plädieren, argumentiert Henry J. Watkin für die Zeit kurz vor dem persischen Angriff auf Ägypten unter Kambyses II. 525 v. Chr.61 Für Herodot war die ägyptische Eroberung jedenfalls das erste Mal, dass ein Herrscher die ganze Insel besetzte. Ihm zufolge eroberte Kambyses, der Sohn und Nachfolger des Kyros, Ägypten und, nach dem Zusammenhang zu deuten, auch Zypern.62 Zumindest ein Teil der Zyprer unterstützte Kyros bereits beim Kampf gegen Lydien, dann gegen Babylon und schließlich 525 v. Chr. gegen Ägypten.
Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass weder Assyrer noch Ägypter die Insel wirklich beherrschen konnten, kann die Teilnahme am Ionischen Aufstand (500/499-494 v. Chr.) nicht überraschen. Dabei erhoben sich neben den Griechen Kleinasiens auch die Zyprioten gegen die persische Herrschaft. Herodot (Historien 5, 110 ff.) berichtet: Als ein persisches Heer unter Artybas aus Kilikien nach Zypern entsandt wurde und gegen Salamis marschierte, forderten die Könige der Insel ionische Hilfe an. Die Hilfsflotte segelte um den Karpas („die Schlüssel von Zypern“) nach Salamis. Die Ionier lehnten es ab, an Land zu kämpfen, boten aber an, das Meer zu bewachen. In der Mesouria bei Salamis kam es zur Schlacht. Die Zyprer standen gegen die Hilfstruppen, die Salamier und die Solier aus dem Nordwesten Zyperns standen unter ihrem König Onesilus gegen die Perser unter Artybas. Das Heer bestand aus Fußtruppen, Reiterei und Streitwagen. Gleichzeitig lieferten die Ionier den mit den Persern verbündeten Phöniziern eine Seeschlacht, die sie für sich entscheiden konnten. In der Landschlacht konnte Onesilus mit Hilfe seines karischen Schildträgers den feindlichen Feldherrn zu Fall bringen, nachdem aber erst die Kurier aus dem Südwesten Zyperns und dann die Salamier die Flucht ergriffen hatten, floh auch der Rest des Heeres. Die Bewohner von Amathus schlugen den Kopf des toten Onesilus ab und hängten ihn über das Stadttor. Als sich darauf ein Bienenschwarm in diesem Schädel einnistete, wandten sich die Amathusier besorgt an das Orakel und erhielten die Auskunft, sie sollten den Kopf beerdigen und dem Onesilus jedes Jahr Opfer darbringen, was auch geschah. Auf die Nachricht von der Niederlage des Landheeres kehrte die ionische Flotte nach Hause zurück. Salamis war unter König Gorgos bereits wieder unter persische Herrschaft gekommen, die anderen Städte wurden erobert. Am längsten hielt Soloi stand, das erst nach fünfmonatiger Belagerung fiel, nachdem die Perser die Mauern untergraben hatten.
Für das 5. Jahrhundert sind wenige Quellen überliefert. Außer Isokrates (Euagoras; ad Nicoclem; Nicocles) sind dies vor allem Münzen. Einar Gjerstad rekonstruierte einen persischen Versuch, die (griechischen) Dynastien der Stadtkönigreiche zu unterdrücken, der sich auf die auf der Insel ansässigen Phönizier stützte.63 Wie der Althistoriker Franz Georg Maier betont, wird dies jedoch nicht durch entsprechende Dokumente gestützt.64 Dieser angebliche Gegensatz geht auf einen behaupteten Ost-West-Gegensatz (Griechen gegen „Orientalen“) zurück.
Demnach war es Euagoras I., der in der ersten Hälfte seiner Regentschaft (411 bis 391 v. Chr.) zunächst seine Herrschaft in Salamis festigte. Das war jedoch nicht ohne die Billigung der Perser zu bewerkstelligen. Er unterstützte den Athener Konon, der 405 v. Chr. nach der Niederlage bei Aigospotamoi bei ihm Unterschlupf gefunden hatte, bei Kriegsvorbereitungen gegen Sparta, das nicht nur Feind der Athener, sondern auch zum Reichsfeind Persiens erklärt worden war. Gleichzeitig wollten die Perser Zypern nicht in der Hand eines einzelnen Herrschers sehen. Deshalb kam es in der zweiten Hälfte seiner Herrschaftszeit zu einer antipersischen Revolte (391–380 oder 379 v. Chr.). Dabei ging er ein Bündnis mit Athen und Nepherites I. von Ägypten ein. Sein Nachfolger Akoris setzte dieses Bündnis fort. Phönizien und Kilikien standen zeitweise unter seinem Schutz. In Kition wurde er jedoch besiegt und anschließend in Salamis belagert. Trotzdem erhielt er sein Stadtkönigtum zurück, das er bis zu seiner Ermordung durch den Eunuchen Thrasydaios weiter regierte. Sein Nachfolger wurde sein Sohn Nikokles. Der Athener Isokrates stilisierte Euagoras zum überzeugten Kämpfer gegen den Perserkönig und zum Kulturbringer für die „barbarischen“ Phönizier auf Zypern.
Münzprägung setzte auf Zypern nach dem ionischen Aufstand ein. Die ersten Münzen tragen Legenden in zypriotischer Silbenschrift, auf späteren Prägungen finden sich teilweise auch Legenden in phönizischer Schrift. Stasioikos II. (330–312 v. Chr.), der letzte König von Marion, prägte Münzen mit Inschriften in beiden Schriftsystemen, kyprischer Silbenschrift und phönizischer Alphabetschrift.65 Auf den Münzen von Lapithos wird, außer in den Prägungen von Praxippos durchgehend die phönizische Schrift verwendet.66 Unter Dareios III. galten Zyprioten und Phönizier als die erfahrensten Seeleute der persischen Flotte (Arrian 1, 18).
Nach der Eroberung von Tyros hatte Alexander der Große einen Angriff auf Zypern geplant, bevor er gegen Ägypten vorging (Arrian 2, 18). Nach dem Fall von Byblos schickte Soloi drei Schiffe zur Unterstützung der makedonischen Flotte, nach dem Sieg Alexanders in der Schlacht bei Issos gingen die Könige von Zypern geschlossen zu ihm über und sandten 332 v. Chr. 120 Schiffe nach Sidon (Arrian 2, 20; Curtius Rufus 4, 11). Alexander schickte diese neu erworbene Flotte gegen Tyros, auf dem rechten Flügel die Zyprioten unter Andromachos, auf dem linken Pnytagoras von Salamis und Krateros. Es kam jedoch nicht zur Seeschlacht. Bei der Belagerung von Tyros wurden auch zyprische Arbeiter eingesetzt. Als Alexander 331 v. Chr. nach Mesopotamien zog, stellten Zypern und Phönikien jeweils 100 Schiffe zum Schutz des Peloponnes (Arrian 3, 6).
Nach Alexanders Tod (323 v. Chr.) bekämpften sich seine Generäle. 321 v. Chr. verbündeten sich vier Könige von Zypern mit dem in Ägypten herrschenden Ptolemaios I. Soter und hielten die Insel gegen Antigonos. Ptolemaios verlor die Insel jedoch 306 und 294 an Demetrios Poliorketes, danach verblieb sie bis 58 v. Chr. im Ptolemäerreich.
Zypern wurde durch einen ägyptischen Statthalter regiert und war während der Machtkämpfe des 2. und 1. Jahrhunderts v. Chr. teilweise ein eigenes Königreich. Unter Antiochus Epiphanes wurde ein „Cypriarch“ erwähnt, der anscheinend eine Abteilung zyprischer Söldner im Dienste dieses Herrschers befehligte.
Bereits unter den Ptolemäern gab es eine Versammlung von ganz Zypern, die religiöse Aufgaben wahrnahm. Ihr Versammlungsort war in Paphos. Sie ist bis in die Zeit Kaiser Caracallas, vielleicht auch von Macrinus (217-218) nachgewiesen. Ihr oblag auch der Kult des vergöttlichten Herrschers.
Mit Athen und Alexandria bestanden zunächst enge Handelsbeziehungen, die die Ptolemaier jedoch zunehmend auf Ägypten konzentrierten. Das geschlossene Währungssystem galt nicht nur für Ägypten sondern auch für Kyrene und Zypern.67 Zypern lieferte nicht nur Holz und Getreide, sondern wurde auch zu einem Zentrum der Duftstoff- und Parfümproduktion.
Während unter dem ersten Ptolemäer noch Widerstand anzutreffen war - so versuchte Nikokreon von Salamis (331-311/10), dessen Vater Prytagoras bereits 332 Alexander bei der Belagerung von Tyros unterstützt hatte, und der noch unter Belassung des Königstitels zum ersten Strategen von Kypros ernannt worden war -, kam es unter seinen Nachfolgern zu keinen größeren Aufständen mehr. Nikokreon hatte noch die Selbstständigkeit der Insel angestrebt. Die Herrschaftsausübung des Königs funktionierte insgesamt jedoch eher über die Zusammenarbeit mit den Poleis, als durch Unterdrückung,. Anfangs blieben die Poleis Zyperns politisch unabhängige Akteure. Im epigraphischen Befund lässt sich eine Ehrungspolitik der Poleis nachweisen, die auf eigenmächtige Handlungen schließen lässt.
Als es 246 v. Chr. zu einem ersten Aufstand gegen die Ptolemäer in Ägypten kam, lieferte Zypern Getreide, das zur Beilegung genutzt wurde. 217 bis 197 kam es zu einem Aufstand der Soldaten in Unterägypten, der auch die Herrschaft über Zypern erschüttert haben dürfte. Dennoch überspannte die Herrschaft der Dynastie drei Jahrhunderte vergleichsweise intensiver Herrschaft. Sie erreichte eine bisher nicht mögliche Integration mit Blick auf die Verwaltung und die Wirtschaft in das Reich, worauf zahlreiche Siegel hinweisen.68, aber auch die wachsende Rolle der Insel im ägyptischen Handel. Funde wie das Schiff von Kyrenia oder die Königsgräber von Nea Paphos69 belegen den wachsenden Wohlstand zumindest eines Teils der Bevölkerung.
Strabon beschreibt Zypern in Buch 14,6 seiner Geographika. Darin sieht er die Insel als Teil Asiens. Er beschreibt sie als länglich, mit einem Umfang von 3420 Stadien, einschließlich der Buchten und einer Länge von 1400 Stadien zwischen den Kleides und der Halbinsel Akamas.70 Demnach produzierte sie guten Wein und gutes Olivenöl, und die Getreideproduktion reichte aus, die Insel zu ernähren. In Tamassus fanden sich reiche Kupferminen. Mit Bezug auf Erathostenes berichtet Strabo, dass die Insel einst dicht bewaldet war, dass aber der Bedarf der Kupferminen und der Flottenbau die Wälder beseitigt hatte. Dazu kam ein Besiedlungssystem, dass demjenigen, der Wald abholzte das so gewonnene Ackerland zusprach, und zwar frei von Abgaben.
Ammianus Marcellinus lobte Zypern im 4. Jahrhundert als hafenreich und außerordentlich fruchtbar, eine Insel, die alle Dinge im Überfluss hervorbringe. Herausragend seien die Städte Salamis mit dem Zeus-Heiligtum und Paphos mit dem Tempel der Aphrodite. Die Insel könne ohne jede Hilfe von außen ein Lastschiff vom Kiel bis zum höchsten Segel und mit jeglichem Zubehör ausrüsten und auf See schicken.71
Nach dem Urteil von Ammianus Marcellinus eigneten sich die Römer die fruchtbare und rohstoffreiche Insel aus reiner Habgier an, Strabon hingegen behauptete, König Ptolemaios (80–58 v. Chr.), ein jüngerer Sohn des Ptolemaios IX. Soter von Ägypten, habe sich unangemessen verhalten und sei daher abgesetzt worden. Er war im Seeräuberkrieg mit Clodius Pulcher in Gegensatz geraten, wurde geächtet und vergiftete sich schließlich. Die Insel wurde zwischen 58 und 56 v. Chr. prätorische Provinz und tributpflichtig gemacht, die Schätze des Ptolemaios im Wert von 7000 Talenten durch den Quästor Marcus Porcius Cato der Jüngere (95–46 v. Chr.) wie Kriegsbeute nach Rom geschleppt. Nach Strabo handelte es sich dagegen um einen persönlichen Racheakt von Clodius Pulcher an König Ptolemaios. 48/47 v. Chr. übertrug Marcus Antonius Kleopatra und ihrer jüngeren Schwester Arsinoë IV. die Herrschaft über Zypern, was nach seinem Tod im Jahr 30 v. Chr. jedoch rückgängig gemacht wurde.72 Auf Zypern verwendete man weiterhin die ägyptische Zeitrechnung, das Jahr begann am 29. August.73
Bis ca. 22 n. Chr. unterstand die Verwaltung einem Proprätor (einem direkten Vertreter des römischen Kaisers) danach ging die Herrschaft der Insel an den römischen Senat, der durch einen Prokonsul vertreten wurde. Kition, Salamis, Neo-Paphos, Kurion, Amathos74, Karpasia75, Lapethos, Soli und Arsinoe erhielten Stadtstatus. Idalion scheint weiterhin Kition unterstanden zu haben. Der Status von Keryneia (Girne) ist unsicher. Außer den Truppen des Prokonsuls war auf der Insel kein Militär stationiert. Der Außenhandel der Insel profitierte stark von den rückläufigen Belastungen für militärische Aufgaben und davon, dass ihm praktisch der gesamte Mittelmeerraum offenstand.
Das Christentum wurde ca. 46 n. Chr. durch die Apostel Paulus und Barnabas nach Zypern gebracht. Um das Jahr 50 besuchte Barnabas, der auf Zypern geboren war, mit Paulus Zypern besucht, um zu missionieren. Der Prokonsul Sergius Paulus interessierte sich nach biblischem Bericht (Apg 13,4-12) für den christlichen Glauben und nahm die neue Religion an. 1877 wurde bei Paphos eine Inschrift gefunden, in der Sergius Paulus mit dem Titel Prokonsul erwähnt wird. Barnabas soll später Bischof der Insel geworden und als Märtyrer gesteinigt worden sein.
Im Jahre 115, während Trajan einen Eroberungskrieg im Osten führte, brach in den östlichen Diasporaländern ein umfassender jüdischer Aufstand aus. Er entwickelte sich bald zum offenen Krieg, der auf die Kyrenaika und Libyen, auf Ägypten, Mesopotamien und auch auf Zypern übergriff. Diesem Krieg gingen Gefechte zwischen Juden und Christen in Alexandria und Kyrene voraus, doch richtete er sich bald gegen Rom. Die Kämpfe waren so heftig, dass noch nach drei Jahrzehnten Städte verwüstet waren. Auch wenn Cassius Dio (Römische Geschichte, LXVIII, 32) hundert Jahre später sicherlich jeden erdenklichen Vorwurf der Unmenschlichkeit der Aufständischen versuchte aufzuhäufen, wie es häufig zwischen politisch-religiösen Gegnern geschah, so spiegelt sich in seiner Beschreibung wohl auch die Erinnerung an die Brutalität der Auseinandersetzungen wider: „Inzwischen hatten die Juden der Kyrenaika einen gewissen Andreas zum Anführer gemacht und vernichteten sowohl Römer als auch Griechen. Sie aßen vom Fleisch ihrer Opfer, machten sich Gürtel aus Eingeweiden, schmierten sich mit dem Blut ein und kleideten sich in die Häute; viele zersägten sie von oben nach unten, andere warfen sie wilden Tieren vor und wieder andere zwangen sie, als Gladiatoren zu kämpfen. Insgesamt starben zweihundertzwanzigtausend Menschen.“75g Immerhin sahen sich die Kaiser veranlasst zahlreiche Kolonisten ins Land zu holen, um die menschlichen Verluste auszugleichen.
Anscheinend unterstützten die nichtgriechischen Bauern die Juden gegen Rom, denn dort, wo sie es nicht taten, wurden sie mit Lob überhäuft. Die jüdischen Armeen zogen nach Ägypten, doch unterlagen sie schließlich den Legionen Kaiser Hadrians im Jahr 118. Anführer des Aufstands war ein Jude namens Andreas oder Lukas; vermutlich trug er sowohl einen hebräischen wie auch einen griechischen Namen. Da er als König bezeichnet wird, wird er als messianischer Prätendent anzusehen sein, vergleichbar Simon bar Kochba, dem Anführer im letzten großen Aufstand der Juden von 132 bis 135. Die jüdische Gemeinde Ägyptens und Libyens verschwand nach den Kämpfen zwar nicht, doch war die Zeit ihres großen Einflusses vorbei. Noch härter traf es die jüdischen Gemeinden Zyperns, die die Insel verlassen mussten. „Selbst wenn einer durch einen Sturm gezwungen wird, dort Zuflucht zu suchen, ist sein Leben verwirkt“ berichtet Cassius Dio (LXVIII, 32).
Während der Christenverfolgungen wurden immer wieder Christen hingerichtet oder verbannt. Darunter befanden sich auch spätere Heilige wie Herakleidos, der als erster Bischof von Tamassos gilt und im 4. Jahrhundert hingerichtet wurde, der Einsiedlermönch Hilarion von Gaza († 371), der auf der Insel verstarb, Spyridon, der auf Zypern geboren unter Kaiser Maximian verbannt wurde, und Epiphanius, der 367–403 Bischof von Salamis war. 325 nahmen drei zypriotische Bischöfe am 1. Konzil von Nicäa teil. Sie vertraten die Diözesen von Paphos, Salamis und Tremithus.
Mit der Verlegung der Reichshauptstadt von Rom nach Byzanz durch Kaiser Konstantin I. wurde das Christentum dominierende Religion im Römischen Reich und gewann das Griechische über das Lateinische als Amtssprache besonders im Osten des Reiches endgültig die Oberhand. Zypern war Teil der Diözese des Ostens. Vermutlich war der spätrömische Palast in Paphos Sitz des Consularis. Er wurde noch im fünften Jahrhundert genutzt und ausgebaut, aber unter Justinian aufgegeben.76
Den Besuch Helenas, der Mutter Kaiser Konstantins des Großen, auf ihrer Pilgerreise in das Heilige Land, nutzte die Kirche Zyperns in den folgenden Jahrzehnten zum Ausbau ihrer Unabhängigkeit gegenüber dem Patriarchat von Antiochia. Am Konzil von Serdika 344 nahmen bereits zwölf Bischöfe teil, im Jahr 400 waren es fünfzehn. Sitz des Erzbistums war Salamis. 401 fand unter Epiphanius ein Konzil in Salamis statt, auf dem die Lehren des Origenes verdammt wurden. Inzwischen war das Christentum im Jahr 380 zur Staatsreligion gemacht worden.
333 rebellierte der 330 eingesetzte Gouverneur Calocaerus gegen Kaiser Konstantin, er wurde jedoch durch Dalmatius geschlagen und in Tarsus hingerichtet.
Bei der Teilung des Reiches im Jahr 395 wurde die Insel dem Oströmischen Reich zugeschlagen. Bereits 410 hatte sich Alexander von Antiochia bei Papst Innozenz I. beschwert, dass die Bischöfe der Insel ihre Bischöfe selbst wählten, statt sie durch ihn ordinieren zu lassen. Auf dem Konzil von Ephesos 431 war die Zypriotisch-Orthodoxe Kirche der Insel durch Erzbischof Rheginus und die Bischöfe von Soloi und Curium vertreten, und erhielt hier als erste die Autokephalie, also die Selbstverwaltung und Unabhängigkeit von den fünf Patriarchaten. Die Patriarchen von Antiochia akzeptierten das jedoch nicht. Noch 488 versuchte Patriarch Petrus Kaiser Zenon davon zu überzeugen, dass Antiochia als apostolischem Bischofssitz die Oberhoheit über die Insel zustehe. Konstantinopel war aber offenbar nicht gewillt, den Einfluss der zweitreichsten Provinz Syrien und ihres mächtigen Patriarchen weiter anwachsen zu lassen. Die Begründung, die man zur Sicherung der Autokephalie der zypriotischen Kirche fand, spielt geschickt mit dem Heiligenkult. Danach hatte Erzbischof Anthemios einen Traum, in dem ihm Barnabas mitteilte, wo seine Reliquien zu finden seien. In der Tat fand man in dem angegebenen Ort den Leichnam des Heiligen, eine vom Apostel Markus persönlich geschriebene Bibel auf der Brust. Anthemios eilte nach Konstantinopel und verehrte dem Kaiser die Bibel, worauf dieser die Autokephalie von einer Synode bestätigen ließ. Außerdem verlieh er dem Erzbischof das ansonsten nur dem Kaiser zustehende Privileg, mit Purpurtinte unterschreiben zu dürfen. In einer Verwaltungsreform unter Justinian I. wurde Zypern aus der Diözese des Ostens ausgegliedert und erhielt einen Statthalter, der unmittelbar dem Kaiser unterstand.77
Zu dieser Zeit bestand das Weströmische Reich nicht mehr. 476 hatte mit dem Sturz des Romulus Augustulus formal das weströmische Kaisertum geendet, spätestens jedoch, nachdem 480 Julius Nepos in Dalmatien ermordet worden war. Odoaker erkannte die Herrschaft des Ostkaisers formal an. Er wurde jedoch 493 von Ostgoten gestürzt, die ihn im Auftrag des oströmischen Kaisers in Italien angegriffen hatten. Diese machten sich jedoch völlig unabhängig von jeder Oberherrschaft Konstantinopels. Mit der Rückeroberung von Teilen des Weströmischen Reiches, also insbesondere des Vandalenreichs in Nordafrika und des Ostgotenreichs in Italien, wurde zugleich der Balkan auf Anweisung Kaiser Justinians massiv befestigt. So ließ der Kaiser 600 Festungen bauen, wohingegen im asiatischen Teil des Reiches nur ein Achtel dieser enormen Menge entstand.78
Nachdem unter Justinian Eier des Seidenspinners aus China eingeschmuggelt worden waren, wurde Zypern zu einem Zentrum der Seidenherstellung. Unter Kaiser Herakleios wurden dort kurzfristig auch Münzen geschlagen. Als 578 unter Justin II. während der Kämpfe gegen das Perserreich über 10.000 Armenier gefangen genommen wurden, schickte man 3350 von ihnen nach Zypern. Vermutlich wurden sie als Wehrbauern angesiedelt; ihre Siedlungsnamen nennt im 16. Jahrhundert noch Étienne de Lusignan: Armenokhori, Arminou, Kornokipos, Patriki, Platani, Spathariko und vielleicht Mousere.80 Nach Herakleios (610-641) folgetn weitere Gruppen, so dass 973 das armenische Bistum Nikosia gegründet wurde.
Doch zu Anfang des 7. Jahrhunderts endete die uneingeschränkte Dominanz des Römerreichs über das östliche Mittelmeer endgültig. Die Awaren griffen bereits ab 570 an und slawische Gruppen fielen im 7. Jahrhundert auf den Balkan ein. Ende des Jahrhunderts eroberten die Bulgaren den Großteil des Balkans und erweiterten ihr Einflussgebiet. Slawen und Awaren drangen dabei weit nach Süden vor. 600 und 616 zogen große Verbände Richtung Konstantinopel, erneut 626 in einem Zangenangriff mit den Persern, die gemeinsam die byzantinische Hauptstadt belagerten. Schon 618 erreichten Slawen den Peloponnes, 623 gar Kreta. Ob sie auf Beute aus waren, oder ob sie sich dort ansiedeln wollten, ist unklar.81 Zugleich griffen die Perser von Osten an und eroberten 617 Zypern, attackierten bald Rhodos, eroberten 619 Ägypten. Erst Kaiser Herakleios konnte die Perser in ihrem eigenen Land schlagen.
Doch ab 633 drangen arabische Truppen, angetrieben von einer neuen Religion, dem Islam, nach Syrien vor. Nach der Eroberung von Alexandria hatte Mu'awiya I. auf Befehl des Kalifen Uthman ibn Affan mit dem Bau einer Flotte begonnen und im Sommer 649 griffen Freiwilligentruppen unter der persönlichen Führung von Mu'awiya und Ubada ibn as-Samit von Akra aus mit 1700 Schiffen Salamis an. Die Stadt fiel nach einer kurzen Belagerung. Die Insel wurde durch Theodoros, den Bruder des Kaisers Herakleios mit den Resten der ägyptischen Armee verteidigt, sie konnten dem arabischen Angriff jedoch nicht standhalten. Die Insel wurde erobert, eine byzantinische Hilfsflotte kam zu spät.
Der arabische Historiker al-Baladhuri berichtet in seinem Werk Futuh al-Buldan mit Berufung auf Awza'i († 774 in Beirut), dass der Archon (praeses provinciae) von Zypern 649 einen Vertrag mit dem Kalifen Mu'awiya I. aushandelte. Die Zyprioten hatten einen jährlichen Tribut von 7200 Dinaren zu zahlen und die Araber über Aktionen der Byzantiner zu informieren. Laut Abu ‘Ubayd al-Qasim ben Sallam (770–838, 'Kitab al-amwal') hatten die Zyprioten hingegn jährlich 7000 Dinare an Mu'awiya zu entrichten, führten daneben aber weiterhin Steuern nach Konstantinopel ab. Während der ersten Welle der arabischen Eroberung versuchten scheinbar auch andere Provinzgouverneure, beispielsweise von Mesopotamien (Johannes Kateas, 637 in Chalkis) und Ägypten (Kyros), friedliche Regelungen mit Mu'awiya auszuhandeln.
Zwischen 651 und 654 erfolgte ein zweiter Angriff, vielleicht, weil die Tributzahlungen ausblieben. Lapithos wurde erobert und eingenommen. Mu'awiya etablierte eine starke Garnison auf der Insel, es scheint auch zur Ansiedlung von Muslimen aus Syrien gekommen zu sein. Die Garnison wurde erst 683 abgezogen.
Kaiser Konstans II. hatte 659 ein Friedensabkommen mit Mu'awiya geschlossen, nach dem dieser jährlich 365.000 Solidi, ein Pferd und einen Sklaven an Byzanz zahlte. Ab 662, als Mu'awiya sich zum Kalifen erhob, scheinen jedoch keine Zahlungen mehr erfolgt zu sein.
Kaiser Konstantin IV. schloss 685 ein ähnliches Abkommen mit dem Kalifen Abd al-Malik, darin wurde eine gemeinsame Kontrolle über Zypern, Armenien und Iberien im Kaukasus vereinbart. Die Insel wurde entmilitarisiert, die Steuereinnahmen geteilt, und der Kalif zahlte jährlich 365.000 Solidi an Byzanz. Ein Waffenstillstand für drei oder fünf Jahre wurde geschlossen, der nach Ablauf immer wieder erneuert wurde.
Justinian II. erneuerte das Abkommen 688. Zu ersten Schwierigkeiten mit Abd al-Malik kam es, als Justinian 690 begann, Bewohner von Zypern nach Kyzikos umzusiedeln. Er behauptete, sie stammten ursprünglich vom Balkan und aus Griechenland und seien vor den Bulgaren auf die Insel geflohen. Die Tatsache, dass die überlebenden Umsiedler nach einem Schiffbruch auf dem Transport nach Kyzikos am Marmarameer bzw. der neu gegründeten Stadt Nea Justinianoupolis nach Zypern zurückkehrten, spricht dafür, dass sie die Insel nicht freiwillig verlassen hatten. Andere Einwohner flohen nach Syrien, um der Umsiedlung zu entgehen. Der Kalif protestierte gegen die Deportationen. Als Justinian auf den Münzen, mit denen auch die arabischen Zahlungen zu erfolgen hatten, ein Bild Christi prägen ließ, kam es zum Krieg. Justinian verlor, weil seine zwangsumgesiedelten slawischen Truppen zu den Arabern überliefen. Vermutlich ist um diese Zeit ganz Zypern verloren gegangen. Das Konzil von Trullo musste sich 692 mit dem Verhältnis der umgesiedelten zypriotischen Geistlichen zur Kirchenhierarchie von Kyzikos beschäftigen und bestätigte die Autokephalie der zypriotischen Kirche. Erst unter Theodosios III. konnten die Umsiedler aus Nea Justinianopolis und die Flüchtlinge aus Syrien nach Zypern zurückkehren, und man kehrte zu dem alten Vertrag zurück. Kirchen wie die Basilika von Lythrankomi (Panagia Kanakaria), die Panagia-Kirche in Sycha und die Basiliken von Aphentrika wurden vermutlich nun wiederhergestellt. Während sich in der Kathedrale Panagia Limeniotissa in Paphos arabische Inschriften fanden, gehen also vermutlich nicht alle Zerstörungen auf die Omajaden zurück. Zu dieser Zeit entstanden die ersten Kirchenkuppeln auf der Insel, eine Bauweise, die auf dem Festland unter Justinian eingeführt worden war. A. Megaw hält St. Georg in Aphentrika für ein frühes zypriotisches Beispiel.82
743, 806 und 912 fanden arabische Überfälle auf die Insel statt, weil der Vertrag gebrochen worden war. Unter Basileios I. wurde die Insel für sieben Jahre von Byzanz zurückerobert, ein eigenes Thema eingerichtet und Befestigungen erbaut. Vielleicht wurde hierzu die Burg in Saranda Kolones in Paphos errichtet.83 Nachdem der status quo wieder hergestellt worden war und die Byzantiner ihre Truppen zurückgezogen hatten, zerstörten die Araber die vertragswidrigen Befestigungen.
Da der Ikonoklasmus auf der Insel nie durchgesetzt werden konnte, haben sich zahlreiche Wandmalereien erhalten, die an anderen Orten des Reiches zerstört wurden.84
Der Patrizier Niketas Chalkutzes unternahm unter dem byzantinischen Kaiser Nikephoros II. Phokas 965 einen Feldzug nach Zypern, mit dem er die byzantinische Herrschaft wiederherstellte. Außerdem unterwarf er das Emirat Tarsus an der gegenüberliegenden kleinasiatischen Küste und weitere Gebiete östlich davon, die er wieder in das byzantinische Reich eingliederte. Aus den eroberten Gebieten wurden alle Muslime ausgewiesen. Überreste aus der Zeit der zweiten byzantinischen Herrschaft sind spärlich, sowohl was Bauwerke als auch, was sonstige Funde betrifft. Auch in der nunmehrigen Hauptstadt Lefkosia haben sich kaum Überreste erhalten.
1042 nutzte Theophilos Erotikos, der seit 1040 Statthalter auf der Insel war, Thronstreitigkeiten in Konstantinopel, um sich unabhängig zu machen. Kaiser Konstantin IX. entsandte den Feldherrn Konstantin Chage, um die Insel zurückzuerobern. Der Aufstandsführer wurde in die Hauptstadt verbracht, verlor sein Eigentum und wurde in Frauenkleidung im Hippodrom der öffentlichen Lächerlichkeit preisgegeben. Warum er so vergleichsweise mild bestraft wurde, ist allerdings unklar.85
Nach Angaben von Anna Komnena scheinen Alexios I. und vermutlich auch andere komnenische Kaiser die Insel als Verbannungsort für „unzufriedene“ Adlige genutzt zu haben. Die Mehrzahl der Grundherren (Archontes) scheint in Konstantinopel ansässig gewesen zu sein und die Insel selten oder nie persönlich aufgesucht zu haben. Bis zu den Kreuzzügen war sie zudem nur von geringer wirtschaftlicher Bedeutung.
1092/94 besetzen Aufständische Kreta und Zypern, gleichzeitig eroberte der Çaka Bey, häufig Tzachas genannt, der Emir von Smyrna, mit einer ersten türkischen Flotte wichtige Punkte in der Ägäis, wie Mytilene auf Lesbos, Chios, Klazomenai. Laut byzantinischen Quellen ließ ihn allerdings Kılıç Arslan I., der Sultan der Rum-Seldschuken ermorden. Johannes Dukas eroberte zunächst die von den Türken besetzten Inseln zurück und unterdrückte dann den kretischen Aufstand. Dessen Anführer Karykes wurde auf die Nachricht von der Ankunft des byzantinischen Heeres von seinen Anhängern ermordet. Dukas segelte weiter nach Zypern und konnte Kerynia ohne größeren Widerstand einnehmen. Rapsomates, der Anführer des zypriotischen Aufstandes, wurde von einigen „Unsterblichen“ unterstützt, besaß jedoch nach dem Bericht der Kaisertochter Anna Komnena keine militärische Erfahrung.86 Er verließ Nikosia und besetzte die Höhen des Pentadaktylos oberhalb von Kerynia. Er vermied zunächst einen direkten Angriff und sandte mehrere Botschaften an Dukas. Seine Soldaten begannen überzulaufen, und als er die Schlacht suchte, verließen ihn weitere Einheiten. Daraufhin floh Rapsomates nach Nemesos, um sich nach Syrien einzuschiffen. Von Manuel Boutoumites verfolgt, flüchtete er sich schließlich in die Kirche zum Heiligen Kreuz, wo ihn Boutoumites unter der Zusage, ihm werde nichts geschehen, gefangennahm und vor Johannes Dukas brachte. Sein weiteres Schicksal berichtet Anna Komnena nicht.
Angesichts des Vordringens der Seldschuken in Anatolien betrieb Alexios I. den Ausbau der Befestigungsanlagen auf der Insel; er unterhielt dort sogar einen ständigen Bautrupp. Unter anderem wurde die Burg von Kyrenia ausgebaut, im Pentadaktylos wurden St. Hilarion, Buffavento und Kantara86k errichtet bzw. ausgebaut. Die Burgen fügen sich völlig in das Terrain ein und sind teilweise aus Ziegeln erbaut, ein Material, das hierfür zum ersten Mal Verwendung fand.
Alexios ernannte Eumathios Philokales zum Stratopedarchen und stellte ihm Truppen und Kriegsschiffe zur Verfügung, während der nichtadlige Kalliopares zum Richter und Steuereinnehmer ernannt wurde. Anscheinend geschah dies im Rahmen einer größeren Reorganisation der Inselverwaltung, vielleicht, weil die Bedeutung Zyperns als Brückenkopf nach Kilikien und Syrien im Zuge des 1. Kreuzzuges nun größere Beachtung gewann. Philokales scheint unter anderem die Ausmalung des Parekklesion der heiligen Dreieinigkeit im Kloster von St. Chrysostomos nördlich von Lefkosia in Auftrag gegeben zu haben. St. Nikolaus bei Kakopetria im Troodos ist eine der wenigen Kirchen, die sich aus dieser Zeit erhalten haben.87
1096 begann der Erste Kreuzzug, der 1099 zur Eroberung Jerusalems führte. Konstantinopel gelang es zunächst, die Kreuzfahrer seinen Interessen zunutze zu machen, doch kam es bald zu Konflikten. Bereits 1098 geriet Zypern erstmals in diesen Konflikt zwischen den Kreuzfahrern, vor allem den Normannen, und Konstantinopel. Es wurde von Truppen des Bischofs von Pisa, die zur Unterstützung der Kreuzritter aufgebrochen, aber von den Byzantinern in einer Seeschlacht zwischen Patara und Rhodos mit griechischem Feuer geschlagen worden waren, geplündert. Als der Stratopedarch Eumathios Philokales die Plünderer angriff, flohen die Schiffsbesatzungen zu Bohemund von Tarent nach Laodikea, die Zurückgelassenen ertranken bei dem Versuch zu fliehen oder wurden gefangengenommen.
Zypern nahm durch die Kreuzzüge einen enormen wirtschaftlichen Aufschwung, der allerdings schon früher begonnen haben muss. Radulfo Cadumensi sprach von „Cyprus opulentissima“ und bereits al-Muqaddasi hatte 985 von dem Reichtum der Insel an Gütern und Stoffen geschrieben.88 Dabei spielte Zucker bereits seit dem 10. Jahrhundert eine wichtige Rolle. Im 11. Jahrhundert waren Roggen, Weizen, Olivenöl und Fleisch wichtige Ausfuhrgüter. Auch Holz war immer noch von großer Bedeutung, wenn auch die Entwaldung voranschritt, ebenso wie Kupfer, wie al-Idrisi berichtet. 1126 erhielten demzufolge die Venezianer, die schon seit 1082 im Kaiserreich wichtige Privilegien genossen, auch einen Vertrag für Zypern. Kaiser Johannes II. siedelte in den Jahren 1136 bis 1138 die gesamte Einwohnerschaft der armenischen Stadt Tell Hamdun (Toprak Kale) nach Zypern um.89
1153 unternahm Rainald von Chatillon, der zweite Ehemann der Konstanze von Antiochia, einen Raubzug nach Zypern. Die Templer und Thoros II. von Kleinarmenien unternahmen derweil einen Feldzug gegen Kilikien, um die Byzantiner abzulenken. Das Geld für den Feldzug hatte Rainald von dem lateinischen Patriarchen von Antiochia Aimerich von Limoges erpresst. Johannes Komnenos, der Statthalter von Zypern und ein Neffe Kaiser Manuels I., wurde durch eine Botschaft Balduins von Jerusalem gewarnt, konnte aber keine rechtzeitigen Gegenmaßnahmen mehr ergreifen. Nach einem anfänglichen Sieg der Byzantiner besetzten die fränkischen und armenischen Truppen die Insel etwa drei Wochen lang und plünderten sie aus. Johannes Komnenos und der Anführer seiner Truppen, Michael Branas, wurden gefangengenommen. Als Gerüchte über eine kaiserliche Entsatztruppe laut wurden, zog sich Rainald nach Antiochia zurück. Vorher hatte er die Zyprioten noch gezwungen, das geraubte Vieh zurückzukaufen. Rainald entführte Johannes Komnenos, Michael Branas und führende Bürger und Bischöfe nach Antiochia und hielt sie dort gefangen, um sie gegen Lösegeld wieder freizugeben. Andere ließ er verstümmeln und nach Konstantinopel schicken. Zypern litt derweil unter einem schweren Erdbeben im Jahr 1157, 1158 überfielen die Ägypter die Insel. Ein Bruder des Statthalters wurde dabei gefangen genommen.
1160 marschierte Kaiser Manuel I., der seine Herrschaft im Südosten Anatoliens immer weiter ausdehnte, in Antiochia ein, nachdem sich Rainald unterworfen hatte. Doch die Diplomatie des Kaisers griff weiter nach Süden aus. Mit Raimund III. von Tripolis trat er in Verhandlungen. 1159 war Manuels erste Frau, Kaiserin Irene (Bertha von Sulzbach) gestorben, und er suchte eine neue Frau. Über ein Jahr verhandelten die Unterhändler in den Jahren 1160 und 1161 mit Tripolis, als Manuel die in Aussicht gestellte Schwester des Grafen und ihn selbst brüskierte, und im Juli 1161 überraschend Maria von Antiochia heiratete. Raimund, der mit seine Schwester Melisende und einer Flotte bereits auf dem Weg nach Konstantinopel war, um die Braut dem Bräutigam zuzuführen, verübte Rache, indem er Zypern attackierte.
Eine kurze Phase der Unabhängigkeit erlebte die Insel nach dem 1185 erfolgten Sturz der Komnenendynastie in Konstantinopel unter Isaak Komnenos, der sich zum Basileus krönen ließ. Isaak brachte auch hochrangige Künstler auf die Insel, wie die Ausmalung der Kirche Panagia Arakiotissa bei Lagoudera im Troodos beweist. Sie wurde 1192 beendet und ist ganz im Stil Konstantinopels gehalten.90 Kaiser Manuel hatte Isaak zwischen 1174 und 1175 zum Statthalter von Isaurien und der Stadt Tarsos in Kilikien erhoben. Dort hatte er Irene, eine Tochter von König Thoros II. von Kleinarmenien (1120–1169) und Isabella von Courtenay-Edessa geheiratet, mit der er zwei Kinder hatte. Nachdem sich die byzantinisch-armenischen Beziehungen verschlechtert hatten und Ruben III. von Kleinarmenien gar ein Bündnis mit dem seldschukischen Sultan von Ikonion eingegangen war, begann Isaak einen Krieg gegen Kleinarmenien, in dessen Verlauf er jedoch in Gefangenschaft geriet. 1182 geriet seinerseits Ruben III. in die Hände von Bohemund III. von Antiochia. Als Lösegeld sollte er 30.000 Solidi zahlen und einige kilikische Küstenstädte abtreten. Doch Ruben bot Bohemund an, Isaak und seine Familie auszuliefern. Der Normanne willigte ein und setzte nun seinerseits ein Lösegeld von 60.000 Solidi für Isaak fest. Nachdem das Kaiserhaus rund die Hälfte der geforderten Summe gezahlt hatte, kam Isaak 1183 oder Anfang 1184 wieder frei, musste seine Kinder aber als Sicherheit in Antiochia zurücklassen. Der Templerorden garantierte für die noch fehlende Summe.
Isaak sammelte das noch fehlende Lösegeld auf der Insel Zypern ein und sandte es an die Templer. Das Geld wurde jedoch unterwegs von Piraten geraubt und seine Kinder mussten zwei weitere Jahre als Geiseln in Antiochia bleiben, wie der Chronist Roger von Hoveden († 1201) berichtet. 1185 heiratete Isaak in zweiter Ehe eine Schwester Wilhelms III. von Sizilien.
Niketas Choniates († um 1215), ein Chronist der auf der Seite der Angeloi stand, berichtet, Isaak habe eine Söldnertruppe angeworben und sei mit ihr nach Zypern übergesetzt. Dort habe er Briefe mit kaiserlichem Siegel vorgezeigt – Brief und Siegel von ihm persönlich gefälscht –, die die örtliche Verwaltung anwiesen, ihn in jeder Hinsicht zu unterstützten. Er regierte die Insel wie ein Statthalter.
Konstantinos Makrodukas († um 1184) und Andronikos Dukas hatten in Byzanz für Isaaks Lehnstreue gebürgt. Als er nicht zurückkehrte, ließ Kaiser Andronikos I. Komnenos sie wegen Verrats einsperren. Kaiser Andronikos fürchtete angeblich, Isaak könne versuchen, seinen Thron zu erobern, zumal das Wasserorakel des Höflings Stephanos Hagiochristophorites ein „I“ (Jota) als Anfangsbuchstaben des kommenden Kaisers ergeben hatte. Als die Gefangenen aus dem Gefängnis geholt wurden, um sich der Anklage zu stellen, begann der Höfling, sie zu steinigen und zwang andere, ihm zu folgen. Beide Gefangenen wurden schließlich vor dem Mangana-Palast gepfählt. Als Kaiser Andronikos I. 1185 seinen Widersacher Isaak II. Angelos verhaften lassen wollte, erhob sich ein Volksaufstand, der zum Sturz des Komnenen führte und die Angeloi auf den Thron brachte. Isaak II. Angelos wurde neuer Kaiser von Byzanz.91 Daraufhin setzte Isaak Komnenos auf Zypern einen autokephalen Patriarchen für Zypern ein, was als Voraussetzung für eine Kaiserkrönung galt, und ließ sich zum Kaiser krönen.
Isaak Angelos stellte sogleich eine Flotte von 70 Schiffen zusammen, um Zypern zurückzuerobern. Die Flotte stand unter dem Kommando von Johannes Kontostephanos und Alexios Komnenos, einem Neffen, den der frühere Kaiser einst beiseite geschoben hatte. Nachdem sie auf Zypern gelandet waren, raubte ihnen Megareites von Brindisi, ein Pirat in Diensten des normannischen Königs Wilhelm II. von Sizilien die Schiffe, so dass es keine Möglichkeit zur Rückkehr gab.
In der Zwischenzeit hatte Isaak viele weitere Lateiner (wahrscheinlich Normannen) in seine Dienste genommen und ließ in Nikosia eigene Münzen schlagen. Nach Niketas begann er nun mit der Plünderung der Insel und verhängte grausamste Strafen für Verbrechen, um sich das Eigentum der Bürger anzueignen. Niketas berichtet: „Zyprioten von hohem Ansehen, in der Schande vergleichbar mit Hiob, wurden bettelnd in den Straßen gesehen, nackt und hungrig, sofern sie nicht von diesem jähzornigen Tyrannen ins Schwert gestoßen worden waren.“ Sicher ist, dass Isaak die Abgaben erhöhen musste, um die Verteidigung der Insel sicherzustellen. Vermutlich flossen weitere Gelder nach Armenien und nach Sizilien, um die dortigen Verbündeten bei Laune zu halten. Isaak wird von Niketas, der ein Anhänger der Angeloi war, als jähzornig und gewalttätig beschrieben, „kochend vor Wut wie ein Kessel auf dem Feuer“.
Der Dritte Kreuzzug stürzte die Machtkonstellation vollends um. Der englische König Richard I., der sich auf dem Seeweg nach Akkon befand, eroberte die Insel 1191. Richards Schwester Johanna und seine Braut Berengaria von Navarra waren nach einem Schiffbruch auf der Insel gestrandet, woraufhin Richard am 6. Mai 1191 bei Lemesos (Limassol) landete, angeblich um einer möglichen Gefangennahme seiner Angehörigen durch Isaak Komnenos zuvorzukommen. Isaak trat Richard Löwenherz gegenüber recht schroff auf, woraufhin der englische König mit seinem Kreuzfahrerheer die Insel kurzerhand eroberte. Ihm kam dabei die Unterstützung der vornehmen Familien Zyperns zugute, die in den vergangenen Jahren unter der Herrschaft Isaaks zu leiden gehabt hatten. Isaak wurde schließlich gefangen genommen und eingekerkert, bevor Richard seinen Kreuzzug ins Heilige Land fortsetzte. Bei der Eroberung von Kyrenia hatte Richard auch die zypriotische Staatskasse erbeutet.
Ein Aufstand gegen die von ihm eingesetzten Verwalter Robert of Turnham und Richard de Camville wurde rasch niedergeschlagen. Noch vor dem Fall von Akkon verkaufte Richard die Insel für 100.000 weiße Bézants an die Templer.92 Ostern 1192 erhob sich die Bevölkerung gegen die neuen Herren. In Nikosia griff eine aufgebrachte Volksmenge die Garnison an und konnte nur mit Mühe zurückgeschlagen werden. Darauf gaben die Templer die Insel an Richard zurück, obwohl sie so ihre Anzahlung von 40.000 Bézants einbüßten.
1192 kaufte Guido von Lusignan, der Titularkönig von Jerusalem, die Insel für 60.000 Bézants und herrschte seitdem als Cypri Dominus (Herr von Zypern), führte aber auch seinen Königstitel weiter. Richard entschädigte Guido mit Zypern dafür, dass er im verbliebenen Königreich Jerusalem die Krönung von Guidos Rivalen Konrad von Montferrat hinnahm.
Nach Guidos Tod 1194 trat dessen Bruder Amalrich (Aimery) nach dem Verlust von Jaffa93 die Nachfolge als Herr von Zypern an. Er begann eine katholische Kirchenorganisation aufzubauen und erkannte 1196 Kaiser Heinrich VI. als seinen Lehnsherrn an. Damit sicherte er seine Position gegen den Anspruch des byzantinischen Kaisers. Heinrich erhob ihn zum König, wie vorher schon Leo I. von Kleinarmenien und baute damit seine Position im östlichen Mittelmeerraum aus.94 Sowohl Dietrich von Flandern, der Ehemann von Isaak Komnenos' Tochter, als auch Graf Leopold VI. von Österreich, ein Vetter zweiten Grades von Isaak, erhoben Anspruch auf die Insel, jedoch ohne Erfolg. Byzantinische Versuche zur Rückeroberung wurden halbherzig betrieben, zumal das Reich an vielen Stellen auseinanderzubrechen begann.
Neben den Lusignans siedelte sich eine Reihe vor allem französischer Familien auf Zypern an, die ihre Besitzungen im Heiligen Land verloren hatten. Das Haus Lusignan allein belehnte 300 Ritter und 200 nichtadlige Reiterführer (Sergeanten). Die griechischen Landbesitzer wurden dafür enteignet. In Famagusta, aber auch in Lefkosia und Limassol ließen sich zahlreiche Syrer nieder, die vor den Mamluken geflohen waren. In Lefkosia, Famagusta und Paphos waren Juden ansässig.95
Das Land gehörte nun entweder dem König, es wurde von seinen Baronen als Lehen gehalten oder es gehörte einem der Ritterorden. Besonders die Templer und Hospitaliter hatten ausgedehnte Besitzungen. Nur Katholiken konnten Lehen empfangen und Mitglieder der Gerichtshöfe (sowohl des Hochgerichts, Haute Court, als auch der cour des bourgeois und des cour des suriens) werden. Die königliche Kanzlei führte den Namen Syngriton (von griechisch sekreton, der Name der entsprechenden Einrichtung in Byzanz), hier scheinen vor allem Männer griechischer und syrischer Abstammung gearbeitet zu haben,96 die Einrichtung wurde also vermutlich aus byzantinischer Zeit übernommen. Es gab auf der Insel nur zwei größere Städte, Nikosia und Famagusta, zwischen 760 und 850 Dörfer.97 Eine Besonderheit des zypriotischen Feudalismus war sein Urbanismus: Die meisten fränkischen Adeligen wohnten in Stadthäusern in Nikosia, nicht auf ihren Landgütern.
Mitunter wurden auch griechische Adlige zum Ritter geschlagen, doch nur, wenn sie konvertiert waren. Erst im letzten Jahrhundert der Lusignan-Herrschaft scheint sich in der Oberschicht das Griechische mehr und mehr gegen das Französische durchgesetzt zu haben. Unter den letzten Lusignan-Königen siedelten sich vermehrt venezianische Adelige auf der Insel an bzw. erwarben hier großen Landbesitz.98 Die Familie Cornaro gehörte bereits vor der Heirat Catherinas zu den größten Landbesitzern der Insel, Marco Cornaro galt geradezu als „Zuckerkönig“.99
Die Güter der Adeligen und des Königs wurden gewöhnlich durch einen Bailli verwaltet oder verpachtet, dies geschah meist auf fünf Jahre.100 Jedes Dorf hatte einen Catepan, der für die Ablieferung des Zehnts verantwortlich war. Die Einheimischen waren entweder freie Bauern, die das Land gepachtet hatten (Francomati), oder Leibeigene (Paroikoi), die an den Boden gebunden waren und ein Viertel bis ein Drittel der Ernte an den Grundbesitzer abführen mussten. Oft mussten sie zwei Tage in der Woche auf der Demesne, dem Gut des Grundherrn auf der réserve Frondienste leisten. Manche Grundherren konnten zur Erntezeit zusätzliche Frondienste (Corvées) einfordern. Leibeigene konnten sich mit Erlaubnis des Königs freikaufen. Kinder von Leibeigenen wurden automatisch Leibeigene, auch wenn der andere Elternteil frei war.101 Sklaven wurden zur Landarbeit eingesetzt, besonders auf den Zuckerrohr- und Baumwollfeldern.
Katholische Klöster eigneten sich das Land der orthodoxen Kirche an, oder es wurde säkularisiert und als Lehen vergeben. In Lefkosia wurde ein katholischer Erzbischof eingesetzt, mit Bischöfen in Famagusta, Paphos und Limassol, während 1196 die Zahl der orthodoxen Bischöfe von 14 auf vier herabgesetzt worden war (Chronique de Amadi). Sie wurden zu Ko-Adjutoren der lateinischen Bischöfe herabgesetzt, im Tagesgeschäft scheint jedoch eine Politik der Apartheid bestanden zu haben, und die Lateiner mischten sich nicht in die Seelsorge der orthodoxen Kirche ein, die allerdings kaum Mittel, zum Beispiel zum Kirchenbau besaß.
Lateinische Diözese | Byzantinische Diözese |
---|---|
Nikosia | Nikosia, Soli, Tamassus, Tremetuscha, Kition, Kythrea, Kerynia, Lapithos |
Famagusta | Konstantia, Karpasia |
Limassol | Kurion, Amathus |
Paphos | Paphos, Arsinoe |
Die orthodoxe Kirche bewahrte ihre Religionsfreiheit. Dies war insofern folgerichtig, als die katholische Kirche die Orthodoxen für Schismatiker hielt, nicht für Häretiker, die es zu verfolgen galt. Damit bestand für Rom eher ein administratives als ein dogmatisches Problem, denn beide Kirchen teilten das Dogma von der doppelten Natur Jesu. Folgerichtig versuchte Rom die orthodoxen Kirchen seiner Jurisdiktion zu unterstellen, verfolgte aber keineswegs seine Angehörigen, wie im Falle von Häretikern. Außerdem, so formulierte es das 4. Laterankonzil bereits 1215, durften die Orthodoxen damit Institutionen und Riten bewahren, die nicht in Konflikt mit den katholischen Dogmen standen. Da allerdings kirchliche Vorschriften nur je einen Bischof pro Gemeinde vorsahen, wurden die orthodoxen Bischöfe abgesetzt und durch lateinische ersetzt, die aus Westeuropa stammten. Unterhalb der bischöflichen Ebene gab es kaum lateinisches Personal, erst recht nicht außerhalb der Städte. Unter Coelestin III. bestand ein Erzbistum in Nikosia und drei Suffraganbistümer in Paphos, Limassol und Famagusta. Im Erzbistum Nikosia befanden sich acht othodoxe Bistümer. Wilbrand von Oldenburg (ab 1225 Bischof von Paderborn, ab 1227 zusätzlich von Utrecht), der die Insel 1211 besuchte, berichtet von 13 griechischen Bischöfen. Papst Honorius III. verlangte die Auflösung dieser Episkopate, wogegen sich Königin Alice wehrte, die Unruhen fürchtete. Doch unter Kardinal Pelagius von Albano, dem päpstlichen Legaten, wurde durchgesetzt, dass die Zahl der Bischöfe auf vier vermindert wurde. Mit der Bulla Cypria von 1260 wurde das Verhältnis zwischen den Kirchen bis zur osmanischen Eroberung geregelt. Dabei wurde aus wirtschaftlichen Gründen, etwa um Landflucht zu verhindern, die Zahl der Kleriker begrenzt. So sollten etwa Dörfer mit weniger als 25 Herdstellen ab 1223 nur noch vom Priester des nächsten Dorfes betreut werden. 1223 war festgelegt worden, dass die Feudalherren ihre Besitztümer nicht an die Kirche abzutreten hatten, die sie den orthodoxen Kirchen geraubt hatten. Auch wenn der Papst die Herausgabe und Übereignung an die katholische Kirche gefordert hatte. Dabei erhielt die lateinische Kirche keine unmittelbaren Abgaben in Form von Naturalien von den Bauern, wie es im Europa der Zeit gängig war, sondern nur von den Herren und den freien griechischen und syrischen Landeigentümern.
Die Maroniten und Armenier gehörten überwiegend dem bürgerlichen Stand an. Die Maroniten („Syrer“) waren zusammen mit den Lusignan oder 1291 nach dem Fall von Akkon auf die Insel gekommen. Sie sprachen Arabisch und hatten eine eigene Kirche, die zwar Rom unterstand, aber zum Beispiel die Priesterehe gestattete. Vor der osmanischen Eroberung lebten sie vor allem in Famagusta.102 Die Armenier wanderten überwiegend nach 1322 ein und hatten ebenfalls eine eigene Kirche und behielten wohl auch ihre Sprache bei. Sie unterstanden der königlichen Gerichtsbarkeit. Das Königshaus und der Adel waren durch vielfältige Heiratsverbindungen mit Kleinarmenien verbunden. Wie weit der Anbau von Wein, Baumwolle und Zuckerrohr betrieben wurde, ist unklar. Besonders der Anbau von Zuckerrohr scheint in der Spätzeit des Königreiches zugenommen zu haben, war jedoch nur in den wasserreichen Ebenen der Mesouria und von Morphou möglich, während sonst der Johannisbrotbaum dominierte. Mc Neil103 setzt die Einrichtung großer Zuckerrohrplantagen um 1370 an. Möglicherweise waren diese Monokulturen eine Ursache für das Auftreten von Heuschreckenplagen, die die Insel zwischen 1351 und 1915 heimsuchten.
Die Lusignan scheinen keine eigene Flotte unterhalten zu haben, sondern heuerten bei Bedarf italienische Seeleute an. Die Adligen waren zu viermonatiger Heeresfolge verpflichtet, aber nur, wenn auch der König selbst im Felde stand.
Benvenuto da Imola behauptet, die zyprischen Könige überträfen „alle andern Könige und Völker der Christenheit in ihrem Übermaß an Luxus, Völlerei, Verweichlichung, und in allen Arten der Unmäßigkeit.“104
Nach 1204 unternahm Walter von Montbéliard, der Regent von Zypern, Angriffe auf Satalia und Rhodos, die jedoch erfolglos blieben. 1208 wurden Genua Handelskonzessionen eingeräumt. Ende des 13. Jahrhunderts schlossen die Rum-Seldschuken einen Friedensvertrag mit Hugo I., der erst 1292 durch einen zypriotischen Angriff auf Alanya gebrochen wurde. Es scheint aber weiterhin Handelsbeziehungen gegeben zu haben.
König Hugo I. starb im Januar 1218 in Tripolis. Er hinterließ die Töchter Maria und Isabella und einen acht Monate alten Sohn, den zukünftigen König Heinrich I. Seine Witwe, Alice von Jerusalem-Champagne, ernannte Philipp von Ibelin zum Regenten.
1228 hatte sich Kaiser Friedrich II. auf dem Fünften Kreuzzug in den Osten begeben. Er setzte auf Zypern 1229 fünf Baillis als Regenten ein, Amalrich Barlais, Amaury von Bethsan, Hugo von Gibelet, Wilhelm von Rivet und Gauvin Cheneché. Die mächtige Familie Ibelin war jedoch nicht bereit, sie anzuerkennen und versuchte, weiter im Namen des minderjährigen Königs zu regieren. Schließlich kam es zu einem Bürgerkrieg, den die Lusignan am 14. Juli 1229 in Nikosia für sich entscheiden konnten. In den Unruhen erlitten 1231 dreizehn griechische Priester das Martyrium, weil sie sich weigerten, das Abendmahl nach lateinischem Ritus zu vollziehen. In der Schlacht bei Agridi wurde die Armee der kaiserlichen Statthalter geschlagen, Kerynia fiel 1233 nach längerer Belagerung. Die Besatzung unter Philip Chenard konnte nach Syrien abziehen.
1248/49 überwinterte Ludwig der Heilige, der sich im Rahmen des Sechsten Kreuzzugs auf dem Weg nach Ägypten befand, auf Zypern.
1265 und 1266, erneut wohl 1268 und 1269 brachte König Hugo III. Truppen auf das Festland nach Akkon. 1269 wurden die Könige von Zypern wieder Könige von Jerusalem, ein Titel, den sie auch weiterführten, nachdem das Königreich Jerusalem 1291 endgültig von den Mamluken erobert worden war. Als sich 1271 der Kreuzzug des Prinzen Eduard zusammen mit dem zypriotischen Hauptheer im Heiligen Land befand und dort im Mai Tripolis entsetzt hatte, die Hauptstadt der Grafschaft Tripolis, ließ, noch während sich die Streitmacht von König Hugo auf dem Festland in Akkon befand, der Mamlukensultan Baibars im Juli 1271 in einem ersten Flottenangriff mit siebzehn Schiffen das zyprische Limassol angreifen. Elf Schiffe liefen jedoch auf ein Riff und fielen den Zyprioten in die Hände. 1800 Männer wurden gefangen genommen. Obwohl die Flotte kläglich gescheitert war, weigerten sich die zyprischen Ritter, außerhalb Zyperns Heerfolge zu leisten.105
In der Folgezeit zerstörten die Mamluken nach und nach nahezu alle der alten Seestädte an der syrischen Küste. Da Ägypten über keine für den Schiffbau geeigneten Holzbestände verfügte und die Seefahrt insgesamt keinen hohen Status besaß, waren maritime Unternehmungen der Mamluken selten.106
Als 1291 mit Akkon die letzte bedeutsame Festungsstadt der Franken im Heiligen Land an die Mamluken fiel, flüchteten sich die meisten Überlebenden nach Zypern. Der Hospitaliterorden (auch Johanniter genannt) richtete Kommandanturen auf der Insel ein und versuchte, die Autorität König Heinrichs II. zu untergraben. Nach fortwährenden Konflikten eroberten die Ordensritter schließlich 1309 Rhodos, wo sie sich eine eigenständige Herrschaft errichteten. Heinrich II. räumte Pisa und Barcelona Handelsprivilegien ein, was die Genuesen aufbrachte, die um ihre traditionelle Vorherrschaft fürchteten.107 1296 verlieh Papst Bonifatius VIII. in einer Bulle den Templern Steuerbefreiung für den Warentransport von und nach Zypern.
Ab 1320 begannen die Ghazi-Emirate Anatoliens eigene Flotten auszurüsten, die besonders die Seefahrt zwischen Rhodos und Zypern zu kontrollieren suchten. Unter Hugo IV. schloss Zypern mit Venedig, dem Papst und den Hospitalitern 1334 ein Bündnis, das das weitere Vordringen der Türken in Kleinasien aufhalten sollte. Um 1337 scheinen Alanya, Siq, Anemurium und Satalya in zypriotischer Hand gewesen zu sein. 1344 wurde Smyrna besetzt, das bis 1402 in der Hand der Hospitaliter verblieb.
Hugo IV., König von 1324 bis 1359, hatte zwei Töchter und vier Söhne im heiratsfähigen Alter, die er zu weiträumigen Heiratsallianzen einzusetzen versuchte. Tatsächlich heiratete einer seiner Söhne in das französische Königshaus, doch starb Guido bereits 1343. Seine drei Töchter verheiratete er auf die iberische Halbinsel. So versuchte er mit Aragon, das die Balearen, Sardinien und Sizilien sowie Athen beherrschte, engere Kontakte anzuknüpfen. 1330 verheiratete er seinen ältesten Sohn mit der Tochter des Herzogs von Bourbon, 1340 verheiratete er eine Tochter mit dem Erbprinzen von Mallorca, doch zerstritt er sich mit Ferrante. 1353 heiratete sein Sohn Peter in die aragonesische Königsfamilie (Eleonore von Aragon). Offenbar war die Insel überaus vermögend geworden. Zwischen 1328 und 1343 konnten päpstliche Kollektoren 55.750 Florin von den Kirchen Zyperns einziehen.108
Doch diese Prosperität erlitt ab 1348 schwere Schläge. Der erste war die in diesem Jahr erstmals auftretende Große Pest, die 1362 und 1363 zurückkehrte, und die die Bevölkerungszahlen einbrechen ließ - in welchem Ausmaß ist kaum zu erfassen. 1351 vernichtete zudem eine Heuschreckenplage die Ernten.109 In jedem Falle dauerte der Bevölkerungsrückgang bis weit in das 15. Jahrhundert hinein an. Zudem verlagerten sich die Haupthandelsrouten, als 1375 die Mamluken Kleinarmenien eroberten.
Unter Hugos Nachfolger Peter I. (1359–1369) versuchten die Lusignan zunächst, selbst Stellungen auf dem Festland zu übernehmen. Bereits 1344 fielen Satalia und Korykos auf dem Gebiet des Emirs von Tekke. Sie belegten sie mit einer Garnison, die 1361, 1362 und 1370 türkische Angriffe abwehrte. Korykos blieb sogar bis 1448 in zypriotischer Hand. 1362 bis 1365 unternahm Peter, der sich aufgrund dieser Erfolge auch König von Kleinarmenien nannte, eine Europareise, um für einen Kreuzzug gegen die Mamluken zu werben. Er besuchte unter anderem Venedig, Genua, Avignon, Paris, London, Prag, Krakau und Wien. Obwohl das dortige Interesse gering war, gelang es ihm doch ein Heer aufzustellen. Mit diesem Heer und einer Flotte von 115 Schiffen, die von Venedig, den Johannitern und Zypern gestellt wurden, griff er 1365 Alexandria an. Die Stadt wurde geplündert, auch die Niederlassungen der europäischen Handelsrivalen von Venedig, ein Teil der Einwohner getötet und 5.000 Menschen als Sklaven verschleppt. Um die Beute abzutransportieren, wurden 70 Lastschiffe benötigt. Dauerhafte Erfolge wurden jedoch nicht erzielt, wenn auch 1366 und 1367 weitere Überfälle auf die syrische Küste stattfanden (Ayas, Tripolis und Beirut). Venedig und Genua scheinen Peter schließlich gezwungen zu haben, Frieden zu schließen, um ihre Handelsinteressen in Ägypten wieder wahrnehmen zu können.
Die militärischen Unternehmungen des Königs hatten die Finanzen der Insel schwer belastet, die Barone widersetzten sich zunehmend, auch die Brüder und die Gemahlin des Königs, Eleonore von Aragon, wurden der Verschwörung verdächtigt. Im Januar 1369 wurde der König mit seiner Geliebten Johanna l'Aleman durch Johannes von Gaurelle, Heinrich von Gibelet und Philip von Ibelin im Schlaf überrascht und ermordet.
Unter seinem 15-jährigen Sohn Peter II. (1369–1382), der 1372 in Ammochostos zum König gekrönt wurde, zeigte sich der Niedergang der Lusignan deutlicher. Die Kupferproduktion war ebenso rückläufig wie das gesamte Handelsvolumen. Die Insel wurde zum Zankapfel zwischen Genuesen und Venezianern, die immer mehr die Macht an sich rissen, von denen jedoch die Staatseinnahmen und damit die Handlungsfähigkeit auf dem diplomatischen Parkett und in militärischen Auseinandersetzungen abhing. Peter trat Satalya an die Türken ab, vielleicht in der Hoffnung, dort Verbündete gegen die Genuesen zu finden. Genua besaß seit 1208 Handelskonzessionen auf der Insel, Venedig seit 1306 und 1328. Die Handelsniederlassungen in den Küstenstädten und in Nikosia waren beinahe exterritoriale Gebiete, die von dem genuesischen Podestà und dem venezianischen Bailò regiert wurden, die sich zunehmend in die inneren Angelegenheiten des Königreiches einmischten. In Famagusta brachen 1349 Kämpfe zwischen Venezianern und Einwohnern von Famagusta aus, dreißig Venezianer wurden verletzt, der Konsul niedergeschlagen. Solche Kämpfe hatten schon um 1344 stattgefunden, erneut 1368. 1360 erneuerte König Peter Venedigs Privilegien. Der König hielt sich im Dezember 1362 und von Ende 1364 bis Juni 1365 in Venedig auf. Er unterstütze Venedig bei der Niederschlagung eines Aufstands der Siedler auf Kreta. Hingegen hatte Genua 1343-44 und 1364-65 einen Krieg gegen Zypern vorbereitet. Peter, der den besagten Kreuzzug vorbereitete, lenkte ein und erneuerte Genuas Privilegien.
Einen weiteren Unruheherd stellten katalanische Piraten und Händler dar, die nun zunehmend im östlichen Mittelmeer erschienen. Auch spielten Händler aus dem südfranzösischen Montpellier in den Konflikten eine Rolle, die bereits seit 1236 Privilegien genossen hatten, wenn sie auch nie die Bedeutung der Genuesen und Venezianer erlangten.
Doch die Plünderung Alexandrias brachte die Venezianer gegen den König auf, zumal die Genuesen 1373 gegen den König vorgingen, der sich in der Burg Kantara verteidigte - das später zu einer dauerhaften Garnison ausgebaut wurde. 1374 brachen Straßenkämpfe zwischen Venezianern und Genuesen aus. Daraufhin besetzte ein Geschwader unter Pietro di Campofregoso die Stadt Famagusta und verlangte hohe Reparationen sowie einen jährlichen Tribut. Fast ein Jahrhundert lang blieb Zypern danach genuesisches Protektorat, die Maona Cypri, eine Gesellschaft genuesischer Bankiers, kontrollierte de facto die Insel; Ammochostos war von Jakob I. offiziell an Genua abgetreten worden. Wie Münzfunde zeigen, wurde der Silbergehalt der Münzen stark herabgesetzt, und die Münzprägung insgesamt ging stark zurück, ein Anzeichen dafür, wie viel Geld nach Westen abfloss. Peter erhob eine Anzahl griechischer Bauern in den bürgerlichen Stand, um die Steuereinnahmen zu erhöhen.110
Allein die armenische Gemeinde von Famagusta zählte um 1360 etwa 1.500 Mitglieder und hatte drei Kirchen. 1322 wurde Kleinarmenien angegriffen, und 30.000 Armenier flohen nach Zypern; 1335 und 1346 flohen weitere Armenier vor den Mamluken. Nach der Eroberung des Landes floh der König nach Zypern, die dort herrschenden Lusignan erbten seinen Titel. 1403 flohen erneut 30.000 Armenier auf die Insel, weitere folgten 1421, als die gesamte Bevölkerung der Region Schoun nach Zypern übersetzte. 1441 forderte Famagusta Armenier und Syrer auf, in die Stadt zu kommen. Armenisch war eine der elf anerkannten Sprachen Zyperns.111
1411 ist eine weitere Heuschreckenplage belegt, die drei Jahre andauerte und eine Hungersnot auslöste. König König Janus ordnete schließlich an, Eier und frisch geschlüpfte Insekten zu sammeln und in Gruben zu vergraben. Das nächste Massenauftreten ist erst wieder 1423 belegt.112
1425 konnten die Mamluken in die Burg von Limassol eindringen, nachdem sie erstmals in der Geschichte ein fränkisches Geschwader besiegt hatten. Um die zunehmende Seeräuberei, besonders durch Katalanen, die auf Zypern ihre Basen hatten, zu bekämpfen, landete 1426 eine mamlukische Einheit in Avmediou. Die Truppen von König Janus wurden bei Khirokitia vernichtend geschlagen, Limassol, Nikosia und die königliche Burg von Potamia im Bezirk von Nikosia geplündert und zahlreiche Gefangene gemacht. König Janus schwor Sultan Barsbay (1422–1438) in Kairo den Vasalleneid, dem die Zyprioten jedoch nicht zustimmten. Gegen 200.000 Florin Lösegeld und eine jährliche Tributverpflichtung wurde er freigelassen. Venedig und Genua hielten sich in diesem Konflikt neutral. Der König von Aragon, der hoffte, Zypern würde seine Truppen mieten, sandte zwei Schiffe und 500 Mann, nachdem Zypern abgelehnt hatte. Die Insel war wirtschaftlich geschwächt, Venedig verhängte einen Handelsboykott, katalanische Piraten plünderten ein venezianisches Schiff im Hafen von Alexandria, nahmen Muslime gefangen. Ab 1427 kam es zu Bauernaufständen unter einem Kaiser Alexios. Die Tribute an Kairo mussten weiterhin entrichtet werden; 1434 folgte auf katalanische Überfälle erneut ein Raubzug gegen Zypern. 1438 brach zudem erneut die Pest aus. 1440 legte eine Flotte auf dem Weg nach Rhodos einen Zwischenstopp auf Zypern ein, ein Anzeichen, wie abhängig die Insel bereits von Kairo war.
Unter Johann II. und seiner Frau, der Byzantinerin Helena Palaiologina, der Tochter von Theodor Palaiologos und Nichte von Kaiser Johannes VIII. Palaiologos (1425–1448), näherten sich die lateinischen Herrscher stärker der Religion und der Kultur ihrer griechischen Untertanen. Nach dem Fall von Konstantinopel 1453 floh eine Reihe von Byzantinern auf die Insel, eine Reihe adliger Namen ist zum ersten Mal nachgewiesen. Es scheint, dass es nun auch Griechen möglich wurde, Landbesitz zu erwerben.
Nachfolgerin Johanns II. wurde 1458 dessen Tochter Carlotta, die 1459 Louis von Savoyen, den Grafen von Genf, heiratete. Ihr Thronanspruch wurde von ihrem Halbbruder Jakob II., dem Erzbischof von Nikosia, einem Sohn von Johann II. und seiner Mätresse Mariette von Patras angefochten, wobei ihn der mamlukische Sultan unterstützte. Er brach 1460 den Widerstand der Barone und nahm 1464 mit Hilfe ägyptischer Truppen sowie spanischer und sizilianischer Söldner Kyrenia und Famagusta ein. Venedig hatte seine Unternehmungen großzügig finanziert, wohl, um den alten Rivalen Genua auszuschalten. Königin Charlotta starb 1487 kinderlos und verbannt in Rom. Der Titularanspruch auf die Krone von Jerusalem und Kleinarmenien fiel an das Haus Savoyen. Das Königreich Kleinarmenien gehörte seit 1481 zum Osmanischen Reich, was erstmals wieder Armenier nach Zypern brachte, die vor den Osmanen auf die Insel flohen.
Jakob II. heiratete 1473 die 19-jährige Venezianerin Caterina Cornaro, deren Familie seit langem ausgedehnten Besitz auf Zypern hatte. Kurz nach der Hochzeit starb Jakob unter mysteriösen Umständen, möglicherweise wurde er vergiftet. Jakobs posthum geborener Sohn Jakob III. starb 1473 ebenfalls. Königin Katharina Cornaro war damit Regentin von Zypern. Ein angeblich geplanter Aufstand der spanischen Gefolgsleute Jakobs II., der den übergroßen Einfluss der venezianischen Berater auf die Königin unterbinden sollte, wurde durch Intervention des Dogen Pietro Mocenigo grausam unterdrückt. Katharina Cornaro sah sich schließlich 1489 gezwungen, das Königreich an die Republik Venedig abzutreten.
Im Februar 1487 dachte man im venezianischen Senat über die gewaltsamen Inbesitznahme Zyperns nach, 1488 schickte der Rat der Zehn Caterinas Bruder Giorgio Cornaro (1452-1527) nach Zypern, einen der reichsten Männer Venedigs.113 Da die Venezianer eine Heirat Catharinas mit einem Angehörigen des Herrscherhauses von Neapel (Aragon) befürchteten, sollte er seine Schwester überreden, notfalls zwingen, zugunsten der Republik abzudanken. Einen zu Ferrante entsandten Unterhändler ließ der Rat der Zehn ermorden. Im Februar 1489 verzichtete sie auf die Krone von Zypern, blieb aber dem Titel nach weiterhin Königin von Kleinarmenien und Jerusalem; als Witwensitz wurde ihr nach der Ankunft in Venedig am 5. Juli 1489 das Städtchen Asolo zugesprochen, sowie 8000 Dukaten, mit denen sie dort Hof halten konnte. Am 10. Juli 1510 starb sie in Venedig. Francesco Priuli übernahm ab 1488 die Verwaltung Zyperns.
Zypern gehörte bis 1571 zur Republik Venedig, musste aber weiterhin Tribut an Ägypten entrichten. Die Insel wurde von Nikosia aus durch die sogenannten Rettori verwaltet, einem Gouverneur und zwei Senatoren, die für jeweils zwei Jahre gewählt wurden und unter der Kontrolle des Rats der Zehn standen. Ihnen unterstand die Blutgerichtsbarkeit und die Besteuerung. Nur die Ämter der Vicomites von Famagusta und Nikosia waren Zyprioten vorbehalten, ihre Besetzung musste meist durch Geschenke oder „Kredite“ an die Signoria erkauft werden. 1510 zahlte Efgenios Synglitico, Bruder des Statthalters von Limassol, 2000 Dukaten, um diesen Rang zu erhalten, 1515 weitere 5000 Dukaten.114 Wie schon Arbel feststellte, kann allerdings kaum davon die Rede sein, dass Venedig seine äußerst exponierte, aber für den Asienhandel so wichtige Kolonie einfach brutal unterdrückt hätte.
Zu den etwa zehn adligen Familien griechischer Abstammung zählten die Podokataros, Kontostefanos, Sozomenos, Boustron, Syngliticos, Laskarios und Paleologos. Manche gingen auf die byzantinische Nobilität zurück, andere scheinen unter den Lusignans und den Venezianern aus dem Beamtenstand aufgestiegen zu sein. Sie heirateten zugleich in venezianische Familien ein, einige in den höchsten Adel. So ehelichte Apolonia Synglitico ein Mitglied der Familie Pesaro.115
Der fränkische Adel besaß keinerlei politische Macht mehr, der Große Rat der Insel war faktisch bedeutungslos. Nach einer Rangliste von 1544 hatten die Grafen von Jaffa und Karpas, venezianische Adlige, die höchste Stellung unter den Adligen der Insel116, gefolgt von der griechischen Familie Synglitico im Rang von Grafen von Rocca als Nachfolger der 1503 ausgestorbenen fränkischen Familie Grinier (Grenier), und die fränkische Familie de Nores als Grafen des libanesischen Tripolis.117 Der Unterschied zwischen dem alten, fränkischen Adel und dem venezianischen Amtsadel blieb bis zur Eroberung der Insel bestehen.118
Angeblich durch brutale wirtschaftliche Ausbeutung und korrupte Verwaltung und Gerichtsbarkeit machten sich die Venezianer jedoch bei der Landbevölkerung verhasst. 1508 schrieb der Österreicher Martin von Baumgarten, der die Insel im Frühjahr 1507 besucht hatte: „Alle Einwohner sind Sklaven der Venetianer“. Dabei beschreibt er die schwere Abgabenlast, die von zwei Tagen Fronarbeit pro Woche begleitet war - ein Frondienstumfang, der für viele Untertanen des Kaisers eine große Erleichterung dargestellt hätte.
Der Anbau von Zuckerrohr wurde zunehmend durch Baumwolle ersetzt, doch machten mehrere Dürreperioden der Landwirtschaft zu schaffen und führten zu Hungerunruhen. Die Landwirtschaft litt unter wiederholten Heuschreckenplagen. 1511 wurden große Mengen Getreide aus Syrien eingeführt, die eine Hungersnot abwenden konnten.119 1521 wurden francomati und parici durch den Statthalter verpflichtet, bestimmte Mengen an Heuschrecken-Eiern einzusammeln und abzuliefern. Die Bestimmung wurde aber nicht dauerhaft durchgesetzt,120 vermutlich auch wegen des Widerstandes der Bauern.
Salz war eines der wichtigsten Ausfuhrgüter der Insel. Es wurde vorrangig um Larnaca gewonnen. Zuckerrohr und Weizen wurden hingegen zunehmend durch Baumwolle verdrängt. Die Abgaben waren hoch und auf dem Land dominierte ein Feudalsystem, ähnlich wie auf Kreta. Zwar erhielt die orthodoxe Kirche alle Rechte der Religionsausübung und die wirtschaftliche und politische Beteiligung der orthodoxen Bevölkerung nahm langsam zu, doch die Venezianer sahen sich gezwungen, zur Finanzierung ihrer Kriege und Tributleistungen die Abgabenlast weiter zu erhöhen. 1519 machte Bartolomeo Contarini den Vorschlag, die Besatzungen der Festungen, allen voran Kantara, durch die Männer der umliegenden Dörfer zu verstärken, und ihnen dafür Abgaben und Dienste zu erlassen. Doch zog man es offenbar vor, die Besatzungen abzuziehen, und die Festungen zu schleifen. 1562 entlud sich diese Spannung in einem Bauernaufstand unter Führung des Jakob Didaskalos, Jakob dem Lehrer, aus Nikosia. Sein Name war Jacomo Diassorinos, er war ein gebildeter Mann und Abenteurer, vielleicht ein Soldat aus Rhodos, zeitweise in spanischen Diensten. Gelegentlich wurde er später als Vorläufer des griechischen Freiheitskampfes stilisiert. Folgt man den venezianischen Quellen, so versuchte er Zypern als sein Königreich unabhängig zu machen. Demnach wurde er von den Spaniern in Neapel und von Istanbul in seinen Bestrebungen unterstützt. Die Warnungen aus Venedig schlug er in den Wind und so wurde er im Haus des griechischen Bischofs von Paphos verhaftet und Ende Februar/Anfang März 1563 hingerichtet.
Seit dem späten 15. Jahrhundert führte die zunehmende osmanische Bedrohung dazu, dass die Venezianer die Beziehungen zur einheimischen orthodoxen Oberschicht zu verbessern suchten,121 nicht nur auf Zypern, sondern vor allem auf Kreta. Die Bevölkerung, so behauptet es die nationalistische Geschichtsschreibung im Umfeld der späteren Enosis, stand der venezianischen Herrschaft aber weiterhin überwiegend feindlich gegenüber.122 Die dominierenden Familien der Insel sahen dies offenbar anders. Efgenios (Zeno) Singriticus galt in den 1520er Jahren als der reichste Mann Zyperns. Es kam auch zum Übertritt zur katholischen Kirche und Griechen konnten im 16. Jahrhundert lateinische Bischöfe von Nikosia werden. Dies galt etwa für Libios († 1556) und Kaisar Podokataro († 1557).122c Zugleich akkulturierten sich die venezianischen Familien, die sich seit Generationen auf der Insel aufhielten. Dabei war das Inselregiment von erheblicher Uneinheitlichkeit. Während der Rat von Nikosia von etwa zehn Familien kontrolliert wurde, indem diese adligen Verbände die meisten kirchlichen und administrativen Posten besetzten, bestand der Rat von Famagusta als cittadini und anderen Bürgern, der von Keryneia (Girne) aus Angehörigen unterbürgerlicher Gruppen.122d
Das Regno di Cipro das zwischen 1510 und 1521 zusammengestellt wurde, führt alle Vogteien (baliazzi) und Gutshöfe (casali) der Krone auf und ist ein wichtiges Dokument für die Bevölkerungsgeschichte der Insel. 1563 berichtet Elia da Pesaro, dass nur in Famagusta Juden ansässig waren.123 Aus Nikosia waren sie durch Angriffe zur Osterzeit vertrieben worden. Hingegen prosperierte die armenische Gemeinde, deren Sprache eine der fünf anerkannten Sprachen auf der Insel war. Dennoch sahen sich alle nicht-katholischen Gruppen immer wieder Pressionen ausgesetzt, wie unter Elias de Nabineau. Das armenische Wort für ‚Laden‘ drang in dieser Zeit ins zypriotische Griechisch ein.
1555 zwang der Rat der Zehn die Inselmagistratur dafür Sorge zu tragen, dass jährlich 40.000 star Weizen, niemals aber weniger als 30.000 nach Venedig gelangten. Bis 1566 sind offenbar große Mengen nach Venedig verfrachtet worden, zumal das Korn als Ersatz für Salzlieferungen gelten durfte. 1566 kam es zu einem Aufruhr, als trotz Hungers auf der Insel ein Schiff aus dem Hafen von Nikosia Richtung Venedig aufbrechen sollte. Der Gouverneur reagierte überaus hart, indem er drei Rädelsführer hinrichten ließ, darunter einen griechischen Priester.123g 1567 musste Venedig umgekehrt Getreide liefern, um nach einer schlechten Ernte eine Hungersnot zu verhindern.124 Noch bevor die Insel 1571 von den Osmanen erobert wurde, hatten die Sonderkulturen von Zucker, Baumwolle und Wein, die größere Gewinne abwarfen, den Getreideanbau weitgehend verdrängt. 125
Nachdem die Mamluken 1516 von Selim I. unterworfen worden waren, entrichtete Venedig jährlich 8000 Dukaten Tribut an die Hohe Pforte. Ein osmanischer Angriff war jedoch nach dem Verlust der peloponnesischen Festungsstädte Nauplia und Monemvasia zu erwarten, auch wenn sich Venedig durch seine Neutralität bei der Belagerung von Rhodos zunächst weitere Friedensjahre erkauft hatte. Ab 1540 wurden die Befestigungen von Nikosia, Kyrenia und Ammochostos (Famagusta) erneuert, die byzantinischen bzw. Lusignan-Bergfestungen von Buffavento, St. Hilarion und Kantara dagegen ebenso wie die Hafenbefestigungen in Paphos und Limassol geschleift. Der venezianische Renegat Joseph Nasi, 1553 in Venedig in Abwesenheit zum Tode verurteilt, ein wichtiger Ratgeber von Selim II., riet wiederholt zur Eroberung der Insel.126 1568 erschien eine türkische Flotte vor Famagusta, zog aber ab, ohne dass es zu einem Angriff kam.
Doch im März 1570 wurden die Venezianer durch einen türkischen Gesandten Selims II. zur Übergabe aufgefordert. Anfang Juli landeten Admiral Piale Pascha und General Lala Kara Mustafa Pascha mit 360 Galeeren. Die Osmanen belagerten Nikosia mit 50.000 Mann. Venedig hatte seit Januar 1570 Unterstützung gesucht, aber erst Ende August 1570 sammelte die Heilige Liga unter Giovanni Andrea (Giannandrea) Doria, einem Großneffen von Andrea Doria, eine Flotte auf Kreta. Deren Abfahrt verzögerte sich jedoch durch die Intervention von Philipp II. ständig.127 Nach dem Fall von Nikosia zog sich die Flotte wieder zurück. Nur eine kleine Abteilung erreichte im Januar 1571 das belagerte Famagusta.
In diesem Jahr fiel das stark, aber strategisch unklug befestigte Famagusta nach elfmonatiger Belagerung. Der venezianische Statthalter Marcantonio Bragadin wurde von Mustafa Pascha mehrere Tage lang gefoltert und danach getötet; man schnitt ihm Ohren und Nase ab und häutete ihn bei lebendigem Leib. Mustafa warf ihm vor, er habe die sehr großzügigen Kapitulationsbedingungen verletzt, insbesondere hatte er muslimische Pilger exekutiert, die in der Stadt gefangen waren und deren Freilassung ausdrücklich festgelegt worden war. Kyrenia ergab sich, nachdem Efgenios (Zeno der jüngere) Synglitico, Graf von Rocca, der Anführer der venezianischen Truppen, mit seinem Bruder Tommaso, dem Visconte von Nikosia, getötet worden war. Pietro Paolo Synglitico hatte versucht, den Widerstand in den Bergen zu organisieren, Iehan Synglitico einen Angriff auf die Türken im Gebiet von Paphos durchgeführt. Beide ergaben sich nach dem Fall von Nikosia. Das flache Land wurde kampflos besetzt. Gelegentlich, wie in Lefkara, wurden die Türken als Befreier begrüßt.128 Im Gebiet von Paphos kämpften unter der Führung von Iehan Synglitico auch Bauern gegen die Türken, wie der Chronist Andrea Calepio bemerkt.129
Mitglieder der Familien der Sozomenos, Podocataros und Synglitico fanden nach dem Fall der Insel auf venezianischem Gebiet Zuflucht. Manche Familienmitglieder wurden auch aus osmanischer Gefangenschaft freigekauft und begaben sich nach Venedig. Sie konvertierten zum Katholizismus und wurden bald in die venezianische Gesellschaft integriert, und sie stiegen zum Teil in der Gesellschaft auf: Alessandro Synglitico wurde 1591 Sindaco der Universität Padua.130
Umgekehrt blieben zahlreiche der Hilfstruppen der Osmanen auf der Insel, darunter einige Tausend der 40.000 Armenier im Heer. Dabei wurden viele Armenier von Famagusta umgebracht oder vertrieben, die von Nikosia hingegen privilegiert - vermutlich, weil sie die Osmanen unterstützt hatten. In Famagusta war Nichtarmeniern der Zutritt bis zur britischen Herrschaft verboten, aber auch gegenüber Nikosia erhöhten die Osmanen bald die Abgaben, so dass viele der 20 bis 30.000 Armenier, die auf der Insel lebten, Zypern verließen. Dennoch wurden sie als Orthodoxe besser behandelt, als die Maroniten oder die Lateiner.131
Am 7. März 1573 erkannte Venedig in einem Vertrag die Abtretung Zyperns an das Osmanische Reich an.132 Zypern blieb von 1571 bis 1878 Teil dieses Reiches. Es entstand das Vilâyet Kıbrıs, die Großprovinz Zypern. Gouverneur war jeweils der Kapudan Pascha, der Oberbefehlshaber der Marine. Er war ein Mitglied des Diwans, der auch Rhodos und Kreta verwaltete. Erster Statthalter der neuen Provinz war Serdar Muzaffer Pascha, ihm folgte noch 1571 Sinan Pascha, der einen Zensus durchführen ließ. Man zählte 150.000 Männer, von denen 18.000 steuerpflichtig waren, dazu 30.000 osmanische Soldaten.132c
Viele Offiziere des osmanischen Heeres, das die Insel erobert hatte, ließen sich auf der Insel nieder, meist auf dem Lande.133 Diese Sipahi waren für die Eintreibung der Steuern verantwortlich.134 Die Bauern konnten gegen den jeweiligen Sipahi klagen, wenn er versuchte, ungesetzliche Pacht einzutreiben.135 Nach der osmanischen Eroberung wurden Siedler auf die entvölkerte Insel geschickt, vor allem aus dem südlichen Anatolien, darunter Yörüken, Christen und Juden. Bereits Selim II. erließ im September 1571 einen Firman, nach dem bestimmte Handwerker auf die Insel geholt werden sollten. Zu ihnen zählten Schuhmacher und Schneider, verschiedene Textilverarbeiter, aber auch Fez-Macher, Sattler, Gerber und Schlachter und Schmiede, Hufschmiede, Kupfer- und Goldschmiede, Steinmetze und weitere Handwerker. Tatsächlich wurden bereits 1572 zwanzig Wollkämmer, zwei Stiefelmacher, neun Schuhmacher, fünf Gerber, sieben Schneider, zwei Filzmacher, aber auch ein Schlosser, fünf Waffenschmiede, ein Büchsenmacher, ein Hufschmied, dann ein Koch, vier Bader und ein Teppchmacher auf die Insel gebracht.135b In diesem Jahr war entsprechend des Zensus' Karpas einer der reichsten und größten Orte auf Zypern. Seine Einwohnerzahl wird auf 1475 bis 1500 geschätzt, wie Steuerlisten belegen. Zu dieser Zeit zählte man 102 unverheiratete und 297 verheiratete Männer im Ort. Allerdings war Karpas keine Stadt, denn es verfügte über keinerlei städtische Funktionen, sondern war ein Bauerndorf mit starkem Akzent auf dem Getreideanbau. So stammten 37 % seines Steueraufkommens aus dem Weizenanbau, 19 % aus dem Gerste- und 11 % aus dem Linsenertrag des Jahres. Dabei lagen die Gersten- und Weizenerträge gleichauf, doch lag der Preis für Weizen doppelt so hoch. Weitere 5 % der Steuereinnahmen wurden auf Schafe erhoben, 1 % auf Wein.135k
Regierungssitz wurde Lefkosa, hier siedelte sich die Verwaltung an. Regierungs- und Verwaltungsämter waren weitgehend Muslimen vorbehalten; sie standen daneben nur konvertierten Zyprioten offen.136 Gleichzeitig wurde die Dominanz der Lateinischen über die Orthodoxe Kirche 1575 aufgehoben, die im Gegenzug zu einer Art Kern der osmanischen Verwaltung wurde.136c Die Besitzungen der Johanniter wurden von den Osmanen kassiert, und türkische Ortschaften wie Armenochori, Phinikas und Temblos in ehemaligen Templer-Kommandanturen gegründet. Hier wurden wohl vor allem Einwanderer aus Anatolien angesiedelt. Die Orte Pano und Kato Arodes sind nach den Johannitern benannt, die nach ihrer Einnahme von Rhodos auch als Aroditen bekannt waren. Auch Akoursos und Mora lagen in ehemaligen Johanniterbesitzungen.137 Die Einrichtung muslimischer Institutionen verzögerte sich stark, da zuvor keine Gemeinden bestanden hatten. Bis 1611 gingen dementsprechend allein 12 der 32 Gründungen auf die Armee zurück. 137c
Die Nachrichten über die osmanische Herrschaft im späten 16. Jahrhundert sind widersprüchlich. Offenbar verursachte die Eroberung und die Vertreibung zahlreicher Familien eine drastische Verarmung der Insel sowie Hungersnöte. Die Verwaltung leitete zunächst Muzafer Pascha, der als Beylerbey eingesetzt wurde. Seinem Gebiet wurden vier Sandschaks auf dem Festland zugeschlagen, nämlich Alaya, Ichil, Zulkadir und Tarsus, die von den Provinzen Anadoli, Karaman, Sis und Aleppo abgetrennt wurden. Der Führer der Janitscharen war zugleich sein Stellvertreter. Leiter des Schatzamtes war der Haziné-Defterdar, der der erste der vier Aghas in der Hauptstadt der Insel war. Der Defter-Kiehayasi war für die Ziamet zuständig, der Tımar-Defterdari für die Tımar, bei denen es sich um eine Form der Vergabe der Staatsdomänen und staatlichen Ländereien handelte. Die Aghas zählten zur kleinen Gruppe der Feudalherren, die die Insel beherrschten und die dem Diwan angehörten, der analog zur Istanbuler Einrichtung bestand, wenn auch in sehr viel kleinerem Maßstab.
Die Besteuerungseinheit der Bauernfamilie war das Çift-Hane, auf der das ländliche Steuersystem beruhte. Die Einheit bestand aus drei Teilen, nämlich dem besteuerbaren verheirateten Bauern (Hane) mitsamt seiner Familie (der Arbeitskraft), das an ihn verpachtete Land, das mit einem Ochsenpaar (Çift) bearbeitet werden konnte. Das Land musste ausreichen, um den Bauern und seine Familie zu ernähren, darüber hinaus mussten daraus die Betriebskosten und Abgaben gedeckt werden. Die Größe der mit einer Çift-Hane-Einheit verbundenen Landfläche variierte je nach Bodenqualität und Anbaubedingungen und lag zwischen 5 und 15 Hektar für jeden Bauern mit seiner Familie und dem Ochsengespann. Das Land war per Gesetz in männlicher Linie erblich und durfte nicht geteilt werden. Den Sepahis war es verboten, das für Çift-Hane vorgesehene Land zu besetzen oder zu bearbeiten. Der erste osmanische Zensus ermittelte 800 oder 850 Dörfer auf der Insel. 1777 lag diese Zahl nur noch bei 564, 1862 lag sie bei 605. Davon waren 118 muslimisch, 239 gemischt und 248 christlich.
Oberste Instanz in den Distrikten war der Kadi oder Molla, der für rechtliche Fragen in seinem Bereich zuständig war, doch war er auch für religiöse Fragen und fast jede Form von Auseinandersetzung rechtlicher Natur zuständig. Er wurde für ein Jahr aus Konstantinopel gesandt und hatte das Recht, Strafen bis zu 39 Peitschenhiebe zu verhängen. Er stand den fünf Kadiliks der Insel vor, nämlich Nicosia, Orini, Kythrea, Morphou und Karpass, die sein Gehalt aufzubringen hatten. Auch gab es Kadis minderen Ranges. Mit den Reformen ab 1839 wurden die Aufgaben des Kadis Schritt um Schritt beschnitten.
In den 1630er und 1640er Jahren wurde die Insel erneut von Pest-Epidemien getroffen. Die Kartoffel wurde auf der Insel durch syrische Araber eingeführt und vor allem auf den fruchtbaren Terra-rossa-Böden angebaut.138
Dem englischen Reisenden Richard Pococke zufolge, der im Herbst 1736 Zypern besuchte, waren Mischehen zwischen Christen und Muslimen häufig. Pashley (1837) berichtet, dass Muslime sogar Paten christlicher Kinder wurden.139 Wichtigster Unterschied zwischen den Bevölkerungsgruppen war die Religion, nicht die Ethnizität, ein Zustand, der bis ins frühe 20. Jahrhundert andauern sollte.140 Auch von der synkretistischen Gruppe der Linobambaki wurde berichtet, die vielleicht nur einen Versuch darstellten, sich vor Steuereintreibern und Zwangsrekrutierung zu den Janitscharen zu schützen. Ihre Zahl soll bei 1200 gelegen haben, vielleicht lag sie auch doppelt so hoch.141
Epidemien, Heuschrecken, Trockenheiten, Hunger und Erdbeben plagten die Insel immer wieder. Besonders heftig war die Sequenz von Heuschreckenjahren zwischen 1611 und 1628, die im letzten Jahr kulminierte. Erneut 1692 und 1740. dann abermals 1757 bis 1760 plagte sie die Insel so heftig, dass man versuchte, eine Reliquie vom Athos zu erhalten, die helfen sollte. Auch versuchte man 1633 mit umfangreichen Prozessionen die Trockenheit zu beenden, wobei Istanbul den lokalen, muslimischen Eiferern verbot, in die Prozession einzugreifen. 1641 folgte einem Hungerjahr ein Jahr der Epidemie. Viele verließen die Insel, doch die Kosten für die Verwaltung und die Armee mussten dadurch nur durch noch weniger Einwohner aufgebracht werden, so dass die Steuerlast weiter anstieg. Wieder griff die Hohe Pforte ein und reduzierte angesichts der dramatisch gesunkenen Bevölkerungszahl die Zahl der Posten. So verschwanden die Paschas von Paphos und Famagusta. Den Rückkehrwilligen sagte man niedrige Abgaben zu. Doch nach zwei Jahrzehnten hatte sich die gleiche Situation wieder eingespielt.
Nun versuchte man die Bischöfe, die bisher keine politische Funktion hatten, in das System zu integrieren. Sie erhielten nicht nur die Rechte der Vertretung der christlichen Gemeinden, sondern sie erhielten direkten Zugang zum Hof. Mit Bischof Nikephoros (1660-1674) setzte eine lange Reihe von Reisen nach Konstantinopel ein, wenn ihre Reisen auch mitunter behindert wurden. Sie waren auf der Insel für die Eintreibung des Tributs zuständig, den die Christen leisten mussten. Die Lasten aufzuteilen, die Zahlungen einzuziehen und den Tribut an den Hof zu entrichten, war ihre Aufgabe. Bei betrügerischen Machenschaften griff die Hohe Pforte gelegentlich direkt und, wie 1665, auch durchaus zugunsten der christlichen Untertanen ein. Ibrahim Pascha, der Statthalter, wurde hingerichtet. Dennoch kam es 1683-90 zu einem Aufstand. 1712 versuchte eine bewaffnete Räubergruppe von vielleicht 20 Mann die Hauptstadt auszuplündern. Sie gaben vor, gegen den Muhassil im Auftrag Konstantinopels vorzugehen. Sie landeten in Lefka, nächtigten in einem Han in Nicosia und verhafteten eine Reihe von Aghas. Doch gerieten sie in eine Falle und wurden hingerichtet.
1703 wurde die gesamte Insel dem Großwesir übertragen. Der Müsellim, der lokale Zivil- und Militärgouverneur, wurde zugleich zum Kollektor (Muhassil), der dementsprechend verhasst war. 1738 gab der Sultan die Insel als Mitgift seiner Tochter, die den Großwesir Ibrahim Pascha ehelichte. Die Ausplünderung der Insel nahm solche Formen an, dass der Sultan sich gezwungen sah, dem Großwesir die Insel 1745 wieder zu entziehen. Zypern wurde wieder zu einer regulären Provinz des Osmanenreichs. Abdallah Bey wurde der erste Pascha, ihm folgte von 1746 bis 1748 Abu Bekr Pascha, der wohl als einziger weitreichende Maßnahmen ergriff, das Los der Insel zu verbessern. Er sorgte dafür, dass Larnaca frisches Wasser aus den Bergen erhielt. Zum Bau des Aquädukts wurden Steine des antiken Kition benutzt. Auch förderte er die lokale Wirtschaft durch die Anpflanzung von Maulbeerbäumen und Wein. Die Wasserleitung wurde im November 1750 fertiggestellt, allerdings verfiel sie wenige Jahrzehnte später und konnte nur durch lokale Anstrengungen Mitte des 19. Jahrhunderts wiederhergestellt werden.
Wieder kam die Insel an den Großwesir. Der Tiefpunkt der wirtschaftlichen Situation wurde unter dem Muhassil Chil Osman Agha erreicht, der ab Juli 1764 die Abgaben drastisch erhöhte, um das Vermögen wieder hereinzuholen, das ihn der Kauf des Postens gekostet hatte.142 Als Beamte aus Istanbul kamen, versuchte er die Beschwerdeführer durch einen fingierten Unfall zu beseitigen, oder sie zu vergiften. Daraufhin brach eine Revolte aus, der Palast wurde gestürmt und der Pascha und 18 oder 19 seiner Leute getötet. In Larnaca konnte der lokale Kadi einen ähnlichen Akt der Lynchjustiz verhindern und die Leute beruhigen. Wieder griff Konstantinopel ein und wies dem ermordeten Muhassil die Schuld zu. Die zerstörten Palastteile wurden wieder aufgebaut, doch die Beute, der Schatz des Muhassil, wurde nur zu geringen Teilen zurückgegeben. Die Angehörigen der Toten erhielten ein Blutgeld. Doch gegen die Geldforderungen, die die Christen akzeptierten, rebellierten die Türken, die sich nicht als Aufständische sondern als Schützer des Sultans und seiner Rechte sahen. Etwa 300 von ihnen besetzten 1765 Kythrea mit seinen Wassermühlen und schnitten damit die Hauptstadt von der Mehlversorgung ab. Führer des Aufstandes, dem sich Janitscharen und Zaim anschlossen, wurde bald Khalil Agha. Am 27. Januar brach in Larnaca eine Panik aus, da man einen Angriff fürchtete. Der englische Konsul Timothy Turner intervenierte auf Aufforderung türkischer Amtsinhaber und Händler, doch kurz nachdem er Larnaca verlassen hatte, griffen die Aufständischen die Stadt erneut an. Im Juni löste sich Khalils Gefolgschaft angesichts der von Konstantinopel ausgesandten mehr als 5000 Mann nach und nach auf, so dass ihm bald nur noch 200 Mann zur Verfügung standen. Sie wurden in Kyrenia belagert, Khalil musste aufgeben. Doch die Machenschaften und Intrigen zur Ausbeutung der Insel konnten auch danach nicht abgestellt werden. Im Gegenteil stiegen Männer wie Haji Abdul Baki Agha, wie er sich nannte, 1777 selbst zum Muhassil auf, indem sie die insularen Auseinandersetzungen zu ihren Gunsten ausnutzten. Baki hielt sich bis 1783 auf diesem Posten.143 Er herrschte auf der Insel wie ein König.
Erst nach ihm konnte das Grundübel, die Verpachtung der dem Großwesir zugesprochenen Insel für 310.000 Piaster, abgestellt werden. 1785 wurde die Insel dem Großwesir entzogen und dem Kapudan Pascha unterstellt. Doch dieser setzte einen Mann von Rhodos ein, und die Insel musste nun für eine Pachtsumme von 450.000 Piaster aufkommen. Der Einfluss der Bischöfe stieg deutlich an.
Ende des 18. Jahrhunderts verlor das Osmanenreich zunehmend die Kontrolle über das östliche Mittelmeer. Frankreich, Großbritannien und Russland versuchten dort ihre Positionen auszubauen und strategische Vorteile zu erringen. Der spätere Admiral Sidney Smith wurde 1799 mit seinem Schiff, der HMS Tigre, ins Mittelmeer entsandt, um dort die britischen Interessen zu vertreten. Er sollte den osmanischen Widerstand gegen Napoleon unterstützen, der in Ägypten stand. Über seinen Bruder James Spencer Smith, dem britischen Gesandten in Konstantinopel, unterhielt er zugleich Kontakte zum Hof.
Napoleon, der die osmanischen Kräfte in Ägypten besiegt hatte, zog mit 13.000 Mann Richtung Syrien. Er besetzte Gaza und Jaffa, dann zog er nach Akko. Smith segelte dorthin und unterstützte den osmanischen Kommandanten Jezzar Pascha. Ende März bis Anfang Mai belagerte Napoleon vergeblich die Stadt. Smith versuchte die verbliebenen Truppen unter General Jean Baptiste Kléber zur Aufgabe zu bewegen, doch wurde sein Vertrag von London nicht anerkannt.
Auf Zypern kam es zu Revolten, die nun stärker Animositäten zwischen Türken und Griechen aufwiesen, was mit dem zunehmenden Einfluss der Bischöfe des Dragoman zusammenhing, und damit, dass viele Orthodoxe hoffnungsvoll nach Russland sahen, das auf Kosten der Osmanen sein Reich nach Süden ausdehnte. Zudem hatten sie die Mittel aufgebracht, um eine osmanische Armee zur Niederschlagung eines Aufstandes im Jahr 1804 zu bezahlen. Altiparmak (sechs Finger), ein Kolonel aus Tarsus, versprach, die vier Bischöfe zu töten, da man sie für den Verrat an einem vorhergehenden Aufstand verantwortlich machte.144 Im Mai 1806 setzten er und seine Gefolgsleute auf die Insel über und attackierten Kirchen und Klöster. Im Juni wurden sie von regulären osmanischen Truppen geschlagen. Doch interne Absprachen sorgten für die Freilassung der Gefangenen, und Ende des Monats erschienen wiederum 30 von ihnen vor Larnaca. Altiparmak ließen die Behörden nach der Gefangennahme zu Tode schinden. Doch die Auflösungserscheinungen nahmen drastisch zu. 1808 machte ein türkischer Offizier die Festung von Limassol zur Ausgangsbasis für regelrechte Raubzüge. Von Griechen unterstützte Truppen aus Larnaca und Nicosia konnten den Spuk beenden.
Als 1821 Griechenland unabhängig wurde, ließ die Hohe Pforte die christlichen Gruppen auf der Insel entwaffnen, ohne dass es zu Widerstand kam. Nicht nur Griechen, sondern auch Franken, Maroniten, Armenier wurden entwaffnet. Selbst Schlachter und Schweinehändler mussten ihre Messer abgeben, ebenso wie Bauern viele ihrer Werkzeuge.145 Der Statthalter Küchük Mehmed rief Truppen auf die Insel und forderte die Hinrichtung aller führenden Christen, obwohl diese wenige Jahre zuvor einen türkischen Aufstand unterbunden hatten. Anfang Mai kamen 4000 Mann unter Abdullah Pascha aus Akkon. Als die osmanische Flotte bei Navarino unterlag, kam es auf der Insel zu Massakern, wenn auch einige Türken versuchten, ihre griechischen Nachbarn zu retten. Küchük Mehmed ließ im Juli die Stadt Larnaca abriegeln und zunächst die drei Metropoliten hinrichten. Es folgten Sekretäre, Mönche, Äbte. Insgesamt kam es zu 470 Hinrichtungen, sicherlich zu weiteren, nicht dokumentierten Morden. Das Amt des Dragomans wurde abgeschafft.
Mit der Desintegration des Osmanischen Reiches wurden die schwachen staatlichen Strukturen weiter reduziert. So schätzte der griechische Konsul 1856-60, dass auf der Insel noch 600 Soldaten stationiert waren. Gegen Ende der osmanischen Herrschaft bestand die unregelmäßig bezahlte Truppe aus kaum mehr als 400 Mann, die sich bei fehlender Bezahlung auf Kosten der Bewohner durchschlagen mussten.
Nach der Eröffnung des Suezkanals im Jahr 1869 kam es zu einem Wirtschaftsaufschwung auf der Insel, von dem auch Maroniten und Armenier profitierten. 1840 erhielt das libanesische Oberhaupt der Maroniten einen Firman, der der orthodoxen Kirche die Oberherrschaft über seine Gemeinden auf Zypern, die sie seit der Eroberung innehatte, entzog. Nach dem Zensus von 1891 bekannten sich allerdings nur noch 1131 Maroniten aus vier Dörfern zu ihrem Glauben. Diese Dörfer waren Kormakitis, Karpasia, Asomatos bei Limassol und Agia Marina (heute Gürpınar).145m
Großbritannien und das Osmanische Reich einigten sich am 4. Juni 1878 in einer zunächst geheim gehaltenen vertraglichen Abrede in Konstantinopel darauf, dass die Insel Zypern an die Briten abgetreten werden solle, doch der Sultan wollte sich dort Souveränitätsrechte vorbehalten. Im Gegenzug garantierte Großbritannien die osmanischen Besitzungen in Asien und sagte Unterstützung gegen einen eventuellen russischen Vorstoß gegen die Meerengen des Bosporus und der Dardanellen zu. Das Osmanische Reich erhielt für das abgetretene Zypern eine später vereinbarte Zahlung von 92.746 Pfund Sterling. Die Briten gewannen so Einfluss in der Region, das Osmanische Reich einen Partner in seinem Kampf gegen die zaristische Expansion.
Das Russische Heer war im Russisch-Osmanischen Krieg (1877–1878) bis kurz vor Istanbul vorgestoßen und hatte am 3. März 1878 die Unterzeichnung des Friedens von San Stefano erzwungen, der zu umfangreichen Gebietsverlusten für die Osmanen auf der Balkanhalbinsel führte. Diese Gebietsverluste wurden auf dem Berliner Kongress vom 13. Juni bis 13. Juli 1878 jedoch teilweise wieder revidiert.
Die Briten errichteten ein Hochkommissariat unter Sir Garnet Wolseley, gegen das sich bald der Widerstand der Griechen unter Erzbischof Sophronios III. richtete, die den Anschluss an Griechenland, die Enosis, anstrebten. Als Sophronios im Jahr 1900 starb, kam es zu einem zehnjährigen Nachfolgestreit der beiden Kyrillos von Kition und von Kyrenia. Mit Eintritt des Osmanischen Reiches in den Ersten Weltkrieg auf Seiten der Mittelmächte wurde die Insel am 5. November 1914 von den Briten annektiert. Tausende Flüchtlinge vor dem Völkermord an den Armeniern erreichten die Insel, 1963 umfasste die Gemeinde 3500 Mitglieder. Unruhen führten 1921 zur Verbannung des Journalisten N. Katalanos und des Historikers Pierre Zannetos. Die Zahl der Armenier war von 174 (1881) über 517 (1891) auf 3686 im Jahr 1946 gestiegen, erreichte dann 3378 i. J. 1960. Ein Drittel von ihnen verließ die Insel nach 1960.
Die Türkei stimmte im Friedensvertrag von Lausanne rückwirkend der Annexion der Insel durch Großbritannien zu, die sie bis dahin formal noch besessen hatte. Somit war die Annexion erst 1923 völkerrechtlich legitimiert. Zypern wurde 1925 britische Kronkolonie. Noch heute existieren zwei britische Stützpunkte auf der Insel bei Akrotiri und Dekelia.
1928 begannen die Briten als Reaktion auf weitere Unruhen mit der „Dehellenisierung“, was zur Oktoberrevolte von 1931 führte. Nach der Niederschlagung der Revolte wurden die Rädelsführer (darunter zwei Bischöfe) deportiert und die Briten übernahmen das Unterrichtswesen. Nach dem Tod Kyrillos III. im Jahr 1933 verboten sie die Wahl eines Nachfolgers. Erst der Zweite Weltkrieg änderte die Verhältnisse. 1943 wurden Kommunalwahlen abgehalten und 1947 durfte wieder ein Erzbischof (Makarios II.) gewählt werden.
Dabei wuchs der Anteil der ländlichen Bevölkerung, im Gegensatz zu den anderen Inseln des Mittelmeers, 1931 bis 1946 um 19 % und bis 1960 um weitere 10 %.145t In den höher gelegenen Gebieten lebten 1960 nur wenige Menschen (über 800 m waren es nur 4,6 % der Bevölkerung), zugleich mied man geradezu die Küsten; 72 % lebten zugleich unterhalb von 300 m über dem Meeresspiegel.
Die türkischen und griechischen Volksgruppen hatten weder in der osmanischen noch in der britischen Zeit in getrennten Gebieten gelebt. Folgende Zahlen stammen aus der Volkszählung von 1946,146 Armenier und Maroniten sind nicht berücksichtigt.
Stadt | Türken | Griechen |
---|---|---|
Famagusta | 2500 | 13.100 |
Kyrenia | 550 | 2200 |
Larnaka | 2900 | 10.700 |
Limassol | 3400 | 18.950 |
Lefkosa | 10.400 | 20.300 |
Paphos | 1150 | 3600 |
Die Verteilung der Dörfer der Volksgruppen auf die einzelnen Bezirke war wie folgt (Einzelpersonen in mehrheitlich griechischen oder türkischen Dörfern sind nicht berücksichtigt):
Bezirk | Türkisch | Griechisch | Gemischt |
---|---|---|---|
Famagusta | 24 | 47 | 46 |
Kyrenia | 8 | 29 | 10 |
Larnaka | 8 | 28 | 23 |
Limassol | 7 | 87 | 19 |
Lefkosa | 27 | 105 | 45 |
Paphos | 28 | 73 | 23 |
Gesamt | 112 | 369 | 146 |
Wie Beckingham herausstellt, waren Religion und Sprache nicht deckungsgleich. Es gab muslimische Dörfer, in denen vor allem Griechisch gesprochen wurde, wie Lapithiou, Platanisso, Ayios Simeon und Galinoporni.
Die Vorstellung von der räumlichen Anordnung ethnischer Gruppen hing mit britischen Landschaftsvorstellungen zusammen, die von Ordnung und Kontrollierbarkeit geprägt waren, und die im gesamten Kolonialreich praktiziert wurden. Dabei wurde den Wäldern als Ausdruck des Ursprünglichen, der Natur schlechthin, eine Rolle zugeschrieben, vor allem alber allem, was sich abgrenzen ließ. Zudem wurde die Individualisierung des Eigentums an Boden, das schon die osmanischen Reformen des 19. Jahrhunderts betont hatten, nunmehr in die Tat umgesetzt. Dies aber setzte eine Art Entfremdung von den Orten in Gang, an denen die Menschen lebten. Die Vorstellung von einer lockeren ethnischen Bindung, einer schon stärkeren religiösen, aber vor allem einer Ortsbindung wandelte sich in eine Dichotomie der Bindung an das Griechische oder an das Türkische. Dies homogenisierte die beiden Gruppen nach innen und verstärkte zugleich die imaginierten Unterschiede. Dieser Impuls fiel mit den angelsächsischen Vorstellungen ethnischer Gruppen zusammen, denen eine Art „Reservat“ zuzuweisen war, zumindest aber eine klare Demarkation ihre Wohnräume. So verstärkten Landkarten mit griechischen oder türkischen Dörfern, die nur der sachlichen Feststellung dienen sollten, die bereits vorhandenen Unterschiede und machten sie bald zu Gegensätzen. Die Kartographie wurde zum Instrument der britischen, herrschenden und teilenden Kolonialpolitik. Diesem dienten die geographischen Surveys der Jahre 1878 bis 1883 genauso, wie das Kataster der Jahre 1909 bis 1929 und die Arbeit der Forest Delimitation Commission der Jahre 1881 bis 1896 - mitunter gegen den Widerstand der lokalen Bevölkerung. So wurde aus einem Mittel wissenschaftlicher Erkenntnis eines der Herrschaftssicherung, schließlich aus einem Mittel der Abgrenzung eines der Selbstidentifikation und Abgrenzung vom „anderen“. Dieses Herausnehmen aus der starken lokalen Bindung, aus individueller Erinnerung und persönlicher Bindung, die zugleich in den Siedlungen multiethnisch war, fand in den Zwangsumsiedlungen ab 1974 einen tragischen Höhepunkt.146r
Der Druck auf London, die Insel in die Unabhängigkeit zu entlassen, nahm zu. Briten und Amerikaner betrachteten Zypern als Bollwerk gegen sowjetische Bestrebungen, eine größere Rolle im östlichen Mittelmeer zu spielen. Die USA ihrerseits forderten die Dekolonisierung, vor allem die Auflösung des britischen Weltreichs, um den für sie förderlichen Freihandel zu verstärken und mit eigenen Produkten den riesigen britischen Markt zu durchdringen. Zwar spielte Zypern auf dieser Ebene keine Rolle, doch für die amerikanische Außenpolitik waren die großen britischen Kolonien, wie Indien, von erheblicher Bedeutung. Für Großbritannien stand der Suez-Kanal auf dem Spiel, denn Ägypten sah einen wachsenden sowjetischen Einfluss. Tatsächlich kam es im Herbst 1956 zur Sueskrise, in dessen Verlauf Großbritannien, Frankreich und Israel versuchten, den ägyptischen Präsidenten Gamal Abdel Nasser zu stürzen. Die Krise dauerte im Kern vom 29. Oktober 1956 bis in den März 1957 und erschütterte das britische Weltreich. Dass Großbritannien und Frankreich versucht hatten, Ägypten durch militärische Mittel zur Rückgabe des Sueskanals zu zwingen und sein Regime zu stürzen, während zur selben Zeit die Rote Armee den ungarischen Volksaufstand niederschlug, stellte die Länder in der öffentlichen Wahrnehmung auf die gleiche Stufe.
Aber auch auf der Insel nahm der Druck auf die Kolonialmacht stetig zu. 1950 ließ Makarios II. eine Volksabstimmung durchführen, bei der 96 % der Zyperngriechen für den Anschluss an Griechenland votierten. Noch im selben Jahr verstarb der Erzbischof, es folgte ihm der Bischof von Kition als Makarios III. Die Griechen des Mutterlandes unterstützten unter Feldmarschall Alexandros Papagos und Erzbischof Spyridon die Enosis. 1954 erreichten Amerikaner und Briten, in der Hoffnung, die Insel zu beruhigen, dass die UNO die Unabhängigkeitsforderung nicht auf die Tagesordnung setzte.147
Oberst Georgios Grivas stellte sich am 1. April 1955 an die Spitze der Untergrundbewegung, der „Nationalen Organisation zyprischer Kämpfer“ EOKA, und rief zum offenen Aufstand auf. Grivas war Anikommunist und Nationalist und davon überzeugt, dass Zypern ein Teil Griechenlands werden müsse. In der Folgezeit kam es zu Angriffen gegen britische Einrichtungen - London hatte 40.000 Soldaten auf der Insel - und griechisch-zypriotische Kollaborateure wurden ermordet. Ab 1958 richtete die EOKA ihre Angriffe auch gegen türkische Zyprioten, die sich ihrerseits gegen Grivas‘ Plan der politischen Vereinigung mit Griechenland wehrten.
1958 erreichten die Spannungen mit der Gründung der ebenfalls bewaffneten Organisation Türk Mukavemet Teşkilatı (Türkische Widerstandsorganisation, TMT) einen neuen Höhepunkt. Befeuert wurde die Auseinandersetzung dadurch, dass Ankara den unübersehbaren Nachweis erbringen wollte, dass die türkische Bevölkerung Anspruch auf Mitspracherechte in der zyprischen Frage erhob. Dies konnte am besten durch einen massiven Ausbruch ostentativen Hasses auf die Griechen geschehen. Der Funke zündete in Thessaloniki, als vor dem türkischen Konsulat eine Bombe explodierte, und in Ankara, als es zu antigriechischen Demonstrationen kam. Die folgenden Ereignisse ließen die Konferenz, zu der London sowohl Griechen als auch Türken eingeladen hatte, wie geplant, platzen; Griechenland war um einen hohen Preis ausmanövriert worden.148 Beinahe sofort nach Thessaloniki und Ankara kam es zum Pogrom von 1955 gegen die etwa 100.000 Griechen in Istanbul. Die britische Botschaft in der Metropole stellte fest, dass dabei 29 griechisch-orthodoxe Kirchen völlig zerstört, 34 weitere schwer beschädigt wurden. Gräber waren geöffnet worden, ein Mönch wurde verbrannt. Es fiel auf, dass weder Armee noch Polizei einen effektiven Versuch unternahmen, das Eigentum zu schützen oder Plünderer fernzuhalten. Bereits Ende 1957 hatten Angehörige der militanten und äußerst nationalistischen Gruppe erstmals Flugblätter verteilt. Lanciert wurde die Bewegung von Ankara; sie war dementsprechend bis zur Besetzung des Nordens im Jahr 1974 aktiv.
Die diplomatischen Beziehungen zwischen London und Athen waren bereits 1955 auf einem Tiefpunkt angelangt, während die Beziehungen zu Ankara freundlich blieben. Dies verstärkte sich, als Grivas' Terrororganisation in vielen Städten der Insel Bomben zündete. London unterstützte heimlich die Türkei in ihren Bemühungen, und auch nationalistische, türkische Zyprer wurden von dort gefördert. So ließ man sie gewähren, als sie, während griechische Parteien verboten waren, eine „Zypern ist türkisch“-Partei gründeten. Das gleiche galt für die beiden Terrorgruppen. Während die EOKA-Mitglieder bekämpft wurden, ließ man die Volkan-Mitglieder vergleichsweise unbehelligt. Am 9. März ließ London Makarios verhaften und auf die Seychellen deportieren, doch London musste feststellen, dass der Anteil der türkischen Bevölkerung auf der Insel von einem Viertel auf ein Fünftel gesunken war.149 Die türkische Position blieb schwach, die USA drängten auf die Freilassung des Erzbischofs. Makarios wurde am 6. April 1957 freigelassen, doch durfte er zunächst nur nach Griechenland reisen, nicht nach Zypern.
Nun versuchte London eine Dreistaatenregierung aus Griechenland, Großbritannien und der Türkei zu lancieren (Macmillan-Plan). Bis dahin sollte für weitere 15 Jahre die Kolonialregierung fortbestehen. Am 6. Juni 1958 hielt Rauf Denktaş eine zündende Rede, in deren Folge es zu Anschlägen kam. Die Kolonialregierung brauchte zwei Tage, um zu reagieren, und sie verhaftete mehr Griechen als Türken. Am 12. Juni wurden gefangene Griechen mit Stöcken und Steinen bewaffnet, und gezwungen, den Heimweg aus einem türkisch-zyprischen Dorf allein zu nehmen. Vier von ihnen wurden zerhackt, vier weitere starben an ihren Verletzungen.150 Die Spannungen wuchsen weiter, als die Sowjetunion, die bereits Einfluss in Ägypten und Syrien gewonnen hatte, auch einen Umsturz im Irak unterstützte.
Die USA lehnten den Macmillan-Plan ab und unterstützten die Türkei wirtschaftlich, um ein weiteres sowjetisches Ausgreifen zu verhindern. 1958 kamen Pläne für eine Selbstständigkeit der Insel in Verbindung mit Schutzrechten für die Minderheiten auf das höchste diplomatische Parkett. Am 6. Dezember begannen direkte türkisch-griechische Gespräche der Außenminister. London, Athen und Ankara sollten gemeinsam die Unabhängigkeit garantieren. 950 griechische und 650 türkische Soldaten sollten auf der Insel stationiert werden, London zwei Stützpunkte erhalten.
Die britische Kolonie Zypern wurde am 16. August 1960 auf Grund des Abkommens von Zürich zwischen Großbritannien, Griechenland und der Türkei (1959) unabhängig; die griechisch- und türkischsprachigen Volksgruppen waren gleichberechtigt. Zum ersten Staatspräsidenten wurde Erzbischof Makarios III. († 1977) gewählt. In der Verfassung, die wesentlich von Großbritannien bestimmt worden war, wurden der türkischen Volksgruppe feste Repräsentationsrechte eingeräumt. Insbesondere wurden dem Vizepräsidenten, der stets von türkisch-zypriotischer Seite gestellt werden sollte, umfassende Vetorechte eingeräumt.
1963 wollte Makarios eine neue Verfassung durchsetzen, in der unter anderem das Vetorecht des Präsidenten und des Vize-Präsidenten entfallen sollte. Am 30. November 1963 unterbreitete Präsident Makarios ein 13-Punkte-Memorandum zur Verfassungsänderung, in der Folge kam es zu Spannungen, am 21. Dezember 1963 wurden die armenischen Häuser der Hauptstadt besetzt - sie hatten sich im Referendum mit großer Mehrheit für Griechenland entschieden -, am 19. Januar 1964 die verbliebenen Häuser des Quartiers geplündert, ebenso wie am 29. Januar die Kirche zerstört wurde. Nach Drohungen flohen insgesamt 231 armenische und 169 griechische Familien.151 Die Dörfer türkischsprachiger Zyprioten wurden abgeriegelt.
Am 21. Dezember 1963 kam es zu einem Massaker an türkischzyprischen Zivilisten durch zyperngriechische Polizeikräfte. Dies bildete den Auftakt für interkommunale Kämpfe, bei denen insgesamt 1.000 türkische und mindestens 200 griechische Zyprioten starben. Später brüstete sich der Aktivist Nikos Sampson, 200 türkische Frauen und Kinder ermordet zu haben.152 Eine Flüchtlingswelle kam in Gang. Dabei flüchteten knapp 100.000 türkische Zyprer vorrangig nach Großbritannien - heute leben dort mehr türkische Zyprer als auf Zypern -, auf griechischer Seite waren es 165.000. 1.493 griechische und 502 türkischen Zyprioten gelten heute noch als vermisst.153
Teile der Armee wollten einen Anschluss an Griechenland durchsetzen. Von 1964 bis 1967 war Grivas Oberbefehlshaber der zypriotischen Nationalgarde. Danach verließ er Zypern und kehrte 1971 heimlich zurück, um mit der Organisation EOKA B (auch EOKA 2 genannt) gegen den Präsidenten und Erzbischof Makarios III. zu agieren, der gegen eine Vereinigung mit Griechenland war. 1974 starb Grivas und die EOKA B geriet mehr und mehr in den Einflussbereich der griechischen Militärdiktatur, die seit 1967 bestand. Doch die westlichen Staaten unterstützten die Okkupationspolitik Athens keineswegs.
Bei den türkischen Zyprioten setzte sich die Idee der Taksim, der Teilung der Insel durch. Der Bürgerkrieg wurde durch die Entsendung von UN-Truppen beendet und am 10. August 1964 ein Waffenstillstand geschlossen. Die UN-Truppen wurden auch eingesetzt, um durch griechische Nationalisten teilweise monatelang von der Außenwelt abgeriegelte türkische Dörfer (z. B. Erenköy) zu versorgen. Die Ledra-Straße in Nikosia wurde 1964 von britischen Truppen mit Stacheldraht abgeriegelt, nachdem es zu Auseinandersetzungen zwischen griechischen und türkischen Zyprern gekommen war.
Die griechischen Zyprioten verhängten ein Embargo und kontrollierten die Zufahrtswege zu den türkischen Enklaven. Doch auf Drängen der UNO wurde die Blockade wieder aufgehoben. Nach dem Militärputsch in Griechenland im April 1967 wich Makarios endgültig von seiner Enosis-Überzeugung ab und propagierte die weitere Unabhängigkeit Zyperns. Die Junta in Athen verstärkte daraufhin die Unterstützung bewaffneter Gruppen. Makarios hatte mit einer neutralen Haltung, einem Engagement bei den blockfreien Staaten und offenen Sympathien für die Sowjetunion keinen Rückhalt mehr in der westlichen Welt, so dass die Extremisten sich in Ihrer Haltung bestärkt fühlten. Im November 1967 provozierte Grivas als Oberbefehlshaber der Nationalgarde durch aggressives Vorgehen neuerlich Zusammenstöße zwischen türkischen und griechischen Zyprioten.
Im Februar 1968 wurde Makarios wiedergewählt. Im Juni wurden Verhandlungen über politisches Mitspracherecht und Selbstverwaltung der Zyperntürken aufgenommen. Ein Abkommen führte zu einer Ruhephase im Konflikt. Die Gespräche zwischen den Volksgruppen wurden von Rauf Denktaş und Glafkos Klerides geführt.
Am 15. Juli 1974 wurde Makarios durch einen Putsch der zypriotischen Nationalgarde abgesetzt; Ziel des durch die griechische Junta gelenkten Putsches war der Anschluss Zyperns an Griechenland.
Die Türkei reagierte darauf am 20. Juli mit der Entsendung von Invasionstruppen und der Besetzung des nördlichen Teils der Insel. Das Gebiet machte zwar nur 37 % des Staatsgebiets der Republik Zypern aus, auf diesem wurden aber 70 % aller Wirtschaftsleistungen erbracht: Darunter befanden sich 66 % aller touristischen Anlagen, 80 % aller Zitrusbäume und der Handelshafen der Insel in Famagusta.154 Bei den Gewaltmaßnahmen verschwanden zahlreiche Menschen, von denen bis heute 1493 vermisst blieben.155 Durch die Abriegelung des Nordens verlangsamte sich die griechische Fluchtbewegung aus diesem Gebiet, wo zunächst noch 12.000 Griechen und Maroniten verblieben. Auf der Karpas-Halbinsel lebte 1979 bereits der ganz überwiegende Teil der etwa 1500 Griechen des äußersten Nordens. 155d Rizokarpaso blieb aufgrund dessen die größte griechische Enklave, deren Einwohnerzahl 1975 bei 1.996 lag. Bis Oktober 1976 fiel die dortige Zahl der griechischen Zyprer auf 1.664, im Mai 1980 zählte man nur noch 1.002. 2015 schätzte man ihre Zahl noch auf 250. 110 Maroniten lebten noch 2014 in den Dörfern Kormakitis und Karpaseia.155e Währenddessen kamen ab 1977 Siedler aus Anatolien in die Region. Sie stammten aus Ağrı, Muş und Bulanık im Osten, dann aus den Distrikten Akkuş, Çarşamba, Akçaabat, Sürmene, Araklı sowie Trabzon und anderen Gebieten am Schwarzen Meer sowie aus der Provinz Adana. Nach der Volkszählung von 2006 hatte der Ort wieder 1.935 Einwohner.155f Anders verlief die Entwicklung im Maronitendorf Karpasia, das neben Kormakitis und Asomatos nun im türkischen Bereich lag. Dort lebten 1973 kaum Griechen oder Türken, stattdessen 245 Maroniten. Sie flohen im Juli und August 1974 ganz überwiegend vor der türkischen Armee. 1981 lebten noch etwa 50 von ihnen im Ort, 1996 nur noch 19, 2006 nur noch 11 (bei 89 Einwohnern insgesamt)
Der Nordteil der Insel bildet seit 1983 die international nur von der Türkei anerkannte Türkische Republik Nordzypern. 200.000 griechischsprachige Zyprioten wurden aus dem nun besetzten Teil Zyperns vertrieben oder flüchteten, eine kleine Minderheit verblieb auf der Halbinsel Karpas (Rizokarpaso), ebenso wie arabischsprachige Maroniten. Anschließend mussten türkischsprachige Zyprioten, die 10 % der Inselbevölkerung ausmachten, den Süden der Insel verlassen. Ihr Eigentum an Grund und Boden wurde registriert, um eine Rückgabe bei einer Rückkehr zu erleichtern.
Angesichts des bevorstehenden Beitritts der Republik Zypern zur Europäischen Union verstärkten sich Bemühungen, die Teilung der Insel zu überwinden. Am 26. April 2004 fanden in den beiden Landesteilen getrennte Abstimmungen über die Annahme des „Annan-Plans“ von UN-Generalsekretär Kofi Annan statt. Dabei lehnte die griechisch-zypriotische Bevölkerung im Süden der Insel bei einer Stimmbeteiligung von 88 % den Plan mit 75,8 % der Stimmen ab, während die türkisch-zypriotische Bevölkerung im Norden der Insel bei einer Stimmbeteiligung von 87 % mit 64,9 % zustimmte. Für einen Abstimmungserfolg wäre jedoch die Zustimmung beider Volksgruppen erforderlich gewesen. Somit trat am 1. Mai 2004 die Republik Zypern zwar de jure in ihrer Gesamtheit der Europäischen Union bei, de facto ist jedoch nur der Südteil der Insel Mitglied.
Vertreter der UNO, der USA und der EU äußerten tiefes Bedauern über das Ergebnis. EU-Erweiterungskommissar Günter Verheugen sprach von einer „verpassten Chance“. Der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan rief die EU dazu auf, Ankara ebenso wie die international nicht anerkannte Türkische Republik Nordzypern für ihre positive Haltung zu belohnen. Ein neues Referendum schloss er aus. Dagegen erklärte Tassos Papadopoulos, der Präsident der Republik Zypern, die Abstimmung sei keine Absage an eine endgültige Lösung des Konflikts.
Mit der Wahlniederlage von Papadopoulos, der einer Wiedervereinigung stets skeptisch gegenüberstand, bei den Präsidentschaftswahlen 2008 und dem Sieg des Vereinigungsbefürworters Demetris Christofias eröffnete sich eine neue Gelegenheit, die Spaltung zu überwinden. Christofias bat unmittelbar nach seinem Amtsantritt die UNO, neue Gespräche zwischen der Regierung Zyperns und Nordzyperns vorzubereiten. Seit dem 3. April 2008 ist in der Altstadt von Nikosia in der Ledrastraße die Grenze geöffnet.
Die Weltwirtschaftskrise, die 2007 begann, erreichte Zypern 2008 und - vermittelt über die Euro-Krise, die Griechenland besonders hart traf - 2011 auch die Schuldenkrise der Europäischen Union. Dabei hatte Zypern dank starker Regenfälle in den Jahren ab 2001 einen Höchststand seiner Wasserreserven erreicht, und damit ein grundlegendes Problem seiner Landwirtschaft lösen können. Auf der Insel bestehen 108 Stauwerke, die es gestatten 330 Millionen m³ Trinkwasser bereitzuhalten.156 Hinzu kommt der Bau von Meerwasserentsalzungsanlagen, die rund die Hälfte des heimischen Wassers liefern. Gasvorkommen vor der Küste gaben Anlass, die Seegrenzen mit Ägypten (2003), dem Libanon (2007) und Israel (2010) vertraglich festzulegen. Die Türkei erkannte diese Verträge jedoch nicht an und drohte mit einer Intervention.
Schwerpunkte der Wirtschaft sind aber weiterhin Tourismus, Schifffahrt und die Finanzindustrie. Die Arbeitslosigkeit stieg von Dezember 2011 bis Dezember 2012 von 10,2 auf 14 %, was den schnellsten Anstieg innerhalb der EU bedeutete.156a Den Hilfsmaßnahmen der EU, die sich zunächst auf 17,5 Milliarden Euro belaufen sollten, lag die Annahme zugrunde, dass es sich bei den gefährdeten Einlagen um eine erhebliche Menge sogenannten Schwarzgelds handelte. Dies führte zur Forderung nach einer Beteiligung der Anleger, die ihr Geld auf zyprischen Banken liegen hatten. Im März 2013 einigte man sich auf eine Summe von 10 Milliarden Euro als Hilfe seitens der EU, die im europäischen Vergleich sehr niedrige Unternehmensteuer soll von 10 auf 12,5 % angehoben werden, darüber hinaus müssen Bankkunden mit bis zu 100.000 Euro Einlagen bei zyprischen Banken eine Abgabe von einmalig 6,75 % zahlen; Kunden mit mehr als 100.000 Euro 9,9 %. Diese Abgaben sollen sich auf 5,8 Milliarden Euro summieren.156b Das Parlament lehnte diese Forderung am 20. März mit großer Mehrheit ab. Von der Maßnahme betroffene Konten wurden sogleich in der Höhe der Sonderabgabe gesperrt, sodass die Guthaben nicht mehr transferiert werden konnten. Regierungschef Nikos Anastasiadis, der sein Amt am 1. März angetreten hatte, musst das Parlament über die Abgabe abstimmen lassen. Anastasiadis hatte bei den Wahlen am 17. Februar 2013 mit weitem Abstand vor dem unabhängigen, aber von den Kommunisten unterstützten ehemaligen Gesundheitsminister Stavros Malas (26,91 %) und dem Vertreter der politischen Mitte, Giorgos Lillikas die meisten Stimmen auf sich vereinigen können. Regierungschef Giorgos Lillikas (24,93 %) konnte die meisten abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen (45,46 %). Er verfehlte jedoch die absolute Mehrheit, sodass es zu einem zweiten Wahlgang kam. Diese Stichwahl gewann Anastasiadis am 24. Februar mit 57,48 % oder 236.965 Stimmen gegen Malas mit 42,52 % oder 175.267 Stimmen. Die Wahlbeteiligung lag bei 80,7 %. Seit dem 28. Februar 2013 ist er Präsident der Republik Zypern.
Nach einer von Nord-Zypern durchgeführten Zählung von 2006 lebten 256.644 Menschen im Norden, davon waren 178.031 dessen Bürger. Davon waren wiederum 147.405 in Zypern geboren (112.534 stammten demnach aus dem Norden, 32.538 aus dem Süden, 371 hatten sich nicht dazu geäußert); 27.333 stammten aus der Türkei, 2.482 aus Großbritannein, 913 aus Bulgarien.157 Heute dürfte der Norden mehr als 300.000 Einwohner haben, der Süden über 800.000. 2013 waren auf Zypern 170.000 Ausländer gemeldet, von denen 29.000 Griechen, je 24.000 Briten und Rumänen, 18.500 Bulgaren, 9.400 Philiiinos und 8.200 Russen waren. Allerdings waren dies nur die offiziellen Zahlen. So schätzt man die Zahl der auf der Insel lebenden Russen auf 30.000, von denen viele als besonders vermögend gelten.157c
Die Forschung an menschlichen Überresten setzte bereits im 19. Jahrhundert ein, fokussierte sich allerdings entsprechend der allgemeinen Geschichte der Anthropologie auf Schädel. In der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg kamen vor allem Arbeiten zum Gebiss, zum Knochenbau, zu Krankheiten und Parasiten, aber auch zur regionalen Mobilität. Dabei wurden die Untersuchungen bis vor wenigen Jahren ausschließlich von Nicht-Zyprern durchgeführt. An der Universität von Zypern werden nur wenige Studenten hierin ausgebildet. Allerdings finden jährlich Schulungsgrabungen statt, das Cyprus Ancient Population Project bietet zudem internationale Kontakte. Archäologische Funde unterliegen gesetzlichem Schutz, doch existiert keine Gesetzgebung zum spezifischen Schutz menschlicher Überreste aus diesem Zusammenhang.158
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